Abschaffung Ehegattensplitting

Hallo
Ich habe gerade einen Bericht gelesen, dass es Überlegungen gibt das Ehegattensplitting abzuschaffen damit Frauen Vollzeit arbeiten gehen und Karriere machen können.

Ich finde das ziemlich kurz gedacht. Ich glaube kaum, dass eine Frau aufgrund des Ehegattensplitting auf 450€ Basis arbeitet und keine "Karriere" macht. Gut ausgebildete Frauen haben doch ein Interesse daran, auch einen entsprechenden Job zu machen.

Ich glaube eher, dass so viel mehr Frauen auch schlecht bezahlte Jobs mit mehr Stunden annehmen müssen weil eben der Steuervorteil entfällt.

Wie seht ihr das?

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Ich halte es für richtig! Es sollten Familien mit Kindern steuerlich entlastet werden, keine Ehen in denen einer wenig oder gar nicht arbeitet. Daher bin ich für eine Abschaffung des Ehegattensplitting und für eine Erhöhung des Kinderfreibetrages.

Frauen, die Karriere machen und/oder Vollzeit arbeiten wollen, die tun das eh. Und die profitieren dann ja auch nicht vom Ehegattensplitting.

Aber das Ehegattensplitting fördert definitiv, dass ein Partner (meist die Frau) gar nicht oder eben nur im Minijob arbeiten geht. Und dass ein sehr gut verdienender Ehepartner (meist Mann) dann für sein Gehalt viel zu wenig Steuern zahlt, weil seine Frau zu Hause bleibt. Auch wenn keine Kinder betreut werden oder die schon längst aus dem Haus sind. Und das sehe ich als Steuerzahler nicht ein. Das Problem ist nämlich, dass im wesentlichen die sehr gut verdienenden Haushalte profitieren und nicht die, wo Frau eh schon steuerpflichtig Teilzeit arbeitet. Profitieren tun die, die so viel verdienen, dass einer gar nicht arbeiten gehen muss. Und die lachen sich dann noch ins Fäustchen, weil der Großverdiener so wenig Steuern zahlt.

Meine Eltern waren selbst Profiteure des Ehegattensplitting und trotzdem - oder gerade deshalb - sehe ich es total kritisch.

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Interessante Sichtweise.
Ich finde auch, dass Familien mit Kindern mehr gefördert werden müssten.

Wie du schon sagst, ich die gut ausgebildeten Frauen werden wahrscheinlich sowieso nicht jahrelang zu Hause sitzen.

Glaubst du, die Hausfrauen, die nicht arbeiten müssen weil der Mann so gut verdient und die Kinder aus dem Haus sind, würden aufgrund eines Wegfalls des Ehegattensplittings wirklich arbeiten? Ich glaube das nicht. Diese Frauen haben doch oft keine gute Ausbildung/Motivation und müssten dann für recht wenig Geld arbeiten gehen wo man dann wieder sagt, das lohnt sich nicht.
Es wird ja mit Fachkräftemangel argumentiert und ich glaube nicht, dass alle diese freiwilligen Hausgeräten Fachkräfte sind.

Ich glaube auch, es würde vielen Frauen den Wiedereinstieg auch mit mehr Stunden erleichtern, wenn die Kinderbetreuung günstiger und flexibel wäre. Ich glaube viele Frauen würden gerne mehr arbeiten doch das höhere Gehalt bei mehr Stunden wird durch die hohen Betreuungskosten aufgefressen. Durch bessere Möglichkeiten würden viele Frauen auch mehr arbeiten, zumindest kenne ich das aus dem Freundeskreis so. Und bei uns sind die Kita Gebühren noch nicht Mal sooooo hoch bzw immer noch deutlich niedriger als in vielen anderen Gegenden.

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Nein, ich glaube nicht, dass die „Zahnarztfrauen“ jetzt plötzlich arbeiten gehen würden, wenn das Ehegattensplitting weg fällt. Aber die Zahnärzte sollen bitte dann den richtigen Steuersatz zu ihrem Einkommen zahlen und nicht den klein gerechneten weil Frau 0€ verdient. Das ist ja auch eine Art Luxusleben auf Kosten der Solidargemeinschaft.

Und beim Thema Kinderbetreuung: Wie oft höre ich von Frauen „Es lohnt sich gar nicht, dass ich arbeiten gehe. Da bleibt nach Abzug der Kinderbetreuungskosten ja kaum was übrig.“ Warum werden die Kinderbetreuungskosten denn gedanklich vom Gehalt der Frau abgezogen? Was läuft in deren Köpfen falsch? Ich wäre sogar dafür, dass es keine 3/5-er Steuerklassenkombination mehr gibt, damit endlich mal schwarz auf weiß die echten Nettogehälter auf dem Konto eingehen. Und es aufhört, dass die Männer sich wegen ihrer tollen Nettogehälter in SK3 abfeiern ohne zu realisieren, dass ihre Frau in SK5 für sie Steuern mit zahlt.

