Hallo zusammen,
ich habe letzte Woche beim Plausch mit dem Kollegen erfahren müssen, dass er bedeutend mehr verdient als ich.
Und zwar sind wir beide zur gleichen Zeit ins Unternehmen eingestiegen, wir haben exakt die gleichen Aufgaben, haben die gleiche Berufserfahrung, ich bin nur 2 Jahre älter als er. Der einzige Unterschied zwischen uns ist unser Geschlecht!
Er verdient bedeutend mehr, 12,5 %! Ich bin aus allen Wolken gefallen. Habe mich bei der Gehaltsverhandlung anscheinend wirklich dämlich angestellt.
Was mache ich nun? soll ich das mal bei meinem Vorgesetzten gleich ansprechen? Ich bin noch in der Probezeit. Soll ich bis danach warten? Was würdet ihr tun?
Kollege (männlich) verdient bedeutend mehr!
Hi,
ich würde zur Sicherheit das Ende der Probezeit abwarten und dann mit Verweis auf § 13 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz eine Gehaltserhöhung verlangen. Allerdings hast du ab Kenntnis der Lohnungleichheit nur 2 Monate Zeit, dieses geltend zu machen. Auf der folgenden Seite findest du gute und richtige Informationen.
https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/lebensbereiche/arbeitsleben/gleichbehandlung-der-geschlechter/gleichbehandlung-der-geschlechter.html
LG
Danke dir! Ich mach mich schlau!
Als ich damals bei uns ins Unternehmen eingestiegen bin gab es auch unterschiedliche Gehälter je nach Ausbildung. Diese wurden aber alle innerhalb von 3 Jahren angeglichen und alle die damals mit mir begonnen haben verdienen das Gleiche
Vor kurzem hat das Bundesarbeitsgericht über einen ähnlichen Fall entschieden:
https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/bundesarbeitsgericht-gleichstellung-gender-pay-gap-gehalt-frauen-100.html
Natürlich ist es nicht ok, wenn dein Kollege mit exakt den gleichen Aufgaben und der gleichen Berufserfahrung mehr verdient als du.
Ich würde die Probezeit abwarten und danach mit dem Urteil in der Hand zu deinem Chef gehen.
Und stimmt, willst du zusätzlich zur Gehaltserhöhung Schadensersatz verlangen, musst du die Frist von 2 Monaten einhalten.
Danke! :)
Habt Ihr denn auch exakt die gleiche Ausbildung?
Ich habe bei meinem letzten Arbeitgeber etwas mehr verdient als meine männlichen Kollegen, obwohl die Aufgaben etc die gleichen waren.
Der einzige Unterschied war, dass ich ein Studium vorweisen konnte und mein Kollege eben nicht 🤷🏽♀️
Ansonsten einfach nach der Probezeit nach mehr Gehalt fragen (wenn es gerechtfertigt ist).
Ich würde allerdings nicht mit „xy verdient mehr wie ich, also will ich auch so viel haben“ starten, sondern immer mit deiner eigenen Leistung argumentieren.
Hey! Nicht exakt, ich würde mich aber als höher qualifiziert einstufen.
Hallo,
frag nach wenn es dich stört.
Wie groß ist euer Betrieb? Im kleinen Familienbetrieb würde ich abwarten, bis die Probezeit um ist.
Vielleicht wird die Betriebszugehörigkeit auch finanziell gewertet oder habt ihr beide neu angefangen?
Hey! Danke. Wir sind beide noch in der Probezeit. Der Betrieb hat ca. 80 Angestellte.
Aus Interesse möchte ich dich mal fragen ob du in der Gehaltsverhandlung auch tatsächlich verhandelt hast und wie stark der Arbeitgeber deine Forderung gedrückt hat bzw. ob du das bekommen hast was du verlangt hast.
Wie die anderen schon sagten wurde das Recht auf gleiche Entlohnung kürzlich gerichtlich bestärkt. Für den idealen Weg halte ich eine darauf fußende Argumentation hingegen nicht. Du weißt jetzt was möglich ist und damit würde ich nach der Probezeit in eine neue Gehaltsverhandlung einsteigen, mit der Argumentation, dass du dich gut eingearbeitet hast, was auch immer erreicht hast und nun ein produktives Firmenmitglid bist wodurch nun ein Gehalt+12,5% + x angemessen ist.
Die Argumentation "Herr Müller kriegt mehr und ich will das selbe" ist vielleicht erfolgversprechend, aber schwach.
Das Urteil selbst finde ich unmöglich da es zu weitreichend in die Freiheit der Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Vertragspartner auf Augenhöhe eingreifft. 2 Mitarbeiter sind selten wirklich gleich und nehmen ihre Tätigkeiten selten gleich wahr. Schlimmer finde ich aber, dass man dem einzelnen die Möglichkeit nimmt sein Gehalt ordentlich zu verhandeln, da man ja nun immer potentiell für alle Kollegen mitverhandelt.
Ich habe es oft erlebt, dass KollegInnen gar nicht verhandelt haben sondern Angebote einfach Annahmen. Aus meiner Sicht rechtfertigt das sehr wohl oftmals einen entstehenden Gehaltsunterschied, da man so zeigt, dass man weniger informiert ist, weniger konfliktfähig ist, weniger Selbstbewusstsein hat und weniger verhandlungsgeschick hat.
Zu "der einzige Unterschied ist das Geschlecht":
Ist das so, oder ist der einzige Unterschied, dass der Kollege einfach objektiv besser verhandelt hat?
