Gehaltsverhandlung nach langer Betriebszugehörigkeit - Verhandlungstipps.

Hallöchen,

ich frage heute mal für meinen Mann, er ist gerade etwas frustiert. Er arbeitet seit 30 Jahren im selben Unternehmen. Es ist zwar nicht direkt öffentlicher Dienst aber sozusagen gleichgestellt.

Es wird also mit Tarifverträgen und entsprechenden Eingruppierungen gearbeitet. Nun ging es dem Unternehmen nicht so gut in den letzten Jahren und die Tariferhöhung viel aus oder war so nichtssagend ausgefallen, dass netto 20€ übrig geblieben sind.

Nun wird ja für uns auch alles teurer und nach 3 Jahren "Nullrunde" hat mein Mann bei seinem Chef mal angefragt, wie das so geldtechnisch aussieht.

Die Antwort war ernüchternd "da ist nix zu machen".

So, jetzt die Frage, wie geht man damit um. Mit 30 Jahren Betriebszugehörigkeit ist mein Mann faktisch unkündbar, hat dementspechend auch noch einen alten Arbeitsvertrag bei dem Vollzeit 35 Wochenstunden bedeuten, plus Betriebsrente usw.

Das Unternehmen zu verlassen und woanders zwar mit mehr Geld dafür aber wieder mit Probezeit usw. anzufangen, wäre doch ziemlich dämlich, zumal relativ "kurz" vor der Rente. Das weiß der Chef natürlich auch. Und, auch wenn das keiner offen sagt, wären die halt ziemlich froh, wenn die "Alten" freiwillig gehen würden. Vor Jahren gab es mal eine Abfindungsrunde, für alle, die freiwililg gehen. Damals schon wurde ihm eine Abfindung im guten 6stelligen Bereich ausgerechnet. Aber ihm macht sein Job halt Spaß und er will die Sicherheit nicht aufgeben.

Auch auf Nachfragen, was denn für mehr Geld notwendig wäre (andere Stelle, Fortbildung, andere Aufgaben usw) kam praktisch als Feedback, dass er tun und lassen könne, was er wolle, er wird nicht mehr Geld bekommen.

Irgendwie ist das doch etwas frustrierend. Hat jemand Tips, wo man da ansetzen könnte, damit das Thema doch mal angegangen wird?

LG

Tiffy

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Nur mit den Argumenten „lange Betriebszugehörigkeit“ und „Es wird alles teurer“ kann man keine Gehaltsverhandlung gewinnen.
Was hat dein Mann in den letzten Jahre mehr gemacht als davor? Welche weiteren Aufgaben übernimmt er? Welche Fortbildungen hat er gemacht? Welchen Mehrwert hat der Arbeitgeber durch Ihn?

Da der Arbeitgeber aber bereits abgewunken hat und auch weiß, dass dein Mann das Unternehmen eher nicht verlässt und kurz vor der Rente steht, wird es generell eher schlecht aussehen.
Aus diesem Grunde würde ich niemals 30 Jahre in einem Unternehmen bleiben. Man tritt einfach beim Gehalt auf der Stelle bzw bekommt nur minimale Erhöhungen. Einen richtigen Gehaltssprung bekommt man da eher selten.

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Nein, das mit dem "es wird alles teurer" war natürlich nicht sein Argument, sondern eher der Gedanke.

Im Prinzip braucht man da auch keine Gehaltsverhandlungen durchzuführen, da man ja automatisch immer in den Erfahrungsstufen "hochrutscht" bzw. die Tariferhöhungen bekommt.

Wenn Du aber am Ende der Fahnenstange bist in dieser Gehaltsgruppe, bleibt halt nur noch die Tariferhöhung. Wenn die dann über die Jahre hinweg ausfällt, passiert in Sachen Gehalt eben nix mehr.

Er könnte höchstens in die nächste Gehaltsgruppe eingruppiert werden - dafür müsste er aber was tun. Und das war ja dann die Antwort vom Chef, dass er tun und lassen kann was er will, da wird nix passieren. U.a. weil es halt auch Kollegen gibt, die weniger als er verdienen. Aber das kann ja nicht unser problem sein. Das wäre für den Arbeitgeber ja auch kein Argument, wenn man sagt, der XYZ verdient aber das Doppelte, also will ich das auch.

Mein Mann ist nahezu jährlich auf Fortbildungen, die ca. 10-12 Wochen dauern und auch richtig Geld kosten. Also die verlangt und zahlt der Arbeitgeber.

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Bei den Fortbildungen würde ich ansetzen. Die hat dein Mann auf Verlangen alle gemacht und danach vermutlich das erworbene Wissen angewendet, entsprechende Zusatzaufgaben übernommen, etc.

Die Kernfrage ist also: Entspricht sein Tätigkeits- und Verantwortungsbereich noch seinem Gehalt bzw. dem Stand der letzten Gehaltsanpassung oder was ist seitdem dazu gekommen.

Zudem wichtig: welche Rolle nimmt dein Mann im Team ein? Ist er da wichtiges Bindeglied, arbeitet er neue Leute ein, ist er der Erfahrenste und Ansprechpartner für Kollegen, nimmt er Vorgesetzten Aufgaben ab, präsentiert der das Unternehmen nach außen,…

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Hi,

das ist natürlich keine einfache Situation. Ich würde mal das was wäre wenn Spiel gedanklich mit deinem Mann durchspielen.

