Kollegin und ich bekamen das selbe Jobangebot

Liebes Forum, ich habe eine ethische Frage an euch. Ich leite eine kleine Niederlassung im Medienbreich als angestellte Geschäftsführerin. Aus organisatorischen Gründen werde ich dieses Unternehmen wohl schließen müssen, bin auch gerade in einem Burn-Out. Der Grund war, dass eine zweite leitende Stelle von meinem Arbeitgeber nicht nachbesetzt wurde und ich seit Januar mit 3jährigem Kind alles alleine in 30 Stunden schmeissen musste, was ich einfach nicht schaffe. Aber das ist Nebenschauplatz.

In meiner Firma gab es u.a. noch eine Angestellte mit gutem Fachwissen, wir haben viel gemeinsam und erfolgreich gemacht. Soweit so gut.

Nun haben wir zwei ALS TEAM das Angebot bekommen, ab Januar für 6 Monate befristet auf einer renommierten Uni zu unterrichten. In einem Fach, in dem meine Kollegin kaum Wissen hat. Unsere Firma als ganzes jedoch schon. Meine Kollegin hat schon letztes Monat gekündigt und würde den Job gerne annehmen. Ich würde es aber auch gerne machen, da ich selbst vorhabe zu kündigen und die Niederlassung aufzulösen. Davon weiß meine Kollegin aber nichts.

Nun hat besagte Kollegin der Uni freudig geschrieben, dass sie es gerne machen würde. Bei mir wäre es zeitlich ja sowieso schwierig. Meine Kollegin hat mir das auch gesagt und meinte, sie möchte sich auf keinen Fall "vordrängen". Das ist also alles halbwegs transparent (glaube ich).

Nun zu meinem Problem: Ich halte meine Kollegin in diesem Fach nicht für fähig. Sie hat zwar Projekte diesbezüglich in ihrem Lebenslauf, das waren aber Teamworks und sie hat in dem Lehrfach das auf der Uni gefragt wird nichts beigetragen. Die Uni hat ein bestimmtes Projekt als Referenz für die Anfrage genommen, in diesem Projekt war die Kollegin nicht verwickelt, aber sie hat es im Lebenslauf, weil sie die letzten paar Wochen noch unterstützt hat … (Projekt ging über ein Jahr)

Meine Kollegin tendiert dazu, sich selbst wichtig zu nehmen und da ein bisschen zu "frisieren". Sie meint sie will einfach nur mal in die Uni reinkommen, die Uni gilt eher als gehobene Ausbildungsstätte.

Generell würde ich ihr den Job natürlich vergönnen, allerdings wäre es auch für mich perfekt … und inhaltlich bin ich viel erfahrener und habe mehr Wissen, auch in dem geforderten Bereich.

Nun hat die Uni das Interesse meiner Kollegin freudig zur Kenntnis genommen. Ich weiß nun nicht, soll ich mit der Uni reden und ihnen ehrlich sagen, was meine Kollegin wirklich kann? (Sie ist sehr sehr gut, aber nicht in diesem Bereich) Oder ist das moralisch unter aller Sau? Oder habe ich sogar die Verpflichtung das zu tun? Fühle mich hier schlecht. Möchte hier auf keinen Fall petzen, allerdings hat mich dieses Verhalten meiner Kollegin schon über die Jahre immer etwas gestört, dass sie sich gerne mit fremden Federn schmückt. Ich habe ihr gegenüber erwähnt, dass das ja gar nicht ihr Gebiet ist, aber sie meinte: Ach, das kann ich ja noch etwas anpassen, das muss man nicht so genau nehmen.

Vielleicht würde sich die Uni für mich entscheiden, sollte ich zusagen, da ich in der Branche etwas mehr bekannt bin. Andererseits hat meine Kollegin auch genau dort studiert und ist generell von dieser Uni begeistert … fühle mich in einem moralischen Dilemma. Als Chefin habe ich eigentlich immer auf das Wohl meiner MitarbeiterInnen geachtet, jetzt sind wir in einer komischen Konkurrenzsiutation. Wäre es ein Fach wo meine Kollegin mehr Wissen hat als ich, würde sich mir diese Frage gar nicht stellen und ich würde ihr den Vortritt lassen, weil die Uni ihr Traum für ihre eigene Selbstbestätigung ist und ich ihr das gönnen würde.

