Partner hat so starke Ängste vor einem Jobwechsel

Hallo zusammen,

ich rede mir die letzten Tage den Mund ziemlich fusselig und ich weiß nicht mehr was ich noch tun kann, damit er endlich den Mut fassen kann...

Mein Mann ist jetzt schon fast 15 Jahre bei seinem Arbeitgeber (Baubranche). Er arbeitet im Schnitt 45 Stunden die Woche, Fahrtzeit noch nicht mit eingerechnet!!! Es ist oft so, dass er um 5.00 Uhr morgens fährt und um 18.00 Uhr erst daheim ist. Am Bau geht ja bekanntlich auch mal ein rauer Ton um, aber in den letzten Jahren hat sich sein Arbeitsverhältnis so sehr verschlechtert, dass er regelmäßig schlecht gelaunt nach Hause kommt und es dann hier auslässt.

Seit unsere Tochter da ist (1 Jahr alt) hat es sich durch die unruhigen Nächte noch verschärft. Auch weil wir beide natürlich müde sind und jeder mal eine kurze Zündschnur hat. Gegenüber unserer Tochter kann er sich schon zusammenreißen, aber alles was darüber hinaus geht (Hausarbeit, kleinste Dinge die ich anspreche die mal zu machen wären) ist zu viel für ihn.

Er ist natürlich auch dann abends müde - verstehe ich auch - aber Zeit zu zweit und sei es nur sich mal ordentlich zu unterhalten oder was im Fernseher zu schauen bleibt da nicht.

Jetzt hat er ein Jobangebot bekommen. 37 Stunden bei gleicher Bezahlung und gleiche Konditionen (Firmenfahrzeug, Urlaub). Er muss keinerlei Abstriche machen.

Wenn seine Angst nicht wäre. Angst vor dem Aufwand (wir müssten einen Aufhebungsvertrag erzielen, Urlaub und Überstunden müssen ausgeglichen werden). Angst vor dem neuen Aufgabengebiet und das obwohl er seinen Job wirklich beherrscht und alles zu 100 % macht.

Seine Mutter, sein bester Freund und ich habe ihn schon alle gut zugeredet. Alle sagen, dass es die beste Chance ist die er bekommen kann (öffentlicher Dienst).

Aber er hadert und hadert und hadert...

Ich weiß nicht was ich noch machen soll. Er weiß dass seine aktuellen Arbeitszeiten für uns als Familie einfach nur anstrengend sind. Für ihn auf Dauer auch. Ich möchte wieder Frieden zu Hause.

Ihm das Messer auf die Brust zu drücken bzw. mal richtig in einem scharfen Ton mit ihm zu sprechen und die Tatsachen aufzuzählen glaube ich bringt nichts. Das würde ihn nur noch mehr verunsichern.

Aber was kann man den noch machen 😮‍💨

Entschuldigt den langen Text...

Ich freue mich auf eure Antworten und Erfahrungen 🙂

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Ich würde mit ihm eine Liste machen, was ihr alles erledigen müsst und was man in welchen Schritten dafür zu tun hat. Wenn er eh so am Limit ist, scheint das für ihn nicht machbar.

Wenn man es aufschlüsselt vielleicht schon .
Also wie macht man einen Aufhebungsvertrag?
Wie macht man das mit den Überstunden etc.
Vielleicht habt ihr auch Freunde, die ihm helfen können.

2

Ich finde die Idee, alles mal auf Papier zu bringen. Auch seine Bedenken.
Kann eure Tochter mal für ein paar Stunden zu Oma und Opa oder Freunden, dass ihr beide in Ruhe reden könnt?

Ich habe auch nach fast 15 Jahren meinen Beruf, die Branche, meine Gewohnheiten verlassen. Ich kannte und konnte alles. Ich war diejenige, die einarbeitete, gefragt wurde. Und auf einmal habe ich die Seiten gewechselt. Ich habe die Nächte nach der Vertragsunterzeichnung schlechte geschlafen, die Nächte vor dem ersten Tag auch.
Ich wusste, dass ich mich verbessere. Mehr Gehalt, geregelte arbeiteszeiten, freie Wochenende. Und trotzdem hatte ich so viele Zweifel.

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„wir müssten einen Aufhebungsvertrag erzielen, Urlaub und Überstunden müssen ausgeglichen werden“

Warum denn ein Aufhebungsvertrag? Warum nicht normal mit Kündigungsfrist kündigen?

Resturlaub und Überstunden sind das normalste der Welt, das Thema hat jeder bei Kündigung und jeder AG weiß damit professionell umzugehen, arbeitsrechtlich betrachtet.

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Mein Mann ist auch Baubranche. Er hat 3 Monate Kündigungsfrist. Vielleicht er auch?!

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Ich kenne diese Bedenken, hatte ich vor dem letzten Jobwechsel auch.
Meine Chefin meinte zu mir, "Mut" kommt von "Angst überwinden". Und sie traut mir das zu...
Hinterher war ich sehr stolz auf mich, es geschafft zu haben.

