Liebe Urbia Community,
inspiriert von dem Post einer Lehrerin etwas weiter unten, mit der ich an vielen Punkten mitfühlen kann und bei dem mir eure Antworten, Ideen und Gedanken sehr hilfreich waren, würde ich gerne versuchen, meine Situation zu schildern und hoffe auf Ideen, Anregungen, Kritik etc.:
Ich bin Fachärztin für Allgemeinmedizin, angestellt als Hausärztin in einem großen med. Versorgungszentrum, aktuell jedoch in Elternzeit mit unserem nunmehr definitiv letzten Kind.
Je näher mein Wiedereinstieg rückt, umso mehr sträubt sich alles in mir, wieder Teil dieser Mühlen zu werden: ich liebe meinen Beruf und meine Fachrichtung in der Theorie sehr, die aktuelle Praxis ist für mich aber aufgrund so vieler Punkte immer schwieriger zu ertragen.
Tatsächlich könnte ich mir im Moment sogar vorstellen, der direkten Patientenversorgung komplett den Rücken zu kehren, möglicherweise auch abseits der Medizin ein neues Zuhause zu finden. Das ist allerdings gar nicht so einfach in der Jobsuche, da der Mangel natürlich am Patient herrscht und hiervon auch der Arbeitsmarkt dominiert wird.
Ich weiß gar nicht, was ich mir erhoffe, aber vielleicht habt ihr noch Ideen für Bereiche, die sich anbieten würden und mir noch nicht in den Sinn kamen oder auch eigene Erfahrungen als komplette Quereinsteiger (müssen natürlich keine Mediziner sein)?
Vielen Dank schon im Voraus fürs Lesen und Erfahrung Teilen!
Berufliche (Neu-)Orientierung oder: Auf der Suche zwischen „Ich will da weg“ zu „Dort will ich hin“
Wir suchen aktuell einen neuen Arbeitsmediziner oder Arbeitsmedizinerin, für ne Festanstellung im großen Unternehmen (Krankenversicherung). Ansonsten werden immer wieder auch Ärzte zur Festanstellung für Gutachten und medizinische Beurteilungen gesucht. Vorteile natürlich die geregelten und meist auch flexiblen Arbeitszeiten, vielleicht wäre das was? Ist natürlich was ganz Anderes so ein Schreibtischjob als Mediziner, kommt drauf an was du für ein Typ bist?
Hallo und vielen Dank für deine Antwort!
Tatsächlich kam Arbeitsmedizin schon ein paar Mal in den Überlegungen vor (ist meiner Fachrichtung auch relativ nah), allerdings müsste ich dafür nochmal die entsprechende Weiterbildung machen und tatsächlich glaube ich, dass ich auch dort nicht richtig glücklich werden würde, zumal viele (nicht alle) Arbeitsmediziner eher Einzelkämpfer sind, das entspricht so gar nicht meinem Naturell :)
Über einige Stellenanzeigen der Krankenkassen bin ich auch schon gestolpert, der Schreibtisch schreckt mich nicht ab, auch wenn ich schon gescherzt habe, dass ich dann „auf die dunkle Seite der Macht“ wandern würde (Beispiel MDK)
Seitenlange Gutachten zu erstellen, macht mir leider jetzt schon den Arbeitsalltag schwer, aber zumindest würde ich dann dafür bezahlt werden und die Zeit dafür eingeräumt bekommen :)
Auf jeden Fall triffst du da schon einen Punkt, der auf meiner Liste steht, ich fürchte aber, ich bin für diese Art der Stellen zu „nett“ und emphatisch (das ist jetzt tatsächlich nicht unbedingt positiv für mich gemeint)
Hallo,
während meiner Umschulung zur Logopädin war in der Jahrgangsstufe unter mir ein Allgemeinmediziner. Ich arbeite in der geriatrischen Rehabilitation und unser ärztlicher Dienst besteht aus Ärzten aller Fachrichtungen. Eine unserer Ärztinnen ist erst aus der Hausarztpraxis zu uns gewechselt und leitet inzwischen ein Gesundheitsamt.