Und das sage ich alles, während ich mich für mein geiles Gehalt in SK3 abfeiere ;-). Will sagen, ich mach das grad selber so, bin aber trotzdem für eine Reform. Für mehr Gleichberechtigung, Ehe auf Augenhöhe, Emanzipation.

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Ich finde es prinzipiell richtig. Es geht für mich auch nicht darum, wer wann mehr arbeiten geht, das ist Sache der Familie es so zu regeln, dass es für die Familie passt.
Wenn im Gegenzug die Kinderfreibeträge angehoben werden, würde ich es begrüßen. Dann profitieren auch nicht verheiratete Paare. Wieso sollen auch kinderlose Verheiratete weniger Steuern zahlen?

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Das Problem ist doch, dass das Ehegattensplitting die steuerlich belohnt, bei denen eine grosse Einkommensungleichheit besteht. Also bieten z.B. solche Modelle, bei denen (bei etwa gleichem Stundenlohn) ein Ehepartner nur 10 Std/Woche arbeitet und der andere 40 Std/Woche einen steuerlichen Vorteil gegenüber dem Modell in dem beide Ehepartner 25 Std/Woche arbeiten. Und das ist m.M.n. ein komplett falsches Signal.

Das Ehegattensplitting hat übrigens nix mit den Steuerklassen zu tun. Die Wahl der Steuerklassen 3 / 5 bedeutet, dass derjenige mit Steuerklasse 5 seinen Grundfreibetrag auf den mit Steuerklasse 3 überträgt. Um deren Abschaffung geht es in der momentanen Diskussion gar nicht.

Grüsse
BiDi

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Und die Steuerklassen haben ja gar keinen Einfluss auf die tatsächlich anfallende Steuerlast. Nur darauf, ob sie übers Jahr verteilt wird oder einmal fällig wird…

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Finde ich super und war lange überfällig.

Wenn jetzt noch Kitagebühren abgeschafft werden und Mitversicherung der nichterwerbstätigen Ehefrau in der Krankenkasse abgeschafft wird und ggf. Reform des Elterngeldes, dann ist Deutschland auf einem guten Weg aus den 50er Jahren 😃👍

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Vorsicht mit dem, was du dir wünschst.
Die ganzen Dinge sind alle schon seit Jahren im Gespräch.
Die Krankenversicherung, falls sie denn reformiert wird, dann als Bürgerversicherung mit einem Pro-Kopf-Beitrag für Jeden, auch jeden Kinderkopf.

Kitagebühren würde ich lassen. Stattdessen aber Schulgeld in staatlichen Schulen einführen. Keine hohen Beträge, nur ggf. 5-10€/Monat. Wenn ich bedenke, wie furchtbar staatliche Schulen ausgestattet sind und mit was Schüler dort arbeiten müssen. Und Betreuungskosten und Schulgebühren müssten voll steuerlich absetzbar sein. Genauso wie Nachhilfe,....

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"Vorsicht mit dem, was du dir wünschst."
Ist das ne Drohung?

Da ich privat versichert bin, weiß ich wie es ist 120€ pro Kind und Monat zahlen müssen (müssen wir zum Glück nicht mehr, weil mein Kind jetzt gesetzlich über meinen Mann versichert sein kann). Eine Bürgerversicherung fände ich klasse, ich wüsste auch nicht woher du deine Infos hast, dass man dann für Kinder extra zahlen müsste. Die genauen Modalitäten einer Bürgerversicherung stehen doch gar nicht fest? Ich fände eine Bürgerversicherung, in der jeder Erwachsene, welcher nicht in Ausbildung oder erwerbsunfähig ist, einzahlen müsste, nur fair.

Schön, dass du gerne Kitagebühren zahlst. Wir zahlen knapp 800€/Monat in einer staatlichen Kita + Essensgeld. Da wird sich so manch einer überlegen ob insbesondere eine U3-Betreuung wirklich nötig ist oder Mutti nicht lieber weiter zuhause bleibt. Gerade bei großem Gehaltsgefälle in der Partnerschaft. Würde ich sehr gerne drauf verzichten.

