Hallo ihr Lieben,
ich bin 30 Jahre alt und habe bisher keine Ausbildung gemacht.
Im Sommer nächsten Jahres (2020) endet meine Elternzeit und ich würde gerne mit meiner Wunschausbildung beginnen.
Nun ist es ja so, dass nicht nur ihr euch fragen werdet, weshalb ich erst mit (dann) 31 Jahren eine Ausbildung beginne, was ich vorher gemacht habe und wie ich generell das ganze mit Kind und Ausbildungsvergütung unter einen Hut bringen möchte, sondern der potentielle Personalleiter sicherlich ebenso.
Anders als beim Anschreiben in meiner Bewerbung kann ich euch hier wenigstens etwas mehr zu meinen Beweggründen und meiner Ausgangslage erzählen. Denn Irgedwie werde ich doch darauf eingehen müssen, allerdings fällt es mir schwer die richtige Dosis / den Mittelweg zu finden ohne einerseits "auf die Tränendrüse" zu drücken oder anderseits als "faule Versagerin" dazustehen... Ich habe Schicksalsschläge hinnehmen müssen, für die ich nichts kann, allerdings auch einige naive Fehlentscheidungen getroffen, zu deren Konsequenzen ich stehe.
Letztendlich schäme ich mich nicht für meine Vergangenheit und stehe zu ihr, denn sie hat mich ja zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin.
Nach dem Tod meiner Eltern bin ich mit 14 Jahren Familienintern vergewaltigt und missbraucht worden, in eine Jugenhilfeeinrichtung gekommen und habe meinen Realschulabschluss gemacht.
Aufgrund großer Verlustängste bin ich dann mit 15 Jahren an den falschen Mann geraten, rosarote Brille, Naivität, Abhängigkeit. Die vier Jahre Beziehung endeten für mich mit Prostitution und häuslicher Gewalt, aber auch mit dem Kennenlernen meines jetzigen Mannes.
Mit seiner Hilfe konnte ich mich von meinem gewalttätigen Exfreund trennen.
Ich habe einen Job im Einzelhandel angenommen und bin recht schnell stellvertretende WBL geworden.
Aufgrund unseres sehr großen Altersunterschiedes haben wir den Kinderwunsch nicht auf die lange Bank geschoben und geheiratet, es folgten viele Fehlgeburten und eine Bauchhöhlenschwangerschaft. Acht Jahre später kamen unsere Zwillinge zur Welt. Leider 13 Wochen zu früh. Nur unsere Tochter überlebte den schweren Start in's Leben aber entwickelt sich dafür wunderbar. Unser Sohn verstarb.
Nun endet nächstes Jahr meine Elternzeit und mein Mann wird in Rente gehen.
Ich habe also den großen Vorteil, unsere Tochter gut versorgt und betreut zu wissen und mich endlich auf meine berufliche Zukunft zu konzentrieren.
Immerhin werde ich noch gut 40 Jahre lang arbeiten müssen.
Unabhängig von meiner persönlichen Situation bin ich überzeugt, dass die allermeisten Menschen mit 30+ sich viel bewusster für einen bestimmten Beruf entscheiden, da sie bereits eine gewisse Lebenserfahrung gesammelt haben, im Gegensatz zu frischen Schulabgängern. Auch dies würde ich gerne in meinem Anschreiben unterbringen, vielleicht hebt das meine Bewerbung hervor? Ich habe nur keine Ahnung, wie ich das sinnvoll unterbringen kann. Hat hier Jemand eine Idee?
Die Bewerbung für einen Ausbildungsplatz mit über 30 Jahren sollte doch vermutlich ganz anders aussehen, als die eines 16/17 jährigem Bewerbers?
Könnt ihr mir dabei helfen, meine Gedanken etwas zu ordnen und auf das Wichtigste / Aussagekräftigste zu reduzieren? Und mir vielleicht auch sagen, was ihr davon in einem potentiellen Bewerbungsgespräch *wie* erzählen würdet?
Zudem würde mich interessieren, was ihr zwischen Realschulabschluss und Einzelhandel in meinen Lebenslauf schreiben würdet. Ich kann ja schlecht, "Prostitution" angeben - aber lügen oder eine riesen Lücke ist doch auch blöd.
Meine favorisierte Ausbildung ist die zur Sozialversicherungsfachangestellten.
Allerdings könnte ich mir meine Zukunft auch gut als Kauffrau im Gesundheitswesen vorstellen.
Nun zu meinem Musterschreiben:
Sehr geehrte Frau xxx,
mit jedem Jahr wächst nicht nur meine Lebenserfahrung, sondern auch der Wunsch die Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten zu absolvieren. Ab Sommer 2020 sind in meinem Privatleben alle Weichen so gestellt, dass ich mir diesen Wunsch endlich erfüllen kann.