Der Rehabereich sucht eigentlich immer Ärzte.
Ansonsten Fachschulen suchen auch immer Dozenten oder medizinische Leiter.
Viele Grüße
Hallo reina05, auch dir lieben Dank für deine Antwort!
Eine Tätigkeit in der Rehabilitation hatte ich tatsächlich eher verworfen, da eine Kollegin dort (allerdings stationäre Rehaklinik) so schlechte Erfahrungen gemacht hat, aber vielleicht sollte ich das durchaus nochmal objektiver betrachten und nicht nach Einzelerfahrungen bewerten…
Mit der Lehre triffst du meinen aktuellen Favoriten, unterrichten würde mir Freude machen und ich hätte den mir so wichtigen sozialen zwischenmenschlichen Kontakt, ohne direkt Patienten zu betreuen: da das aber meist auf Honorar-Tätigkeit angeboten wird (Pflegeschule etc), hadere ich noch etwas mit mir…
Am liebsten würde ich an der Uni unterrichten/Seminare betreuen, leider ist die Lehre universitär aber weiterhin immer noch eher ein notwendiges Übel für die Forschenden, die eben mitgemacht werden muss (kein Wunder, dass man so die Studenten nicht wirklich motivieren und begeistern kann…)
Hallo,
bin im öffentlichen Dienst und hatte neulich eine Pflicht-Fortbildung von einer Reihe Fortbildungen, die in Ba-Wü alle in der Landesverwaltung machen müssen.
Ich hatte schon fast das Gefühl nur unter Medizinern zu sein. Die meisten waren Ärzte und Ärztinnen, die aus ihrem Klinikalltag ausgestiegen und beim Gesundheitsamt eingestiegen sind.
Vielleicht wäre das was für dich?!
Meine beiden Cousins (Zwillinge) haben beide Medizin studiert. Mittlerweile sind sie nahezu ausschließlich als Autoren und im Verlagswesen unterwegs. Vielleicht wäre das auch interessant?
Grüße!
Ihr seid einfach toll, auch dir vielen Dank, 2 weitere sehr interessante Bereiche!
Das Gesundheitsamt fände ich auch einen interessanten Tätigkeitsbereich (in der Hoffnung, dass die nächste Pandemie noch lange auf sich warten lässt ;)), aktuell warte ich auf Rückruf einer Bekannten, die nun bald in Rente geht, aber den Großteil ihres Berufslebens dort gearbeitet hat, ich bin gespannt, was sie zu erzählen hat, insbesondere über die möglichen Einsatzgebiete dort.
Weißt du, ob deine Cousins eine zusätzliche Aus-/Weiterbildung bzw. Studium im Bereich Medien/Journalismus etc gemacht haben? Gerade den journalistischen Bereich fände ich spannend, ggf auch in beratender Tätigkeit oder Ähnliches.
Huhu,
freut mich, dass du etwas Input von uns bekommst :)
Nein, haben sie beide nicht. Sie haben einfach losgelegt
Der eine hat noch zu Studizeiten mit zwei weiteren Medizinern den "Klinikleitfaden. Untersuchung - Diagnostik - Therapie - Notfall" geschrieben und so schon früh in der Branche schnuppern können. Nach dem Studium war er Geschäftsführer eines großen Medizin-Verlags...
Sein Bruder beschäftigt sich hauptsächlich mit Kindermedizin und Kindererziehung und - entwicklung, er ist Kinderarzt. Über seine Bücher ist er ein bisschen eine Art Berühmtheit geworden. Er macht auch sehr viele Vortragsreisen, ist in Talkshows etc.
Alles Gute bei deiner weiteren Findung!
Die Kommunen haben im Gesundheitsdienst meist große Probleme die Stellen für Ärzte zu besetzen, das ist eine Option.
Im Moment für doch mit Kinderm vielleicht nicht so spannend, aber Eltern einer Freundin von mir arbeiten auf Kurzzeiteinsätzen weltweit dort wo man keinen festen Arzt findet (also meist sehr entlegene Ecken). Dir machen das dann 1-3 Monate und das ist wohl recht gut bezahlt, danach machen sie 1-3 Monate frei.
