Absoluter Tiefpunkt erreicht, kurz nach der Hochzeit liegt die Ehe in Trümmern

Ich weiß nicht wie ich das alles in Worte fassen soll. Ich möchte vorab klar sagen, dass ich nach keiner Lösung suche, ich weiß dass eine Trennung vollzogen werden muss. Es geht mir eher darum wie denn die Zeit dazwischen überbrückt werden soll.. und zu erfahren wie andere ihren Alltag bewältigen konnten, obwohl alles auseinander bricht.

Mein Mann ( 38) und ich (30) haben vor 8 Monaten nach 11 Jahren Beziehung geheiratet. Wir haben es wohl umgekehrt gemacht. Erstmal die Kinder bekommen und dann geheiratet. Wir waren jung als ich ungeplant schwanger wurde, und hatten kein Geld für eine ausgefallene Hochzeit. Deshalb wollten wir warten bis das Geld passte um richtig groß zu feiern, so wie wir es dann auch gemacht haben.

Ich habe meinen jetzigen Mann vor 11 Jahren in einer Bar kennengelernt. Ich war erst 19, er war 27.
Die damaligen Entscheidung werden mir wohl nun zu einem Verhängnis. Ich hatte das erste Uni Jahr hinter mir, lebte in einem streng Religiösen Umfeld. Als ich meinen Mann kennenlernte, war es eine Art Befreiung. Er wohnte allein, ich bin schnell zu ihm gezogen, da ich dort frei(er) war und er mir gefühlt jeden Wunsch erfüllte.
Bin mit 20 ungeplant schwanger geworden, geriet erstmal in Panik, aber er war mit 28 bereits gut im Job angekommen und er verdiente zwar nicht das große Geld , aber ausreichend für uns als Familie über die Runden zu kommen.
Sobald mein Sohn in die Kita konnte nahm ich mein Studium wieder auf. 4 Jahre später wurde ich diesmal, geplant schwanger. Ich pausierte 1,5 Jahre und nahm mein Studium wieder auf.
Ich befinde mich aktuell in der Examensvorbereitung.
Mein Mann meinte nach so einer langen Zeit sollten wir endlich heiraten, wir leben ja bereits wie ein Ehepaar. Ich freute mich über den Antrag. Wir hatten unsere traumhochzeit mit Band und 150 Gästen. Mein Mann hat große Sprünge im Beruf gemacht, und ist in der Lage mit seinem Gehalt, uns ein sehr komfortables Leben zu bieten.
Ich habe hin und wieder befürchtet wie es den wäre im Fall einer Trennung , da ich mich in den letzten 10 Jahren nur um Kinder und Studium gekümmert habe. Aber ich glaubte, dass all die Probleme die sich über die Jahre gebildet haben, sich lösen werden. Und ich , im Falle einer Trennung bald auf eigenen Beinen stehen könnte. Aber das Jura Studium ist kein leichtes, einige Semester liefen ganz zäh voran. Ich konnte einfach nicht so schnell fertig werden wie ich wollte.
Trotz mehrfacher Versuche unsere Beziehung aufrechterhalten, wurde sie Jahr für Jahr immer toxischer. Die Kommunikation rauer. Er hat seine Emotionen schwer im Griff, ein typischer Choleriker würde ich sagen. Durch den inneren Groll den ich auf ihn hegte, aufgrund Dingen die mich verärgerten wurde ich oft schnell aggressiv. Er würde zwar oft die Versöhnung initiieren, mir versprechen mich beim nächsten mal nicht anzuschreien, aber es würde nicht lange dauern bevor er wieder laut wurde.
Das die Kinder das mitbekommen, auch wenn sich die meisten Streits während deren Schlafenszeit abspielten, macht mich fertig. Er war der romantischste aber auch gleichzeitig sehr jähzornig wenn ihm etwas an mir störte.