Habt ihr Input für mich?

P.S. Habe der Kollegin angeboten, den Job als gleichwertiges Team anzunehmen, das will sie aber nicht, weil sie denkt, dass wir unterschiedliche Ansätze haben. Ich glaube es ist aber auch weil ich ja ihre Chefin war und sie alleine die Hauptrolle spielen will, was ich auch verstehen kann. Sie hat den starken Drang, auf dem Podest zu stehen (war auch im Job die letzten Jahre ein Problem mit dem Kollegen …) und das ist OK für mich. Daher fällt die Option flach. Die Uni sagt dazu wir sollen es uns einfach ausmachen, wer den Job annimmt.

Bearbeitet von Uniunterrichten
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Natürlich sprichst du nicht mit der Uni... wie kommst du auf die Idee? Wenn sie sich gut verkauft und die Uni denkt sie kann das, dann ist das nicht dein Problem.

Wenn du den Job auch willst, dann teile das dort mit, verkaufe dich gut und dann wirst du sehen.

Und wenn man es ganz fair macht, dann sagst du der Kollegin, dass du auch Interesse hast.

Bearbeitet von emmi1980
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Danke für deine Antwort. Ja stimmt schon. In unserem Berufsfeld geht es auch um kreative Urheberschaft, und da nimmt es die Kollegin nicht so genau. Das meinte ich bei "mit der Uni sprechen". Im Prinzip bewirbst sie sich mit einem Projekt das andere gemacht haben. Plagiat, und so … ich bin prinzipiell der Meinung, dass man da schon wirklich ehrlich sein muss. Andererseits kann ich ja nicht kontrollieren, was andere über sich sagen.

Muss auch in dem Kontext erwähnen, dass wegen besagter Kollegin (mit der ich persönlich relativ gut kann) sogar mal zwei andere Mitarbeiterinnen gekündigt haben, anscheinend war sie toxisch und hat gemobbt – das war während meiner Karenz daher kann ich nichts dazu sagen. Aber ich habe mir damals vorgenommen, unfaire Verhaltensweisen von MitarbeiterInnen genauer zu beobachten, denn mir hat die damalige Situation sehr leid getan. Vielleicht reagiere ich deswegen jetzt über.

Und ja ich glaube auch dass ich mich einfach einzeln bewerbe, dann sollen sie entscheiden.

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Na, dann bewirbt du dich auch bei der Uni und zeigst in der Bewerbung ganz genau auf, was genau deine Rolle in dem Referenzprojekt war.

Und zwar so, dass klar wird, dass es da nicht 2 Projektleiter etc gab und somit eine eurer beiden Bewerbungen irgendwie nicht passen kann. Dann werden sie interessierte Nachfragen stellen und schnell merken, wer hier der eigentliche Kompetenzträger ist.

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Also sie will nicht mit dir die Stelle antreten und du nicht mit ihr? Dann ist doch alles klar, ihr bewerbt euch getrennt und einer bekommt den Job.
Konkurrenz schlechtreden würde ich auf keinen Fall, das kommt nicht gut an, wenn du davon profitierst. Warum hast du nicht wann anders was dazu gesagt, wenn es so schlimm ist? Nein jetzt erst, wenn du einen Vorteil davon hast. So sieht es zumindest von außen aus. Wenn sie die Stelle kriegt, wird sie es entweder packen oder halt auf die Nase fallen, das ist dann nicht dein Thema.
Solange sie rechtlich im grünen Bereich ist und eben nur unsympathisch, würde ich das nicht melden, sondern mich auf mein eigenes Können fokussieren.

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>>Ich weiß nun nicht, soll ich mit der Uni reden und ihnen ehrlich sagen, was meine Kollegin wirklich kann?<<

Egal, wie Du es begründest, so ein Vorgehen ist einfach hinterfotzig und unterste Schublade.
Sprich' mit der Kollegin, sag' dass Du Ihr das nicht zutraust und Du den Job willst. Ohne sie.
Sich hinzustellen und zu suggerieren, dass Du ihr den Job ja sooo gönnst, dass Du gerne für sie zurücktrittst um dann hintenrum ihre Kompetenz in Frage zu stellen ist: Naja, habe ich ja schon oben geschrieben.

