Spätes Medizinstudium und Kinderwunsch/ Erfahrungen von Ärztinnen

Liebe Community,

ich habe in meinem Bekanntenkreis kaum die Möglichkeit, mich mit jemandem über das Thema auszutauschen und schreibe deshalb jetzt mal hier rein, um vielleicht eure Erfahrungen zu hören:).

Ich bin 29 Jahr alt und habe bereits einen Studienabschluss. Jetzt habe ich die Möglichkeit bekommen, im SS das Medizinstudium in Würzburg nochmal zu beginnen. Es war ursprünglich immer mein erster Berufswunsch, Ärztin zu werden und ich würde beruflich nicht viel aufgeben. Allerdings wäre ich dann ja erst mit 35 fertig, vorausgesetzt es klappt alles. Die besten Jahre zum Kinderkriegen sind dann ja schon vorbei. Ab 35 wird es dann ja doch deutlich schwieriger. Und dann gleich wieder aufhören, fände ich auch echt schwierig.

Ich mache mir darüber Gedanken, weil mich das Theme Kinderwunsch beschäftigt. Ich habe im Moment zwar leider keinen Partner, aber merke mit den Jahren doch zunehmen, dass ich mir eine Familie wünschen würde. Ich glaube auch, dass die Chancen dies zu verwirklichen besser stehen, wenn ich jetzt nicht nochmal studiere, sondern in meinem Beruf bleibe. Auch in Bezug auf den Partner. Ich könnte mir vorstellen, dass viele es nicht besonders attraktiv finden, wenn man mit fast 30 noch mal ein Studium beginnt. Und natürlich auch in Bezug auf das finanzielle.

Auf der anderen Seit fände ich es sehr schön, meinen Berufswunsch doch noch zu verwirklichen.
Gibt es hier vielleicht Ärztinnen, die einen ähnlichen Weg gegangen sind oder vielleicht Kinder im Studium als Spätstudierende bekommen haben? Wie ging es euch?
Oder einfach Ärztinnen, die eine Familie haben? Was sind eure Gedanken zu dem Thema?

Vielen Dank :-D

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Du schreibst, es ist dein Herzenswunsch. Ganz ehrlich, selbst mit 35 hast du noch soooo lange zu arbeiten und wenn du die mit Herzblut machst, ist das doch alles wert gewesen?

Du weisst nicht, ob dein Kinderwunsch in Erfüllung geht und dann hast du wenigstens einen Job, der dich glücklich macht?!

Ich werde in 3 Wochen 42 und unser Kiwu hat jetzt 7 Jahre gedauert.

Das Leben ist jetzt. Ärzte werden immer gebraucht und wenn es dein Wunsch ist?!
Du kannst auch als Single ein Kind bekommen und/oder während dem Studium oder später. Wenn du das wirklich möchtest, dann trau dich :-)
Der Rest steht eh in den Sternen...

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Ich habe zwar nicht spät studiert, aber natürlich waren bei mir im Semester alle Altersgruppen vertreten. Manche haben im Studium ihre Kinder bekommen und dann langsamer studiert. Ich habe meine Kinder früh bekommen. Im PJ wurde ich schwanger, 3. Staatsexamen dann mit großer Kugel. Danach mit Kind und Tagesmutter die Doktorarbeit fertig gemacht. Dann AiP mit Mann in Eltern Zeit mit 2 Kindern. Im AiP schwanger mit Kind 3, danach ein paar Jahre Pause (Kind war schwer krank). Nach 6,5 Jahren Familienpause Wiedereinstieg in Teilzeit mit 4 Kindern. Später noch Kind 5 bekommen, nur 1 Jahr Elternzeit, dann Tagesmutter, später Kita.
Als Kind 5 in die 2. Klasse kam, arbeiten in Vollzeit in Führungsposition alleinerziehend...

Mittlerweile sind die Arbeitsbedingungen für Frauen und Mütter deutlich besser geworden als damals in den 90iger Jahren bei meinem Familienstart. Irgendwie habe ich immer einen Weg gefunden. Wenn du Medizin studieren willst, dann mach es. Und wenn du eine Familie gründen willst, dann mach auch das. Es wird sich immer ein Weg finden!

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Ich war in einer ähnlichen Situation. Allerdings kein Medizinstudium, und ich habe auch erst mit 32 angefangen, war mit 35 fertig. Es war die beste Entscheidung meines Lebens!