Vor kurzem wurde er mal wieder laut, weil ich eine Unzufriedenheit ausgedrückt habe aber diesmal so laut, dass ich ihm mit der Polizei drohte in der Hoffnung er würde sich beruhigen. Er zog sich zurück, entschuldigte sich mal wieder aber diesmal war für mich eindeutig dass ich so nicht mehr leben kann.
Er meinte seine Zündschnur ist momentan sehr kurz, weil er vor kurzem meine emotionale Affäre herausgefunden hat ( sie lag vier Jahre zurück ) Er mir es verzeihen möchte aber er ist dennoch sehr wütend., Weil er sich hintergangen fühlt und dadurch dass ich ihm kaum Liebe zeige es ihn zweifeln lässt ob das mein letztes Mal war. Ich bin nicht stolz darüber, aber ich habe ihm erklärt dass sein toxisches Verhalten dazu beigetragen hat. Er hat den Eindruck gemacht dass ihm das leid getan hat dass er mich dazu gebracht hat und darum
Kämpfen würde, dass wir uns so gut verstehen, dass sowas nicht wieder passiert.
Ich habe versucht daran zu glauben, und er hat sich sehr um uns bemüht aber ich habe keine Hoffnung mehr, weil er mir schon sehr oft eine Änderung versprochen hat. Ich spüre selber dass ich kalt geworden bin und er ist frustriert weil er sich total ungeliebt fühlt. Ich lehne ihn körperlich ab, meide gemeinsame Zeit. Schlafe seit Monaten im Arbeitszimmer.
Mittlerweile merken es meine Kinder mir an , dass ich unglücklich bin. Und es macht mich wirklich fertig, wenn sie mich nach einem Streit trösten. Sie sollen mich doch nicht so sehen. Doch was kann ich tun?
Ich muss mich trennen , ich weiß aber, wohin soll ich gehen? Mit welchem Geld? Ich habe sehr hart drum gekämpften Examen zu schreiben, ich stehe kurz davor, wie soll ich während der Vorbereitung eine Scheidung stemmen?
Ich habe hier vielfach im Forum
Gelesen, dass Frauen die aus finanziellen Gründen nicht gehen " Huren" sind , aber was bringt es meinen Kindern wenn wir ins Frauenhaus gehen und all ihren Komfort verlieren? Schule , Vereine , Freunde, hinter sich lassen müssen?

Deshalb meine Frage, gäbe es eine Möglichkeit für getrennte Paare , im selben Haushalt? Wie überbrückt man diese Zeit? Was passiert aus bereits gebuchten Urlauben? Wir haben eine dreiwöchige Urlaubsreise in Asien gebucht. Bei einer Hochzeit in usa zugesagt und dort auch Hotels gebucht etc.

Ich wünschte ich könnte die Zeit zurück drehen, aber leider ist dies nicht möglich. Es schaudert mich, es Freunden und Familie sagen zu müssen, die Hochzeit war ja eben vor kurzem...

Wir sind beide gebrochen , und völlig ratlos.

Bearbeitet von Brokensoul
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ich bin gar nicht sicher, ob die Trennung wirklich nötig wäre....das hängt davon ab, was beide wollen. Was hier zu lesen ist, sind für mich vor allem viele Verletzungen auf und VON beiden Seiten, die nicht geheilt wurden. Hier und da machst Du es Dir *nach meinem Empfinden* auch ein bisschen einfach. Man liest heraus, dass schon irgendwie er das Problem ist, Deiner Meinung nach...Ich möchte mal so sagen: eine emotionale Affäre hast Du begonnen, die Schuld liegt bei Dir und dennoch versuchst Du es zu drehen (...immerhin hat ja er dazu beigetragen....). Auch für Choleriker bzw. den Umgang mit Cholerikern gibt es diverse Möglichkeiten. Warum habt ihr euch dazu bisher nicht helfen lassen? Es gibt Therapiemöglichkeiten, man kann als "Gegenpart" auch allerhand tun, um den Choleriker keinen Spielball zu liefern...wichtig an dieser Stelle ist ja, dass der Choleriker an sich nicht so ist wie er ist, weil er Dich unbedingt klein machen will oder Freude daran hat, dich anzuschreien. Niemand ist freiwillig cholerisch, nicht selten sind die Wutausbrüche ein Zeichen von Hilflosigkeit. Oft haben Choleriker nicht gelernt, ihre Gefühle adäquat auszudrücken, mussten diese verbergen oder ähnliches.