Und da ich Lehrerin bin, weiß ich wie staatliche Schulen ausgestattet sind. Den Sinn eines Schulgeldes, welches steuerlich absetzbar ist, kapiere ich jetzt nicht so ganz. Wieso sollen solche lächerlichen Beiträge von Eltern bezahlt werden und anschließend teilweise von den Steuern abzusetzen sein? Schulische Bildung ist keine Privatangelegenheit von Eltern(wäre es auch mit 5€ Schulgeld übrigens nicht, ein Schüler kostet Deutschland pro Schuljahr zwischen 5000 und 8000€, was genau sollen deine 60€ pro Schüler und Jahr die steuerlich abgesetzt werden bezwecken?). Bildung ist das wichtigste, was ein Staat hat, und auch und gerade Menschen ohne schulpflichtige Kinder profitieren von Schülern, die gute Bildung genießen.

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Ich finde es vollkommen richtig, daß Ehegattensplitting abzuschaffen, es sollten Familien gefördert werden und nicht verheiratete Paare. Bekannte meiner Eltern sind ein Paar Ende 50, keine Kinder, er ist Chefarzt, sie ist Hausfrau. Eine gute Freundin von mir ist alleinerziehend und muss ihren Sohn seit 10 Jahren alleine durchdringen. Warum soll das Chefarztpärchen steuerlich bevorzugt werden während die Alleinerziehende selber schauen muss wo sie bleibt? Für mich ist das nicht mehr zeitgemäß und passt nicht mehr in unsere Lebensrealität. Der Nebeneffekt wäre dann auch, dass viele Frauen recht bald wieder berufstätig werden weil ( nein, ich rede nicht von Karriere sondern einfach arbeiten gehen). In Skandinavien wurde das Ehegattensplitting schon in den 70ern abgeschafft mit dem Nebeneffekt, dass es völlig selbstverständlich wurde, dass Frauen nahezu gleich viel arbeiten und die Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern besser aufgeteilt wurde.

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Das ist alles zu kurz gedacht, es wird immer wieder von der Standardfamilie mit 2 Kindern ausgegangen.
Aber was ist mit Großfamilie mit 5,6,7 Kindern? Wenn sich einer der Partner in erster Linie um die Kinder kümmert? Wie sollen die sich dann finanzieren, wenn die Steuern jetzt eh schon bei Großfamilien ungerecht hoch sind? Und was ist mit Familien mit schwer chronisch kranken Kindern, um die sich ein Elternteil intensiv kümmern muss? Wenn das Kind keine Pflegestufe bekommt, sind diese Familien jetzt schon schwer benachteiligt.

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Sehe ich anders. Mehr Kinder bedeuten mehr Kinderfreibetrag. Daher profitieren die Familien da.

Das Problem beim Splitting ist einfach, dass gefördert wird, dass Erwerbs- und Care-Arbeit ungleich aufgeteilt wird. Also, dass einer voll arbeitet und einer voll die Familienorga übernimmt. Ohne Splitting würden Paare viel eher darüber nachdenken z.b. beide nur in TZ zu arbeiten und sich beides gerecht aufzuteilen.

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Eine Großfamilie mit 6,7 Kindern bekommt 6,7 Kinderfreibeträge. Und ein so schwer chronisch krankes Kind, das eine Erwerbsunfähigkeit eines Elternteils nicht möglich macht, hat einen Pflegegrad.

Wieso sind Steuern bei Großfamilien derzeit ungerecht hoch? Kannst du das näher erklären (vielleicht komme ich da jetzt auch nur noch drauf weil ich selbst keine Großfamilie habe).

Und man sollte eben nur so viele Kinder finanzieren, wie man sich leisten kann. Und wenn ich nicht in einer Lage bin, 6 Kindern vom Gehalt des Papas zu finanzieren (auf welches, wie gesagt, ja immer noch dann 6,7 Kinderfreibeträge alleine kommen, was enorm viel Steuerfreibeträge bedeutet) dann muss Mama eben auch arbeiten oder man muss eben weniger Kinder bekommen. Der derzeitige Steuerfreibetrag für Kinder (welcher dann aber auf jeden Fall erhöht werden müsste) würde gemeinsam mit dem Grundfreibetrag des Papas bei 7 Kindern bei knapp 55-60000€ liegen. Das bedeutet, 55-60000 müsste der Alleinverdiener-Papa nichtmal versteuern. Die folgenden Euros sind eben durch den Grenzsteuersatz so dermaßen gering versteuert, dass es eigentlich ausgeschlossen ist, dass ein Alleinverdiener mit 7 Kindern (wenn er nicht gerade Vorstand ist) jemals nennenswerte Beiträge an Steuern abführen wird.

Ein Finanzierungsproblem sehe ich da weiß Gott nicht, im Gegenteil.

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