Und wenn es das damals schon gegeben hätte wünschte ich, es hätte mir jemand zu social freezing geraten. Ich habe meinen Mann erst nach dem Studium kennengelernt, unsere Kinderwunschzeit war steinig. Zum Glück war uns beiden die genetische Komponente weitgehend egal, so dass wir Eltern von "fremden" Embryonen geworden sind. Wenn ich beizeiten eigene Eizellen eingefroren hätte, wäre vieles möglicherweise einfacher gewesen.

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Das ist auch wirklich etwas, über das ich mir Gedanken mache. Es ist zwar sehr teuer und man muss schauen, ob man das ethich auch machen will, aber vielen Dank für den Tipp! Und herzlichen Glückwunsch!:)

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Einen Platz für Medizin bekommt man nicht einfach so. Das ist schon mal eine große Chance an sich. Dazu kommt ein Wunsch den du schon lange mit dir trägst also gefestigt ist. Dem gegenüber steht ein Studienabschluss der für dich eben Einkommenerwerb ist aber mehr auch nicht. In dem du aber noch rund 40 Jahre arbeiten werden musst.

Du denkst an Partnerschaft und Kinder, was aber Themen sind, die du nicht in der Hand hast und die aktuell nicht mal real sind.

Aus Erfahrung rate ich dir, nutze deine jetzige Chance da du nicht weißt wie sich alles entwickelt. Wer weiss ob du je Kinder haben wirst oder es mit dem Partner klappt. Man wünscht und plant aber das Leben kommt dazwischen.
Ich selbst habe seit 14 Jahren noch keine Kinder, war so auch nicht erwartet, erarbeite mir aber nun gerade den Traumberuf. Mit 35.

Wenn dann der Rest dazu kommt, dann wird sich parallel ein Weg finden.
Der Partner ist eh noch nicht da und warum sollte der sich am Studium stören?
Du sorgst für deine Bildung, würdest du da einen Mann wollen der so alt von den Gedanken ist dass ihn das stört? Frau und Mann sollten doch heute beide auch beruflich zufrieden sein. Und wenn es finanziell erst mal eng ist dann muss man damit halt leben eine Zeit sparsam zu sein aber danach sehr gut zu verdienen.
Lass also in Gedanken die Bedürftigkeit weg, dass du attraktiv sein musst und sieh das Muster, dass auch der Partner FÜR DICH passen musst. Du kannst wählen im Leben, bist erst 29!
Und Kinder kann man in allen Lebenslagen bekommen, dann dauert das studieren eben länger oder man nutzt doch früher und mehr Betreuung. Heute haben viele Campusse Krippen da Studenten immer öfter auch schon Eltern sind.

Also mach das! Unbedingt. Lass die Chance nicht verloren gehen. Später bereut man das was man nicht gemacht hat.

Viel Glück!

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Hallo susan3, ich kann dir auch nur empfehlen das Studium anzugehen, Medizin ist ein breites Feld und es gibt darin viele Möglichkeiten seine Nische und sein Fach zu finden. Ich bin immer noch froh über meine Berufswahl.

Ich will aber auch nicht verschweigen dass sich trotz aller Versprechen und Bemühungen die Vereinbarkeit von Klinik und Kindern in Grenzen hält und dass da noch viel passieren muss. Das kann vielleicht bedeuten in einigen Bereichen Kompromisse machen zu müssen und das es anstrengend ist. Kompromisse könnten sein vielleicht für die Facharztausbildung länger zu brauchen, weniger Zeit für die Kinder zu haben als gut wäre, Teilzeitarbeit zu nicht optimalen Bedingungen etc. Aber wie die anderen schon schrieben, es ist eben alles nicht planbar und zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar, meist finden sich Möglichkeiten und Wege.

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Nimm den Platz. Es gibt einige späte Berufsanfänger (Mein Partner zum Beispiel), dass ist kein Problem. Kinder kannst du auch während des Studiums bekommen und einen Partner, der dich nicht will, weil du etwas später als normal noch mal ein Studium angefangen hast, auf den kannst du auch verzichten.