(Ich musste als Kind und Jugendliche funktionieren, jede Gefühlsregung meinerseits wurde von meinen Eltern als sinnloses Diskutieren angesehen, ich wurde angeschrien, aus dem Zimmer geschickt, anderweitig bestraft, wenn ich mich nicht entsprechend ihrer Vorstellungen verhalten habe. Wenn ich geweint habe kamen so Sachen wie: hör auf zu flennen...heute, als Erwachsene, fliegt mir in vielen Situationen sehr schnell die Schädeldecke weg, ich merke richtig, wie sich innerlich eine unglaubliche Wut bildet, die dann einfach nur raus will...ich verlasse dann den Raum, wenn möglich...ich muss mich also der auslösenden Situation entziehen, sonst wirds Mist. Mit meinem Chef (der ist ähnlich) habe ich ein Codewort vereinbart. Sagt einer von beiden dieses, wissen beide, dass die Debatte an dieser Stelle erstmal beendet ist. Mein Partner ist der ausgleichende Part, er weiß genau, das weitere "Provokation" oder eingehen auf die Streit-/Stresssituation nichts bringt außer Ärger..auch er vertagt dann auf geschickte Art und Weise die Debatte, gibt mir Raum und Ruhe zur Beruhigung etc. pp. Wir haben in 6 Jahren noch nicht einmal derbe gestritten...das geht aber nur, weil wir offen über diesen Punkt gesprochen haben und uns der Problematik beide bewusst sind, er mich damit auch nicht allein lässt, sondern sozusagen aktiv an der Lösung mit arbeitet...).

So wie es nicht richtig ist, seinen Partner anzuschreien, so ist es (in meinen Augen) auch nicht richtig, ihn damit alleinzulassen und auch noch mit Vorwürfen zu bombardieren. Ich will jetzt Deinen Mann nicht in Schutz nehmen, Dir aber vor Augen führen, dass Du im Zweifel wahrscheinlich genauso viel oder wenig für die Beziehung getan hast, wie er. Es gibt hier nicht DEN Schuldigen....wenn ihr beide die Trennung wollt, dann lasst euch doch im Zweifel bezüglich einer friedlichen Lösung helfen, es gibt Beratungs- und Therapieansätze. Andernfalls könntet ihr auch gemeinsam an den Problemen arbeiten (müsstet ihr auch im Falle einer Trennung, euch verbinden zwei Kinder auf ewig...ein gutes Verhältnis zueinander macht das gemeinsame Erziehen auch im Falle einer Trennung so viel leichter und angenehmer, vor allem für die Kinder!!!) Nutzt doch die Urlaube, um beide aktiv am Problem zu arbeiten und lasst den Ausgang erstmal offen. setzt euch nicht unter Druck, erwartet nicht sonstwas, sondern widmet euch zunächst einfach mal nur fokussiert eurem Umgang miteinander, redet über eure Wünsche und Bedürfnisse, vereinbart Regeln für den Umgang und für ggf. entgleisende Situationen....Schaut, wie ihr daheim einen Weg finden könnt, wie Frieden herrschen kann, wie jeder seinen Freiraum haben kann, aber auch, wo ihr Dinge bewusst gemeinsam machen könnt, die euch auch mal wieder positive Empfindungen herauskitzeln können....

