Schlechtes Gewissen bei Krankschreibung

Ich weiß nicht ob mein Post hier reinpasst, aber ich versuche es mal.
Ich arbeite seit 3 Monaten wieder Teilzeit in Elternzeit in meinem alten Job. Nun hatten wir 2 Wochen Urlaub und wir haben uns auf der langen Zugfahrt einen üblen Husten eingefangen. Die meiste Zeit der letzten Woche lag ich k.o. auf dem Sofa. Gestern war ich im Büro und musste in einer Besprechung 2 Gläser Waser trinken weil ich ständig Hustenanfälle hatte. Ich bin dann zum Arzt gegangen, habe erhöhte Entzündungswerte und er hat mich krankgeschrieben um nicht eine Lungenentzündung zu riskieren. Jetzt liege ich auf dem Sofa, Kind in der Kita und könnte mich eigentlich in Ruhe auskurieren.
Aber ich habe ein furchtbar schlechtes Gewissen. Ich bin so erzogen worden, dass man sich auch mal zusammenreißt und arbeitet wenn man nicht so fit ist. Meine Mutter hat much noch mit Fieber in die Schule geschickt..
Jetzt plagt mich das schlechte Gewissen und gleichzeitig ärgere ich mich über mich selbst.
Der Arzt wollte mich die ganze Woche krankschreiben aber ich habe um 3 Tage gebeten weil diese Woch noch etwas Dringendes fertig werden muss.
Es ist auch nicht so, dass ich um meinen Job fürchten muss, ich arbeite in einem Großkonzern...
In der Schwangerschaft habe ich mich, obwohl es mir schlecht ging, zusammengerissen und teilweise Überstunden gemacht. Ergebnis war ein Blasensprung in der 28.SSW und eine Frühgeburt.
Eigentlich sollte ich es besser wissen....
Wie habt ihr es geschafft euren mindset zu ändern?

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Ich musste nach einem Unfall lernen, dass es auch ohne mich geht.

Bin allerdings in Führungsposition.
Wenn krank, dann krank.

Mir sind gesunde Mitarbeiter auch lieber, anstatt dass sie andere abstecken.

Du hast nur eine Gesundheit.

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seiht so aus als sei dies nun Deine Lernaufgabe.--Wenn sich so ein Schema schon so lange besteht (wahrscheinlich bzw. wie Du ja auch schreibst bereits in der Kindheit vorhanden), dann lässt sich das damit verbundene Erleben auf die Schnelle schwer ändern. Dennoch sollte das Einem nicht davon abhalten, sein Verhalten dementsprechend dennoch zu ändern. dass das schlechte Gewissen da vorerst weiter dabei ist, ist ja ok und nicht anders zu erwarten, sollte eben nur nicht handlungsleitend werden (also dazu führen, dass man weiter krank arbeiten geht). Es hat ja früher einen guten Grund gegeben, warum man es so gemacht hat; es hat einem z.B. ermöglicht in der Herkunftsfamilie besser durchzukommen. jetzt ist aber eine andere Zeit und es ist nicht mehr funktional. Mir hat geholfen, eben zu akzeptieren, diesen Hintergrund zu verstehen, dementsprechend zu akzeptieren, dass das schlechte gewissen (bzw. dieser frühere Selbstanteil von einem) auch weiterhin da sein dürfen, mit diesem Teil aber gewissermaßen ins Gespräch zu gehen (zu vermitteln, dass es heute eben nicht mehr dienlich ist, dieses Verhalten weiter so zu machen).
Zum anderen hat mein Kind Einiges für mich relativiert und auch das Wissen, dass die Welt nicht untergeht, wenn ich mal ausfalle.

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Es geht auch ohne dich. Ich war auch immer so drauf, dass ich alles für den Job gegeben habe, da richtig rotiert bin und dachte "ohne mich läuft nichts". Dann wurde ich schwanger und plötzlich wurde alles weitere ohne mich geplant, selbst in der Zeit bis zum Mutterschutz war ich nicht mehr wirklich dabei sondern lief höchstens noch ein bisschen mit. Begründung: "man weiß ja nicht ob du nicht früher gehst" (Krankschreibung). Ich blieb bis zum Beginn des Mutterschutztes (schon aus Prinzip um denen nicht Recht zu geben!) und habe mich bei der Arbeit nur noch gelangweilt, weil ich null zu tun bekommen habe - zum Glück hatte ich Home Office und konnte in der Zeit dann wenigstens den Haushalt machen.

