Wenn ein Mitarbeiter den Chef in einer Mail als "unfähig" und als "Lügner" bezeichnet und unmögliche Forderungen stellt, zählt das schon als "Störung des Betriebsfriedens"? Kann er dafür abgemahnt werden?
Störung des Betriebsfriedens
Also wenn die Lüge nicht nachgewiesen ist ist das Beleidigung und Unterstellung und definitiv eine Abmahnung wert...
Ich hab selber Mitarbeiter und ja ich würde dafür abmahnen
Abmahnung: Definitiv ja.
Störung des Betriebsfriedens: Nee. Würde ich nicht sagen, außer die Mail ging als Rundmail an die ganze Belegschaft.
Und wenn der Mitarbeiter so etwas auch öffentlich in Sitzungen sagt?
Da ich grade vom Arbeitsrecht-Seminar komme (aus der Position als Betriebsrätin), hier mal die rechtliche Einschätzung zum Thema "Störung des Betriebsfriedens":
"Um den Arbeitsfrieden im Betrieb zu wahren, haben Arbeitgeber, Betriebsrat und Arbeitnehmer auch darauf zu achten, dass Beschäftigte nicht aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt wird (§ 7 Abs. 1 AGG). Bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot hat der Arbeitgeber die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen (§ 12 AGG). Wird der Betriebsfrieden durch grobe Verletzung dieses Diskriminierungsverbots oder wegen sonstigem gesetzwidrigem Verhalten (z. B. strafbare Handlungen, parteipolitische Agitation) durch Arbeitnehmer gestört, kann dies ein wichtiger Grund zu einer außerordentlichen Kündigung sein (§ 12 Abs. 3 AGG, BAG v. 9.12.1982 - 2 AZR 620/80)."
Ich weiß nicht, ob man hier Links posten darf, aber ich empfehle mal "Störung des Betriebsfriedens" zu googeln und auf der Seite betriebsrat punkt de nachzulesen, das ist auf jeden Fall ein vertrauenswürdige Quelle, die keinen Stuss postet.
Grundsätzlich würde ich sagen, ist das definitiv ein Abmahnungsgrund (da die gesetzlich ohnehin in keiner Weise geregelt sind, kann der Arbeitgeber da sowieso total kreativ werden und auch wegen zu lautem Pupsen im Pausenraum abmahnen, wenn er Bock hat...), aber eine Störung des Betriebsfriedens als Kündigungsgrund sehe ich da nicht. Ein gestörtes Vertrauensverhältnis, wie andere schon schrieben, schon eher. Aber da würde ich den Betriebsrat mit ins Boot holen - der sollte sich alle Seiten anhören und das beste für den Mitarbeiter rausholen. Also im besten Fall die Kündigung komplett abwenden, im schlechtesten Fall zumindest die besten Chancen für Kündigungsschutzklagen und co. rauskriegen. Aber vorherige Schritte wären erstmal Gespräche, Wahrheitsgehalte prüfen, ggf. über Versetzungen oder so nachdenken, falls das was an der Situation ändern könnte... Kündigung sollte immer das letzte Mittel sein, nachdem man alles versucht hat, die Situation anders zu entschärfen. (Wohl bemerkt je nach Fall, aber in diesem hier sehe ich die Kündigung noch nicht als zwingendes Mittel der Wahl, da kann man vielleicht als Betriebsrat wirklich noch gut intervenieren und dem Arbeitnehmer da raus helfen.) Der ganze Text oben lässt natürlich einen gewissen Interpretationsspielraum, und eine Beleidigung kann per Gesetz ja schon eine strafbare Handlung darstellen, aber dennoch würde ich - aus der Position als Betriebsrat - erstmal versuchen, durch Gespräche etc. den Streit zu schlichten und wieder für entspannte Verhältnisse zu sorgen.
Aber das ganze so aus der Ferne einzuschätzen ist auch schwierig - in meinem Betrieb gibt es über 400 Mitarbeiter und über 30 verschiedene Einrichtungen, da wäre bspw. eine Versetzung, um den Mitarbeiter vom Vorgesetzten zu trennen, eine gute Option um den Arbeitsplatz des beleidigenden Arbeitnehmers zu retten. Gibt aber ja auch Betriebe, die nur einen einzigen Standort haben und bei denen man die Mitarbeiter/Vorgesetzten nicht so einfach trennen könnte, sondern wo man gezwungen ist, miteinander klar zu kommen. Das wäre natürlich schon wieder schwieriger zu händeln. Wie gesagt, falls vorhanden würde ich auf jeden Fall Betriebsrat/Personalrat/Mitarbeitervertretung ins Boot holen und hoffen, dass die ihr Amt pflichtbewusst ausüben.
Ich denke, dass kommt drauf an, ob es der Wahrheit entspricht.
Da es öffentlich in einer Sitzung war, spricht er vielleicht nur das aus, was alle (oder die meisten) denken.
Es war als Mail persönlich an den Chef, dabei bezog er sich auf sein Team (die Teammitglieder distanzieren sich deutlich von ihm). Auf der Sitzung war er nicht so konkret.
Dass sie sich distanzieren, heißt nicht, dass im Kern keine Wahrheit in den Aussagen steckt.
Ich habe beruflich schon viel erlebt zwischen mitarbeitenden und vorgesetzten. Es ist selten, dass andere Mitarbeiter sich da öffentlich gegenüber dem Chef zum Mitarbeiter stellen. Wer mag schon als nächstes ins Visier geraten?
Ich hatte z.B. einen sexistischen, cholerischen Chef. Ich habe gekündigt, weil ich nicht mehr angeschrien werden wollte. Die meisten anderen sind noch da ;). Er hat auch in Büros geschrien, eine Mitarbeiterin hat immer geweint wegen ihm. Die meisten sind trotzdem noch da und er ist immer noch Chef.
Ich würde das als 'Zerstörung des Vertrauensverhältnisses' interpretieren und auch dafür kann es eine Abmahnung geben.
Grüsse
BiDi
Abmahnung ist klar, aber zur Störung des Betriebsfriedens müsste er schon die andern aufwiegeln. Zb wenn er eine fette Gehaltserhöhung fordert, die anderen überreden, es ihm gleichzutun, weil der Chef, der olle Ausbeuter, seine Leute fast verhungern lässt und selbst Ferrari fährt.Oder allen nahelegt, dem Chef grundsätzlich kein Wort zu glauben, weil er ja immer lügt, wenn er den Mund aufmacht, wie neulich, als der Typ vom Jugendamt da war und ihn gefragt hat, ob er seine Kinder schlägt, was er bestritten hat...