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Hast du bei deiner Hochzeit schon befürchtet, dass ihr wieder trennen könntet? das finde ich krass.

wahrscheinlich hat euch der Ehe Alltag gecrasht. ich glaube ein Coach würde auch sagen, dass ihr 10 Sachen aufschreiben solltet, die ihr am anderen liebt.
Das ist jetzt Arbeit für Euch. Aber ihr habt ein Ehe versprechen gegeben. Überlege wann die Unzufriedenheit angefangen hat und wie es davor war und Versuche da neu anzusetzen.

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Zu Deinen anderen Fragen kann ich gerade nichts sagen, möchte nur auf diesen Satz eingehen:
"Ich habe hier vielfach im Forum
Gelesen, dass Frauen die aus finanziellen Gründen nicht gehen " Huren" sind , aber was bringt es meinen Kindern wenn wir ins Frauenhaus gehen und all ihren Komfort verlieren?"

Wer sowas schreibt, ist einfach gemein (und im übrigen auch noch diskriminierend gegenüber tatsächlichen Sexarbeiterinnen...).
Es ist nun einmal so, dass Frauen im Scheidungs- und Trennungsfall oft blöd dastehen, gerade mit Kindern, das ist ein Faktor, der Prekarität begünstigt. Davon habe ich tatsächlich Ahnung, zwar begrenzt, da ich zwar einige studentische Arbeiten darüber geschrieben habe, aber keine Dissertation o.Ä....aber immerhin ein bisschen.

Nun hast Du aber ein gutes Studium, das fortgeschritten zu sein scheint und Dir dereinst ein gutes Einkommen ermöglichen wird. Das ist viel wert! Habt ihr einen Ehevertrag, in dem Unterhaltszahlungen geregelt sind? Man kann den auch nachträglich schließen...aber das weißt Du als angehende Juristin sicherlich alles.

Wenn Du Dich nachvollziehbarerweise trennen möchtest - das cholerische Verhalten klingt sehr belastend und es wirkt nicht, als ob sich Dein (Noch-)Mann ändern will und kann - kannst Du Dich beraten lassen, fast jede Stadt hat dafür mehrere Anlaufstellen, die man googlen oder telefonisch erfragen kann. Manchmal haben auch Unis/Studierendenwerke eine Rechtsberatung (wobei ich nicht weiß, wie gut die sich mit Trennungen und Scheidungen auskennen). Zudem bist Du eventuell dazu berechtigt, Beratungshilfe zu bekommen. Du hast ein Frauenhaus erwähnt - ich glaube, auch diese unterstützen bei diesen Schritten.


Ich wünsche Dir und Deinen Kindern alles, alles Liebe und Gute! Auch: Hut ab davor, wie Du das Studium durchgezogen hast. Dass sich ein aufwändiges Studium wie Rechtswissenschaften durch Deine Situation verzögert, ist, glaube ich, ganz normal. Ich wünsche Dir auch viel Kraft für die Examensvorbereitung, habe bei Freund*innen mitbekommen, was für ein mega Aufwand das ist.

Bearbeitet von malguckenhier
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Ich finde es schwer zu beurteilen wie schlimm die Situation ist. Du klingst sehr aufgewühlt. Ansonsten würde ich sagen einfach auf "Pause" drücken und das Examen rum kriegen.

Gerade bei Jura kommt das dicke Ende ja zum Schluss. Selbst ohne Kinder verfallen da viele Studenten in Panik.

Frauenhaus als Option ist aber natürlich harter Tobak den du da aufbringst. Ist es denn wirklich so schlimm? Wer eine "Hure" ist oder nicht diese Gedanken finde ich verquer. Wer was denkt wen interessiert denn das? Gerade mit Kindern trennt man sich nicht einfach leichtfertig.

Ich meine die Hochzeit war vor 8 Monaten. Was ist denn passiert? Hast du ihm nach der Hochzeit die emotionale Affaire gebeichtet?

Liebst du ihn noch?

An der schlechten Kommunikation scheint ihr ja beide euren Anteil zu haben, wenn du selbst schreibst du wirst schnell aggressiv.

