Um alles zu verstehen, muss ich weiter ausholen, ich versuche es aber so kurz wie möglich zu halten.
Ich lebe mit meiner Tochter (19) allein, ich bin seit der Schwangerschaft alleinerziehend.
1,5 Jahren nach der Geburt bin ich wieder arbeiten gegangen, da es noch keine U3 Betreuung gab, hatte mir das Jugendamt für die Zeit bis zum Kindergarten eine Tagesmutter gestellt, da ich keine weitere Familie habe (keine Eltern mehr und auch keine Geschwister)
Ich bin anfangs Teilzeit, später als meine Tochter älter wurde, wieder Vollzeit (Pendler im Schichtbetrieb). Daher kam es dass ich teilweise 13-14 Stunden beruflich ausser Haus war (8,5 Std. Arbeit, 1,5 Stunden Hinweg, Rückweg oft Stau im Feierabendverkehr, besonders Freitags, 45 km teilweise nur Schritttgeschwindigkeit, deshalb dauerte der Rückweg im schlimmsten Fall manchmal 3-4 Stunden). Dann, wenn ich Glück hatte hab ich meine Tochter noch vorm Zubett gehen gesehen und wir konnten kurz reden, dann das nötigste im Haushalt machen und evtl. Einkaufen. Ich habe in der Regel nur noch 3-4 Stunden Schlafen können, denn bis der Körper soweit runter gekommen ist, dass an Schlaf überhaupt zu denken war, hat auch immer noch gedauert.
Jedenfalls bin ich so in meinen ersten Burnout geschliddert. Ich habe es aber nicht ernst genommen und den Rat miener Ärte in den Wind geschlagen. Burnout? Ich? Hab ich gar keine Zeit zu... Und hab so weiter gemacht.
Ca. ein halbes Jahr später hatte ich einen kompletten Zusammenbruch. Es ging nichts mehr und ich bin nur ganz knapp einer Einweisung in einer psychatrischen Klinik entgangen. Ich war zu nichts mehr fähig, ich habe morgens Rotz und Wasser geheult, weil ich mich nicht entscheiden konnte, ob ich jetzt Salami oder Käse aufs Brot machen sollte. Soll ich jetzt den schwarzen Pulli anziehen oder lieber den grünen, im Endeffekt habe ich nichts gegessen und bin wieder ins Bett gekrochen (natürlich das alles erst, als das Kind in der Schule war, vor ihr konnte ich es noch verbergen). Es kam wie es kommen musste und die finanzielle Abwärtsspirale begann: nach 7 Wochen bin ich ins Krankengeld, 78 Wochen später ausgesteuert, 1 Jahr lang ALG I, dann ins ALG II, ich natürlich durchgehend in medizinische/psychologische Behandlung.
Ich habe dann versucht wieder zu Arbeiten, nach einem dreiviertel Jahr musste ich aber aufgeben, weil ich dem Stress nicht mehr gewachsen war. Also wieder ALG II, bin jetzt in einer Reha-Maßnahme (enmaschige medizinische, psychologische und ergotherapeutische Hilfen). Ich soll deshalb auch erst einmal nicht mehr arbeiten, mich auf meine Gesundheit konzentrieren und diese Maßnahme durchlaufen.
Jetzt geht meine Tochter studieren und bekommt ca. 500€ Bafög. Bis auf einen Freibetrag von 50€ wurde das Bafög komplett angerechnet. Ich bekomme also 450€ weniger. Wie soll das funktionieren? Selbst wenn ich diese 50€ zurücklege, reicht es nicht einmal für die Studiengebühren. Es müssen Lernmaterialien von über 300€ angeschafft werden, sie benötigt einen Laptop fürs Studium....
Laut Bafög sind 59€ für Miete usw bei noch Zuhause lebenden Studierenden vorgesehen, der Rest für Studiengebühren und Lernmaterialien ect... Das ist dem Jobcenter aber egal. Für solche Fälle soll es einen Mietzuschuß vom Jobcenter geben (wird in diversen Internetseiten so kommuniziert) aber mein Jobcenter sagt ganz einfach nein, das gibt es nicht.
