Hallo liebe Community,
Eigentlich kenne ich die Antwort selbst, vor einer Entscheidung würde ich gern noch allerlei Inputs sammeln.
Ich hatte einen richtig schweren Job mit Wochenendarbeit und relativ gutem Gehalt, allerdings waren 2 Wochen meines Lebens dadurch weg, in denen ich nichts anderes machen konnte. Darunter hatte ich sehr gelitten, auch fehlten freie Wochenenden. Hatte auch nicht wirklich das Gefühl vorwärts zu kommen und wenn, dann nur mit vielen Steinen und Überstunden im Weg. Klingt erst einmal nicht gut, jeder würde raten oder sich fragen, warum man sich das antut. Vom Gehalt konnte ich was zurücklegen und exklusive Urlaube machen, hatte auch viel gesehen, richtig entspannt fühlte sich das alles aber nicht an. Auch hatte ich an den freien Tagen nicht wirklich Erholung, meistens waren sie unter der Woche, in der jeder normale Mensch arbeiten würde.
Nun habe ich die Möglichkeit auf geregelte Arbeitszeiten, 1/5 -1/4 weniger Gehalt und eine völlig andere Arbeitsweise. Andere behaupten, es würde zu langweilig sein, weil es immer das gleiche sei, nicht vertiefend und oberflächlich. Ich empfand das eher im schweren Job so.
Jetzt habe ich Angst vor dieser Veränderung. Dass mich das am Ende tatsächlich langweilen würde und ich den schwereren Job vielleicht vermisse. Viele hatten immer wieder gesagt und ich wurde sehr häufig bei folgenden Sätzen hellhörig: "man arbeitet, um zu leben". "Wenn man alt ist und kurz vor dem Tod steht, denkt man nicht an die Zeit, in der man gearbeitet hat". Auch würde ich meine Vorgesetzten nicht als glückliche Menschen bezeichnen, vielen sieht man ab 50 ihre harte Arbeit an. Einigen davon hat der harte Job Familie und Gesundheit gekostet.
Ich zB habe auch keine Familie und nicht wirklich die Möglichkeit gehabt einen Partner zu finden. Ich hatte das immer nur in meinem Kopf geträumt und mir sehr einen Partner gewünscht. Diese Sehnsucht ist mit Beendigung der zeitaufwändigen Stelle plötzlich verschwunden, ich treffe erst einmal alle Freunde, die ich ewig nicht gesehen habe und habe irgendwie Angst vor der Veränderung. Es bedeutet das Aufgeben einer Karriere und den Beginn eines völlig anderen Lebens.
Hat jemand ähnliche Entscheidungen getroffen, in dieser Hinsicht eine Geschichte oder einen Rat parat? Ich freue mich über Inputs aller Art, herzliche Grüße.
Ausstieg und Jobwechsel
Wenn Du mit dem weniger Gehalt leben kannst, dann tue es.
Vielleicht sind keine Reisen mehr in die Südsee drin oder insgesamt weniger Urlaube. Wenn man aber von der Arbeit nicht mehr permanent erschöpft ist, braucht man auch weniger Urlaube, sondern regeneriert am Feierabend oder am Wochenende.
Ich war viele Jahre in großen Konzernen tätig. Klar habe ich die gute Bezahlung und sonstige Gimmiks genossen, Sonderzahlungen z.B. Aber man war halt immer nur eine Nummer, eine von vielen. Solange man funktioniert hat, war man der Held. Aber das persönliche blieb auf der Strecke.
Vor ein paar Jahren habe ich dann für mich gesagt, das kann es doch alles nicht sein. Ich will nicht mehr so weitermachen. Vorallem unter dem Gesichtspunkt, dass es noch gut und gerne 30 Jahre gewesen wären.
Ich habe dann in ein kleines Unternehmen gewechselt. Der Chef arbeitet täglich mit. Es war die beste Entscheidung, die ich jemals hätte treffen können. Klar ich verdiene weniger Geld. Natürlich habe ich keinen Tarifvertrag/Betriebsrat oder sonstige Unterstützungen. Aber mein Leben ist soviel besser geworden. Man ist nochmal eine Person. Man kann über Probleme reden und eine Lösung finden, die für alle passt. Es ist ein nettes Miteinander.
Für mich ist es wichtig, morgens gerne aufzustehen und gerne arbeiten zu gehen, dann ist die Arbeit auch keine Arbeit.
