Warum schäme ich mich so???

Hallo zusammen,

Mein Mann zieht demnächst aus und lässt mich und unser gemeinsames Kind alleine. Er möchte sich schnellstmöglich auch scheiden lassen. Grund für die Trennung ist dass er keine Gefühle mehr für mich hat.
Die Trennung möchte er friedlich haben, es gibt auch kein Ärger wegen Unterhalt etc. Hat er alles von sich aus direkt in die Wege geleitet.
Nun zu meinem Thema, ich habe in meinem Umkreis fast niemand eingeweiht, dass er sich getrennt hat. Aus irgendeinem Grund schäme ich mich total dafür. Ich komme mir vor wie der absolute Loser, der sitzen gelassen wird mit kleinem Kind. Obwohl ich nichts dafür kann, fühle ich mich schrecklich. Ich habe Angst das mein Umfeld auch mir die Schuld für das scheitern der Ehe gibt oder meint das ich nicht genug gekämpft habe (glaubt mir, ich habe wie eine blöde gekämpft, aber er lässt sich leider nicht umstimmen).
Mein (ex-) Mann meint auch das ich nichts falsch gemacht habe und es nur an ihm liegt. Und trotzdem schäme ich mich ☹️
Ich kann mir gar nicht vorstellen jemandem davon zu erzählen ohne total in Tränen auszubrechen.
Woher kommt dieses Schamgefühl und wie kann ich das ablegen? Kennt ihr sowas?

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Die nächste Zeit wird schwer, glaube mir ich stecke gerade total drin und du wirst jede Hilfe von Freunden und Familie brauchen.
Mein Mann hat mich nach 16 Jahren von einem auf den anderen Tag für eine andere verlassen. Wir haben ein 4 jähriges Kind und ohne die Unterstützung meines Netzwerkes würde ich in der Depression versinken. Keiner hat mich verurteilt oder mir die Schuld gegeben, ganz im Gegenteil, alle nehmen Anteil und stehen mir zur Seite.
Du musst dich nicht schämen, Beziehungen gehen aus den unterschiedlichsten Gründen kaputt und in guten wie in schweren Tagen gilt genauso für Freunde und Familie. Hier trennt sich dann die Spreu vom Weizen!

Hab Mut, du schaffst das!

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Danke dir für deine Antwort. Tut mir sehr leid das du gerade auch in so einer hässlichen Situation bist :(
Was ich halt auf keinen Fall möchte, ist Mitleid. Und vermutlich wird genau das kommen. Zusätzlich noch das Getratsche hmmmm :(

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Hallo du,
dein Schamgefühl kommt vermutlich daher, dass du dich ‚abgelegt/weggeworfen’ von deinem Partner fühlst.
Ich würde dir wärmstens empfehlen, das Ganze in deinem sozialen Umfeld öffentlich zu machen. Und auch klar die Gründe zu nennen.
Grund eins: Das Sprechen darüber mit vertrauten Personen wird dir und deiner Seele helfen, das zu verarbeiten.
Grund zwei: Du wirst deine Familie und Freunde verletzen, wenn du es versuchst, es zu verschleiern, und die das über Zufall oder total verspätet erfahren.

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Danke dir für deine Antwort.
Vielleicht bin ich einfach noch nicht bereit damit abzuschließen und kann auch deswegen noch nicht darüber sprechen. Ich will nicht loslassen weiß aber das ich muss.

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Du kannst doch auch einfach sagen "wir haben uns getrennt, weil die Gefühle nicht mehr da waren". Dann ist es erstmal raus und je nach Reaktion kannst du dann mehr erzählen. Oder auch nicht.

Schämen musst du dich nun wirklich nicht. Aber das weißt du selbst. Wer dich nicht zu schätzen weiß, hat dich nicht verdient und auch andere Mütter haben nette Söhne.

