Wie mit Geschlechter-Diskriminierung umgehen?

Hallo,

Ich schreibe hier, weil ich nicht weiß an wen ich mich wenden soll.

Vorabinformation: Ich (promoviert, 2 Kinder) arbeite derzeit als Elternzeitvertretung (Vollzeit, Einstieg nach meiner Elternzeit). Mein Vertrag wurde bereits einmal verlängert und man ist sehr zufrieden mit meiner Arbeit, aber bald läuft auch diese Verlängerung aus. Ich bewerbe mich seit 5 Monaten intern (großer Konzern mit standardisiertem Bewerbungsverfahren), aber bisher hatte ich keinen Erfolg (was aber für mich bisher ok war, da die Stellen nicht 100% auf meine Qualifikationen passten).

Vor kurzem ist die Stelle meines direkten Vorgesetzten, dessen Stellvertreter ich bin, vakant geworden. Ich und eine Kollegin (andere Abteilung, gleiches Level, aber sehr viel mehr Erfahrung im Unternehmen als ich) haben uns beworben. Wir erhielten beide eine Absage und bekamen nicht mal ein Vorstellungsgespräch. Die Gründe für die Absage waren zwar jeweils andere, aber uns erschienen sie unabhängig voneinander fadenscheinig. Ihr wurde mangelnde Erfahrung (?) unterstellt und mir fehlende Führungsqualitäten (obwohl ich das komplette MA-Team hinter mir habe). Im Endeffekt haben wir uns ausgetauscht, einmal drüber gelacht und die Sache war für uns abgehakt, nach dem Motto "firmenpolitische Entscheidung".

Da bei uns seit einiger Zeit über Fachkräftemangel geklagt wird, bin ich in eigener Sache zum Betriebsrat gegangen, zum Einen um mein Interesse an einer weiteren Unternehmenszugehörigkeit zu bekunden, zum Anderen um zu erfragen, warum Stellen trotz Firmendirektive, Fachkräftemangel und geeigneten, internen Bewerbern nicht mit Mitarbeitern (sondern lieber extern) besetzt werden. Dabei habe ich beiläufig erfahren, dass meine Kollegin die Stelle nicht bekommen hat, da sie ja manchmal "früher geht, um ihr Kind aus der Kita abzuholen" (früher heißt hier: nach einem vollen Arbeitstag). Als ich darauf hinwies, dass mein ehemaliger Vorgesetzter auch 2 Kinder hat, die er regelmäßig aus der Kita abholen musste, wurde nur betreten mit den Schultern gezuckt. Ich war unglaublich wütend und bin es immer noch. Zumal ich ja auch 2 Kinder habe... fallen dann bei mir ähnliche Kriterien ins Gewicht?! Mir wurde außerdem mitgeteilt, dass ich fachlich die Top-Kandidatin für den Job war.

Ich weiß nun überhaupt nicht, wie ich mit dieser Information umgehen soll. Die Sache hinnehmen? Die Kollegin darauf ansprechen? Nochmal zum BR gehen? Kann bzw. sollte man hier handeln?

Lg, Ratlos3.0

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Euer Betriebsrat ist anscheinend auch vollkommen fehl am Platz, wenn die Kommunikation wirklich so stattgefunden hat.
In meiner letzten Firma hatte ich auch einen Abteilungsleiter und einen Vertreter (der vorerst mal mein direkter Ansprechpartner war). Nur, weil der Vertreter bereits Mitarbeiter unter sich hatte, waren seine Führungsqualitäten nicht gut. Die waren gelinde gesagt eher eine Katastrophe und deswegen hat er auch die Stelle als Abteilungsleiter nicht bekommen.

Auch jetzt in der neuen Firma habe ich einen Abteilungsleiter der für seine Führungsposition eigentlich zu nett ist und somit auch keine gute Führungskraft ist.
Leider sind wirklich zu viele Führungspositionen mit Leuten besetzt, die das nicht können.

