Bin ich zu unsensibel oder reagiert mein Partner über...

Liebe Community!

Mein Partner und ich sind seit sieben Jahren zusammen. Schwierig war es schon im immer, aber wir hatten sehr gute Zeiten und er ist auch sehr abenteuerlustig und neugierig (bzw. war es lange Zeit so).

Nun ist er schon länger arbeitslos. Er hat sich zurück gezogen und geht nur noch wenig raus und unter Leute. Dementsprechend schwer tut er sich auch damit. Er bekommt vieles in den falschen Hals und nörgelt dann oft stundenlang wegen eines angeblich respektlosen Kommentars – oft auch noch Tage oder Wochen später. Ich muss mir das dann immer ewig anhören, was teilweise wirklich an meinen Nerven zehrt – und an meiner Laune. Oft betrifft es auch Kollegen und gute Freunde, die sicher niemanden verletzen wollen. Ich kann es ihm dann auch nie Recht machen. Bin ich verständnisvoll und akzeptiere ich, dass er da sensibel ist, jammert er ewig weiter. Sage ich ihm, dass es womöglich nicht so gemeint war, wirft er mir vor, dass ich ihm egal sei, dass ich naiv sei, dass ich die Welt immer ignoriere und ihn sowieso... Das endet dann fast immer in Streit.
Leider hat das auch vor meiner Familie nicht halt gemacht, er fühlt sich von jedem – meine Mutter, Vater, beide Brüder und auch deren Frauen – minderwertig behandelt – was aus meiner Sicht Quatsch ist, er kommt eben nicht mit ihrer Art klar, aber das kann ich ihm nicht erklären, für ihn ist das dann immer so, als stünde ich nicht hinter ihm. Umgekehrt fühlt es sich für mich aber inzwischen so an, als wolle er auf biegen und brechen einen Keil zwischen uns als Paar und meine Restfamilie treiben (Das verneint er natürlich, wenn man ihn fragt).

Mich macht dieses ständige Gejammer über angebliche Respektlosigkeit inzwischen richtig fertig, mir macht die gemeinsame Zeit gar keine Freude mehr und ich bin am liebsten ohne ihn unterwegs. Hat jemand vielleicht einen Tipp für mich, wie ich ihn aus der Negativspirale rausholen kann? Oder bin ich wirklich unsensibel?

Ach und es geht wirklich um so belanglose Sachen wie: "du hast da einen Fleck auf dem Pulli (mein Bruder)"

Bearbeitet von Alba9
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Hey!

Zu unsensibel bist du nicht. Führt er sich bei seinen Freunden und Familie genau so auf?
Klingt schon etwas nach Gaslighting, wenn er deine Reaktion auf dieser Lappalien als unsensibel bezeichnet, um dich zum Schweigen zu bringen.

Liebe Grüße
Schoko

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Zu seinen Freunden hat er den Kontakt großteils abgebrochen (ich habe ihn schon öfter gefragt warum, er meint dann immer, sie hätten nie genug Zeit für ihn gehabt), seine Familie ist total zerrissen, er hat vier Geschwister und die reden untereinander alle nichts – da gab es ihm zufolge viele beleidigende Momente in der Vergangenheit.

Ich verstehe, dass ihn das vielleicht prägt, aber ich bin einfach nicht sonderlich nachtragend, und solange ich mich bei Freunden oder in meiner Familie wohl fühle, sehe ich keinen Grund, irgendwie "Fehler" in deren Verhalten zu suchen....

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Also ein Zankhahn und Stinkstiefel, der sein Muster nun auch auf deine Familie überträgt. Da finde ich "Keil treiben" schon eine richtige Umschreibung. Ist ihm vielleicht nicht bewusst, aber wenn er monatelang gegen einzelne schießt, weil sie ihn auf einen Flecken hingewiesen haben- was soll es denn sonst sein?

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Mein Mann ist seit Anfang März arbeitslos. Wir hatten das vor Jahren schon mal und sowas nagt an Menschen schon sehr. Ich glaube, die meisten Männer sind da noch sensibler weil oft einfach das Wort „Versorger“ über ihren Köpfen hängt.

Mein Mann hat allerdings auch eine Depression und hat einmal wöchentlich Therapie. Ich weiß nicht, ob das bei ihm da noch mitreinspielt.