Vielleicht eine Option wenn die Kinder älter sind.
Auch dir vielen Dank für deine Antwort!
Du hast mich gerade nochmal motiviert, unseren Kreis nach Stellen zu durchforsten: eine gibt es, die ggf sogar interessant wäre, wenn auch „nur“ Elternzeitvertretung:
meine Idee ist aber ohnehin, meine unbefristete Stelle in der Allgemeinmedizin nicht ganz aufzugeben, sondern in kleinem Umfang auch weiter als Hausärztin zu arbeiten, etwa in der Pflegeheimbetreuung o.Ä.
Ärzte ohne Grenzen oder andere Organisationen waren im Studium immer etwas, das ich eigentlich gerne machen wollte: mittlerweile würde es mir jedoch schwer fallen, die Kinder (gut, die werden älter), aber auch meinen Mann (kein Mediziner) hier zu lassen, wir können kaum ohne einander :)
Wie sieht es mit Pharma aus?
Wo siehst du deine Interessen?
Meine Freundin ist Hausärztin. Hat sich nun selbstständig gemacht und fühlt sich deutlich wohler als als Angestellte Ärztin. Sie arbeitet in ihre Tasche. Der Sitz war ein Schnäppchen. Wir sind im speckgürtel von Köln und hier gehen viele Sitze wieder an die KV zurück, weil sich keine Nachfolger finden. Also da hat man gute Chancen. Und dann kannst du dich weiterbilden in Bereichen die dich interessieren. TCM? Wundversorgung? Notfallmediziner?Forschung? Wenn du auf die Fortbildungen diverser Pharmafirmen gehst hast du ein gutes Netzwerk und wirst in der Regel abgeworben. Meine Freundin interessiert sich für Ernährung und dies im Zusammenhang mit metabolic. Nun ist sie nebenbei Beraterin für 2 ernährungsunternehmen. Als Hausärztin käme ja auch Angio infrage.
Oder du bildest dich einfach noch weiter. Eine andere Freundin ist Internistin und hat nun den psychologischen Psychotherapeuten gemacht. Irgendwie so hieß das auf jeden Fall.
Ich bin Krankenschwester deswegen hab ich einige Freundinnen die Ärzte sind und der Klinik entflohen sind.
Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Suche!
Danke, liebe katali, für deine Rückmeldung!
Pharma ist leider gar nicht meins, ich fürchte, da würde ich nicht glücklich werden…
Die Selbstständigkeit bringt mein Mann immer mal wieder aufs Parkett, es wird aber sehr schnell verworfen, wenn ich ihm mitteile, dass er mich dann daheim wohl nicht mehr antreffen würde und ich die Hälfte meiner Patienten zu Weihnachten mit nach Hause bringe ;)
Auch wäre wohl die Wirtschaftlichkeit ein Faktor, ich bin sehr Pro Patient und lege Wert auf eine umfangreiche und intensive Arzt-Patienten-Beziehung, investiere viel in Gespräche und Untersuchung (ich würde behaupten, bei mind. 70% meiner Patienten gibt es psychosomatische Begleitkomponenten)- das wird leider in der Allgemeinmedizin nicht honoriert.
https://g.co/kgs/hBYtqZ
Nur als Beispiel. Einen Polizeiärzrlichen Dienst gibt es, soweit ich weiß, in jedem Bundesland. Und ggf Stellen bei der Bundespolizei.
… auch eine neue Idee, bin schon direkt mal am Suchen, ich danke dir! :)
Einiges wurde ja schon genannt, bei mir im Kollegenkreis gerade beliebt für den Ausstieg (allerdings eher aus dem Krankenhausdienst)
- den Allgemeinmediziner in 2 Jahren draufsetzen 😀 - okay, fällt jetzt raus aber dann nen halben Kassensitz kaufen und als Teilhaber einsteigen, evtl. könntest du dich ja auch irgendwo einkaufen?