Wie das bei dir ist, kann ich nicht beurteilen, aber wenn Sie dich da nicht haben wollen, wollen die dich da eben nicht haben. Das mit dem früher gehen, kann ich auch nicht beurteilen, ich weiß aber, dass man als Führungskraft nicht unbedingt einen 9to5 Job hat. Hier könnte es also durchaus kritisch werden (je nachdem wie die Zeiten bei eich so sind).

Bei meinem neuen Arbeitgeber werden manche Stellen auch lieber von externen besetzt. Das liegt nicht nur daran, dass interne Leute nicht die passende Qualifikation haben, sondern, dass man auch gerne aus dem alten Trott raus möchte. Ich arbeite im öffentlichen Dienst und da wird gerne auf sehr hohen Niveau gemeckert 🫣

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Die Begründung würde mich auch ärgern und ich würde tatsächlich noch einmal das Gespräch suchen und um Transparenz bzgl. der Entscheidung bitten. Wie kann der Betriebsrat denn bitte "Kinder" als Entscheidungskriterium nennen? Das ist ganz klar Diskriminierung! Finde ich im Übrigen auch ziemlich dumm, denn darüber weiß man von externen BewerberInnen ja auch nichts. Könnte ja sein, dass sie noch häufiger "früher" gehen müssen, Kind krank nehmen oder in Elternzeit gehen.
Der Betriebsrat entscheidet mit, wer zu den Gesprächen eingeladen wird und auch wer am Ende die Stelle bekommt. Es wäre seine Aufgabe gewesen, darauf zu achten, dass solche Begründungen im Keim erstickt werden.
Die Frage ist nun, wie die Anforderungen an die BewerberInnen aussahen und ob die eingeladenen BewerberInnen tatsächlich alle diese Anforderungen besser erfüllt haben, als ihr. Da würde ich tatsächlich nachhaken, vielleicht sogar schriftlich, um etwas in der Hand zu haben.
Was wisst ihr denn über denjenigen, der die Stelle bekommen hat?

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Hi,
mir wäre auch nach dem Gespräch mit dem Betriebsrat klar, warum die Kollegin und ich, nicht mal zum Vorstellungsgespräch, eingeladen wurden :-[

Der Betriebsrat ist ne Pfeife, sorry. Das Unternehmen betreibt Geschlechter Diskriminierung, ja.

Hat der scheidende Abteilungsleiter denn nicht auch noch so ein bisschen Mitreden dürfen, bei seiner Nachfolger Wahl? Er muß ihn ja auch noch einarbeiten, und will eigentlich das beste fürs Team?

Weiter bewerben und sich fragen, ob man da wirklich bleiben will? Und dann evtl. mit der anderen Kollegin nochmal mit Termin, zum Betriebsrat, mit HR und scheidenden Abteilungsleiter?

Alles Gute

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Ich verstehe deine Wut!
Was man tun kann? Ich habe keine rechtlich gesicherte Ahnung. Aber mal ein paar Gedanken: bist du in einer Branche in der es eine Gewerkschaft gibt? Dann dahin.
Ich würde auch mal zu einem Anwalt gehen, wenn es dir finanziell möglich ist. Einfach mal beraten lassen.
Ich würde auch mal ein paar Zeitungs- und Fernsehredaktionen kontaktieren (ja, ich weiß, die ganz schmutzige Art, aber hey wir müssen uns wehren).
Der Fachkräftemangel kann dann ja nicht so riesig sein, also strecke deine Fühler aus, bewerbe dich. Das ist kein AG den man dauerhaft mit seiner Arbeitskraft dauerhaft unterstützen sollte.

Vielleicht findest du hier auch nochmal einige Tipps

https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/lebensbereiche/arbeitsleben/zugang-zum-arbeitsleben/zugang-zum-arbeitsleben-node.html

Ich würde es auf jeden Fall nicht auf mir sitzen lassen.
Und wenn sie nie jemand wehrt, machen die AG auch einfach immer so weiter.