Also muss ich ca. 650€ Studiengebühren/Jahr vom gekürzten Hartz-IV Satz zahlen.
Jetztz kommt der 2. Supergau:
meine Tochter arbeitet seit Jahren nebenbei stundenweise als Jugendbetreuer bei der Stadt, sie erhält eine Aufwandsentschädigung, da es ehrenamtlich ist, hat sie einen Freibetrag von 200€ monatlich. Da im August die ersten Studiengebühren fällig waren, hat sie die esten Wochen in den Sommerferien durchgearbeitet um es zu bezahlen, hätte sie es nicht getan, wär sie nicht für das Studium zugelassen worden, Bafög gab es erst zum Studienbeginn im Oktober.
Jetzt kommt das Amt und will das Geld, was sie in den Sommerferien fürs Studium verdient hat, erstattet haben und will meine Leistungen noch weiter kürzen.
Supergau Nr. 3:
ich war so doof und habe eine Steuererklärung (für das halbe Jahr wo ich gearbeitet habe) gemacht und ich soll laut dem Steuerprogramm einiges wieder bekommen. Ich dachte mir: Gut, wenn es ausgezahlt wird, bekomme ich in dem Monat keine Leistungen, ist ja Okay, bleibt ja noch was übrig.
Jetzt habe ich aber gelesen, wenn die Steuerrückerstattung höher ist, als dass was man monatlich vom Jobcenter bekommt, wird die Zahlung auf 6 Monate aufgeteilt und 6x anteilig abgezogen, ohne Freibetrag. (damit man ja nicht einen einzigen Cent von der Steuerrückerstattung behalten darf, schön dass ich sogar noch 40€ für das Steuerprogramm bezahlt habe und das Amt die Rückzahlung zu 100% einziehen kann, notfalls auf 6 Monate verteilt, das war mir nicht klar). Das würde für mich bedeuten, dass meine Leistungen ein drittes mal gekürzt werden und das nicht zu knapp.
Ich würde dann rund noch 250€ Leistung bekommen (für 2 erwachsene Personen!!!). Davon muss ich Miete, Strom&Gas, Versicherungen, Lebensmittel, einfach alles bezahlen. Ich DARF nicht arbeiten gehen. WIE SOLL DAS GEHEN???
Meine Tochter muss mir ihr gesamtes Bafög geben, wovon soll sie dann im Februar die neuen Studiengebühren zahlen??? Von dem was sie verdient muss sie ja die Rückzahlung wegen der Sommerferien (wovon die die ersten Studiengebühren bezahlt hat) zahlen.
Das Fazit ist, dass meine Tochter das Studium aufgeben muss, weil wir es uns einfach nicht leisten können.
Also doch nur Studieren für Reiche.
Anstatt dass das Jobcenter es fördert, dass die Kinder studieren gehen, und später einen guten Job bekommen, wird man bestraft und alles gekürzt was nur irgendwie geht.
Ich bin so am Ende, habe Panikattacken und bin nur noch am heulen, weil ich nicht weiß, wie es weiter gehen soll.
Bitte, bitte seid nicht gemein zu mir, ich bin gerade sehr, sehr dünnhäutig und kann mich kaum konzentrieren, deshalb sorry für den vielleicht etwas wirren Text, aber ich bin momentan nicht mehr in der Lage klar zu denken.
Existenzängste *sehr lang*
Das tut mir alles sehr leid für euch. Kann deine Tochter vielleicht ein duales Studium machen? Dann würde sie schon Geld verdienen.
Sonst fällt mir noch der studienkredit der KfW ein für deine tochter. Vielleicht wäre das was?
In Deutschland - wenn auch wesentlich besser als in anderen Ländern, wo studieren horrende summen kostet - studieren trotzdem häufig nur Kinder von akademikern.