Habt ihr schonmal daran gedacht euch extern beraten zu lassen? Paartherapie oder ähnliches?

Wenn er nicht will dann kannst du dich auch alleine beraten lassen auch für den Fall einer Trennung. Caritas, ProFamilia usw. Selbst wenn ihr euch trennt bleibt ihr Eltern und eure Kommunikation sollte funktionieren.

Im selben Haushalt getrennt leben ist schwierig ihr seht euch ja trotzdem. Gebuchte Urlaube müsst ihr natürlich stornieren. Alles Geld werdet ihr da nicht wieder bekommen.

Hast du Freunde oder Familie denen du dich anvertrauen könntest?

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Hey du, fühl dich erstmal gedrückt.

Zu deiner Situation hast du schon einiges Feedback. Du fragst nach konkreten Erfahrungen, die kann ich teilen. Ich hab mich von meinem Exmann getrennt als unsere Tochter fünf war. Keine einfache Zeit, ich war mir quasi über Nacht klar, hab mir aber Zeit gelassen ihn bei dem Prozess mitzunehmen, um eine einvernehmliche Trennung hinzubekommen. Glücklich waren wir beide nicht zuvor, wir waren super als Elternpaar, hatten viele ähnliche Interessen, aber toxische Streits und schlechte Kommunikation.

Der Trennungsprozess dauerte vier Monate, mit vielen Gesprächen und auch Momenten, in denen ich mich arg zusammenreißen musste, um alles friedlich hinzubekommen.

Nach der Trennung haben wir noch ein weiteres halbes Jahr in einem Haus gelebt, bis wir raus hatten wie wir alles machen wollen mit Haus, Kind etc. Dann ist er ausgezogen. In dieser Zeit hat uns geholfen, schon zu leben wie ein getrenntes Paar. Getrennte Schlafzimmer, klar. Aber auch schon ein geklärtes Betreuungsmodell. War bei uns easy, weil wir 50:50 im Wechselmodell hatten. So hatte jeder seine festen Betreuungstage, der andere konnte sich dann auf Arbeit, Freunde etc. konzentrieren und wir konnten uns aus dem Weg gehen. Weniger gemeinsame Mahlzeiten, Besuche bei der Family allein mit Kind etc. Es kann funktionieren, wenn man für eine Zeit kompromissbereit ist und beide mitziehen.

Eins noch: Ich hatte echt Angst davor es allen zu sagen. Familie, Freunde, Kindergarten... aber es war null schlimm. Es gab kein negatives Feedback. Und wenn wärs mir irgendwann auch egal gewesen, weil es einfach der richtige Weg war. Wir haben als Eltern funktioniert, aber als Paar einfach nicht (mehr). Was meine Tochter mir heute erzählt, sagt mir dass die Trennung goldrichtig war, sie hat mehr mitbekommen als ich damals wahrhaben wollte.

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Hallo brokensoul,

Ihr beide seid an eurem Tiefpunkt gebrochen und ratlos. Welchen Rat wünscht du dir denn?

Du hast die fest zu einer Trennung entschlossen, aber Angst vor den Folgen und vor dem, was dich und deine Kinder in Zukunft erwartet.
Mich hat in diesem Thread die Antwort der TE nochmalvonvorn sehr bewegt, wo es um das partnerschaftliche Zusammenleben mit Cholerikern geht, die ihre Schwäche und Überforderung nur durch Wut und Aggression aus sich heraus lassen können. Was denkst du, ist es bei euch Beiden der Zug schon abgefahren für solch eine konstruktive Lösung, weil die Gefühle erkaltet sind oder in Abneigung abgeglitten sind?

Ich wollte zurück in deine vermeintliche Zukunft.
Du schreibst, du hast mit 19 deinen älteren Mann kennengelernt. Dein Mann war für dich wie eine Befreiung (oder war es doch eine Flucht?) aus deinem streng religiösen Umfeld, das dich in deiner Kindheit geprägt, eingeengt und verletzt hat. Hast du in deiner Kindheit Liebe, Vertrauen und Geborgenheit empfinden können, oder hast du dir dafür deinen Mann gesucht, um das zu finden, was dir fehlte?

