Emotional schon lang getrennt- praktisch nicht

Hallo,
Ich wollte fragen ob es noch jemandem so geht. Ich bin mit meinem Mann seit 20Jahren zusammen, wir haben drei Jungs.
In den letzten Jahren hat mich mein Mann bei mehreren Erlebnissen praktisch und vor allem emotional total im Stich gelassen. Ich denke unser Hauptproblem ist seine mangelnde Empathiefähigkeit.

Eine Auswahl:
- ich wurde ungeplant schwanger, er wollte heiraten, ich hatte leider eine Fehlgeburt, er wollte darum dann nicht mehr "verlobt" sein (wir heirateten erst 5Jahre später).
- ich hatte nach dem zweiten Kind eine Wochenbettdepression, habe sogar heulend beim Jugendamt angerufen, dass sie bitte das Baby in eine Pflegefamilie tun sollen, weil ich nicht mehr kann. Ich hatte Angst dass ich den Kindern aus Überforderung etwas antue.
Mein Mann hielt sich raus. Ich besorgte Putzfrau und eine Helferin vom Jugendamt, machte Kur, Therapie und war am Ende stationär in einer Klinik.
- Danach lief es ganz gut weiter, ich nahm mir z.B. eine Auszeit von der Arbeit und wir überstanden Corona gut. Wir wollten eigentlich beide immer ein 3.Kind, aber mein Mann schob es immer auf. Als ich dann einen neuen anspruchsvollen Job begann, wollte er auf einmal eins (2Monate davor hatte ich ihn deutlich befragt, da wollte er nicht). Da fühlte ich mich verarscht, zumal ich in den letzten Schwangerschaften trotz vieler Komplikationen schon immer bis zum Mutterschutz arbeiten musste und genau das mir mit der neuen Stelle niemals antun wollte.
Eigentlich wollte ich mich da scheiden lassen. Emotional verband uns einfach nix mehr. Aus finanziellen und organisatorischen Gründen und da unsere Kinder Terror machten versuchten wir es dann doch mit einer Paartherapie die jedoch nur teilweise Ergebnisse brachte.
Eingesehen hat mein Mann nach wie vor gar nichts, ich sollte mehr reden was ich mir wünsche. Aber wir wollten es nochmal versuchen und er wollte sich bessern und mehr für die Familie einsetzen.

- Als wir dann unseren Kleinen letztes Jahr bekamen, nahm er wieder meine Gefühle nicht ernst. Mir ging es psychisch nicht gut, er beharrte drauf, dass ich übertreibe und er alles gut macht (z.B. Baby wegnehmen und lange spazierengehen). Er hatte leider kein Verständnis für meine Gefühlslage und wenn ich es recht überlege hatte er eigentlich auch noch nie viel Empathie.

- Absolut klar wurde mir dies nach einem unverschuldeten Autounfall. Ich und unser Baby wurden im PKW von einem LKW gerammt und zur Seite geschoben. Seine erste Reaktion war allen Ernstes:
Hast du das Nummernschild? Hat die Polizei die Versicherungsdaten? Hast du die Kontakte zu den Augenzeugen?

Seitdem bin ich mir sicher, dass emotional bei uns alles verloren ist. Wir sind auch so lange zusammen, dass man da nicht mehr viel Veränderung erwarten kann, selbst wenn er sich bemüht z.B. im Alltag präsenter zu sein und mehr zu unterstützen. Aber die Empathie geht ihm einfach ab.
Ich habe ihm mehrfach mitgeteilt dass die Partnerschaft für mich damit gestorben ist. Aber als Vater macht er meist einen guten Job und finanziell und organisatorisch (gemeinsames Haus) bekommen wir eine Trennung und Scheidung nicht gut hin.
Also leb ich jetzt mit einem Mann zusammen, den ich nicht mehr liebe, sondern dessen Verhalten mich jedesmal triggert.
Andrerseits habe ich viel Unterstützung im Alltag, eine große Wohnung, drei tolle Kinder, einen verlässlichen Partner in Punkto Kinderbetreuung und ein sonst angenehmes Leben. Darum strebe ich derzeit keine Veränderung an. Aber sie wird irgendwann kommen.
Wer kennt diese Situation? Wer hat sie auch hinter sich oder steckt noch drin?
Ich habe gelesen, hinterher sagen die meisten: Hätte ich mich doch früher getrennt.

