Umgang mit Überstunden - ist das rechtens?

Hallo zusammen,

heute habe ich mal eine Frage zu meinem Mann. Er arbeitet im Handwerk.

In seinem Arbeitsvertrag steht, er solle 100 Überstunden aufbauen, diese bleiben als Soll immer bestehen. Offizielle Gleitzeit gibt es keine im Betrieb.

Nun kommt es des öfteren vor, dass die Planungsabteilung die Baustellen schlecht plant, also z.b. für Baustelle x nicht alles Material da ist und sie somit kurzfristig (frühestens am Vortag, am selben Tag, ggf. erst vor Ort) nicht zustande kommt.

Er macht an dem Tag dann meistens Lagerinventur, Müll weg bringen und so Sachen, wo er sonst nie dazu kommt.

Bei seinem Kollegen wurden, da er keine sonstigen Arbeiten zu erledigen hatte, vom AG von dem 100 Std. Überstunden Kontingent im diesem Fall 8 Std. abgezogen. Ist das rechtens?

Die Überstunden werden nicht freiwillig aufgebaut. Sie entstehen meistens wegen schlechter Planung des Büros (zu wenig Zeit für eine zu große Baustelle plus An- und Abfahrt etc...).

Für mein Verständnis von Überstunden müsste entweder a) der AG in schlechten Zeiten Überstundenabbau offiziell anordnen wegen Lieferengpässen etc., dann kann das 100 Std. Kontingent angezapft werden oder b) der AN die Möglichkeit haben seine gesammelten Überstunden so abbauen zu können, dass er auch was mit ihnen anfangen kann, also Tag xy hätte ich gern frei bitte. Und nicht einfach wegen schlechter Planung pauschal Überstunden abziehen?

Sehe ich das richtig, dass die Überstunden nicht einfach abgezogen werden dürfen oder ist das rechtens vom AG?

Gibt es ggf. ein Urteil oder Paragraph? Ich fände das spannend mal nachzulesen.

Vielen Dank schon mal vor ab und ein schönes Wochenende :-)

Bearbeitet von vorblida
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Hallo,

Jetzt mal vorausgesetzt ich habe es richtig verstanden (Müll und Lager des AG oder daheim?) Ist es nicht rechtens dafür Überstunden abzuziehen, er hat ja gearbeitet. Für die Fehlplanung des AG kann der AN ja nichts. Bei höherer Gewalt ist es möglich den AN heim zu schicken und die Überstunden abbauen zu lassen, aber das liegt hier anscheinend nicht vor.

Ich würde der Belegschaft raten sich mit dem Chef zusammen zu setzen und diese Fragen zu klären und eine Regelung zu finden. Die immer und für alle gilt. Betriebsrat wird wahrscheinlich nicht vorhanden sein, oder?

Liebe Grüße
Sunny

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Hallo, danke für die Antwort.

Es ist ein Start-Up, dass bundesweit tätig ist mit 380 Mitarbeitenden. Einen Betriebsrat gibt es nicht.

Der Müll, der auf Baustellen anfällt, also Verpackungen entsorgen etc. Genauso das Arbeitslager. Also nichts privates.

Ja, ich sehe es auch so, dass das nicht so einfach geht, denn für die Fehlplanung kann er ja nichts für und wäre ja bereit seine 8 Std. + Pause zu arbeiten...

Okay, tricky...

Vielleicht brauchen wir doch mal eine Rechtsschutzversicherung...

Danke für die Einschätzung :-)

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380 MA und kein Betriebsrat? Zeit einen zu gründen.

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Arbeitsrecht - uha- mein Rat : lass dir, besser euch, einen Termin bei einem Fachanwalt geben und fragt da, dann rechtssicher nach. Oder ist dein Mann in einer Gewerkschaft? Die bieten oft eine Rechtsberatung an.

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Hallo,

Ja, danke für den Tipp. Er ist nicht in der Gewerkschaft.

Viele Grüße!

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Wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft während der vereinbarten Arbeitszeiten zur Verfügung stellt, der Arbeitgeber sie aber nicht abruft, ist das das Problem des Arbeitgebers. Die Überstunden hätten also nicht abgezogen werden dürfen.

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Soweit ich weiss, bezieht sich dies nur auf die Lohnfortzahlung. Der Arbeitgeber darf also keinen Lohn abziehen, wenn man z.B. nur 5 statt 10 Stunden seiner Schicht leistet, weil man früher heimgeschickt wird. Bei bereits angehäuften Überstunden sieht das aber meines Wissens nach anders aus.

