Zeiterfassung bei Vertrauensarbeitszeit

Hallo,
wer von euch hat Vertrauensarbeitszeit mit Zeiterfassung? Wie genau sieht das aus?
Da es ja Ende 2022 ein Gerichturteil gab, das für jeden Arbeitnehmer eine Arbeitszeiterfassung erfolgen muss, war das aktuell Gesprächsthema im Kollegenkreis. Jetzt gibt es wilde Spekulationen, wie es künftig aussehen könnte (z.B. stechen / eClock, händische Aufzeichnung Arbeitsbeginn und -ende).
Momentan erfolgt die Erfassung recht unkonkret mit Angabe der Arbeitszeit pro Tag (weniger als 7,5 Stunden, zwischen 7,5 und 10 Stunden, mehr als 10 Stunden).
Deshalb die Frage: Habt ihr konkrete Beispiele, wie sowas aussehen könnte?
Wir arbeiten alle viel im Homeoffice, es wird auch öfters mal am WE was erledigt, abends um 21 Uhr noch mal rasch ein Mail beantwortet o.ä. Das stelle ich mir dann alles schwierig vor.
Lieben Dank schon mal!

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In der letzten Firma hatte ich ein Firmenhandy und da gab es dann entsprechend eine App.

In der jetzigen Firma gibt es ein Programm auf dem Computer, was man auch auf dem Handy nutzen könnte.
Bei uns gibt es eine mögliche Arbeitszeit von 8-20Uhr. In der Zeit sollte man seine vertraglich festgehaltene Arbeitszeit leisten. Dabei können wir eine Abweichung von -15h bis +15h haben, die wir dann selbstständig ausgleichen müssen/sollen.

Ansonsten weiß ich wie die zwei Typen bei "Vertrauensarbeitszeiten" aussehen:
1.Arbeitet mehr als bezahlt wird
2. Arbeitet weniger als bezahlt wird

Emails nach Feierabend oder Arbeit am Wochenende gab es bei mir nie und werde ich auch nie einführen.

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Danke dir.
Das heisst, du loggst dich in dieses Programm selbst morgens ein und abends aus?
Oder ist das automatisiert?

Bei uns gibt es eher den Typ arbeitet mehr - deshalb stelle ich mir das aus Firmensicht sehr schwierig vor, die Forderung umzusetzen.

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Ja, ich logge mich ein, wenn ich anfange und aus, wenn ich aufhöre.

Bei meiner letzten Firma haben die meisten auch mehr gearbeitet..hat keinen interessiert. Überstunden wurden bei allen ohne Tarifvertrag wegignoriert.

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Was stellst du dir daran schwierig vor? im Homeoffice ist das doch ohne Probleme lösbar?

Bei uns ist es auch online, ich starte den PC, logge Remote ein, gehe auf unsere Homepage zur Arbeitszeitaufzeichnung und logge dort ein und bevor ich den PC ausschalte wieder dort aus. Auch Pausen etc kann ich ein und ausstemplen. Wenn an einem Tag "zu viel" gearbeitet werden musste, schreib ich der HR, die fälscht meine Zeiten.

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"Wenn an einem Tag "zu viel" gearbeitet werden musste, schreib ich der HR, die fälscht meine Zeiten."

Was meinst du denn damit?

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Wir haben hier ein Maximum von 12 Arbeitsstunden pro Tag. Wenn es mehr sein muss, dann stempeln wir nach 12 Stunden aus z.B und bleiben dann am nächsten Tag einfach länger eingestempelt obwohl wir schon Freizeit machen im Homeoffice.

Bei einem Vorort Termin stempelt man ja dort, da schreibt man der HR, dass man länger machen musste und sie korrigiert die Stunden von zb 14 Stunden runter auf die erlaubten 12 und hängt die 2 Stunden an einem anderen Tag "an"

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Da gibt es eigentlich ausreichend Softwarelösungen für. Wie hier schon beschrieben, die "digitale Stechuhr" funktioniert bei uns eigentlich problemlos.

Wer arbeitet loggt sich ein und für Pause/Arbeitsende wieder aus. Wenn der AG euch schon jetzt bei der AZ vertraut, dann dürfte er es euch ja auch zutrauen Korrekt auf den Knopf zu drücken.

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Ja, das stimmt.
Mir geht es auch hauptsächlich darum, wie das dann mit den genannten kurzen Dingen am WE sowie nach eigentlichem Feierabend gehen soll. Sich da immer kurz ein- und auszuloggen ist umständlich und sicher auch bzgl. Pausen teils schwer abzubilden.
Aber gut, im besten Fall für mich / im schlechtesten für den AG, mache ich dann sowas nicht mehr.