Bearbeitet von Inaktiv
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Danke für deine liebe Antwort.
Ich hatte noch nie eine andere Beziehung und das alles jetzt fühlt sich furchtbar fremd an.
Mal sehen ob ich es nächste Woche schaffe mit meinem Umfeld darüber zu reden. Tränen werden sich fließen. Mitleid möchte ich auch keine Fall bekommen, das hasse ich total.

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Oh man :-( Das tut mir Leid, dass du dich in einer eh schon schweren Situation selbst mit solchen Gefühlen quälst.

<<<Ich habe Angst das mein Umfeld auch mir die Schuld für das scheitern der Ehe gibt oder meint das ich nicht genug gekämpft habe<<<

Du schreibst, du hast Angst, dass das Umfeld dir AUCH dir die Schuld gibt. So wie ich es lese, bist du bisher die Einzige, die das tut. Selbst dein Ex-Mann tut es nicht. Es passt einfach nicht mehr zwischen euch. Das ist nicht immer die Schuld einer Person. Manchmal entwickelt man sich auseinander. Man entwickelt sich zwangsläufig..und wohin, das weiß man nie. Und manchmal ist es eben eine andere Richtung als der Partner sie einschlägt. Dann sind beide Menschen gereift, haben sich entwickelt und haben sich korrekt verhalten...aber irgendwann gucken sie sich um und sehen "ach schau an...du stehst ja ganz wo anders wie ich".

Ich wünsche dir sehr, dass du die Scham ablegen kannst. Vielleicht hast du mit dem Gefühl nicht gut genug zu sein, abgewiesen zu werden...schon Erfahrungen gemacht? Wenn ja kann es gut sein, dass sich alte Gefühle grad ganz unverschämt auf die aktuellen Gefühle draufsetzen und dir diese Zeit noch unerträglicher machen.
Oder es ist ein Glaubenssatz den du in der trägst, dass du für die Beziehungen mit deinen Mitmenschen verantwortlich bist. Gibts manchmal. Äußert sich z.B so, dass wenn man sich mit wem trifft, dann fühlt man sich verantwortlich, dass es schön wird. Wenns langweilig wird, dann schämt man sich und denkt es ist mit einem halt nicht schön genug, mit anderen Menschen wäre das Treffen bestimmt schön geworden. Und wenn Beziehungen kaputt gehen, dann denkt man eben auch, dass man halt einfach nicht gut genug war und sich nciht genug angestrengt hat...Man fühlt sich eben immer für alle Beziehungen und ihr Gelingen verantwortlich. Kommt oft aus der Kindheit. Wenn Eltern mit Liebesentzug reagieren. Erfahrung: Ich tue etwas was nciht gut ist, dann geht die Mama/der Papa, bin ich gut genug und lieb, dann bleiben sie und mögen mich.

Kann auch sein, dass Scham grad noch besser auszuhalten ist, als die reine Trauer? Oder, dass du mit der Scham Wut in Schach hältst? Je nach Verlauf könnte es sien, dass da eigentlich Wut ist....aber du dich nicht traust die deinem Ex entgegenzubringen, weil du Angst hast, dass es dann schmutzig wird. Also vielleicht ist in dir ein Teil der sagt "Trennung? du Volltrottel, das Maul hättest du mal aufmachen und mitkämpfen können..ich hab mir den Allerwertesten für uns aufgerissen und nichts war dir gut genug".

Fakt ist: Diese Trennung sagt nichts über deinen Wert aus. Und dein Umfeld liebt dich genauso wie vor der Trennung. Und du bist in einer echt schweren Situation und was du unbedingt tun solltest ist, gut zu dir selbst zu sein. Nicht dich auch noch quälen mit Scham und Schuld oder so. Sondern mitfühlend sein "oh scheiße...das ist eine wirklcih schlimme Situation, aber hey, da komm ich durch...ich versuche so gut wie möglich zu mir zu sein".