In meiner beruflichen Vergangenheit habe ich meine Freude an der Arbeit für und mit dem Kunden entdeckt. Nicht selten gelang es mir durch freundliche Kommunikation und strukturiertes, zielführendes arbeiten, sowohl selbstständig als auch im Team, auf die Wünsche des Kunden einzugehen, Prioritäten zu setzen, Probleme zu lösen und Kompromisse zu schließen.
Und auch wenn ich mich nun beruflich weiterentwickeln möchte, so finde ich den Gedanken schön, weiterhin als Schnittstelle zwischen dem Kunden und Ihnen, als Dienstleister, zu stehen.
Da ich privat von der *Krankenkasse* und ihrem breiten Leistungsspektrum überzeugt bin, würde es mich freuen, auch beruflich ein Teil Ihres Teams zu werden.
Über die Einladung zu einem persönlichen Kennenlernen freue ich mich sehr und verbleibe bis dahin
mit freundlichen Grüßen
Zufrieden bin ich mit dem Anschreiben noch überhaupt nicht, aber ich dachte mir, ich fange einfach mal an...
Vielen, lieben Dank an Jeden, der sich die Mühe gemacht hat meinen Text zu lesen. Ich bin wirklich über jeden hilfreichen Gedanken froh.
Ganz, ganz liebe Grüße 🌷
Bewerbung um einen Ausbildungsplatz mit 30+
Hallo
Bin kein Experte, kann dir also nur meine unbedarfte Meinung schreiben.
Dein jetziger Job gehört unbedingt hinein. Eventuell mit dem Nachsatz : da ich nach neuen beruflichen Herausforderungen suche strebe ich die genannte Ausbildung zu xy an.
Das Privatleben im ersten Absatz würde ich streichen. Du würdest gerne im Sommer beginnen und fertig. Btw, jetzt für Sommer 20 etwas abschicken halte ich für zu früh.
Die Lücke würde ich vielleicht mit Aushilfstätigkeit im privaten/familiären Umfeld betiteln. Und auf Nachfrage irgendwas wie zb sagen: der damalige Freund hat dich überredet dich auf den Haushalt zu beschränken, da sein Einkommen gut war hast du dich darauf einlassen. Oder so.
Alles Gute!
Hallo
Erstmal Respekt, dass du trotz der Schwierigkeiten deinen Weg gegangen bist und dich raus gekämpft hast.
Die Prostitution würde ich weder im Anschreiben noch im persönlichen Gespräch erwähnen. Du kannst ja einfach arbeitssuchend gewesen sein. Und irgendwann hast du ja dann auch einen Job gefunden. Allgemein würde ich nicht allzu viel privates rein erzählen. Ich finde es reicht zu sagen, dass deine Eltern gestorben sind als du 14 warst und dich das aus der Bahn geworfen hat und du deshalb erst etwas später dran bist nachdem du dein Leben wieder in der Reihe hattest. Alles andere geht keinen was an und ehrlich gesagt würde mir das als Erklärung beim Gespräch auch reichen. Wenn du zu viel erzählst, kann auch leicht der Verdacht aufkommen dass du vielleicht einen "Knacks" durch die Umstände hattest und deshalb vielleicht öfter ausfällst oder sonst was.
Das einzige was mir in deinem Anschreiben sofort negativ aufgefallen ist, ist "nicht selten". Diese Verneinung wirkt nicht, was hängen bleibt, ist dass du selten was geschafft hast. Hier besser von Anfang an positiv. Das nicht selten einfach weg lassen und den Satz umschreiben.
Viel Glück!
Erstmal Respekt dass du es geschafft hast. Im Lebenslauf würde ich schreiben wann du Waise geworden bist, dann "verschiedene Jobs" da braucht es keine Zeugnisse oder so, denn du stehst dazu dass du es damals eben nicht auf die Reihe bekommen hast. Die Wahrheit würde ich nicht sagen. Aber immer nah dran bleiben. Den guten Job natürlich ausführlich erwähnen, denn das ist was auf das du stolz sein kannst. Hausfrau und dann mutter unbedingt, das ist auch ein job. FG kannst du im Vorstellungsgespräch erwähnen, für den personaler ist es wichtig dass es geklappt hat, du jetzt ein Kind hast, es gut versorgt ist und du aller Voraussicht nach nicht wieder schwanger wirst. Dein Mann ist so alt dass ihr keine Kinder mehr plant (egal ob, aber ist glaubwürdig) und noch nicht so alt dass ihr nicht die nächsten 20 Jahre zusammen seid. Klingt blöd, sorry ich hoffe du verstehst was ich meine. Dass dein Kinderwunsch halt abgeschlossen ist solltest du rüberbringen. Dann klappt das, hab selber erst mit 32 angefangen zu arbeiten. Das einzige was interessiert hat war, ob mein Kind auch bei Krankheit betreut ist und ob ich noch eins will.... LG, das wird schon
Hi,
geh zum Arbeitsamt, mach ein Bewerbungscoaching und viellicht können die ja schon eine Ausbildungsstelle vermitteln.
lg
lisa