Professur und Familie

Hallo,
Vielleicht gibt es hier ja Professoren/-innen unter euch, die mit mir ihre Erfahrungen teilen möchten; oder aber ihr kennt jemanden aus eurem Umfeld und könnt berichten. 🙂
Meine Frage lautet: Ist das Innehaben einer Professur mit dem Familienleben gut vereinbar?
Eine Professur ist ja bekanntlich eine Lebensaufgabe und nimmt natürlich viel Zeit in Anspruch. Hat man da überhaupt noch einen Anteil am familiären Alltag? Oder bleibt hierfür kaum noch Zeit?
Danke für eure Antworten und einen guten Start in die Woche!

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das kann man so pauschal nicht beantworten. Viele Professor*innen müssen pendeln, nehmen viele Aufgaben der universitären Selbstverwaltung wahr, sind in mehreren Projekten aktiv, geben Zeitschriften raus und Buchreihen. Andere beschränken ihre Aktivitäten in Lehre, Forschung und Administration auf das Mindestmaß. An manchen Universitäten gibt es zahllose Sitzungen während andere diese Dinge pragmatischer lösen. Da gibt es so große Schwankungen. Vielleicht kann man mehr sagen, wenn man weiß, welches Fach und welche Uni.
Ansonsten würde ich sagen: von gar kein Familienleben bis hin zu hoher, für die Familie vorteilhafter Flexibilität ist alles drin.

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Nein.

Ich kann natürlich nur für uns sprechen. In den ersten 10 Jahren der Professur meines Mannes haben wir zwei Kinder bekommen, die ich praktisch alleine groß ziehen musste. Er war zum Essen anwesend, mehr ging offenbar nicht.

Inzwischen ist ihm aufgefallen, dass er auf Lebenszeit verbeamtet ist und wir jetzt sicher nicht reich werden von dem Gehalt. Meine Führungsposition bringt fast genauso viel und ich hatte noch die Kinder. Ruhm und Ehre? Naja. Er macht jetzt also endlich Abstriche, sonst wäre unsere Ehe letztlich gescheitert.

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Wird Ihnen ja aber auch als post-docs anerzogen, immer schön 150% geben damit man eine der wenigen festen Stellen bekommt.

Vom Gehalt her finde ich es durchaus sehr okay (w2 Professoren mit 2 Kindern liegt netto bei circa 4400€ netto und später gute Pension).

Das du da mit 2 Kindern in einer Führungspositionen mithalten konntest, Respekt. Glaube das ist aber eher die Ausnahme.

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Ich arbeite an der Uni. Bei uns gibt es auch beides. Professoren, die sich komplett aufopfern, auch am Wochenende, quasi keinen Urlaub machen obwohl eingereicht und sämtliche Baustellen/Gremien etc, innehaben - die Arbeiten auch mit Fieber und Mandelentzündung,…
Dann gibt es die gesunde Mischung dazwischen und dann gibt es die, die in den Semesterferien NIE im Büro sind, die in der Zeit mit ihrer Familie und kleinen Kindern auf Wohnmobiltour sind oder die, die eigentlich 500 km entfernt wohnen und die man dann quasi an der Uni 1-2 mal im Jahr sieht…

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Witzige frage..
Du könntest genauso fragen, ob der/die leitende Manager/in in einem Konzern noch seine Familie sieht. Da gibt es ja sogar einige, die Lehraufträge haben und noch arbeiten.

Die Antwort wird sein - kommt drauf an!
Das ist so individuell wie jeder andere Job, bei dem es um selbstorganisation und Verantwortung geht. Vor allem auch auf das eigene geltungsbedürfnis.. Wie wichtig ist es der Person es wirklich als seine Lebensaufgabe zu sehen?

Die Lehre ist so durchmischt. Man kann als Professor auch alle Vorlesungen von Doktoranden schreiben lassen und sogar halten lassen.
Was forscht man? Ruht man sich aus auf der Verbeamtung? Muss man im Labor stehen für die Forschung oder basiert die Forschung auf lesen/rechnen/programmieren, was man auch zu Hause kann?