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Vielen Dank für deine Antwort! Ich musste grade erst mal heulen beim lesen.
Du hast total recht, die Trennung sagt nichts über meinen Wert aus. Und trotzdem fühlt es sich so furchtbar an und als ob ich gescheitert bin. 🤷‍♀️
Du hast auch Recht, bei Treffen mit anderen da fühle ich mich verantwortlich dass es allen gut geht. Scheinbar trage ich da ein paar ungesunde Glaubensätze mit mir rum. Nur wie wird man die wieder los?

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Ich würde dir gerne sagen "ach da machst du mal XYZ und dann bist du die Glaubenssätze los". Aber ehrlich gesagt...1. Weiß ich nicht wie man sie loswird und 2. weiß ich nur, dass sie verdammt tief sitzen und es ein langer Weg ist.

Aber...es geht und schon die ersten Schritte sind ja Fortschritte. Ich würde meinen, du musst dir der Glaubenssätze und ihrer Entstehung erstmal klar werden. Und dann vermutlich ganz gezielt in kleinen Schritten umdenken und anders handeln als bisher. Also dich ertappen, wenn du Verantwortung übernimmst, die du nicht tragen musst, oder dich ertappen, wenn du dich innerlich unwert fühlst und sozusagen in einen inneren Dialog gehen und dir anstatt der Abwertung Mitgefühl entgegenbringen und anstatt der Verantwortung für andere Verantwortung für dich übernehmen (Moment Mal...was will ich denn eigentlich grad?). Und bewusst mal deine Gedanken und deinen inneren Dialog mit dir selbst beobachten. Manche Leute erschrecken sehr, wenn sie merken, wie negativ sie den ganzen Tag denken, oder wie hart sie im inneren Dialog mit sich sind. Oder aber sie merken, dass sie den ganzen Tag über gar nicth mit sich im Dialog ist...einfach funktionieren und machen und tun.

Man kann sowas in einer Therapie bearbeiten, falls du die Idee hast, dass da wirklich was in dir steckt und mal ergründet werden muss. Ansonsten würde ich dir, muss man aber selbst zahlen, ein paar Sitzungen bei einer/m systemischen Berater/in oder Therapeut/in empfehlen. Wenn du da an einen guten kommst können dich da 3-4 Sitzungen echt schon weiter bringen. Die Systemiker haben das mit den Glaubensätzen nämlich eigentlich echt drauf.

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Du musst dir da nicht die Schuld geben. Es wird bestimmt überraschte Äußerungen geben, aber dir die Schuld geben oder dich als Verlierer abstempeln werden sie sicherlich nicht. Ich frage mich bei sowas halt immer wie schlimm der Alltag denn gewesen sein muss, wenn man als Vater (oder halt Mutter) beschließt den Partner mit dem man ein Kind hat zu verlassen. Ganz ehrlich: es müsste sehr viel passieren, damit ich meinen Mann und somit auch meine Kinder verlasse und ausziehe.

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Ich kenne dieses Schamgefühl viel zu gut, als Mann der vor 1,5 Jahren ausgezogen ist. Jedes Mal wenn ich es Freunden und Bekannten erzählt habe, sank mein Blick und ich fühlte verurteilende Blicke. Sicherlich war diese Verurteilung nur meine Einbildung. Das erste Mal, dass ich diese Verurteilung nicht spürte, war als ich meine neuen Nachbarn kennenlernte. Für sie war es eine Randnotiz, ähnlich wie mein Beruf. Es war richtig erfrischend und aufmunternd.
Seitdem kann ich nicht sagen, dass das Gefühl weggegangen ist. Es ist einfach zu neuer Normalität geworden. Die Kontakte haben sich nicht verändert, Freunde blieben Freunde, Bekannte blieben Bekannte. Ich erzähle weiterhin ohne große Freude über die Trennung. Komischerweise, ist es deutlich leichter bei neuen Bekanntschaften als bei alten.