Schon nach kurzer Zeit bist du "kopfüber" mit deinem ersten Kind schwanger geworden, ohne deinen Mann wohl näher kennengelernt zu haben. Während deiner Familien- und Studienzeit entfalteten sich dann langsam eure partnerschaftlichen Konflikte. Seine unkontrollierbaren Wutausbrüche, dein nagenden Groll gegen ihn. Deine Flucht in das Fremdverlieben (emotionale Affäre nach deinen Worten), gegenseitige Enttäuschungen und Beleidigungen. Eine Spirale der Eskalation und der Entfremdung.

Ich möchte dir keinerlei praktischen Empfehlungen geben. Ich möchte nur auf deine kurz aufscheinende Beschreibung deiner Kindheit und Jugend zurückkommen.
Du hast dein streng religiöses familiäres Umfeld als unerträglich empfunden, hast als Ausweg nur die Flucht in eine Ehe und Familiengründung gesehen. Und stehst nun vor den Trümmern deines noch jungen Erwachsenenlebens. Andererseits hast du erfolgreich dein Jurastudium bewältigt.

Hast du dir Gedanken darüber gemacht, in Gefahr zu geraten, immer wieder die Muster deiner Kindheit zu wiederholen? Die Frage möchte ich dir für deine Zukunft mitgeben. Sonst könnte dir in deinem Leben ein weiterer Reinfall nach dem Muster "neues Spiel, altes Unglück" drohen.

In mir kam auch die Frage nach deiner Spiritualität hoch, ich hoffe, ich trete dir mit diesem Thema nicht zu nahe, ansonsten blende das Thema einfach aus. Was bedeutet dir Gott oder der Gedanke an eine höhere Macht heute, nach den ganzen abschreckenden und leidvollen Erfahrungen deiner Kindheit? Hast du versucht, Gott aus deinem Herzen zu verbannen, bist du voll Groll und Verbitterung gegen ihn, machst du ihn verantwortlich für das, was dir in deinem Elternhaus angetan wurde?
Du selbst wirst nur Frieden haben, wenn du Frieden mit den Dämonen deiner Vergangenheit schließen kannst und das geht für mich nur, wenn ich zuerst Frieden mit Gott schließe.

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Es gibt hier ja zwei Ebene, die persönlich/emotionale Ebene und die Sachebene Deiner beruflichen/finanziellen Existenz.

Sachlich: Ich würde an Deiner Stelle jetzt mal alle Zähne zusammenbeißen und das Examen in der Konstellation durchziehen, sofern das nicht kindergefährdend ist (weil Eure Streits vor den Kids so massiv sind, dass sie sie traumatisieren könnten zB). Im Lichte von Trennung, Auszug, Scheidung, Wohnungssuche, ggf. alleinerziehend wird das sonst am Ende jahrelanges Gewurschtel.

Führe Dir vor Augen, dass zwei Kids großziehen und nebenher studieren und das alles mit einem beruflich durchstartenden Mann eine Riesenbelastung ist, die viele gar nicht schaffen und wo eine Überlastung mit allen Auswüchsen eigentlich normal ist

Vergiss den Gedanken "nur acht Monate nach der Hochzeit". Es geht um Dich und die Kids und es ist egal, was die 150 Gäste denken, da werden bestimmt auch viele dabei sein, die Dich verstehen und empathisch sind, wenn es hier zum Äußersten kommt.

Was die emotionale Ebene angeht liest sich alles, als hättest Du mit der Beziehung schon sehr lange abgeschlossen, zumal da ein klares Schuld-Denken durchkommt: Er ist der Choleriker, er muss sich ändern, er versprichts, er brichts, zur emotionalen Affäre hat er Dich gebracht, Du schläfst im Arbeitszimmer, er bemüht sich ja, aber.... da würde ich dringend anraten, den Trennungsprozess, wenn es gar nicht mehr geht, vernünftig moderieren zu lassen, auch wirtschaftlich.

