Straftat bei der Polizei anzeigen oder zum Anwalt gehen?

Hallo ihr Lieben,

ich bin mir unsicher, ob ich eine mögliche Straftat bei der Polizei anzeigen soll oder ob ich mir einen Anwalt nehmen soll. ich habe keine Rechtsschutzversicherung und auch keine Nerven auf einen jahrelangen Prozess.
ist es einfacher, wenn ich es bei der Polizei anzeige und die Polizei ermitteln lasse? Dann kämen keine Prozesskosten im Falle eines negativen Ausgangs für mich, auf mich zu?

Psychologische Hilfe etc. habe ich!

Ich danke euch!

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Wenn du nur so rudimentäre Informationen gibst, solltest du zumindest erwähnen ob es sich bei besagter Straftat um ein Offizialdelikt oder um ein Antragsdelikt handelt. Allein von dieser Einordnung hängt es maßgeblich ab, in wie weit die Behördenmühlen nach einer Anzeige "von alleine" anfangen zu mahlen.

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Naja, auch von einem Offizialdelikt muss die Polizei ja erstmal erfahren, ohne Kenntnis mahlen gar keine Mühlen von allein.

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Ich gehe davon aus, dass die TE keinen Thread eröffnet hat nur um zu erfahren: Wenn du die Polizei in Kenntnis setzen möchtest, dann musst du sie informieren.

Ich habe das Anliegen der TE so verstanden dass sie mit Hilfe des Forums versuchen möchte abzuwägen, ob sich der (emotionale) Stress, die Kosten, der Aufwand, Anwalt nötig oder wird "automatisch" ermittelt, etc lohnen. Also ein "was passiert wenn...?"

Und um das zumindest grob hilfreich beantworten zu können, hängt eben maßgeblich von der Einordnung Antrags-/ Offizialdelikt ab.

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Ich glaube du wirfst da verschiedene Themen in einen Topf. Du kannst erstmal Anzeige bei der Polizei erstatten und deine Aussage machen. Und wenn es dann zu einem Prozess kommt, dann kannst du immer noch überlegen, ob du einen Anwalt konsultieren willst.

Ich habe z.b. mal jemanden angezeigt wegen Exhibitionismus, der wurde auch gefasst und es gab eine Verhandlung und er wurde schuldig gesprochen. Da bin ich aber überall nicht mehr als Zeugin geladen worden, meine protokollierte Aussage hat gereicht. Ich wurde übrigens auch nicht über die Verhandlung und den Ausgang informiert. All diese Informationen habe ich dann nur bekommen, weil ich meine Anwältin darum gebeten habe das in Erfahrung zu bringen und sie Akteneinsicht bekommen hat. Ansonsten hätte ich die Anwältin nicht benötigt.

Was ich sagen will: Nicht jede Anzeige früher zu einem Prozess und nicht bei jedem Prozess wird derjenige geladen, der die Anzeige erstattet hat. Den Kläger ist bei vielen Straftatbeständen ja letztlich der Staat und nicht der/die Geschädigte oder derjenige der Anzeige erstattet hat.

Ist schwer zu beurteilen, wenn man nicht weiß um was für eine Straftat es geht. Wenn du angegriffen wurdest, körperlich, dann würde ich dir dringend raten einen Anwalt zu nehmen. Vor allem auch wenn du den Täter kennst. Das musst du aber nicht machen, bevor du Anzeige erstattet hast. Lass dir das Aktenzeichen geben und dann kannst du später noch entscheiden, ob du damit zu einem Anwalt gehen willst.

Bearbeitet von ourhope123
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ich danke dir für die Erklärung.
Selbst wenn es nicht zum Prozess kommt...es geht mir eher darum den Schritt zu gehen, um mein Seelenfrieden zu finden. Dann hätte ich zumindest alles getan und probiert, eine Art Abschluss zu finden.

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Zusatz falls du, liebe TE, angegriffen wurdest: ein Anwalt könnte ggf. zusätzliches Schmerzensgeld o.ä. erwirken. Dafür wäre es natürlich wichtig, dass etwaige Verletzungen usw. gut dokumentiert sind oder direkt durch einen entsprechenden Gutachter bestätigt werden. Da weiß ein Anwalt natürlich auch eher, was für eine Art der Dokumentation man benötigt usw.

