Neuen Job suchen

Ich weiß nicht so recht, wie ich mein Anliegen formulieren soll. Deswegen auch in schwarz, sonst denkt gleich jeder, dass ich gagga bin.

Ich habe eigentlich einen guten Büro-Job. Wenn ich hier jetzt aufliste, was alles dabei ist, schütteln vermutlich 90% der LeserInnen hier den Kopf und fragen mich, was will die eigentlich.

Pro:
-echte Gleitzeit, ohne Kernarbeitszeit. Ich kann kommen und gehen wann ich möchte. Ich kann morgens/mittags oder abends arbeiten. Völlig egal. Ich kann meine Zeit je nach Arbeitsaufkommen so aufteilen wie ich möchte, d.h. wenn ich 3 volle Tage arbeite, hab ich 2 Tage die Woche frei oder ich mache die Stunden auf 5 Tage die Woche - auch gut. Klar, muss vorher abgesprochen werden aber in 99% alle Fälle, bin ich da völlig frei.

-Homeoffice ist immer möglich, ich kann aber auch ins Büro kommen das ist mir überlassen. Klar, wenn ein Kunde in die Firma kommt, bin ich selbstverständlich dort

-Man weist mir nur Aufgaben zu, wie ich die erledige, ist völlig mir überlassen. Solange das Ergebnis in der geforderten Zeit in der gewünschten Qualität vorliegt, ist es mir überlassen, wie ich das hinbekomme

-Entscheidungen, wie Dinge im Unternehmen angegangen oder geändert werden, werden immer mit den Mitarbeitern abgesprochen und Anmerkungen/Wünsche werden ernst genommen und versucht umzusetzen.

-Es gibts auch kein Mobbing, alle verstehen sich gut.

Liest sich erstmal gar nicht so schlecht, ist es auch nicht. Aber irgendwie es fehlt mir etwas, z.B. ist kein Weiterkommen möglich. Wenn ich dort bleibe, werde ich bis zur Rente auf genau dieser Stelle mit genau diesen Aufgaben hocken. Gehalt ist so lala - klar, mehr geht immer, gibt aber auch Menschen, denen es schlechter geht.

Lange Rede, kurzer Sinn: ich habe mich mal umgesehen, hatte auch ein paar Gespräche und dann festgestellt, meinen Job mit diesen Freiheiten, gibts kein zweites Mal. Gerade größere Unternehmen sind sehr eingefahren. Bieten z. B. Gleitzeit an, meinen aber ein Zeitfenster, in dem anwesend sein muss. Gehaltstechnisch könnte man sich vielleicht etwas verbessern, muss dann aber wieder gegenrechnen, was man an Fahrzeit und Fahrkosten hat.

Also was würdet ihr tun? Bleiben oder neuen Job suchen, bei dem auch eine Perspektive hat um sich weiterzuentwicklen.

Was ich vielleicht noch erwähnen sollte, ich bin eigentlich nicht so auf Karriere aus. Ich will/muss nicht Head of XYZ sein.

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Tatsächlich ist ein Job mit so vielen Freiheiten in Bezug auf die Gestaltung der Arbeitszeit und Ausführung der Aufgaben nach wie vor nicht leicht zu finden.

Hast du bezüglich Gehalt und Weiterentwicklung denn schonmal ein Gespräch gesucht?

Ich kann mir vorstellen, dass auch diese Art von Belangen der Mitarbeiter ernst genommen wird, so wie sich deine Beschreibung des AG anhört.
Deinen Schilderungen nach legt das Unternehmen viel Wert auf die Zufriedenheit und Mitbestimmung der Mitarbeiter.

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ja, habe ich natürlich angesprochen :-)

Ich versuche das mal für Außenstehnde zu erklären:

Die Geschäfts-Philosphie des Unternehmens ist darauf ausgelegt, dass wir keine halben Dinge tun. :-)

D.h. auf jeder Position sitzen hochspezialisierte Fachleute, die nahezu perfekt in ihrem Gebiet sind. Um dieses Level halten zu können, bekommt natürlich jeder in seinem Fachgebiet die Fort- und Weiterbildungen, die er benötigt. Mich eingeschlossen.

Die Aufgaben an sich bleiben jedoch immer gleich.

Im Übertragenen Sinn: Wenn ich Mathelehrer bin, kann ich mich nicht morgen entscheiden Kunstlehrer zu werden. Ich könnte mich zwar weiterbilden oder umschulen, würde aber niemals das Level erreichen, dass die Kollegen haben, die das schon 20 Jahre lang auf höchstem Niveau machen.

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Die Lehrer-Analogie finde ich ein wenig verwirrend. In einem komplett neuen Aufgabenfeld direkt so qualifiziert wie erfahrene Kollegen einzusteigen ist doch generell abwegig.

Unzufriedenheit trotz Fort- und sogar Weiterbildungen ist bei völlig gleichbleibendem Aufgabenbereich aber nachvollziehbar.
Boreout kann wirklich zum Problem werden. Bei steigender Qualifikation und gleichbleibendem Aufgabenbereich könnte ich mir vorstellen, dass das Risiko besonders hoch ist.

Das klingt albern aber vielleicht hilft ein wirklich ausfüllendes Hobby zum Ausgleich.
Die Bedingungen sind wirklich komfortabel und solange sich die Belastung durch die Unterforderung noch in Grenzen hält ein Grund an der Stelle festzuhalten und einen Ausgleich zu suchen.