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Es gibt dabei auch phasenweise Unterschiede: gerade wenn man neu beginnt und Lehre und Lehrstuhl erst aufbauen muss, wird man kaum mit einer 40-Stunden-Woche hinkommen. Nach etwa 2 Jahren, wenn sich das weitgehend eingespielt hat, hat man mehr Spielraum, was man neben der Lehre noch an Forschung und Verwaltung machen möchte, da könnte man dann auch in familienfreundlichere Arbeitszeiten kommen. Letztendlich braucht man aber mit Kindern gerade zu Beginn eine/n Partner/in, der/die einem den Rücken freihält.

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An unserer Uni gab es jedenfalls Professorinnen mit Kindern und auch der Professor, den wir im Familienkreis haben, findet offenbar ausreichend Zeit für seine Familie.
Derjenige hat allerdings keine Stelle vor Ort gefunden und ist drei Tage pro Woche ein paar hundert km entfernt. Wie hier schon geschrieben wurde, kommt es wohl darauf an, wie man diesen Beruf lebt. Übrigens auch in anderen Berufen. Ich kenne genug weibliche und männliche Führungskräfte, manche mit Kindern und Familie oder sogar Teilzeit, manche sind mit ihrem Beruf verheiratet.

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Wie hier schon überall steht, es reicht bestimmt von bis.
Ich studiere gerade noch Berufs-/Elternzeit begleitend in den allerletzten Zügen. Meine eine Professorin hat 3 Kinder, mein anderer Professor auch - beide scheinen das super unter einen Hut zu bekommen.
Meine Freundin, mit 2 kleinen Kindern, hat gerade eine Juniorprofessur angenommen, da sie endlich mehr Zeit für die Familie möchte (kommt aus der freien Wirtschaft/Start-Up die letzten Jahre).
Meine Masterarbeit hatte ich damals bei einer Professorin geschrieben, wo er Hausmann war, sonst hätten sie keine Kinder bekommen können. Sie lebte quasi am Institut...

Ich denke, kommt auch etwas drauf an ob Hochschule oder Universität, Naturwissenschaften mit viel Labor, großem Fachbereich und Institut etc. oder Geisteswissenschaften mit viel Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten, vielleicht kleinem Institut, viel Freiheit, so oder so eher freier und lockerer Stil oder konservativ althergebracht mit vielen männlichen Kollegen...

Du würdest die Stelle ja nicht "einfach so" bekommen. Wenn du sie bekommen solltest, probiere es aus?!
Und sprecht euch als Paar gut ab, wer was übernimmt, um zu entlasten?!

Viele Grüße!

Bearbeitet von vorblida
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Wie eine Mentorin von mir mal sagte: Das Berufsbild ist das, was wir daraus machen :) Je mehr Frauen mit Kindern Professorinnen werden und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorleben, desto mehr wird sich das Bild auch bei Studierenden ändern.

Also: nur Mut (Von einer Professorin mit 2-Jahre altem Sohn, ich würde den Weg immer wieder gehen. Meine ehemalige Doktorandin hat gerade eine Juniorprofessur angenommen, eine andere vertritt eine Professur, beide mit je zwei kleinen Kindern. Wir werden immer mehr. Komm zu uns))))))

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Bei mir ist die Sache anders und nicht so hoch angeseidelt, im Kern aber ähnlich. Nach dem aktuellen Bacheorabschluss habe ich mich jetzt entschieden, den Master nicht zu machen. ich hatte hochtrabende Pläne, war hochmotoviert, fand das Gehalt und die Verantwortung reizvoll.
Aber der wahre Preis dafür, den zahlt meine Familie und ich später mit schlechtem Gewissen. Die ganze Fremdbetreuung, Ferienbetreuung, das ganze verpaßte Großwerden meiner Kinder, etc.
UNBEZAHLBAR für mich.
Ich habe beschlossen, kleinere Brötchen zu backen. Nur für meinen Ego wäre es, wenn ich ehrlich bin...und die Kinder? Ich denke mich würde es irgendwann einholen. Bzw.es hat mich schon eingeholt. Ich hatte zuletzt eine Stelle, die nicht mit der Familie vereinbar war, habe gekündigt und werde nun weiter schauen. Das mache ich nie wieder, die Familie/Kinder dem Job unterzuordnen, das habe ich mir fest vorgenommen.