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Für alles was den Laptops braucht ist der Mehraufwand des einloggens unter 1 Minute, weil der Rechner eh an sein muss. Und wenn die Email 10min dauert, dann landen eben 10min auf dem Konto.

Manchmal gehe ich noch nach Feierabend ans Telefon, die Zeit fehlt mir dann schon, allerdings ist das überschaubar.

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Ich hatte das im vorherigen Job, aber noch ohne Urteil ;-)

Ich habe eine Exceltabelle geführt, diese wurde am Ende des Monats vom Vorgesetzten unterschrieben. Hier ging es aber noch im wesentlichen darum, die 10h am Tag nicht zu reißen.

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Okay, das geht natürlich. Sehr umständlich halt, und ein Extra-Aufwand für den Vorgesetzten. Aber einfach umsetzbar.

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Der Referentenentwurf für den neuen § 16 ArbZG ist vor ein paar Tagen veröffentlicht worden. Er wird sich aber vermutlich noch ändern.
Bis jetzt ist die tägliche elektronische Zeiterfassung für alle Unternehmen ab 10(? => Ich meine 10, sonst müsste ich nachschauen) Mitarbeitern vorgesehen. Ausnahmen können gemacht werden, wenn es die Art der Tätigkeit vorsieht. Ob die Ausnahme für Vertrauensarbeitszeit gilt, weiß noch keiner so genau. Das wird später in der Gesetzesbegründung stehen.

Wir im Unternehmen beobachten die Entwicklung sehr genau. Bislang erfassen die meisten unserer ATler ihre Zeiten ohnehin, bzw. haben wir sie Ende letzten Jahres zur Aufzeichnung aufgefordert. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Kontrolle durch den Arbeitgeber gibt es laut dem Urteil ja bereits.

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Möglichkeiten zur elektronischen Erfassung gibt es viele. Sei es der Button rechts auf dem Bildschirm, den man drückt oder das reguläre Zeiterfassungsprogramm, in das man reingeht und die Zeiten händisch einträgt. Auch die Stempeluhr am Eingang ist weiterhin möglich, solange sie die Zeiten elektronisch im Zeitarbeitskonto erfasst.

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„ Ausnahmen können gemacht werden, wenn es die Art der Tätigkeit vorsieht. Ob die Ausnahme für Vertrauensarbeitszeit gilt, weiß noch keiner so genau“

Ziemlich sicher nicht, sondern da wird für Lehrer o.ä. gelten

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Vertrauensarbeitszeit ist keine Ausnahme.
Die Arbeitszeiten müssen protokolliert werden. Allerdings muss sich nicht unbedingt der AG darum kümmern - es reicht durchaus, wenn der seinen Mitarbeitern sagt 'Macht mal'. Es ist auch völlig egal, ob man Excel-Tabellen führt, eine Stechuhr bedient, oder eine App installiert hat. In unserer Firma macht das jeder anders, aber jeder ist per Rundmail darüber informiert worden, dass er / sie protokollieren muss.

Ich habe z.B. eine App. Ein Mausklick zum Starten, ein Mausklick zum Stoppen. Das ist gar nicht schwierig, auch wenn man zwischendurch nur mal 'ne Mail beantwortet. Nach 2 Wochen macht man das automatisch.

Grüsse
BiDi

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Und wie funktioniert das dann praktisch? Wenn es jeder anders macht?
Wer kontrolliert das?
So ein System kann ich mir bei uns in der Firma mit mehreren tausend Mitarbeitern, gar nicht vorstellen.
Denn der AG muss doch sicherlich nachweisen, das die MA die Zeit erfassen - also muss das jemand kontrollieren. Bzw. der AG muss Zugriff auf die Daten haben.

Bearbeitet von name123
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Wir haben auch mehrere tausend Mitarbeiter (im Konzern sogar noch sehr viel mehr) und das funktioniert wunderbar.
Es gibt eine Software, in die wir unsere Zeiten eintragen. Die Führungskraft kann bei uns die Zeiten nicht sehen, aber das ist doch ein Klacks in der Programmierung, dies einzurichten. Sehr da absolut gar kein Problem und ist in sehr vielen Unternehmen gängige Praxis.