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Entgegen aller Meinungen würde ich kein Medizinstudium mehr beginnen. Mit allem drum und dran bist du lange in Ausbildung. Dazu ist es ein sehr anspruchsvolles Studium und anschließend nicht gerade familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Ein Kind im Studium bekommen kann man machen ist aber auch wahnsinnig anstrengend, verzögert alles und man muss sich sehr gut organisieren um alles gewuppt zu bekommen. Ich habe selbst im einer Weiterbildung 3 Kinder bekommen und würde es nicht nochmal machen. Es hat mir und meinem Mann (der immer parat stehen musste wenn ich Pflichtveranstaltungen hatte) alles abverlangt. 40 Jahre wirst du wohl kaum noch arbeiten. Nach Abschluss der Ausbildung eher 25, die wenigsten halten bis 65 durch.
Ich würde eher schauen ob du aufbauend auf dein Studium eine zufriedenstellerende Position erreichen kannst.

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Ja, genau. Das sind auf jeden Fall auch Gedanken, dir mir duch den Kopf gehen...

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Hallo.

Jetzt komme ich doch noch dazu dir in Ruhe zu antworten. Ich habe direkt nach dem Abi (mit 18) mit dem Medizinstudium angefangen - insofern passt meine Erfahrung für dich vielleicht nicht ganz. Vielleicht hilft es dir ja trotzdem bei der Entscheidung.

Also wie gesagt habe ich mit 18 Jahren mit dem Studium angefangen. Arzt - das war immer mein Traumberuf, entsprechend motiviert bin ich ins Studium gestartet. Das Studium an sich fand ich furchtbar. Nur sinnloses auswendig lernen. Nur Theorie ohne jeglichen Bezug. Trotz guter Noten hätte ich mehrfach beinnahe hingeschmissen. Und ich war in meiner nähren Umgebung mit diesen Gedanken nicht alleine. Irgendwann habe ich meinen jetzigen Mann kennengelernt. Im 7. Semester habe ich dann meine große Tochter bekommen und mit seiner/familiärer Unterstützung mehr oder weniger nahtlos weiterstudiert. Mit ihr war es eher leichter, weil die Prioritäten andere waren und die Frage nach dem Sinn in den Hintergrund gerückt ist. Fachlich hat es mit erstaunlich wenig Aufwand sehr gut geklappt. Das Dekanat war bezüglich der Planung sehr entgegenkommend. So viel Flexibilität im Studium hatten wir nie wieder. Dadurch (und durch die Unterstützung meines Mannes) konnte ich das Studium mehr oder weniger ohne Verzögerung abschließen. Einzig das PJ ist etwas problematisch (Vollzeit arbeiten ohne Geld dafür zu bekommen ist nicht gerade familienfreundlich).

Nach dem Studium habe ich dann im Teilzeit angefangen zu arbeiten. Das gibt es auch für Ärzte immer mehr - auch wenn man ein bisschen nach einer geeigneten Stelle suchen muss. Der Vorteil ist, dass man auch von einem Teilzeitgehalt gut leben kann. Nach 1 Jahr habe ich dann unseren kleinen Sohn bekommen und bin nach einem halben Jahr Elternzeit zurück in den Job. Ab da hat mein Mann übernommen. Jetzt ist der Kleine 1 1/2 Jahre. Ich finde meine Arbeitszeiten sehr gut. Ich habe trotzdem noch Zeit mit den Kindern.

Ob ich es nochmal machen würde - keine Ahnung. Der Job ist trotz allen Widrigkeiten im Gesundheitssystem immer noch genau das was ich machen möchte. Aber das Studium nochmal? Keine Ahnung. Ich bin froh, dass ich das hinter mir habe.

Aber ganz grundsätzlich geht Medizinstudium und generell Medizin und Familie auch zusammen. Kinderwunsch ist absolut kein Grund auf das Studium zu verzichten.

Falls du noch Fragen hast kannst du gerne schreiben.
Liebe Grüße

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Erstmal tausend Dank für eure Gedanken und Erfahrungen!!! Ich finde es wirklich sehr hilfreich, von anderen zu hören, wie es bei Ihnen war und neige auch dazu, das Medizinstudium wegen dem Kinderwunsch nicht aufzugeben. Ihr habt vollkommen recht, letzen Endes weiß man ja wirklich nicht, was so passiert im Leben#hicks. Und es ermutigt auch, dass es doch auch ein paar Familien gibt, die ihr Kind im Studium bekommen haben. Vielen Dank für eure Hilfe!

Bearbeitet von susan3
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Eine Idee von jemand, der regelmäßig anästhesiologisch Kinderwunschtherapie begleitet: Du kannst dir jetzt Eizellen entnehmen und einfrieren lassen. Dann kannst du, wenn du einen Partner hast und mit dem Studium fertig bist, deinen Kinderwunsch verwirklichen und bist nicht "zu alt".