Wäre es vielleicht eine Idee, dass sie auszieht in ein Studentenwohnheim, vorausgesetzt sie bekommt noch einen Platz? Dann würde sie mehr bafög bekommen und es würde (soweit ich weiß) nicht bei dir abgezogen werden, da sie in ihrem eigenen Haushalt lebt.. Auch müsste sie dann einen 450 (oder jetzt 520) Euro job haben dürfen ohne Kürzung des bafögs.
Studienkredit der KfW, das kenne ich noch gar nicht.
Sie ist seit Studienbeginn auf der Warteliste im Studentenwohnheim, aber da gibt es eine Wartezeit von aktuell 1,5 Jahren.
Sie war sogar so weit, dass sie gesagt hat, dass sie auszieht und dann einfach unter einer Brücke in Münster schläft. Das hat mir das Herz gebrochen. Das ist doch nicht gerecht.
Wie sieht es mit einem normale WG Zimmer aus?
Kenne die Lage an dem Studienort jetzt nicht, aber irgendwann müsste man ja eigentlich was kleines finden 🙂
Wenn du Hartz IV beziehst müsste deine Tocher, den Höchstsatz an Bafög erhalten. Für euch wäre es vielleicht besser deine Tocher wäre finanziell selbstständig, also wohnt nicht zuhause.
Eventuell sollte Sie sich auch überlegen ob sie den Studierenort wechselt und irgendwo studiert, wo man nicht 1.5 Jahre auf ein Wohnheimzimmer warten muss sondern günstig mieten kann. Klar, Uni und Fach sollten trotzdem passen aber nichtsdestotrotz gibt es da Optionen die besser sind als abbrechen.
Was studiert sie denn?
Ansonsten gibt es auch noch Studienkredite bzw. Auch Stipendien, da muss man sich einfach mal erkundigen und schauen was möglich ist. Auf jeden Fall sollte sie sich bei arbeiterkind.de umschauen und vielleicht mit jemandem sprechen.
Deine Tochter: Ausziehen in eine WG oder an einen günstigen Studienort. Dort nochmal Bafög beantragen und nebenbei arbeiten gehen.
Du: Lass dich beraten. Caritas o.ä. oder ein Fachanwalt für Sozialrecht falls du einen Ablehnungsbescheid vorliegen hast, der dir vor weniger als einem zugegangen ist. Vorher Beratungsschein beim Amtsgericht besorgen, dann kostet der Anwalt dich nur 15 Euro.
Es ist als Laie nur schwer da durchzusehen, welche Fördermöglichkeiten und Zuschüsse es gibt. Die Ämter erzählen sehr oft Mist (leider) und wissen auch nicht immer Bescheid. Zudem ist ein nicht geringer Anteil der Hartz 4-Bescheide fehlerhaft. Ob das auf dich zutrifft, weiß ich nicht. Dazu kenne ich mich mit den Details von Hartz 4 zu wenig aus. Die Fachleute werden dir aber helfen können.
Alles Gute.
* vor weniger als einem MONAT
Das Wort fehlte und ich geh jetzt besser ins Bett
Es gibt die Stiftung Bildung. Darüber erhält meine Tochter monatlich Geld, welches sie später nach eigenem Ermessen zurück zahlen kann.
Hi du, ich drücke dich mal unbekannterweise.
Ich kenne deine Situation aus eigener Erfahrung, ich habe 25 Jahre gearbeitet und hatte dann einen Schlaganfall, konnte 5 Jahre nicht arbeiten, seit 1 Jahr mache ich für 10 Stunden die Woche etwas Ehrenamtliches.
Meike Kinder waren damals 13 und 16
Ich bin dann auch ins Krankengeld und anschließend in Hartz IV gerutscht.
Ich habe mit den Kindern gesprochen, insbesondere mit der Großen, wie wir es mit der Ausbildung machen.
Meine Große hat sich dann erkundigt, sie hat mit 18 Abi gemacht und ist zum Studium angezogen.
Ihr Bafög wird nicht auf meinen Hartz IV Satz angerechnet.
Voraussetzung war aber, dass sie auszieht was bei uns eh nicht anders ging , da der Studienplatz weiter weg war.