Aber seither weiß ich, dass man nur ein kleines Rädchen im großen Betrieb ist. Ein Rädchen, dass jederzeit ersetzt werden kann. Meine Prioritäten sind seither anders - nicht nur wegen dem Kind sondern weil mir klar wurde, dass ind er Arbeit spätestens nach der Pensionierung kein Hahn mehr nach mir kräht! Aus den Augen aus dem Sinn!

Deshalb, liebe TE, kurier dich ordentlich aus und nimm die Arbeit nicht zu wichtig. Seinen Job sollte man natürlich ordentlich machen, aber Priorität sollte dennoch man selbst und die Familie haben. Insbesondere in der SS würde ich den Job ganz hinten dranhängen...

Bearbeitet von Sunny863
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Ich kenne das, aber ich kann es seit dem zweiten Kind auch besser händeln. Knapp eine Woche nach der Rückkehr aus der Elternzeit hat die Kleine sich in der Krippe mit Magen-Darm angesteckt. Mich hat es umgehend mit niedergestreckt 🙈

Unter dem alten Chef wurden gesundheitliche Probleme völlig ignoriert, wenn man auf die Überlastung hingewiesen hat, wurde man darauf hingewiesen, man möge natürlich dennoch die alten Fristen einhalten (auch wenn es terminlich quasi unmöglich war).

Die neue Chefin achtet viel mehr auf die Gesundheit der Mitarbeiter. Ist man krank und ist absehbar, dass man sein Pensum nicht wie vorgesehen schaffen kann, gibt es Hilfe oder man kriegt mehr Zeit zugestanden. Die Zufriedenheit des Kollegiums ist deutlich höher.

Ich bleibe natürlich nicht unnötig zu Hause, aber mich plagt nicht mehr das schlechte Gewissen, wenn ich mal wirklich krank bin.

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früher habe ich mich auch krank in die Arbeit geschleppt. Immer. Ich verstehe deine Denkweise voll und ganz. Ich war da ähnlich gestrickt.
Das Thema krank in die Arbeit schleppen hat sich ja die letzten 3 Jahre etwas verändert. Mein Chef -und wir alle- wollten kein Corona riskieren. Auf einmal war es legitim, daheim zu bleiben.

Heute, mit einigen Jahrzehnten im Berufsleben muss ich sagen a) dankt es dir eh keiner, wenn du dich reinschleppst, b) es ist deine Gesundheit und c) muss ich mittlerweile zugeben, dass mich Kollegen die sich krank einschleppen nerven. Die ziehen ihre Krankheiten in die Arbeit und somit in meine Familie rein wenn ich mich anstecke. Braucht kein Mensch.

Also bleib daheim und kurier dich aus

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Ich wurde auch so erzogen, dass praktisch der Tod die einzige Diagnose ist, mit der ich nicht zur Schule oder zur Arbeit muss.
Irgendwann war bei uns gewaltig Not am Mann, und ich war nach einem Autounfall vier Wochen krank geschrieben. Die KollegInnen hatten es aber doch wie durch ein Wunder geschafft, das wichtigste zu erledigen. Und ich sah, dass auch ohne mich die Welt nicht unter ging.

Wenn ich heute krank bin, bleibe ich zu Hause. Allerdings hinterfrage ich mich selbst vorher, ob es wirklich nötig ist, mich krank zu melden. Gerade wenn sich meine psychische Erkrankung meldet, habe ich oft die Erfahrung gemacht, dass es mir im Laufe des Tages besser geht, wenn ich mich doch aufraffe.

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Ich kann dich sehr gut nachfühlen. Ich bin auch so erzogen worden und gestehe mir Bettruhe ohne schlechtes Gewissen nur zu, wenn ich vor Fieber oder Schmerzen kaum noch klar denken kann. Das hat etwas mit (falschem) Pflichtgefühl und „nicht schwach sein wollen“ zutun.
Während meiner Schwangerschaft musste ich auch erfahren, dass es meinen Arbeitgeber nicht juckt, ob ich mich trotz Schmerzen ins Büro schleppe oder krank melde. Und danken tut er es einem erst recht nicht. Mittlerweile versuche ich deswegen aktiv an meiner Einstellung zu arbeiten und netter zu mir selbst zu sein. Wenn ich nicht arbeitsfähig bin, bleibe ich zuhause und kuriere mich aus. Ich kann es mir nicht mehr leisten mich 8 Stunden irgendwie durchzuschleppen, weil ich nach Feierabend eben nicht einfach ins Bett kippen kann sondern noch Betreuungspflichten habe. Oberste Priorität ist also möglichst schnell wieder fit werden, damit ich in allen Bereichen einsatzbereit bin.