Also was wäre es für einen Unterschied, wenn dein Mann von heute auf morgen weg ist aus seiner Stelle. Was würde dem Unternehmen fehlen, wo hat er welche Beiträge für den Unternehmenserfolg. Welche tollen Sachen hat er in der jüngsten Zeit gemacht. Schreibt das mal auf und schaut, welche Argumente ihr zusammen bekommt. Seid ehrlich, also wo ist er ersetzbar und wo eben nicht. Das würd ich dem Chef in einer Gehaltsverhandlung vor Augen führen.

Ein weiterer Gedanke ist, nicht monetäre Bestandteile verhandeln. Ich denke da an sowas wie Zuzahlung in irgendwelche Versicherungen oder Langzeitkonten. Mehr Urlaub, so klassische Sachen wie Dienstwagen oder ähnliches, da hat der Chef u.U. mehr Spielraum.

Ansonsten kann sich dein Mann doch mal ernsthaft umsehen und bewerben. Dann hätte er schwarz auf weiß, ob er andere Optionen hat und dann kann man immer noch zum Chef gehen und sagen, hier habe ich dieses Angebot, ich arbeite gerne hier und für ein bisschen mehr Geld bleibe ich.

Ich wünsche euch viel Erfolg!

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Wenn er mit seinem altvertrag besser steht als viele neue Kollegen, dann wird es schwierig werden da was zu machen, denn wie du sagst, der AG hat vielleicht sogar Interesse dran jemand mit neuem Vertrag statt deinem Partner anzustellen.

Meine Mutter ist in einer ähnlichen Situation, hat seit über 5 Jahren keine Gehaltsanpassung bekommen weil bei der letzten Übernahme des Trägers sie Bestandsschutz als Teamleiter hatte und sie heute noch mehr verdient als dieTeamleiter mit neuen Verträgen.
Sie hat sich damit arrangiert bis zur Rente in 5 Jahrrn keine Erhöhung mehr zu kriegen.

Dein Mann kann meiner Ansicht nach versuchen andere Benefits zu verhandeln oder er kann schauen ob er Mut einem anderen Jobangebot Druck machen kann, allerdings kann sowas nach hinten losgehen wenn man eigentlich nicht bereit ist zu wechseln

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Die Frage die ich mir stelle ist, ob wir hier von Mindestlohn oder von einer objektiv eigentlich ganz gut bezahlter Stelle sprechen und der Frust "nur" Frust ist der von der Ablehnung herrührt. Das ein wesentlicher Unterschied. Ich hatte auch 4 oder 5 Jahre Nullrunden hinter mir, trotz mehr Verantwortung und das war ok für mich, auch wenn mehr immer besser ist. Ich hätte mich bei einem Wechsel verschlechtert.

"..mehr gibt es nicht, Unternehmen läuft nicht so gut, unkündbar, Wechsel macht keinen Sinn, nicht weit von der Rente, Job macht Spaß.."

Er weiß ja jetzt woran er ist. Entweder woanders umschauen, um den Marktwert besser einschätzen zu können oder dort bleiben und die Forderung ohne große Erwartungen wiederholen. Muss die Firma mal dringend Geld einsparen ist er am längeren Hebel und man kann über Modelle wie 20% weniger Arbeit für 10% weniger Lohn nachdenken. Nicht so weit weg von der Rente kann das vielleicht auch ein Weg bei dieser Firma sein.

Ein Bekannter hat vor ein paar Jahren gewechselt, war dort etwa ein Jahr und ist dann zurück zum alten Arbeitgeber. Gehalt weiß ich nicht, aber dort fühlt er sich wohler und hat Benefits in Form von Arbeitsentlastung: u.a. einen Tag weniger ohne Gehaltsverzicht.

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Nein, wir reden hier nicht vom Mindeslohnbereich.

Das Problem mit dem weniger Arbeit ist nicht so einfach zu lösen. Das Unternehmen muss die Erreichbarkeit für den Kunden zu gewissen Zeiten sicherstellen.

Aufgrund seines Alters arbeitet er Vollzeit ohnehin nur 35 Stunden (auf dem Papier) tatsächlich sind es aufgrund der notwendigen Erreichbarkeit viel mehr Stunden. Diese Überstunden werden natürlich erfasst und dann wieder abgebaut, d.h. 6 Wochen regulärer Jahresurlaub plus nochmal 6 Wochen Überstundenabbau. Er ist faktisch alleine deswegen schon 12 Wochen im Jahr nicht am arbeiten.

Würde man jetzt die Arbeitszeit reduzieren, wären da noch mehr Stunden, die abgebaut werden. Die Überstunden können auch teilweise ausgezahlt werden, da spielt der Betriebsrat aber nur bis zu einer gewissen Anzahl mit.

Von daher sind so Spielereien mit Stunden verringern eher schwierig.

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Es stellt sich die Frage was das Unternehmen möchte und wie wichtig Dein Mann für die Firma ist.

Ist er wichtig, dann können sie auch mehr bezahlen => bewerben und damit plausiblere Forderungen stellen. Möchten es sparen, so klingt es, dann wären solche Deals denkbar. Irgendetwas davon wird ja sicher zutreffen, heute oder morgen. Geht es dem Unternehmen nicht gut, dann wünscht es sich natürlich alles auf einmal. Das passt dann noch für Deinen Mann oder eben nicht.

Ganz so schlecht klingt es alles aber auch nicht wenn das Unternehmen noch mind. bis zur Rente existiert.
Mein Punkt ist, dass ihr die Gesamtsituation objektiv bewerten solltet. Dein Mann hat bereits bestimmte Annehmlichkeiten und Sicherheiten, dafür muss beim Gehalt vielleicht nicht mehr die Dynamik sein wie so wenn man sich komplett frei auf dem Markt bewegen würde.

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