Telefonieren: Stilfrage oder ein Muss?

Ich arbeite seit über einem halben Jahr als TZ-Kraft in einem Büro und arbeite dort in erster Linie einer Kollegin zu. Sie ist also nicht direkt meine Vorgesetzte, gibt aber meine Schreiben/Emails etc frei. Sie selbst arbeitet dort schon seit ca. 15 Jahren.

Ich hatte nun schon öfters den Eindruck, dass sie mich zu Telefonaten zwingen möchte. Ja, ich gebe es zu, ich telefoniere nicht sehr gerne bzw. rufe ungern wo an. Es geht bei mir in Richtung Sozialphobie, die eben bei Telefonaten stark ausgeprägt ist. Natürlich gehe ich damit aber nicht überall "hausieren", weils mir natürlich sehr unangenehm ist.

Ich habe selbst lange Berufserfahrung und mir ist von daher bewusst, dass es Situationen gibt, wo man nicht dran vorbeikommt aktiv anzurufen, wie beispielsweise wenn etwas sehr dringend ist, wenns um heiklere Themen geht, die man lieber nicht verschriftlicht haben will oder weils schriftlich zu umständlich wäre etwas zu erklären, uä.
Diesen Telefonaten stelle ich mich dann auch und ich hebe auch immer ab, wenn ich angerufen werde.

Einige Male habe ich ihr Emails zur Freigabe geschickt, wo dann von ihr eine Ablehnung zurück kam, ich solle doch bitte dort anrufen und kein Email verschicken. In den offiziellen Schreiben steht immer drinnen " wir bitten um - gerne auch telefonische - Rücksprache". Diesen Passus habe ich mal rausgenommen, prompt stand er nach ihrer Korrektur wieder drinnen.

Ich fühle mich da etwas bevormundet und unwohl und frage mich langsam, ob das Telefonieren zu einem unbedingten Muss gehört oder ob es einfach Stil- bzw. Charakterfrage ist und man "verlangen" kann, dass es als individueller Stil einfach akzeptiert wird, dass ich lieber Emails schreibe, vorallem wenn die Arbeit sonst passt.

Ich habe schon überlegt das Thema vorsichtig anzusprechen, befürchte aber, dass ich zum Verdeutlichen auf meine Angst/Sozialphobie hinweisen muss. Da meine Kollegin selbst eine sehr toughe Geschäftsfrau ist, erwarte ich mir darauf wenig Mitgefühl, sondern befürchte, dass bei ihr die Meinung entsteht, dass ich dann falsch in diesem Unternehmen bin.

1

Je nach Branche und Komplexität des Themas läßt sich auch heutzutage telefonieren nicht vermeiden. Wer will schon einen halben Roman schreiben, wenn man das Thema auch in drei Minuten am Telefon besprechen kann.

Ich telefoniere auch nicht gerne. Aber wenn man es öfter macht, erlangt man eine gewisse Routine. Zumal solche Gespräche ja geschäftlicher Natur sind und idR nach einem gewissen Schema ablaufen.

Wenn das Thema telefonieren dich total stresst, musst du wohl im schlimmsten Fall einen anderen Job suchen, bei dem man nicht telefonieren muss.

Bearbeitet von Angina
13

Dann bitte ich um konkrete Beispiele, wo eine Juristin arbeiten soll, wie sie nicht viel telefonieren muss.

2

Ich denke schon, dass es dazu gehört. Mir geht es ähnlich wie dir, ich habe diverse psychische Erkrankungen du telefonieren ist mein persönlicher Alptraum. Aber: es gehört eben zu meinen Beruf dazu. Ich kann nicht alles ker Mail klären bzw ist es häufig einfacher und fehlerfreie, mal eben kurz Kunden ode Kollegen anzurufen.
Wenn du das komplett vermeiden willst, ist dieser Job dort nicht der richtige für dich. Und da du von zu arbeiten sprichst, ist sie letztendlich die letzte Instanz und entscheidet.

3

Ja die Chefin kann verlangen, dass du dich bei Diskussionsbedarf persönlich oder telefonisch an sie wendest. Die Art der Kommunikation ist nun mal eine andere per Telefon oder Mail.

Und in der Außenwirkung: Der Zusatz - gerne auch telefonisch - kann natürlich nicht eigenmächtig gelöscht werden. Dies ist Teil der Kommunikationsstrategie des Unternehmens.

Ich telefoniere auch sehr ungern und versuch es zu vermeiden, wo es geht. Aber beides sind Situationen bei denen es nicht geht.

12

Das ist so nicht korrekt, das ist rein ihre persönliche Kommunikationsstrategie. In Schreiben von Kollegen gibt es diesen Passus so nicht, das schreibt jeder so wie er/sie es möchte.

4

als Karft in einem Büro ist telefonieren ein Muss natürlich.

5

Schwierig. Ich habe selbst eine Kollegin, die eher ungern telefoniert. Die schreibt dann bei einem Problem ewig mit Kunden/Kollegin Emails rum und kommt nicht weiter. Die meisten Sachen hätte man mit einem einzigen Telefonat schneller klären können.

Ich halte mich zwar überwiegend raus (außer sie will meine Meinung), weil es ihre Zeit und Nerven sind, aber wenn ich direkt betroffen wäre und das ausbügeln müsste oder ich sie einarbeiten müsste, würde ich wohl schon versuchen, sie mehr zum Telefonieren zu bewegen.