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Ich werfe jetzt mal einen Gedanken ein, der mir beim Lesen gekommen ist: Hast du neben den Problemen mit deinem Mann auch Angst vor dem Abschluss deines Studiums?

Du bekommst in elf Jahren ein Studium nicht zum Abschluss. Das Jurastudium ist nicht ohne, aber offen gestanden finde ich diese lange Zeit dennoch enorm. Besonders wenn man bedenkt, dass nach dem ersten Staatsexamen noch das Referendariat folgt, in dem man auch nicht so viel verdient und sich im Anschluss daran noch einmal beweisen muss.
Ich möchte betonen, dass ich das nicht bewerten möchte. Ich selbst habe sehr lange studiert und zum Beispiel auf Grund des unerfüllten Kinderwusches geglaubt, dass ich zu "Nichts in der Lage bin" und daher das Studium sicher vergeigen werde. Ich kenne daher diese Angst. Ist sie bei dir auch vorhanden? Versuchst du durch externe Dinge das Examen zu schieben?

Du hast diesen Mann vor kurzer Zeit erst geheiratet- hat sich die Situation wirklich so drastisch zugespitzt, dass du nicht erst dein Studium zu Ende bringen kannst und in dieser Zeit den Rat der ersten Userin befolgen und dich mit deinem Mann auseinandersetzen kannst?

Ich habe ebenfalls den Eindruck, dass eure Beziehung noch nicht am Ende ist. Wenn ihr euch jetzt (mit oder ohne Hilfe von außen) mit euren Problemen und Kommunikationsstrukturen auseinandersetzt, dann könnt ihr das bestimmt noch schaffen. 11 Jahre sind eine lange Zeit und zwei Kinder sind involviert.

Ich habe noch nie hier gelesen, dass Frauen, die bei ihren Männern bleiben Huren seien. Im Grunde rate ich dir dazu, deinem Mann und dir noch eine Chance zu geben und / oder dich erstmal auf dein Studium zu konzentrieren.

Es kann sehr gut sein, dass ich mit meinem Eindruck komplett daneben liege und du jetzt dein Examen gut meisterst. Sicher wird der Start ins Berufsleben außerhalb des Studiums deiner Selbstwirksamkeit gut tun und das könnte auch wieder eure Ehe beleben. Ich wünsche euch alles Gute.

Bearbeitet von Endlessly7
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Hallo!

Ich selbst habe tatsächlich wirkliche Probleme, Dinge zum Abschluss zu bringen, aber sehe hier bei OT alles noch im Rahmen. Viele Studierenden der Rechtswissenschaften auch ohne Kinder brauchen mal etwas länger. Vielleicht wird eine Hausarbeit nichts, vielleicht fällt man durch eine Klausur, oder die Examensvorbereitung dauert länger als gedacht, man entscheidet sich doch für ein professioneller Repetitorium, die Veranstaltungen aus einem Auslandssemester können nicht eingebracht werden (oder es ist doch mehr Ausland und weniger Semester ;-) )...und und und.
Wenn beide Baby-/Kinderpausen jeweils 1,5 Jahre gingen, müssen schon einmal 3 Jahre abgezogen werden. Vielleicht fiel auch noch der Mutterschutz und die Geburt auf die Klausurenphase des vorherigen Semesters.

Dann ist es auch mit Kind belastender als ohne Kind. Ich finde 8 Stunden Vorlesungen plus Lernen weitaus fordernder als einen durchschnittlichen Bürojob. Viele meiner Bekannten mit Kindern studieren daher in Teilzeit.

Durch diese Überlegungen relativiert sich für mich die scheinbar lange Zeit doch.

Bearbeitet von echte_langzeitstudi