Selbständigkeit. Wieviel Urlaub?

Wer steckt in der gleichen,bzw. ähnlichen Situation?
Mann arbeitet Vollzeit, Frau Teilzeit, mehrere Kinder.

Die Selbständigkeit läuft seit vielen Jahren sehr gut, mehrere fähige Angestellte in Vollzeit. Aber trotzdem immer mehr als genug zu tun. Dafür sehr guter Verdienst.

Wieviel freie Zeit und Urlaub gönnen sich andere Selbständige?

Mein Mann macht nur frei, wenn ich ihn darum bitte. Länger als eine Woche in den Sommerferien gönnt er sich nicht. Wenn ich ihm einen beweglichen Ferientag in den Kalender eintrage, macht er mal ein langes Wochenende. Oder wenn irgendetwas anderes ansteht, mal einen Nachmittag.
Die freie Zeit genießt er zwar, aber von allein würde er gar nicht frei machen. Mit der Begründung, dass sich ja die Arbeit dann ansammelt.
Seit Jahren ist die Überlegung, die Arbeit zu reduzieren, um wieder mehr freie Zeit zu haben. Er schafft es aber irgendwie nicht.
Ich habe Angst, dass er irgendwann bereut, immer so viel gearbeitet zu haben.

Langsam distanziere ich mich von ihm, denn ich freue mich auf meinen Urlaub und möchte in der Zeit ausschlafen, Ausflüge mit den Kindern machen, Urlaub usw. Das mache ich dann mit den Kindern allein oder mit Freunden.
Früher hatte ich dann oft schlechtes Gewissen und habe gedacht, dass der Arme ja immer so viel arbeiten muss.
Mittlerweile distanziere ich mich immer mehr und habe immer weniger Lust, ihn zum Freimachen zu „überreden“.
Er sagt immer, dass ich mich schlecht in ihn reinversetzen kann, da ich angestellt bin. Er ist halt der Arbeitgeber mit Verantwortung.

Ich denke mir aber, wenn er wirklich etwas an der Situation ändern wollen würde, könnte er es. Oder?

Oder?

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Hallo,

ein guter Freund von uns hatte seinen eigenen Malerbetrieb. So richtig Urlaub hatte er nie.

Selbst im Urlaub wurde er oft von Kunden angerufen oder von den Mitarbeitern und er saß dann doch am Laptop und hat Rechnungen geschrieben oder Angebote erstellt.

Er sagte halt immer, wenn er das nicht macht dann laufen die Kunden weg.
Abgeben konnte er das auch nicht gut.

Die Frau hat sich auch immer wieder beschwert. Er hat dann irgendwann seine Firma verkauft und ist nun angestellt. So richtig glücklich macht ihn seine Arbeit leider nicht und vorher hat er es geliebt. Mein Mann und ich haben uns schon öfter gefragt, ob er es wohl bereut und wir hoffen, dass er ihr deswegen nie Vorwürfe macht.

Mein eigener Chef hat sich ein Familienunternehmen gegründet 1985. Er ist mittlerweile 76-77 Jahre alt und ist immernoch jeden Tag im Büro. Er hat drei Kinder, die die mittlerweile große Firma (1000 Mitarbeiter) übernehmen sollen. Aber er kann einfach nicht loslassen. Es war eigentlich schon für 2020 angedacht, dann kam Corona und seitdem werden immer neue Gründe vorgeschoben.
Der macht auch nur selten Urlaub und ist für den Notfall immer erreichbar. Und ich glaube tatsächlich, dass das bei vielen so ist.
Ändern kann man das wohl nicht, ich würde meinen Urlaub und meine Freizeit aber trotzdem ohne schlechtes Gewissen genießen.

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Meiner Meinung nach ist das alles eine Frage der betrieblichen Organisation.
Der Laden muss laufen, auch wenn einer fehlt. Und erst recht laufen, wenn der hauptverantwortliche mal nicht da ist.
Das heißt, Verantwortung muss delegiert und mit gutem Gefühl abzugeben sein.
Eine Führungskraft (das ist dein Mann und im besten Fall noch ein oder zwei Leute, die er dafür bezahlt ihn bezogen auf Führungsaufgaben zu unterstützen), sollte sich darum kümmern, dass die MitarbeiterInnen entwickelt werden.
So daß sie Verantwortung übernehmen können und ihren Stärken entsprechend eingesetzt sind.