An Deinem letzten Tag wird Dich keiner fragen, wieviele Meetings Du absolviert hast. Ich hoffe, dass ich mich an meinem letzten Tag zurückerinnere und sagen kann "ja, das war eigentlich ein gutes Leben" Ich konnte in meiner Freizeit XYZ machen oder ich hatte Zeit um meine Oma/Mutter/Vater in den letzten Jahren zu unterstützen zu begleiten.
Ich hatte Zeit für meine Tochter, wenn Sie aus der Schule kam. Ich hatte Zeit um Dinge zu tun, die mir Spaß gemacht haben. Ich konnte spontan bei schönem Wetter mit meinem Mann eine Cabrio Tour machen und was leckeres essen gehen...
Das sind Dinge, an die ich mich gerne erinnern würde und nicht.. ja der eine Tag, da war herrlicher Sonnenschein aber wenn ich nicht in diesem Meeting gesessen hätte, wäre mir mein Chef dumm gekommen.
Aber letzendlich muss das jeder für sich selbst wissen
Manchmal ist langweile und Monotonie, dass in dem man sein Glück findet.
Ich habe Optikerin gelernt, mit meiner Lehrzeit habe ich 16 Jahre in dem Beruf gearbeitet. Arbeitszeiten angepasst an den Handel, kaum freie Wochenenden. Mein Wunsch nach Arbeitszeiten von 8-17 Uhr, Samstag und Sonntag frei war riesig. Nun hab ich einen neuen Job gefunden, als quereinsteigerin in einer Kanzlei für Steuerberater, wirtschaftsprüfer und Anwälte. Und ich liebe es. Freitags um 16 Uhr beginnt mein Wochenende. Unter der Woche habe ich um 17 Uhr Feierabend. Sonst war ich vor 20:15 nicht raus.
Der Unterschied zu dir wäre, dass ich alles ungelernte "Bürohilfe" auch noch mehr verdiene.
Die Sehnsucht danach war so groß, ich kann es kaum beschreiben. Aber ich fühle mich unglaublich erfüllt
Du schreibst, dass du 2 Wochen Lebenszeit verlierst, ich vermute mal, es bezieht sich auf den Monat? Das bedeutet die Hälfte des jahres geht dir durch die Arbeit verloren. Das finde ich viel. Sehr viel.
Du schreibst nicht genau, was dein Beruf ist. Ist auch OK. Aber du liest dich sehr angestrengt und irgendwie erschöpft.
Warum es nicht wagen? Gibt es die Möglichkeit, wenn du es vermisst, wieder in den Beruf zurück zu gehen?
Die Möglichkeit gibt es, ich werde aber den weniger anstrengenden Weg gehen. Mein Kopf ist es gewohnt immer nur zu kämpfen und sich anstrengen zu müssen. Mein Körper und Geist haben bereits andere Vorstellungen. Es ist "nur" noch das Umlernen. Es war nur das Geld, der Stolz und vielleicht auch Eitelkeit, die mich an diesem Job festhielten. Glücklich hat mich das nicht gemacht, dass ich auf so viele Dinge verzichten musste. Ich wollte es mir immer beweisen, dass ich auch das kann. Das habe ich. Aber ich darf auch lernen glücklich zu sein. Wusste nicht, dass Glücklichsein so schwer sein kann. Manche sind es einfach gewohnt gegeißelt zu werden. Mir wird bei dem Gedanken aber schlecht. Es gibt kein Zurück mehr bzw. Ja ich könnte es, wenn ich wollte. Bei dem Gedanken ist mir aber so übel.
Ich habe auch festgestellt, dass je mehr ich in der Vergangenheit verdient hatte, desto mehr hatte ich mich angestrengt und desto mehr Geld musste ich ausgeben. Mit einem Stellenwechsel hatte ich bereits weniger verdient und komischerweise mehr gespart. So glaube ich wird es mit noch weniger Gehalt sein: schlichtere Urlaubem die nicht mehr so viel kompensieren müssen, bzw Zeit für mehr Inhalt im Leben und ganz bestimmt auch dennoch außergewöhnliche Urlaube, die dann kostbarer werden. Es ist wie gesagt nur noch mein Kopf.
Brauche etwas "Bestätigung". Die hole ich mir derzeit von allen Seiten; hier und von Freunden, damit mein anstrengender Kopf endlich mal zur Ruhe kommt :)
Danke für eure wertvollen Beiträge!