- durchrechnen ob du als wandernder Sicherstellungsassistent finanziell auskommst, sehr viele suchen jemand der Urlaubsvertretungen macht
- nur noch KVB Dienste machen falls es das in deinem Bundeskand gibt und es finanziell reicht?
- eine Kombi aus den 2 oberen Möglichkeiten
- Arbeitsmediziner wurde auch schon genannt, wie aufwändig sind die Vorgaben deiner Ärztekammer, den kann manin einigen Bundesländern auch relativ einfach als Zusatzbezeichnung auf einen bestehenden Facharzt aufsatteln
- danach in einer großen Praxis für Arbeitsmedizin einstellen lassen, wie weit ist denn die nächste größere Stadt weg? Da gibt's so was häufiger, die sind dann für 50 Betriebe und mehr zuständig.
- Gesundheitsamt, da wechseln grad einige hin die ich kenne, je nach Alter ist da ggf. sogar noch die Verbeamtung möglich, Gleitzeit, planbare Termine, variable Teilzeitmodelle
-MDK
-Versicherungen
- Ärztekammer stellt auch immer wieder ein für Betreuung von Weiterbildungsanträgen/ Fortbildungsermächtigungen
Jetzt musste ich wirklich lachen, die Allgemeinmedizin war damals auch mein Ausstieg aus den Mühlen der Klinik…
Aber nun sehe ich mich einfach nicht mehr darin, bis Ende 60 vormittags teils (nicht immer) 30-40 Patienten „abzuhandeln“ und immer nur an der Oberfläche zu kratzen, das frustet mich einfach sehr und fühlt sich weder befriedigend noch richtig an. :(
Die KVB Dienste betreffen ja leider meist das Wochenende, Feiertage oder die Nächte, das ist bei uns nicht familien-kompatibel (bzw bin ich ehrlich und möchte die gemeinsame Familienzeit dafür nicht opfern)
Wir wohnen in einer Metropolregion in BaWü, daher ist deine Idee der größeren arbeitsmedizinischen Praxen gar nicht so schlecht, da google ich mich mal durch!
Die nächste Ärztekammer ist ca 40km entfernt, da habe ich auch noch nicht dran gedacht, je nach Tätigkeit gäbe es ja vielleicht auch anteilige Homeoffice Optionen, ist gespeichert, vielen Dank dir!
Hey, ich bin "die Lehrerin von unten" :D
Bei mir in der Familie haben viele Medizin studiert. Einer hat dann gemerkt, dass das nicht "seine Berfung" am Patienten ist und hat Informatik studiert. Er entwickelt jetzt diagnoseverfahren mit Hilfe von künstlicher Intelligenz. Auch andere medizinische Gerät brauchen eigentlich immer Ärzte, die bei der Entwicklung/Forschung helfen.
Hey, liebe „Lehrerin von unten“, vielen lieben Dank dir! :) (für den Anstoß und den Input)
Ein bisschen geht es mir wie dir, die Arbeit am und mit dem Patient mag ich eigentlich sehr (gut, es gibt immer Ausnahmen, aber das Positive überwiegt), nur die Arbeitsbedingungen, Restriktionen, Vorgaben und mangelnde Zeit machen es nicht mehr erträglich aktuell.
Ich bin mal sehr gespannt, wo unsere Wege hinführen, vielleicht magst du ja auch ein Update geben, wenn sich eine Richtung herauskristallisiert, das wäre toll!
Wünsche dir auf jeden Fall alles, alles Gute!
Hallo,
bei uns im Unternehmen (wir entwickeln Krankenhaus-Software) sind viele Ärzte als Produktmanager oder Präsentatoren tätig.
Um die Software zu entwickeln, braucht man einen fundierten Hintergrund und Kenntnisse der Prozesse im Gesundheitssektor.
Vielleicht auch eine Idee.
Alles Gute und LG
NoName2
Hey, auch dir lieben Dank für die Rückmeldung!
Wir haben einen der großen IT-/Software Konzerne in unmittelbarer Nähe (der mit den 3 Buchstaben), da bin ich direkt mal auf die Suche gegangen. Der kommt auf meine Liste der Initiativ-Bewerbungen! :)
Super, dann viel Erfolg.