Und btw: Ist denn mit den Cheffes der Hauptniederlassung abgesprochen, dass Du die kleine Niederlassung schliessen darfst? Das entscheidest doch nicht Du. Du bist doch nur angestellt.

Grüsse
BiDi

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Ja klar schließen sie selbst: habe ihnen zig Alternativen angeboten aber sie wollen nichts davon. Das geht schon Monate. Mein Text war stark verkürzt. Ich kann nix schließen.

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Selber bewerben und eine Konkurrentin für die gleiche Stelle beim neuen Arbeitgeber schlecht machen?

Glaubst du das kommt auch für dich gut an beim Arbeitgeber?

Bewerbt euch beide, zeige deine Qualifikationen und der Arbeitgeber entscheidet selber wenn er dann nimmt.

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„Meine Kollegin tendiert dazu, sich selbst wichtig zu nehmen und da ein bisschen zu "frisieren".“

Der Satz sagt ziemlich viel. Die Uni hat bei euch angefragt, sie scheint euch beide also für geeignet zu halten. Vielleicht ist deine Kollegin einfach mutiger zu sagen „ok, der Schuh ist mir vielleicht etwas groß, aber ich wage es mal.“ Nur so entwickelt man sich. Im
übrigen würde jeder Mann so agieren, wie es deine Kollegin tut und das wird dann ganz anders wahr genommen.

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Definitiv nichts über andere aussagen. Nur über dich selbst. Erstens wäre es moralisch unterste Ebene und wenn die seriös sind, würden sie dich aus diesem Grund dann auch nicht einstellen.

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Ich sag mal so: Würdest du das bei uns machen, wüssten wir schnell, wer menschlich nicht in unser Team passt.

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Mein früherer Chef hat so einige Mitarbeiter unterschätzt; mich aber auch andere Kollegen. Wir alle haben uns nach dem Ausstieg dort weiterentwickelt und sind erfolgreich in unseren Jobs, die er uns nicht zugetraut hat.
Man entwickelt sich nur weiter, wenn man sich zutraut, neue Aufgaben zu übernehmen. Soweit, so normal. Und völlig normal auch, dass der derjenige, der in Projekten mitgearbeitet hat, irgendwann die Leitung solcher Projekte übernehmen kann und möchte.

Was sagt es über dich aus, dass du deine Mitarbeiterin, die jetzt deine Konkurrentin ist, bei ihrem neuen Arbeitgeber schlecht reden willst? Ich finde, nichts gutes. Für mich wärt ihr gleichwertige Konkurrenten, nur dass du mit unlauteren Mitteln kämpfen willst. Macht keinen guten Eindruck.

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Also andere bei einem neuen AG schlecht zu machen lässt tief blicken - schon dass du überhaupt daran denkst. Meinst du wirkt, dass das ein gutes Licht auf dich wirft? Ich könnte mich im Spiegel nicht mehr angucken.
Bewirb dich und überzeuge den AG von DEINEN Kompetenzen und Vorzügen. Wenn du es nötig hast, andere schlecht zu machen kann es mit deinen Kompetenzen nicht allzuweit her sein - jedenfalls würde mich das als AG stutzig machen und ich würde ernsthaft dran zweifeln, ob DU die nötige Kompetenz hast oder nicht vielleicht andere schlecht machst um besser da zu stehen. Übrigens würde ich auch an deinem Charakter und deiner Teamfähigkeit zweifeln.
Lass den AG die Entscheidung treffen, ob er sie oder dich für geeigneter hält. Wenn er sich für sie entscheidet und es klappt nicht gibt's immernoch die Probezeit. Vielleicht kommt er dann auf dich zurück, vielleicht auch nicht.
Wenn du den Job bekommst ohne mit Mist nach andern zu werfen wird sich das für dich besser anfühlen, meinst du nicht?

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Stimmt, danke für eure Antworten. Manchmal ist man mit Situationen überfordert und lässt sich von anderen zu sehr reinreden. Daher fand ich eure Antworten echt hilfreich, merci!