Liebe Foris,
arbeitet von euch jemand bei einer Zeitung oder kennt ihr jemanden?
Wie geht ihr mit dem Thema „Zeitungssterben“ um oder wie ist eure generelle Meinung dazu?
Wer arbeitet von euch bei einer Zeitung?
Bei einer Zeitung nicht direkt, aber mein Mann war bis vor Kurzem in der Printmedien Branche beschäftigt. Da er die Jobsicherheit bis zur Rente aber eher schlecht eingeschätzt hat, hat er nun in den ÖD gewechselt. Zum Glück gabs ein gutes Angebot bei dem seine Fachexpertise gefragt ist.
Was ist ÖD?
Ich habe aktuell totale Panik wegen dem Thema.
Öffentliche Dienst.
Also Pressesprecher, Presseabteilung, Öffentlichkeitsarbeit.
Der Bereich ist voll von Quereinsteigern, oft auch aus dem Bereich Printmedien, aber im Gegenteil zu vielen anderen Bereichen im ÖD ist die Bewerberlage auch sehr gut.
Man muss also schauen ob man da unterkommen.
Ich bin Redakteurin bei einer Tageszeitung und gehe nicht davon aus, dass es mir zur Rente reicht (das wären noch 25 Jahre). Print sterben wir in 5 bis 10 jahren. Digital finanziert niemals alle Stellen.
Ja, es macht mir Angst. Aber hier gibt es nur viele Stellen im ÖD, die wesentlich schlechter bezahlt sind. Ich hab auch oft Panik, da ich ländlich lebe.
Was mich immer schockt ist, wie blind man bei uns ist, aber auch, wie wenig Ideen es gibt. Die Leute wollen auch nicht mehr zahlen für seriöse Zeitungen
Ist das bei euch tatsächlich so? Mein Mann hat nach seinem Volontariat mit 2500 Brutto gestartet, nach 2 Jahren hätte er dann 3000 € bekommen, arbeitest du im Westen oder warst du einfach schon früh dabei, dass du noch vernünftiges Gehalt bekommst?
Ja, bin ne Weile Fabienne Tarifbindung.
Dass die Zeitungen dünner sind, liegt auch daran, dass es viele Sachen nicht mehr gibt, über die früher berichtet wurde. Gerade im Lokalen. Da sind zig Vereine gestorben, feste sind nicht mehr… und klar, die Redaktionen wurden so ausgedünnt, dass es schlichtweg Personalmangel ist
Mein Mann hat nach seinem Studium ein Volontariat gemacht und dann noch 2 Jahre als Journalist gearbeitet.
Es hat ihm schon Spaß gemacht, aber Arbeitszeiten und Gehalt standen in keinem Verhältnis zu einander.
Natürlich braucht man in Zukunft immer weniger Journalisten und es ist ein absoluter Einheitsbrei geworden - was echt schade ist.
Mit der Geburt unserer Tochter hat mein Mann sich dann einen Job als Pressesprecher gesucht - mehr Geld, viel bessere Arbeitszeiten - dafür halt auch weniger spannend…aber für das Familienleben wäre es sonst total doof gewesen.
Kann ich sehr gut nachempfinden. Die Arbeitszeiten sind schlimm! Es ist ein Ausbeuterjob und da ich in mehreren Medienhäusern gearbeitet habe: Es ist nirgendwo toll. Ständig abends und am Wochenende, viele Überstunden (klar ein Großbrand ist halt nicht automatisch Zeichen 9 und 17 Uhr) usw.
Ich hab bei einer Lokalzeitung gearbeitet. Entlohnung mies, Arbeit reichlich. Dass der Vertrag nicht verlängert wurde, war letztendlich ein Glücksgriff (die Sozialabgaben waren ihnen teuer, sie wollten mich als "feste Freie" in Vollzeit behalten - na danke).
Ich bin nach einer Weiterbildung in die Industrie gewechselt. IG-Metall-Tarif, 35-Stunden-Woche, geregelte Arbeitszeiten, kein Wochenendienst mehr. Zeitung war inhaltlich schöne Arbeit, die Rahmenbedingungen waren aber ätzend und ich bin froh, den Absprung hinter mir zu haben.
Eine Kollegin von damals ist nach mir ebenfalls gegangen und arbeitet inzwischen als Pressesprecherin.
Edit, weil du konkret zum Thema "Zeitungssterben" fragst: ich sehe das ähnlich wie die anderen Schreiberinnen. Leider.
Die Beitragsfinanzierten ÖR, die auch noch die Webekunden abräumen, führen z u einem Zeitungssterben.
Das ist den Politikern sicher auch recht. Haben sie doch die ÖR besser unter Kontrolle und wenn ihnen ein Redakteur zu kritisch ist, serviert man ihn eben ab. So geschehen in Hessen unter Roland Koch (Der rasende Roland) weil die "Quote seiner Nachrichtensendung zu niedrig " war. Außerdem bekommen sie dort gut bezahlte Posten.
Meine Tageszeitung wird vermutlich überleben. Aber sie kostet 1/3 des Krankenkassenbeitrages als Privatversicherter. Außerdem ist sie unangenehm umfangreich. Vieles kann man einfach nicht mehr lesen. Aber vieles ist auch so gut berichtet, daß ich es ausschneide und abhefte.
Die Redakteure haben überwiegend Promoviert und das merkt man den Beiträgen an.
Das kann eine Zeitung in der Provinz heute nicht leisten. Also wird immer weiter zusammengelegt und Beiträge zugekauft weil es wirtschaftlich nicht anders geht.
Aber in einem Beitrag zu einem links-liberalen Blatt, das gerade wieder in Schwierigkeiten ist, wurde darauf hingewiesen, daß die Zeitungen heute dei Aufgabe haben a uf Mißstände hinzuweisen. Da liegt eine Zukunft der Printmedien.
Watergate wurde von der Zeitung aufgedeckt.
Der Spiegel hat es sich zur Aufgabe gemacht.
Heißt das, es war sehr dumm, einen Job bei der Zeitung anzunehmen….?
Nein, als „dumm“ würde ich das keinesfalls bezeichnen. Du hast dich ja sicherlich bewusst für das Studium (?) und den Job entschieden. Es wird nur in dieser Branche insgesamt die Luft dünner werden und du musst dich darauf einstellen, dass dieser Job in der Form vielleicht nicht ewig funktioniert. Kommt natürlich jetzt auch auf dein Alter an…
Ich bin noch nicht sehr lange in dem Job… Alter einiges hinter mir aber einiges (mehr) noch vor mir…. 🙈
Hallo, mein Mann arbeitet in einer Druckerei. Die schließen nun, eigentlich ein guter Standort aber trotzdem wird dicht gemacht. Immer weniger Menschen lesen Zeitung, leider. Aber als Redakteurin kannst du dich doch gut auf PR stellen bewerben.
Hallo!
Ich habe vor 25Jahren mein Volontariat gemacht und mich vor 8 Jahren in Richtung Öffentlichkeitsarbeit orientiert. Mehr Sicherheit und bessere Arbeitszeiten spielten die Hauptrolle. Viele Kollegen sind den gleichen Weg gegangen.
Mein alter Verlag hat inzwischen sogar Probleme, genug Redakteure zu finden. Leider bin ich erst Anfang 50, hätte ich nur noch 5 Jahre bis zur Rente würde ich zurück gehen. Redakteur war und ist mein Traumberuf.
Finanziell war beides ok.
Unglaublich aber wahr: Unsere Zeitung ist Geschichte und auch mein Job………