Weiter sollte der Laden soviel abwerfen, dass er mit 10 Monaten produktiver Arbeit soviel erwirtschaftet, dass ALLE 12 Monate leben können.
Chef und Mitarbeiter.

Eine Führungskraft ist dafür da, Prozesse zu überdenken. Inhaltlich wie auch strukturell.
Egal ob auf dem Bau, im Altenheim oder im Kiosk um die Ecke. Das Grundprinzip ist immer gleich!

Unternehmensberatungen können helfen da erstmal im Rahmen einer Potentialberatung Licht ins dunkle zu bringen.
Dann wird geschaut, was besser bzw anders gemacht werden kann.

Wenn dein Mann jetzt schon über 100% arbeitet
(Mehr als 40 Stunden die Woche und mehr als 10,5 Monate im Jahr), hat er keine Luft, wenn im Betrieb mal eine krise ausbricht!

Ein guter Chef ist nicht, wer viel arbeitet!.
Das ist auch kein gutes Vorbild und suggeriert Mitarbeitern oft nur, dass sie mit ihren 40 Stunden weniger wert sind als der Chef.
Da ist Quatsch.
Das ist ein Team, dass gesund sein muss und das Spaß bei der Arbeit hat.

Bearbeitet von Gjskjf
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Mein Mann ist auch selbstständig, aber im medizinischen Bereich. Ohne ihn geht nichts. Da er aber seinen Angestellten auch Urlaub geben muss, macht er jeden Sommer 3 Wochen Urlaub und zwischen den Feiertagen. Somit ist dann zu und alle können in den Urlaub. Er sagt aber auch selbst, dass er das auch braucht… denn die Akkus sind eben irgendwann leer.

In der Regel heißt Selbstständigkeit eben selbst und ständig. Und in der Regel macht sich selbstständig für etwas, was man sehr gerne tut. D.h. Man geht auf in dem was man tut. Es ist also mehr als ein Job. Aber ja…. Loslassen ist für viele Chefs/cheffinnen eine Qual. Vertrauen in seine Leute haben… das ist die Voraussetzung für einen Urlaub… ohne ständig am Handy zu kleben.

Wenn dein Mann gute Leute um sich rum hat… dann muss er das lernen…. Denn gerade solche Menschen wie dein Mann, können leicht ins burnout rutschen ohne es zu merken.

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Ich bin auch selbstständig und es ist definitiv anders, als wenn man angestellt ist.
Als ich Angestellt war, war es ganz leicht für mich, meine Arbeitszeiten einzuhalten. Klar macht man mal Überstunden wenn es sein muss, aber in der Regel hat man halt seinen Urlaub, seine fixen Zeiten und man erledigt seine Arbeit, fühlt sich aber nicht so verantwortlich, wie wenn man selbstständig oder in Führungspositionen ist (gibt natürlich Ausnahmen).
Als Selbstständige habe ich viel mehr Freiheit, Flexibilität und die Arbeit hat auch einen ganz anderen Stellenwert und in stressigen Phasen zu ich gerne mehr.
So ein geregelter 9 to 5 Job ist halt mit Selbstständigkeit nicht so leicht umzusetzen.
Auch verschwinden die Grenzen leichter, also man telefoniert noch mal, schreibt zu Hause noch ein paar Mails usw.
Als Chef ist man auch für alle ständig Ansprechpartner.
Aber ich denke, du hast recht.
Es ist nicht gesund, so viel zu arbeiten.
Er müsste vermutlich umstrukturieren, einen Geschäftsführer einstellen oder jemanden zum Geschäftspartner machen etc. dass er nicht mehr so eingebunden ist.

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Das kann man für Selbstständige nicht pauschal beantworten.
Es hängt stark von der Branche ab, von der Auftragslage, vom Willen zu delegieren ab und natürlich auch davon, ob man einen Compagnon oder einen wirklich fähigen verlässlichen Mitarbeiter an seiner Seite hat, der in der Lage ist, Aufträge im Sinne des Chefs anzunehmen, abzuwickeln und deren Ausführung zu koordinieren

Warum sich dein Partner nicht frei nimmt bzw freinehmen kann oder will, weiß hier niemand.
Mein Ex war selbstständig, der konnte auch nicht gut abschalten.
Mein älterer Sohn führt ein Unternehmen, verdient sich blöd mit rund 30 Stunden, die er in 80 Prozent der Fälle einteilt wie es ihm gefällt, bis auf Kontaktpflege läuft fast alles online. Der ist total entspannt, nimmt seinen Laptop mit in den Urlaub und arbeitet, wo immer er ist, vor Ort und macht halt in der Früh und am Abend noch etwas Berufliches.
Ganz anders als ein Handwerksbetrieb eben.