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Hallo

Einer Freundin von mir geht es ähnlich. Sie liebt ihren Mann auch nicht mehr und ist nur aufgrund materieller Dinge (schönes Haus mit Garten) und aus Management Gründen (ihr Mann bringt zb. die Kinder in der Früh in die KITA usw) noch mit ihm zusammen. Ich kann dir nur sagen dass alle Paare die sich bei uns getrennt haben, später Abstriche machen mussten (zb Haus verkauft, weniger Urlaube usw) Das heißt nicht das sie später unglücklich wären, aber man kann halt nicht alles haben.
Die Frage ist wie wichtig dir das materielle ist, oder könntest du genauso in einer kleineren Wohnung leben und gegebenenfalls die Woche alleine mit den Kids leben. Und zu den Punkten die du in der Vergangenheit aufgezählt hast, dass verstehe ich das es verletzend ist. Aber vielleicht hast du deinen Mann in den vielen Jahren auch verletzt. Ich kenne Paare die ihren Partner aufgrund einer Depression verlassen haben. Vielleicht ist er nicht so empatisch wie du möchtest aber dafür ist er verlässlich, ein guter Vater usw.. Wenn man sich all die schlechten Dinge in einer Partnerschaft solange merkt dann haben viele Ehen keinen Sinn. Wenn du wirklich mit ihm zusammen bleiben möchtest dann versuche vor allem für dich selbst die alten Dinge abzuhaken und dich auf seine positiven Seiten zu konzentrieren. Den perfekten Mann im perfekten Haus mit den perfekten Kindern wird es leider nicht mehr spielen. Wenn du dich trennst geht's du den Weg einer Patchwork Familie und der ist oft kein leichter .

Lg

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Danke für deine Antwort. Du hast das ganz gut beschrieben. Ja ich denke in Summe bin ich irgendwie mit ihm immer noch besser dran als geschieden. Selbst FALLS es mir getrennt evtl. psychisch vielleicht etwas besser ginge, würden die Nachteile (Organisation, Finanzen, Ortswechsel,...) wohl überwiegen.
Danke dass du das mir nochmal so vor Augen geführt hast. Und ja, obwohl er mich durch sein Verhalten eben leider viel zu oft verletzt und enttäuscht hat, ist er ein sehr guter engagierter Vater und Partner und man kann gut mit ihm auskommen.
Vielleicht sollte ich das wenigstens etwas mehr wertschätzen.

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Ja genau; hättest du dich früher getrennt. Die Schieflage bei euch dauert schon lange an.
Und trotzdem immer wieder ein Kind.
Damit bindest du dich noch mehr.

Es hört sich an als hättest du resigniert.
Die Entscheidung zum Bleiben lese ich bei dir raus.
Was also möchtest du hören?

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Ich wusste irgendwie selbst nicht was ich hören will aber hab ja einnpaar neue Aspekte genannt bekommen und so kann ich mein eigenes Handeln auch irgendwie mehr verstehen.
Die Kinder haben einen eher größeren Abstand und entstanden auch immer erst nach deutlichem beiderseitigen Wunsch und nachdem entsprechende Rahmenbedingungen gegeben waren.
Sind auch einer der Punkte, die bei uns gut laufen und wo wir sowas wie "Familienleben" erleben können, wenn schon nicht "glückliche Partnerschaft".

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Da jetzt auf den Mann hinhacken wäre einfach. Es gibt jedoch immer zwei Seiten.
Eine psychisch instabile Frau kann ebenso belastend und fordernd sein. Immer Empathie zu zeigen und sich in den anderen hineinfühlen kann nach vielen Jahren einfach auch für ihn mühsam sein.

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Das ist ein guter Hinweis. Ja vielleicht fällt ihm Empathie sehr schwer und ist vielleicht anstrengender für ihn so dass er dadurch auch ausgelaugt ist. Und bestimmt bin ich auch nicht einfach.

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Hallo,

für einen finalen Rat fühle ich mich nicht berufen - ohne sämtliche Hintergründe und deinen Mann zu kennen.

Hier aber ein bisschen ‚food for thought‘:
a) deine Geschichte erinnert mich sehr an die Geschichte meiner Eltern, die sich getrennt haben, als ich zehn Jahre alt war. Emotional die richtige Entscheidung meiner Mutter, da sie auch wegen der Schwiegermutter beziehungsweise Umfeld psychisch krank wurde und einfach auch viel zu früh geheiratet hatte.
Ein paar Jahre später und die Umstände wären anders gewesen und sie hätte es durchgezogen, denn materiell gesehen war die Trennung für alle Seiten ein großer Fehler.
Manchmal zahlt sich Zähne zusammenbeißen aus. Auch wenn dein Mann scheins emotional große Defizite hat.

b) Die Ehe meiner Großeltern war für beide Seiten jahrzehntelang schwierig, eine lange Geschichte… Aber als beide in Rente waren, waren sie bis zum Tod ein Herz und neue Seele. Manchmal können sich Blätter auch wenden.

c) grundsätzlich gilt, und da sehe ich allerorts: In 90 % der Fällen kommt nichts besseres nach, wenn man in den Vierzigern oder Fünfzigern ist.

d) manchmal tut John F. Kennedy gut: Auch mal daran denken, was man gibt und nicht immer nur was bekommt.