Auch mein Sohn ist mit 16 dann zu seinem Bater als er die Lehre angefangen hat , da sein Lehrgehalt sonst angerechnet worden wäre.
Das Problem ist, dass so lange deine Tochter bei dir wohnt, ihr eine Versorgungsgemeinschaft seid, alles was sie an Geld bekommt Bafög, Jobs...wird dir abgezogen.
Hat das Job Center dich da nicht aufgeklärt?
Mein Stiefsohn studiert dual an der Finanzhochschule aber auch da wäre es für dich so, dass das Ausbildungshehalt angerechnet wird wenn deine Tochter zu Hause wohnt.
Also, ihr solltet euch genau erkundigen was in welcher Höhe unter welchen Umständen angerechnet wird und euch so organisieren dass es deinen Satz nicht schmälert.
Hallo,
Ich hatte während des Studiums immer richtig viel gearbeitet. Am Wochenende, abends, nachts. Manchmal hat man einen Tag keine Vorlesung, da wäre das noch möglich. Ich habe bestimmt 10-20h wöchentlich gearbeitet. Damit kommt einiges zusammen. Viele Jahre lang habe ich gekellnert dann gegen Ende als pädagogische Betreuerin in einer Einrichtung gearbeitet (Abends-/Nachtschichten und Wochenende). Mit so einem Job kommt einiges zusammen, dass man das Studium gut selbst finanzieren kann.
Ätzend ist es natürlich wenn das alles abgezogen wird. ABer wenn man dann soviel selbst verdient, dass es quasi zur Finanzierung reicht, macht es das STudium ja vielleicht doch möglich?!
Es ist natürlich eine Doppelbelastung. Aber dann braucht man vielleicht 1-2 Semester länger um mit dem Studium fertig zu werden, aber es ist möglich.
ES kommt natürlich auch immer auf den Studiengang an, wie viel Wahlfreiheit man da hat.
Alternativ: 1 Jahr voll arbeiten für deine Tochter und vom Ersparten dann studieren?
In den USA, wo die Studiengebühren noch viel höher sind, machen das viele. Ebenfalls arbeiten fast alle schon während der Schulzeit jede Ferien und legen dieses Geld dann fürs Studium zurück.
Natürlich ist es doof wenn man das Gefühl hat sein Kind wird benachteiligt, dabei kann es ja nichts für die finanzielle Ausgangssituation..
viele Grüsse und alles Gute
All das wird der Tochter aber nichts nutzen, so lange sie mit der Mutter unter einem Dach lebt.
Ich denke, es ist allen (außer bisher der TE) bewusst, dass daran kein Weg vorbeiführt.
Hallo,
du hast ja schon viele Vorschläge bekommen. Deswegen ergänze ich nur ein paar Dinge. Da du ALG 2 beziehst, steht deiner Tochter ja Bildung und Teilhabe zu. Das wird nicht alles decken, aber einen Teil.
Einen Laptop kann man gebraucht kaufen. Sollte es für hundert Euro geben.
Ich kenne keinen, der neben dem Studium nicht gearbeitet hat. Da kann man locker nochmal zweihundert Euro oder mehr dazu verdienen.
Weiterhin solltet ihr euch den Studienkredit anschauen.
Was mir aber sauer aufstößt ist die Aussage, dass du sagst, dass Studieren nur den Reichen vorbehalten ist. In einem Land wie Deutschland, dass so ein umfangreiches soziales Netz hat und wo außer einem kleinen Semesterbeitrag keine Kosten anfallen, stimmt das so einfach nicht.
Nimm dir bitte einen Rechtsanwalt und lass ihn das prüfen und Widersprüche einlegen. An der Miete kann man dir doch überhaupt nichts kürzen.
In der Tat wäre es geschickter, deine Tochter würde ausziehen. So bekommst du immerhin alles in voller Höhe, was einer Einzelperson zusteht. Die Steuererklärung legst du weg und holst dir monatlich davon den Fehlbetrag.