Den Geschlechtsunterschied würde ich nur als ursächlich sehen, wenn ihr ähnliche Forderungen hattet und der Arbeitgeber nur deine Forderung ungleich härter gerückt hätte.
Ich sehe das etwas anders:
Als neuer Mitarbeiter kennt man die Vergütungsstruktur in dem Unternehmen nicht. Nehme ich mal meine Branche, gibt es bei gleicher Berufserfahrung Gehälter von...bis..., wo mal eben auch 100.000 Euro dazwischen liegen. Das obere Extrem ist bekannt. Das unterste wird Berufseinsteigern mit schlechten Noten in Kleinstunternehmen angeboten. Dazwischen gibt es aber eine ganz große Spannbreite, eben jene 100.000 €, die als Info nicht öffentlich zugänglich sind.
Wenn ich neu im Unternehmen einsteige, kann ich also nur raten, in welcher Range das Unternehmen rangiert.
Ich habe mich z.b. mal auf die Stelle eines Personaldienstleisters beworben. Es stellte sich heraus, dass dies ein kleines Unternehmen ist mit 5 oder 6 Angestellten ist. Ich habe überlegt, ob ich überhaupt zum Vorstellungsgespräch gehen soll, denn mir war klar, dass der meine Forderung nicht wird zahlen können.
Auf der anderen Seite bekommst du aber von Hays und wie sie alle heißen gesagt, du sollst dich nicht unter Wert verkaufen.
Im Ergebnis ist es ein Ratespiel. Kann das Unternehmen Gehälter wie meins zahlen oder nicht? Oder poker ich zu hoch mit dem Ergebnis, dass man mich gar nicht erst einlädt oder mir aufgrund meiner Forderung eine Absage erteilt, ohne mich zu fragen, ob ich bereit wäre auch etwas weniger Geld zu akzeptieren.
Meine Mutter war regionale Personalleiterin bei einem bekannten Baukonzern. Sie erzählte mir mal von einem Fall, wo sich eine Bewerberin und ein Bewerber auf je eine Ingenieursstelle bewarben. Beide hatten nicht verhandelt, da klar war, es wird nach Tarifvertrag bezahlt. Es gab dann eine Runde, in der HR (= meine Mutter), ihr Chef und noch ein paar Leute dran teilnahmen und über die Einstellung der beiden diskutierten. Beide wurden eingestellt. Die Frau nach Anweisung des Chefs meiner Mutter aber in einer niedrigeren Vergütungsgruppe als der Mann. Es gab ein Raunen in der Runde und die Frage nach dem Warum. Als Antwort kam sinngemäß etwas in die Richtung, dass sie ja eine Frau wäre.
So etwa dringt natürlich nicht an die Öffentlichkeit, aber es war ganz klar eine Diskriminierung nach dem AGG. Keiner von beiden hatte verhandelt und trotzdem wurde die Frau schlechter gestellt, weil sie eine Frau war.
Ich finde, wir als Gesellschaft dürfen so etwas nicht akzeptieren. Auch nicht unter dem Deckmantel "Der hat besser verhandelt". In meinem vorherigen Unternehmen gab es ebenfalls solche Ungerechtigkeiten. Offiziell wurde es verboten, dass wir über die Gehälte sprachen, aber inoffiziell ging immer mal die ein oder andere Information unter den Mitarbeitern rum. Ich kenne einige Mitarbeiter, die aufgrund dieser Ungerechtigkeiten gekündigt haben. Ich neben anderen Gründen auch.
Kann man sich als Unternehmen überlegen, ob man dies möchte. Die Führungsriege in meinem alten Unternehmen jammerte jedenfalls regelmäßig über Fachkräftemangel und darüber, dass man keine Mitarbeiter bekam. Die guten, v.a. die guten Frauen, verließen nach und nach das Unternehmen, da sie woanders besser bezahlt werden. So wie du den Frauen "Selbst Schuld" entgegen bringst, mache ich das mit den Unternehmen: "Selbst Schuld, dass ihr eine hohe Fluktuation habt. Selbst Schuld, dass ihr keine qualifizierten Fachkräfte findet. Mit einer fairen Bezahlung wäre euch das nicht passiert."
Zustimmung insb. zu Deinem letzten Abschnitt.--ich finde es ebenfalls ein Unding, dass den weniger gut bezahlten, aber mind. ebenso gut qualifizierten dann mit dem Satz "er/sie hat eben schlecht verhandelt" auch noch die Schuld für eine massiv ungerechte Gehaltspolitik im Unternehmen zugeschoben wird. auch in meinem Unternehmen ist es offiziell untersagt über den Lohn zu sprechen (in sich ein Unding, ich glaube, in Finnland müssen alle Gehälter offen gelegt werden), aber natürlich dringt immer wieder mal durch was einzelne verdienen. So weiß ich, dass ich bei mind. ebenbürtiger Qualifikation und teils sogar viel längerer Erfahrung dtl. weniger verdiene als manche, die viel kürzer da sind. Es herrscht ebenso eine sehr hohe Fluktuation und sehr hoher Krankenstand. Die guten, erfahrenen Leute gehen. --Ich würde nicht sagen, dass mein Selbstbewusstsein schlecht ist, aber ich habe es dennoch nicht geschafft, einen gerechten Lohn zu verhandeln. Es gibt andere Faktoren die es bislang schwer gemacht haben zu kündigen, aber nun hoffe ich, dass ich den Absprung schaffe. Ich habe mittlerweile auch so einen Ekel auf dieses unmoralische Verhalten entwickelt.