Es ist auch wirklich anstrengend und erschöpfend darüber überhaupt zu schreiben. Dachte aber, dass ich nochmal bis zur endgültigen Entscheidung alles durchdenke, damit ich, wenn mich der Kopf später stresst, daran erinnere, dass es eine bewusste und gut überlegte Entscheidung war.
Und danke, dass es ok ist, dass ich hier meinen Job nicht verrate- habe die Sorge, dass mich Bekannte anhand des Geschriebenem erkennen und das will ich vermeiden.
Man merkt, bei dir geht es eigentlich nicht nur um den Wechsel eines Jobs. Du uberdenkst gerade dein ganzes Leben, deine Werte.
Du kennst die Antworten auf deine Fragen, klar, bei solchen Entscheidungen braucht man manchmal input von außen.
Nur eine Anmerkung von mir, verzeih, wen du sie als übergriffig empfindest: schau mal genau drauf, ob da nicht auch eine (erschöpfungs-) depression drin steckt. Ich glaube nicht, dass aus deiner Entscheidung nur eine Depression spricht. Aber es liest sich ein bisschen, als wäre da was versteckt.
Ich wünsche dir von Herzen alles Gute!
Für mich hört es sich so an: du tust für dich genau das richtige. Du hörst endlich auf deinen Körper und deine Psyche und passt den Job so an, dass es für dich gesund ist.
Vielleicht hast du aber gewisse Glaubsenssätze verinnerlicht? Zb "nur ein beruflich sehr erfolgreiches Leben ist lebenswert " oder " wenn ich nicht erfolgreich bin, bin ich nichts wert" oder auch einfach das Bild von außen, dass Status, Karriere etc gefeiert wird und ein eher "langweiliger" Job weniger Anerkennung von außen bringt? Da ist es wichtig zu trennen, was du wirklich willst und was dir von außen aufgedrückt wurde. Und auszuhalten, dass du das für dich richtige tun willst und auf die Außenwirkung pfeiffst.
Es ist nicht leicht sich von bekanntem zu lösen und jede Veränderung löst etwas Stress aus. Aber du gibst dir jetzt endlich die Möglichkeit auch mal durchzuatmen.
Und ehrlich, das was du in Zukunft machst, musst du ja auch nicht für immer machen. Es ist nur ein weiteres Schritt in deinem Leben.
Ganz genau diese haben sich, während ich den Lebensabschnitt überdenke, bemerkbar gemacht. Dass es tatsächlich das denken muss. "Ich werde nur gesehen, wenn ich etwas leiste!" Und einige jener Menschen, die mir in jener Zeit begegnet sind, möchte ich plötzlich nicht wiedersehen, weil sie in mir das Gefühl verstärken bzw es mir spiegeln.
Mir ist auch aufgefallen, dass mir dieser Weg eher aufgedrückt wurde und ich dort hin gefördert wurde. Ich habe mich von dieser Anerkennung leiten lassen, wobei mich davon niemand gefragt hat wie ich mir mein Leben vorstelle. Dem letzten Arbeitgeber war es egal (bis auf ein paar Lock- und Show Sprüche, was ich noch alles erreichen könnte, was aber völlig absurd war) da konnte ich zum ersten Mal darüber nachdenken, was >ich< eigentlich will und ließ mich nicht weiter manipulieren. Und natürlich wurde ich von meinen leiblichen Eltern nur für Leistung "geliebt" und das hat mich auch unbewusst diesen Weg gehen lassen. Über Leistung erhalte ich Anerkennung und Liebe. Scheinbar. Im Inneren habe ich aber das Gegenteil gespürt.
Danke für die tollen und passenden Worte !
Hallo!
Ich denke, dass Du den Wechsel in deinem Kopf zu groß machst. Nach dem Motto: Den jetzigen Job weitermachen- bis zur Rente, oder der neue Job mit seinen Nachteilen. Als gäbe es nur 2 Alternativen.
Auch wenn der neue Job nicht perfekt ist, kannst Du ihn immer wieder ändern. Das muss nicht der perfekte Job sein.
Die Frage ist nur, willst Du jetzt so weitermachen? Und aus deinem Text lese ich: Nein. Es gibt zu viele Nachteile in deinem jetzigen Job. Also ändere was, wenn der „Leidensdruck“ für dich groß genug ist.
Für mich, ist es ein Weg, den ich gehe und auf dem ich Erfahrungen sammeln kann. Warum sollst Du bleiben, wenn Du dort nicht mehr zufrieden bist? Es gibt tausende Möglichkeiten, also los!