Wenn natürlich erste ernste Anzeichen eines Boreout auftreten, nutzen auch alle Freiheiten nichts.

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Ich bin letztes Jahr in den öffentlichen Dienst gewechselt.

Von „Ihr könnt euch eure Zeit frei einteilen“ <- war gar nicht möglich, weil man unendlich viele unbezahlte Überstunden machen musste, dass zum einteilen nichts mehr da war zu „Ihr könnt euch eure Zeit zwischen 8-19Uhr frei einteilen“ <- das wird tatsächlich so gelebt. Solange ich meine Stunden die vertraglich vereinbart sind erledigt kann ich machen was ich will.

Von „Ihr dürft selber Entscheidungen treffen“ <- diese Entscheidungen wurden hinter unserem Rücken oft vor Kunden in Frage gestellt und zurück genommen ohne Info zu „Ihr dürft selber Entscheidungen treffen“ <- Ich darf tatsächlich selber entscheiden. Wenn die Entscheidung doof war, bin ich halt für verantwortlich, aber meine Kompetenz wird nicht in Frage gestellt

Und so könnte ich ewig weiter machen. Ich würde um kein Geld der Welt mehr in die schön klingende „freie Marktwirtschaft“ zurück gehen, weil sich da nur alles im Vorstellungsgespräch gut anhört, aber was einem da verkauft wird, wird nicht gelebt.
Ich war schon in einigen Firmen und in allen war es gleich.

Fazit: Gibt dein Privileg im Bürojob nicht auf, auch wenn das Gras auf der andere Seite grüner zu sein scheint 😉

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Mir ging es genau umgekehrt. Ich bin vor ca. 10 Jahren aus dem öffentlichen Dienst geflüchtet.

Ich habe noch nie so etwas unflexibles erlebt. Auch der Umgang untereinander war so unterirdisch, das kann man gar nicht beschreiben. Aber da kann mal wohl Glück oder Pech haben.

Von der Bezahlung wollen wir mal gar nicht reden. Ich schaue immer mal wieder auf Interamt vorbei und bein erschrocken, wie umfangreich die Aufgabengebiete sind und wie wenig gezahlt wird. Der einzige Vorteil ist natürlich, dass man automatische Erhöhungen bekommt und man nicht manuell nachverhandeln muss.

Aber danke für deine Einschätzung. Ich glaube, man muss manchmal auch mit dem zufrieden sein, was man hat und es zu schätzen wissen.

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Es kommt denke ich auch drauf an, wo man arbeitet und was man da macht 😃

Meine Bezahlung ist jetzt deutlich besser als es vorher jemals war. Hätte bei einer anderen Stelle die wieder in der freien Wirtschaft war das selbe im Monat verdient inkl Firmenwagen. Habe zwar jetzt keinen Firmenwagen, aber dafür 14 Gehälter, mehr Urlaub und weniger Arbeitsstunden 😃

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Es gibt solche Jobs ein weiteres Mal, du musst dich allerdings auf eine längere Suche einstellen. Mein Job hat nicht ganz die Freiheiten wie deiner, aber viele davon. Es hat aber gedauert, bis ich ihn gefunden habe und gerade aktuell fahren viele Unternehmen, vor allem die großen bekannten, ihr Home Office wieder zurück. Du kannst es vielleicht in den Medien lesen, dass es bei diesen Freiheiten zwei große Lager gibt: die Befürworter und die absoluten Gegner. Daher ist es nicht einfach, die passende Firma zu finden. In den Stellenausschreibungen spiegelt sich aber schon sehr viel der Unternehmenskultur wieder, wenn man zwischen den Zeilen liest.

Ich selbst arbeite mittlerweile in einem großen Konzern. Die Arbeitsbedingungen und das Gehalt sind sehr gut, daher bleiben die meisten bis zur Rente im Konzern, wenn sie einmal geworben wurden. Für mich ist das auch neu, da man in meinem Beruf üblicherweise alle paar Jahre das Unternehmen wechselt. Ich weiß daher noch nicht, ob ich für immer hier bleiben werde. Die Arbeitsbedingungen sind wie gesagt top, das Gehalt und zusätzlich gibt es eine sehr gute arbeitgeberfinanzierte baV, die einen natürlich auch hält. Ich habe aber, anders als du, den Vorteil, dass ich mich innerhalb des Konzerns noch weiterentwickeln kann, denn bis zur Rente auf meiner jetzigen Stelle bleiben möchte ich, glaube ich, nicht. Das kann eine Entwicklung nach oben sein oder auch horizontal. Bei uns sind wir da zum Glück flexibel.

Wenn du dich doch noch wegbewerben willst, würde ich mich mal auf LinkedIn umschauen. Dort sind viele Unternehmen unterwegs, die innovativer unterwegs sind als der deutsche Mittelstand. Und dann eben die Bewerbung nicht weit streuen, sondern nur auf die Stellenanzeigen bewerben, in denen Home Office und Flexibilität erwähnt wird. Wie gesagt, wenn man sich die Formulierung der Anzeigen anschaut, kann man schon sehr viel herauslesen.
Die Horizontale Karriere klappt am besten, wenn du dich weiterbildest. Bei uns sind seit kurzem spezielle Projektkarrieren möglich, ohne dass man immer höher aufsteigt und immer mehr Personalverantwortung übernimmt.