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ist es strafrechtlich oder privatrechtlich, strafrechtlich muss du zur Polizei und es entscheidet der Statsanwalt, ob es verfolgt wird,
privatrechtlich zahlst du erstmal alle Kosten auch vom gericht voraus und dann wirst du sehen, ob du wirklich recht hast oder bekommst

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So wie ich es verstehe handelt es sich um verschieden Dinge die unterschiedlich zu betrachten sind die Straftat an sich der Sexualdelikt und die daraus resultierende Folgen durch die Fehleinschätzung, fehlerhafte Behandlung im Krankenhaus. Das sind unterschiedliche Dinge das eine ist eine Straftat die polizeilich angezeigt und verfolgt wird und wo es zu einem Prozess kommt dabei geht es in erster Linie um die Bestrafung für den Täter die Folgen Verletzungen fließen auch mit ein haben aber nichts mit der fehlerhaften Behandlung des Krankenhauses zu tuen . Das eine ist ein strafrechtlicher und das andere ein zivilrechtlicher Prozess bei letzterem geht es in erster Linie um Entschädigung und Schmerzensgeld. Du solltest beides machen

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Danke schön für deine Antwort!!!

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Du kannst dich beim weißen Ring beraten lassen. Dann weißt du genau, was wann wie auf dich zukommt und wer dir helfen/beistehen kann.

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Zu der Sache mit dem Krankenhaus könntest du mal bei deiner Krankenkasse nachfragen.

Wir konnten dort einen möglichen Behandlungsfehler melden und zeitgleich haben wir mit einem Anwalt für Medizinrecht Kontakt aufgenommen. Da wir auch keine Rechtschutzversicherung hatten, haben wir einen Deal mit ihm gemacht: zuerst eine relativ geringe Anzahlung und später dann 20% vom Schmerzensgeld.

Die Krankenkasse hat dann selber gegen die Klinik geklagt und sich ihre Behandlungskosten quasi zurück geholt. Danach ist unser Anwalt mit dem Gutachten bei der Klinik vorstellig geworden und es gab eine Einigung.

Man muss aber dazu sagen, dass das Ganze fast 10 Jahre gedauert hat 🙈
Gut, Corona lag in dem Zeitraum und hat vieles verzögert, aber man muss trotzdem viel Geduld mitbringen.

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Danke für deine Antwort!
wow fast 10 Jahre. Da hattest du einen langen Atem. In 10 Jahren sind meine Kinder Teenager. Ich glaube, ich könnte das nervlich nicht so lange immer wieder mit allem konfrontiert zu sein.

Schön, dass es bei dir am Ende geklappt hat. Schöner, wäre dir das nie passiert.
Da wusstest du von vornherein, dass dein Behandlungsfehler so schwerwiegend war, dass es zu deinen Gunsten ausgeht, oder?
Ich hoffe, dass es dir jetzt gut geht!

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Nach der Lektüre aller Beiträge: das eine ist eine Straftat, das andere zivilrechtliche Ansprüche. Juristisch zwei verschiedene Paar Schuhe.

Zum Zivilrecht: hier würde ich mich von einem Fachanwalt vertreten lassen.

Zum Strafrecht: die Anzeige beim Rechtsanwalt nimmt den Umweg über die Staatsanwaltschaft und dann wird ehe bei der Polizei ermittelt, idR beim LKA. Dann kannst Du die Anzeige gleich bei der Polizei erstatten. Das spart immens zeitlichen Verzug. In jedem Fall hast Du als Zeugin eine Mitwirkungspflicht, d.h. um eine Vorladung zur Zeugenaussage kommst Du nicht drum herum, egal ob Du zum Anwalt oder gleich zur Polizei gehst.

Anzumerken wäre in Deinem Fall aber auf jeden Fall einen Antrag nach dem Opferentschädigungsgesetz. Beraten tun hierzu die sozialen Dienste der Justiz, Weißer Ring und psychosoziale Prozessbegleiter.

Ich würde Dir ohnehin raten, beim Weißen Ring vorzusprechen, Dein Anliegen zu schildern und mich die gesamte Dauer begleiten zu lassen.

Ob zu einem Gerichtsverfahren kommt, entscheidet die Staatsanwaltschaft. Kommt auch auf Deine Mitwirkung an. Man braucht schon ein bisschen Butter bei die Fische, um jemanden anzuklagen (Anklage ist nicht gleich Verurteilung).

Sollte es zum Gerichtsprozess kommen, kannst Du Dich immer noch anwaltlich vertreten lassen.

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Vielen Dank für die ausführliche Antwort und Erklärungen.

Bei den ganzen tollen Antworten habe ich einen Durchblick bekommen und konnte mich über das Wochenende ein wenig beruhigen.