Aber er fühlt sich durch die Arbeitslosigkeit Minderwertige, jede Absage ist ein Weltuntergang und er hat oft das Gefühl, dass Menschen ihn deshalb abwerten.

Ich glaube, vor allem weil sie sich in der Situation zurückziehen, Kontakte meiden etc. können sie die Gesichter anderer schwerer lesen und arbeitslos ist halt oft mit „asozial“ bzw. „Schmarotzer“ verknüpft, und ich glaube das kommt wahrscheinlich auch oft in den Gedanken bei ihnen vor.

Mein Vater war Beamter und hatte immer einen festen Job. Er hätte schon echten Mist bauen müssen um seine Stelle zu verlieren, weshalb er auf dieses Thema schon eine eingefahrene Sicht hat. Er wollte euch immer einen „Versorger“ für mich. Mein Mann weiß das, was ihn noch mehr unter Druck setzt. Ich habe keinen Versorger (habe ausreichend verdient) gebraucht, allerdings ist jetzt ein Kind in Spiel und ein weiteres unterwegs.

Wie lange ist dein Partner schon arbeitslos? Kümmert er sich um einen neuen Job? Gebe es die Möglichkeit zumindest einen kleinen Nebenjob anzunehmen?
Meiner arbeitet jetzt jeden Samstag in einen Restaurant. Es ist gut, das er zumindest etwas raus kommt und sich nützlich fühl.

Ich weiß, nichts ist schlimmer als ein unausgeglichener Mann der daheim rumsitzt. Und das Gejammere ging mir auch auf die Nerven. Man muss sachte „Arschtritte“ verteilen, aber gekonnt so, dass sie es nicht merken 😅
Ich gebe meinen Aufgaben wenn ich mit dem Kleinen unterwegs bin. To Do-Liste wie z.B. Mülltonne rausbringen, Fahrrad reparieren, kaputten Busch ausgraben etc.

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Ja, ich habe auch schon daran gedacht, dass ein Gang zum Hausarzt nicht verkehrt sein könnte. Aber wenn er schon den Hinweis auf einen Flecken als Affront wahrnimmt. Hm.

Vielleicht hilft es ihm auch, wenn die te ihm beim Schreiben der Bewerbungen unterstützt.
Letztlich würde ich irgendwann mal Tacheles mit ihm sprechen, dass es so nicht geht. Zumindest bei mir würde es dafür sorgen, dass ich irgendwann auf Eierschalen laufe, weil ich seine Stimmung nicht ertragen könnte. Ich könnte dauerhaft so nicht leben.

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Hausarzt wäre sicherlich eine gute Anlaufstelle. Dieses zurückziehen, Kontakte meiden, empfindlich sein sind bei meinem Mann alles Abzeichen der Depression, die sich durch die Arbeitslosigkeit verschlimmern.

Er kann dann aber auch oft von einem beiläufigen Kommentar nicht von einem Angriff unterscheiden (z.b. die Sache mit dem Fleck auf den Pulli). Er ist dann so in der bubble „alles an mir ist falsch“.

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Etwas spät, aber doch: Vielen lieben Dank euch für eure Rückmeldungen!
Ich denke manchmal, ich werde verrückt.... aber es scheint doch nicht "alles meine Schuld" zu sein.

... letzte Woche wurde mir vorgeworfen, ich würde ihn dauernd vernachlässigen ... ich wollte eine Freundin besuchen, die ich seit Monaten nicht gesehen habe ... obwohl ich es ihm schon eine Woche vorher und zwei Tage vorher nochmal und am Tag vorher noch einmal gesagt habe, war er dann "super überrascht", dass ich am besagten Nachmittag weg wollte und hat sich so aufgeführt, dass ich schlussendlich daheim geblieben bin. (Natürlich hat er noch zahlreiche Gründe ins Feld geführt, warum dieses Treffen "schlecht" ist und sich "gegen" unsere Familie richtet - ich habe inzwischen gedanklich alle davon mehrmals durchexerziert und bin zu dem Schluss gekommen, dass es reine Ausflüchte seinerseits sind)

Für mich hat das das Fass zum Überlaufen gebracht - ein normales Gespräch ist für mich mit ihm nicht mehr denkbar.

in diesem Sinne, danke für eure Überlegungen!