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Nein, tut es nicht.
Das wäre was anderes wenn der AG sagt „Hört mal, wir haben übernächste Woche 3 Tage Leerlauf. Ich würde gerne dass ihr alle eine kleine Auszeit macht und wir da von den Überstunden verbuchen.“

Sind die Mitarbeiter aber auf Abruf bereit, machen quasi Bereitschaft, und werden dann aber nicht eingesetzt, dann dürfen ihnen die Stunden nicht abgezogen werden.

Bearbeitet von ourhope123
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Huhu, ich hab keine Ahnung wie es rein rechtlich aussieht. Ich weiß auch nicht wie "gut" dein Mann seine Arbeit macht, wo ihr wohnt und wie es bei euch mit stellen aussieht.
Hier ist extremer Mangel an Handwerkern. Nordwesten von Deutschland.
Ich würde darauf pokern und mir mit ein paar Kollegen überlegen, welche handhabe man vertreten kann.
100 Überstunden aufbauen ist ja eh schon echt viel. Fallen die nur im länger arbeiten an, oder auch nal Samstags?
Ich würde mich z.b. eventuell darauf einlassen, wenn mal früher frei ist. 1-2 Std. Abzufeiern. 8 Std. Find ich frech. Ich war ja da. Früher hatten Handwerker oft in den Wintermonaten weniger zu tun. Dafür dürfen wohl Überstunden aufgebaut werden.
Generell würde ich wohl pokern umd meinen Wert woanders abchecken. Wenn ich eigentlich da bleiben möchte muss ich wissen mit was ich "leben" kann..
Fachkräfte/ Handwerker können meistens schon ein bisschen "frech" werden bei ihren Forderungen.
Ich hoffe ihr findet eine Lösung.

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Huhu zurück,

Bin mir sicher, dass mein Mann gute, saubere und zügige Arbeit leistet, denn neue Kollegen werden z.b. beim Einlernen bei ihm mitgeschickt oder er bekommt Boni etc.

Wir wohnen in Ba-Wü und auch hier herrscht Handwerkermangel.

Die 100 Std. fallen im tag-täglichen Geschäft an, also z.b. weil er auf eine Baustelle geschickt wird, die 2,5 Std. Fahrzeit einfache Fahrt entfernt ist und Fahrtzeit zur Arbeitszeit zählt (steht auch so im Arbeitsvertrag) oder einfach generell die Baustellen eher so geplant sind, dass er mit Hin- und Rückfahrt und Pause meistens bei 9,45 Std. pro Tag landet. Samstags muss er nicht arbeiten, er hat eine 5-Tages-Woche Mo - Fr.

Es ist schon ggf. etwas saisonal. Er arbeitet als Elektroniker für Photovoltaikanlagen. Sprich er schließt an, was seine Kollegen vom Dachteam installiert haben. Im Winter können sie manchmal nicht aufs Dach wegen Schnee/Regen/Sturm, dann kann er auch die Baustelle nicht zu Ende bringen. Allerdings gibt es genügend Servicefälle, so dass er dann im Service eingesetzt wird anstatt auf der Baustelle und es muss ja nun lang nicht heißen, dass wenn Schnee im Schwarzwald liegt, es auch in der Rheinebene schlechtes Wetter herrscht. Dann kommt die nächste Baustelle dran in einer dann schneefreien Region...

Die 100 Std. verstehe ich eher als einen Worst-Case-Puffer z.b. wegen massiven Lieferengpässen, wo die Chefetage dann ankündigt: " Leute, die nächsten 3 Wochen gibt es keine Wechselrichter auf dem Markt, wir sehen uns gezwungen, dass die Aufträge ab xx.yy.zzzz bis xx.yy.zzzz ruhen. Bitte baut hierzu eure Überstunden ab."

Da bei uns in nächster Zeit eine Kreditunterzeichnung vor der Türe steht, möchte und kann er erstmal nicht wechseln, damit er in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ist.

Wir lassen uns mal anwaltlich beraten und sollten sie bei ihm bei Fehlplanungen auch anfangen die Stunden abzuziehen wie bei seinem Kollegen, dann kann er entsprechend argumentieren...

Danke dir und euch!

Bearbeitet von vorblida