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Ja da hast du recht. Finanziell ist es eben echt krass und das was besseres nachkommt.... wohl unwahrscheinlich. Da fehlt es dann vielleicht nicht an Empathie aber an was anderem und eine Patchworkfamilie ist halt auch nie das wie eine Familie mit Kindern, die von beiden Eltern stammen....
Bisher haben wir die letzten 20Jahre eben auch oft einfach mit "augen zu und durch" überstanden. Schön zu lesen, dass sich das Blatt bei deinen Großeltern gewendet hat. Bei meinen Eltern habe ich einen ähnlichen Eindruck, als Kind habe ich aber sehr darunter gelitten und mir zeitweise eher eine Trennung gewünscht.

Oft ist es keine Kunst solange zusammen zu sein, eher ein Zufall, dass sich in den Krisen nie eine andere Gelegenheit geboten hat... :-/. Das war auch bei uns nicht unbedingt eine aktive Entscheidung sondern eher Passivität.

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Nach deinen Aufzählungen wäre mein Tipp: mache 1x in deinem Leben das, was du willst.

Du willst dich trennen, deine Kinder wollen nicht (wollen sie übrigens nie) und schon bleibst du.
Du hast einen tollen Job, dein Mann will ein Kind, du gibst es ihm.
Dein Mann ist seit Jahren null für dich da, du bleibst dennoch weiterhin an seiner Seite.

Unterm Strich kann jeder machen was er will, nur du nicht. Mir tut das 3. Kind wahnsinnig leid - wenn man jemanden nicht mehr liebt, warum hat man noch Sex ohne Verhütung?

Ich würde endlich zu mir und meine Gefühlen stehen. Klärt die Kinderbetreuung, nehm dir wieder einen tollen Job und dann seid einfach nur gute Eltern und versucht, ohne einander glücklich zu werden. Wozu soll man noch auf dem Papier verbunden bleiben und sich so die Chance auf echte Liebe nehmen? Es gibt nur ein Leben!

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Ehrlich gesagt tut mir Dein Mann leid. Du suchst Belege dafür, dass er ein emotionaler Arsch ist, (auch) wegen einer zugegeben saublöden, aber womöglich im Affekt gegebenen Antwort nach Unfall ist "die Partnerschaft DAMIT für Dich erledigt", er triggert Dich, dass er das Kind "nimmt" und spazieren geht in einem psychischen Ausnahmezustand von Dir bezeichnest Du wörtlich als "Kind wegnehmen", der Wunsch nach Kind 3 ist also, dass er Dich "verarscht" usw. usf.

Dann sag doch einfach, ich liebe den nicht mehr, ich kann ich nicht mehr sehen, der geht mir auf den Geist und trenn' Dich. Ich habe das aus männlicher Perspektive genauso erlebt und irgendwann war es wirklich eine Quälerei, die einen nur aggressiv machen konnte - jede Woche die Diskussionen über "Ich wünsche mir mehr Unterstützung" und "Du stehst nicht hinter mir", "Du bist so empathielos". Irgendwann war dann ein nicht weggeräumter Teller ein wie immer rücksichtsloser Arschmove und mit den Kindern auf den Spieli gehen um ihr zwei Stunden zu geben "Na spielst Du wieder den Superdaddy". Eheberatung haben wir auch gemacht, als sich herausstellte, dass ich > 50% der anfallenden häuslichen Arbeiten erledige als Alleinverdiener, wurde die Beratung abgebrochen, wiel die Beraterin angeblich "auf mich steht".

Ehrlich, beende das bitte einfach, der Mann hat doch keine Chance mehr

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Das "in den letzten Jahren" hat doch schon vor dem ersten Kind begonnen, oder verstehe ich Dein erstes Beispiel falsch?


Ich glaube, Dein Mann ist einfach ein extrem pragmatischer Typ. Vielleicht, weil er selbst kaum Zugang zu seinen Gefühlen hat. Vielleicht, weil er (unbewusst) den Gegenpart zu Dir einnimmt. Bei Dir sind die Gefühle extrem präsent. Und diese Rollen ziehen sich ja durch Eure ganze Beziehung und sind damit vermutlich ziemlich verfestigt.

Ich erkenne da ein bisschen mich und meinen Mann wieder. Auch ich habe mir in Phasen meiner psychischen Instabilität gewünscht, mein Partner wäre empathischer. Er hat (aus meiner Sicht) meine Lage und meine Gefühle weitgehend ignoriert. "Es geht trotzdem weiter" war da das Motto.