Hab ihn gekündigt. Ich habe nur noch nicht das Gefühl, dass es bei mir angekommen ist. Als würde alles längst feststehen. Den neuen Job nehme ich an, das steht schon alles fest. Und irgendwie lasse ich noch nicht richtig los. Er hat mich zum größten Teil so sehr eingenommen, dass ich nun die Leere mit Gedanken, Gesprächen, Freunden und Hobbys (bisher ein Fremdwort) zu füllen versuche. Es ist unglaublich wie schwer sich das anfühlt
Mein Mann war Journalist - das hieß jedes zweite Wochenende arbeiten. Sonntags im Büro hängen und solange bleiben bis die Montagsausgabe fertig ist. Unter der Woche ständig irgendwelche Veranstaltungen auf denen er teilweise bis 22/23 Uhr war.
Der Job hat ihm sehr viel Spaß gemacht, aber als ich dann schwanger war, war klar, dass er das so nicht weitermachen kann.
Also wurde er Pressesprecher - der Job ist tatsächlich eher eintönig, dafür ein klassischer 9 to 5 Job mit der Möglichkeit auch mal ins Homeoffice zu gehen.
Ihm hat der Wechsel gut getan, endlich wieder Zeit für Freunde und Familie und die eigenen Hobbys. Das ist doch letztlich das was einen glücklich macht.
Er denkt gerne an die alte Zeit zurück, da er unfassbar viele spannende und tolle Menschen kennengelernt hat, aber tauschen würde er nie wieder.
Nur Mut! Auch wenn jetzt noch keine Kinder im Spiel sind, aber das Leben auszukosten ist das was zählt!
Danke 🙏 das tut gerade so gut das zu lesen, dass er das auch nicht mehr missen möchte. Das glaube ich nämlich auch, wenn es soweit ist. Jetzt habe ich erstmal so gar nichts zu tun außer alle Freunde wiederzusehen, was vor allem in den letzten 1,5 Jahren zu kurz kam. Und ja ich hing auch oftmals gern sehr lange auf Arbeit bis alles gut und toll erledigt war und versank abends in einem Art Trance. Mit zunehmendem Personalmangel konnte ich irgendwann nicht mehr. Für die Qualifikation musste ich nebenbei noch so viel tun, das hat mir die letzte Luft und Kraft genommen.
Ich dachte auch, dass ich nicht erst warte bis ein anderer Mensch in mein Leben tritt, dem ich das antue (hatte teilweise nicht einmal für mich richtig Zeit) und erst recht nicht, auch wenn der Gedanke verlockend war, dass mich eine Schwangerschaft rausreißt. Dann müsste ich diese Entscheidung nicht selbst treffenm, was aber völlig bescheuert ist. dann habe ich durchgehend nicht gelebt gehabt und habe so noch die Möglichkeit erst einmal meine privaten Bedürfnisse zu befriedigen. Es kam mir vor als würde das Leben an mir vorbeiziehen und als würde ich dem Leben mit letzter Kraft bei dem bisschen Freizeit ständig hinterherlaufen. Ganz peinlich fand ich die Erkenntnis, dass ein Zahnarztbesuch für mich schon ein positives Erlebnis war, weil ich mal rauskommen würde. Dachte mir nur kopfschüttelnd, dass das zu verrückt mit dem Job ausgeufert ist
Es haben ja schon viele geschrieben. Was ich nur ergänzen möchte, Veränderungen machen Angst. Aber sie bewegen einen aus der Komfortzone. Diese Angst ist nicht negativ sondern positiv genau wie die Veränderung selbst.
Wenn du mit dem finanziellen Verlust klar kommst und das Bauchgefühl passt - mach es und lass dich nicht von deiner Angst leiten.
Danke! Da mein Bauchgefühl hauptsächlich derzeit von Angst geprägt ist und mich in dieses Irre Arbeiten bereits fehlgeleitet hat und es mich unglücklich gemacht hat, muss ich mal der Vernunft folgen. Und die sagt ganz klar: mach es. Ich habe schreckliche Angst, aber ich mache es. Das ging so und kann so für mich nicht weitergehen. Ich versuche die Angst wie du es formuliert hast als etwas positives zu sehen.
Erinnere mich gerade an die Worte, dass Angst kein guter Ratgeber ist. Und dass Geld nicht glücklich macht, auch wenn es mehr Sicherheit bietet.