Mitarbeiter trägt ein, FK ist verpflichtet einmal im Monat zu kontrollieren und gut. Mehr ist das doch nicht 🤷

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Wir hatten zufällig heute eine Schulung, in der es u.a. um das Thema ging.

Momentan ist das Thema ja "nur" durch ein Gerichtsurteil geregelt, es gibt aber jetzt einen Gesetzentwurf, der sich aber voraussichtlich noch zig mal ändern wird.

Also: noch ist nix fix.
Was momentan vereinfacht der Stand gemäß des Urteils und des Entwurfes wäre:

a) Zeiterfassung
Arbeitszeiten müssen in elektronischer Form erfasst werden. Der Arbeitgeber ist Prinzip verantwortlich, kann (und wird) die Erfassung aber an die Arbeitnehmer delegieren. Die Erfassung muss tageweise erfolgen.

b) Vertrauensarbeitszeit:
Ist weiterhin explizit möglich, die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit besteht aber dennoch. Der Arbeitgeber kontrolliert die erfassten Zeiten nur nicht. Aber für eventuelle Arbeitsschutz-Fälle müssen sie eben dokumentiert werden.

Das war so die Kurzfassung der momentanen Auslegung.😅

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Ich trage die Uhrzeit von-bis + Pause in eine Liste ein. Ist nicht rechtssicher (in meinem Fall aber zum Glück ausreichend) und das macht es einfach. Wochenende oder abends/WE kurz irgendwas machen trage ich nicht ein, sondern verrechne das selber auf Vertrauensbasis wenn es sehr lange war.

Wegen Reisezeiten arbeite ich wahlweise viel zu viel oder viel zu wenig. Ich trage es halt so ein wie es für alle passt. Die halbe Zugfahrt oder Flug ist dann halt mal Arbeitszeit und der Rest nicht.

Würde ich tatsächlich alles exakt stempeln müssen, würden sich viele Fragen stellen auf die weder ich noch Arbeitgeber Lust noch Antworten hätten.

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"..Würde ich tatsächlich alles exakt stempeln müssen, würden sich viele Fragen stellen auf die weder ich noch Arbeitgeber Lust noch Antworten hätten..."
Genau das ist es ja. Sowas ist bei Vertrauensarbeitszeit eben der Normalfall.
Deshalb finde ich es fraglich, ob ein System mit Zeit Erfassung bei Vertrauens Arbeitszeit funktioniert. Bei uns stellen schon Kollegen die Frage, ob dann die Vertrauensarbeitszeit abgeschafft wird. Ich fände das nicht schlecht (sofern dann Überstunden auch im Rahmen der Gleitzeit abgebaut werden können) aber viele andere sehen das negativ.

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Ich hab hier momentan auch mehr Fragen wie Antworten. Insbesondere ob ich dann vielleicht Stunden reduzieren muss, weil mein Arbeitgeber mir nicht mehr erlauben darf, so zu arbeiten wie das für mich passt.

Also, momentan ist die Zeit zwischen 15:00 und 20:00 heilige Familienzeit. D.h. ich verteile meine Arbeitszeit zwischen 7:00 und 15:00 sowie 20:00 und 24:00. Ist eigentlich ein Win-Win, ich kann morgens auch mal einkaufen/Arzttermine/Gartenarbeit/... wenn das mit meinen Kunden passt, dafür kann ich die Zeit abends sowohl für Dinge nutzen, an denen ich einfach mal lange konzentriert arbeiten kann (dass schaffe ich dann in einem Bruchteil der Zeit, da mache ich Dinge, die sich sonst über ne Woche ziehen gerne mal an einem Abend), oder ich kann die Zeit auch mal für Calls nutzen wenn ich ein US-West-Küsten-Projekt mache. ABER: mein AG darf dem natürlich nicht zustimmen, weil zwischen 24:00 Arbeitsende und 07:30 Arbeitsbeginn bei weitem keine 11 Stunden liegen.

Momentan kein Problem, mein AG lässt mich das so machen wie ich will, außerdem Vertrauensarbeitszeit, ob ich tatsächlich die volle Zeit arbeite oder nicht ist wurscht. Ich gleiche eher übers Jahr aus, hatte die letzten Jahre immer mal Phasen dazwischen, in denen ich deutliche mehr gearbeitet hab, wie in meinem Vertrag steht, das gleiche ich meistens im Dezember aus indem ich da 2-3 Wochen frei nehme. Schau halt, dass es ingesamt ungefährt passt - und so passt es auch für meinen Chef. und so lange nix auf geschrieben ist kann keiner keinem an den Karren fahren.