Damit blieb er der Fels in der Brandung und hat sich eben nicht in den emotionalen Strudel mit hinein ziehen lassen.

Dein Partner versucht, Euer Leben ganz praktisch anzugehen, wenn Du es nicht kannst, und Du legst es ihm ausschließlich negativ aus.

Das finde ich tatsächlich ein bisschen unfair.

Das Leben mit einer psychisch instabilen Partnerin ist sicher auch für ihn nicht leicht. Trotzdem habt Ihr Euch gemeinsam und bewusst immer wieder dafür entschieden, die Beziehung durch ein weiteres Kind zu festigen.

Bist Du in Therapie? Falls nicht, solltest Du aus meiner Sicht erstmal für Dich selbst eine anstreben und herausfinden, warum Dich sein Verhalten so extrem triggert, und vor allem wie Du Dein Wohlwollen ihm gegenüber wieder besser wahrnehmen kannst. Denn das ist ja da. Es wird nur aktuell überlagert von der Wut darauf, dass er seine Gefühle nicht auf eine Art zeigt, die Du wahrnehmen kannst oder willst.

Bearbeitet von onthebrightside
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Du bist zu einer Zeit mit Deinem Mann zusammen gekommen, als das Wissen zum Thema Narzissmus, toxische Partnerschaft, Psychopathie und Soziopathie in der Partnerschaft, selbst unter Fachleuten, noch nicht so weit verbreitet war.
Damals hieß es "Zum Streiten gehören immer zwei." Grundverkehrt, wie die Forschung zu diesem o.g. Thema zeigt.

Dein Mann hat also ein krasses Empathie-Problem und hat Dich mehrfach und wiederholt in wichtigen Dingen im Stich gelassen - das sind schon mal grundlegende Anzeichen. Und Du sollst jetzt ein schlechtes Gewissen haben oder Dich "schuldig" fühlen - weil Du Empathie, die Basis der Basis - für eine Partnerschaft einforderst? No way!

Ich rate Dir dazu, Dir Wissen anzueignen zum Thema Narzissmus, auf youtube gibt es z.B. Videos zum Thema "Narzissmus erkennen - 16 Anzeichen; Ist mein Partner ein Narzisst?", es gibt Bücher, Fachartikel, Foren darüber.
Vielleicht erkennst Du Deinen Partner darin wieder?

So wie Du es beschreibst, ist eure Beziehung ja schon lange tot, das einzige ist das Finanzielle und die Organisation bzgl. der Kinder, wo er unterstützt.

Aber Deinen Kindern und vor allem Dir selbst bist Du vor allem eine glückliche Mutter und Frau schuldig und das bist Du nicht.

Wer will schon in einer toten Beziehung ausharren, mit einem Partner, der keine Empathie hat und jmd. ständig im Stich lässt oder gelassen hat?

Also informiere Dich und ziehe die Konsequenzen.

Das Finanzielle kann und darf niemals ein Grund sein, in solch einer unglücklichen Situation verharren zu müssen, Du kannst selbst genug Geld verdienen und wieder glücklich sein - allein oder in einer Partnerschaft, die es verdient hat, diese auch so zu nennen.

Bearbeitet von Pilotin777
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Ich bin ja auch der Meinung, dass man eine offenbar tote Beziehung beenden sollte und dass da nicht das Finanzielle und die Passivität der Grund sein soll, dran festzuhalten. Für sich, für das Vorleben gegenüber der Kinder und natürlich auch aus Fairness dem Mann gegenüber, der ja vielleicht anderweitig sein Glück finden soll. Der Ehemann wird von der TE zwar als emotional abgestumpft beschrieben, aber auch als "sehr guter engagierter Vater und Partner". Ich weiß wirklich nicht, no offense, ob da Begriffe wie "toxische Partnerschaft", Psychopathie und vor allem Narzissmus wirklich hilfreich sind, über die sie sich mal informieren soll.

Mir scheint es eher so, als ob in der ganzen Sache eine vernünftige Paartherapie hilfreich wäre. Dann käme der Mann eventuell mal auf den Trichter, dass sich Empathie lohnt und wo er offenbar ganz grobe Defizite hat, und die TE würde eventuell die positiven Seiten wertschätzen. Und weil in solchen Therapien/Beratungen auch die Gemeinsamkeiten mal rausgearbeitet werden, die unter den Tisch fallen. Wir lesen ja hier nur die desaströsen Seiten, die offenbar positiven werden nur ganz kurz angerissen.

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Es ist nie verkehrt, sich über Narzissmus gut zu informieren. Denn hier ist eine Therapie erfahrungsgemäß oftmals fehl am Platz und es hilft nur noch die Trennung.
Das weiß man halt nur, wenn man sich damit grundlegend beschäftigt hat.
Wissen ist Macht.

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