Bei Bewerbungsgesprächen weisen wir inzwischen extra darauf hin, dass man bei uns auch mal Telefonieren muss, denn unsere Kollegen aus dem Ausland rufen ständig an.

Letztendlich ist es teilweise auch Übungssache, als junge Praktikanten war mir Telefonieren immer sehr unangenehm, hatte richtig Panik davor. Inzwischen hab ich null Probleme damit.

6

Ja es gibt einige Anliegen, wo telefonieren ein Muss ist. Manche Sachen lassen sich schneller am Telefon lösen, manche Sachen will man auf keinen Fall schriftlich haben und manchmal braucht man das „Zwischen den Zeilen“. Zb wenn man eine Person einer anderen Firma um Rat fragt (zb. Lieferant fragen, wie sie das neue Gesetz umsetzen oder mit Kundenforderung XY umgehen). Da ist eine persönliche Ebene wichtig, schließlich will man was (was die andere Person einem nicht geben müsste).

Es gibt aber auch Personen, die telefonieren gerne und Personen, die telefonieren nicht gerne.

Ich würde schon bei der Kollegin ansprechen, dass du nicht gerne telefonierst, wird sie eh schon gemerkt haben.

7

Hallo,

ich selber telefoniere nicht gerne, aber in einem persönlichen Gespräch, lässt sich vieles besser klären.

Daher greife ich selber zum Hörer und bespreche meine Anliegen mit Angehörigen etc. persönlich. Der Schulleiter meines Sohnes weist immer wieder darauf, das telefonieren besser ist als das Elternportal und inzwischen, mag ich persönlich keine Firmen mehr, die nur per Mail zu erreichen sind.

Einen Firmenpassus eigenmächtig zu ändern, hätte bei uns ernsthafte Folgen.

Viele Grüße

14

Das ist kein Firmenpassus, das ist rein ihr persönlicher Stil. In Schreiben von Kollegen ist das so nicht zu finden.

8

Ich gehe bei mir von Autismus aus. Hass auf Telefonate ist nur eins meiner "Features".

Ich hab zum Glück einen Job in dem ich selten telefonieren muss. Meistens kann ich das selber entscheiden.

Heute beispielsweise musste ich aber wohl oder übel telefonieren (nachdem mein Kollege die Kundschaft schon von Mail zu Mail vertröstet hat - der hasst telefonieren nämlich auch 😅)

Jo, bei mir ist heute dann auch Ende mit sozialen Kontakten. Hatte heute eigentlich noch einiges vor. Ich sags ganz ehrlich: schaff ich heute nicht mehr.

Ich persönlich empfinde es zum einen als intolerant, wenn du genötigt wirst, obwohl es nicht zwingend nötig wäre. Zum anderen bin ich auch aus dem Alter raus, in dem ich mir solche Entscheidungen abnehmen lasse... Es liegt doch in meinem eigenen Ermessen, wie ich meinen Job mache, solange ich ihn gut und richtig mache.


"Ich fühle mich da etwas bevormundet und unwohl"

Das wäre bei mir auch der Fall, wenn nach Vier-Augen-Prinzip jede, wirklich jede Mail von mir nochmal freigegeben werden würde.

Mein Arbeitsplatz wär das jedenfalls nicht.

9

Dann sollte man aber keine Stelle wählen, bei der man zuarbeiten muss/Assistenz ist. Da gehört dann eben dazu, dass man in gewisserweiss fremdbestimmt ist.
Dazu gibt es einfach Branchen, wo telefonieren dazu gehört (Arztpraxen zum Beispiel).
Hier ist nicht ganz klar, was die TE beruflich macht.

11

Da ist ja schon der Hund begraben: Ich wurde nicht als Assistenz eingestellt, ich bin Juristin mit langer Berufserfahrung. In der Stellenausschreibung war von eigenverantwortlichem Arbeiten und nicht von zuarbeiten die Rede. Und es wurde beim Gespräch sogar noch erwähnt, dass es egal ist, wann ich arbeite, Hauptsache ich erledige meinen Job, ich müsste auch kaum telefonieren.

weiteren Kommentar laden
10

Das kommt ein bisschen auf den konkreten Job an. Aber in der Regel gehört zu einem Büro-Job auch das Telefonieren.
Das ist halt oft einfach effizienter, wenn man direkt was bespricht, anstatt hin und her zu schreiben.
In diesem Zusammenhang kann dann eine Vorgesetzte bzw eine Person mit Weisungsbefugnis (wie deine Kollegin) auch vorgeben, dass telefoniert werden muss.
Bei uns gibt es viele Seminare zu dem Thema. Zwar eher konkret "Umgang mit schwierigen Situationen", also das bezieht sich zwar eher auf konkreten Situationen mit Kunden anstatt allgemeine Telefon-Phobie. Aber trotzdem werden da in rollenspielen bestimmte Situationen durchgespielt, wodurch man sich dann in der Praxis sicherer fühlt. Schau doch mal, ob dein Arbeitgeber was in die Richtung anbietet bzw dir als Weiterbildung bezahlt.
Musst ja nicht sagen, dass du Angst vorm Telefonieren hast, sondern dass du dich noch besser für deine Tätigkeit weiterbilden möchtest.