Aber jetzt muss ja aufgeschrieben werden. Die Zeit abends darf mein AG aber so nicht akzeptieren. Variante 1 - ich arbeite da nicht mehr. Dann komme ich nicht auf meine Zeit, muss Stunden reduzieren - äääähhh das will ich eigentlich nicht.
Variante 2 - ich schreibe nicht alle Stunden auf (ich glaube Arbeitsunfälle im Homeoffice sind ehhh seeeehhhr schwer, da ordnen das Gerichte ja sobald Du vom Stuhl aufstehst deinem privaten Bereich zu, das wäre jetzt also nicht wirklich ein Argument), aber damit dokumentiere ich, dass ich dauerhaft deutlich weniger arbeite wie vertraglich vereinbart. Vertrauensarbeitszeit hin oder her, bin mir nicht sicher ob mir da irgendwann jemand einen Strick draus drehen kann.
Variante 3 - ich schreibe zwar die korrekte Anzahl Stunden auf, aber nicht dann wann ich sie tatsächlich arbeite. Ist meinem AG wahrscheinlich eigentlich wurscht, ist aber Arbeitszeitbetrug. Und wenn mir irgendwann mal jemand wirklich an den Karren fahren will präsentiere die Möglichkeiten auf dem Präsentierteller. MMMhhhh - eher ungeschickt für mich. Vor kurzem hat z.B. das Landesarbeitsgericht Hamm geurteilt, 10 Minuten Kaffeepause ohne Ausstechen rechtfertigen eine Kündigung (wenn man es nicht direkt zugibt, wenn man es zugibt hätte es vielleicht nur eine Abmahnung gerechtfertigt).

Dieses Urteil gibt mir im Homeoffice eh zu denken ... wenn mich mein Sohnemann von der Seite anquatscht und das vielleicht 5 Minuten dauert - muss ich dann ausstechen sonst ist es Arbeitszeitbetrug? Wenn das Telefon klingelt und es ist jemand privates dran? Wenn es an der Tür klingelt ... wenns nur der Paketbote ist gehts vielleicht, wenns der Schornsteinfeger ist nicht - weiß ich vor dem Klingeln nicht, muss ich dann schnell zurück und erst mal am Laptop ausstechen ... klar, interessiert eigentlich keinen, kann wahrscheinlich meist auch keiner nachweisen ... aber mein im 99,999%-Fall super-kulanter Arbeitgeber hat durchaus schon gezeigt, dass wenn er Mitarbeiter unbedingt los werden will, er durchaus ziemlich eklig werden kann. Und hier kriegt er viele viele Argumente, die bisher alle unter 'Vertrauensarbeitszeit, keiner weiss was, nichts ist dokumentiert' fallen, jetzt muss aber zumindest mal dokumentiert werden. und momentan sehe ich nur wie sich das zu meinem Nachteil auswirkt ...


Und nebenbei - bis mein Laptop morgens hochgefahren ist vergeht deutlich mehr wie 1 Minute (drum läuft er meistens durch) ... und wenns dumm läuft hat mir die IT über Nacht ein Upate verpasst und es geht eher Richtung 20 Minuten bis ich was tun kann.

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Wir buchen unsere Zeiten selbst auf Kunden, Projekte, Support Tickets oder sonstige Posten in unserem ERP-System. Manche machen das recht penibel, andere hauen einfach täglich 8 stunden irgendwo drauf.

Die Diskussion kommt bei uns nun trotzdem auch auf. Ich selbst buche realistisch, auch um meine eigenen Stunden im Blick zu haben. Ich arbeite aber so wie Bedarf ist & wie es für mich passt. Das sind dann mal an einem Tag nur 6 Stunden, am anderen dann 14... Ich arbeite auch gern spät abends, was mich nicht davon abhält, auch mal morgens darauf direkt wieder früh zu starten. So wie der Kopf eben mitmacht... Mal mach ich länger Pause, mal überhaupt nicht.

Nun ja, die Diskussion kommt bei uns nun eben auch auf, da ich damit natürlich sämtliche "Arbeitsschutzgesetze" ignoriere, weils mir anders eben besser passt. Evtl muss ich da zukünftig auch "Zeiten fälschen", damit z.b. die 11 Stunden zwischen zwei Arbeitstagen eingehalten werden. Find ich persönlich ziemlich doof, da ich das eben nicht nur fürs System, sondern auch für meine persönliche Zeiterfassung bisher korrekt buche...