Stark branchenabhängig, wie gesagt.

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Bei Selbständigkeit ist der Beruf oft der Lebensinhalt, diese Leute brauchen oder wollen keinen Urlaub.
Mein Vater war Arzt mit eigener Praxis, er hat immer gearbeitet und nur im Sommer ein paar Jahre als mein Bruder und ich in der Schule waren, 2 Wochen zu gemacht.
Er hatte gar nicht das Bedürfnis, Urlaub zu machen geschweige denn irgendwo hin zu verreisen.
Wenn er weg fuhr dann alleine auf Kongresse und Fortbildungen, das hat ihm Energie gegeben.
Er ist jetzt 69 und arbeitet immer noch, er ist zufrieden, war selbstbestimmt und bedauert das überhaupt nicht so gelebt zu haben, er hat sein Ding gemacht und das war genau richtig so.
Er hat nicht das Gefühl etwas verpasst zu haben, im Gegenteil.
Mein Bruder ist Handwerker mit eigenem Betrieb, mittlerweile 2 Filialen.
Er macht nie Urlaub ist seit 12 Jahren nicht mehr weg gewesen.
Seine Frau macht alleine Urlaub und beide finden das in Ordnung so.
Wichtig ist halt dass beide zufrieden sind.
Wenn du es nicht bist, müsst ihr versuchen Kompromisse zu finden
Oder du musst dir überlegen ob du dauerhaft mit der Diskrepanz leben kannst dass er keinen Urlaub will.

Bearbeitet von Inaktiv
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Hier das selbe. Ich plane den Urlaub und trage ihn ein, mein Mann kommt dann schon mit. Vor ein paar Jahren habe ich nichts geplant und organisiert, da war dann auch kein Urlaub.

Ich fahre auch öfter ein paar Tage alleine weg, eine Konzertreise oder sowas.

Hast du mit deinem Mann schon geredet, dass du dich distanzierst?

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Ja, wir haben schon gefühlt tausend Mal darüber geredet und kommen nicht auf einen Nenner. Er fühlt sich dann immer kritisiert und mein Generve macht ihm dann noch mehr Stress.
Allerdings hat sich nach den Gesprächen wenigstens unsere jetzt wieder fest vereinbarte Paarzeit verbessert und auch die alltäglichen Dinge wie mal ein Kuss oder eine Umarmung sind wieder normal. Das war nämlich auch eingeschlafen und das habe ich mir wieder von ihm gewünscht.

Er fehlt mir aber trotzdem in den Ferien und ich bin traurig, wenn ich Familien erlebe, die gemeinsame Unternehmungen planen und machen.
Im Alltag teilen wir uns die Aufgaben im Haushalt. Wenn ich Urlaub habe, bleibt alles an mir hängen. Einerseits weil ich dann die Zeit habe, andererseits habe ich schlechtes Gewissen und nehme ihm Sachen ab, weil „der Arme“ ja fast nie Urlaub hat.

Mittlerweile esse ich in den Ferien bei Ausflügen mit den Kindern immer auswärts und ich gönne uns oft etwas, denn warum soll das ganze Geld auf dem Konto rumliegen?
Ich habe lange gedacht, dass wir ihm egal sind und er mich nicht genug liebt.
Mittlerweile nehme ich es nur noch alles so hin und weiß, dass er so ist wie er ist. Ich grübele aber oft, ob ich diese Beziehung so noch möchte.
Klar ist es toll, immer reichlich Geld zur Verfügung zu haben, aber gemeinsame Zeit wäre mir tausend Mal wichtiger!

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Ich habe als Selbständiger den Fehler gemacht, über 20 Jahre lang keinen zusammenhängenden Urlaub zu nehmen. Es waren nur einzelne Tage oder gelegentlich mal eine Woche.

In den Coronajahren habe ich ganz durchgearbeitet.

Ich würde das keinesfalls zur Nachahmung empfehlen.

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Mein Mann ist auch selbständig.
Wir fahren im Sommer 2 Wochen weg. Da hat er aber den Laptop mit und arbeitet ca. 3 Stunden am Tag. Das Telefon ist immer dabei.
Wir schlafen allerdings aus, und es wird nur das nötigste gemacht. Anders geht es nicht.