Es ist wichtig, dass er ganz sicher weiß, dass er von allen Seiten Unterstützung hat.

6

Warum MUSS der Aufhebungsvertrag sein? Warum nicht in der regulären Kündigungsfrist? Wenn sie deinen Mann wollen warten sie 3 Monate.

Überstunden auszahlen. Mitarbeiter sofort weg. Darauf lässt sich der Chef wahrscheinlich nicht ein. Zu recht.

Und denk Mann könnte abfeiern und mal runter kommen.

Bearbeitet von Knudeluff
7

Den rechtlichen Kram könnt ihr auch an einen Anwalt delegieren, dann habt ihr das aus dem Kopf. Das kostet nicht die Welt.

Appelliere an ihn an eure Tochter zu denken. Es hört sich wirklich nach einer guten Chance an, die so nicht wieder kommt.

Bearbeitet von Gruenschnabel
8

Danke für eure Antworten. Ich mache jetzt mal eine insgesamte Antwort, damit keine Verwirrung da ist wenn alles dann ellenlang wird.

In unserem Fall muss es ein Aufhebungsvertrag sein, weil wir bei 15 Jahren Zugehörigkeit schon bei 6 Monaten Kündigungsfrist sind. Er soll der Nachfolger für jemanden werden der in Rente geht. Und natürlich soll auch noch eine ordentliche Einarbeitung erfolgen. Deswegen wäre es gut wenn er vielleicht schon ab Februar oder März dort anfangen könnte.

Leider stehen bei diesem Job viele in der Schlange. Sollte es zu lange dauern kann es schon sein, dass sie nicht warten wollen.

Wir reden hier auch von Überstunden +350 und Urlaubstagen von ca. 40. Das er die nicht (komplett) abfeiern kann, ist uns klar und er will auch seinem Chef gegenüber fair bleiben und auch noch arbeiten - also zumindest nicht sofort dann weg sein.

Ich arbeite beim Rechtsanwalt, weiß also wie es so läuft und er vertraut mir da auch. Ich telefoniere heute mit einer befreundeten Anwältin (sogar Fachanwältim) und hole mir da nochmal Feedback.

Das mit der Liste schreiben habe ich ihm schon vorgeschlagen, einfach damit es aus seinem Kopf raus kommt. Wollte er nicht. Ich werde es jetzt aber trotzdem mal versuchen, ich denke nämlich schon dass ihm das helfen würde.

Wir haben gestern Abend als die Kleine im Bett war nochmal intensiv diskutiert (auch mit Tränen). Habe ihm dann auch gesagt, dass er an uns als Familie und auch an seine Gesundheit denken soll. Er ist erst 33 und muss dementsprechend noch lange arbeiten. Wie sich unser Alltag als Familie so viel verbessern würde, weil er zu geregelten und ordentlichen Zeiten nach Hause kommen würde. Er die Kleine dann auch mal vom Kiga oder später dann Schule holen könnte etc. Martinsumzug war ja auch nix dieses Jahr - weil Arbeit.

Ich habe auch schon zweimal den Job gewechselt und bin dann auch in einer anderen Fachrichtung gelandet. Ich weiß auch wie es sich anfühlt wenn man irgendwo hinkommt und keine Ahnung von nix hat und mit neuen Kollegen in Kontakt kommt. Für mich war es immer nur ein Gewinn. Und auch das habe ich ihm immer wieder so gesagt und versucht ihm Mut zu machen. Umgekehrt hat er mir in dieser Situation auch Mut zu gesprochen, was mir unheimlich geholfen hat, weil ich wusste das ich von ihm Rückendeckung hatte.

Aber diese Rückendeckung will ich ihm ja auch geben...

Bearbeitet von Leandra93
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Und das mit der Verlängerung der Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer aufgrund Betriebszugehörigkeit ist explizit im Vertrag so vereinbart? Denn die gesetzliche Regelung gilt ja erstmal nur für den Arbeitgeber.

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Ja das steht so im Vertrag als Zusatz drin. Habe in meinem bisherigen Arbeitsleben in jedem Vertrag diesen Zusatz drin gehabt.

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Ich war „nur“ 6 jahre bei meinem arbeitgeber, als ich ein neues jobangebot bekommen habe und hin und her überlegt hab, ob ich es nnehmen soll. Hatte auch einfach angst, aber im endeffekt war der alte job für mich psychisch auch nicht mehr tragbar.
Ich bin so ein gewohnheitstier und veränderungen fallen mir sehr schwer. Folgender satz hat mir aber sehr geholfen und mir auch ein bisschen die augen geöffnet: „ist es in der komfortzone wirklich so komfortabel?“

Ist jetzt nur ein kleiner beitrag von mir, aber vielleicht hilft es deinem mann 🤷‍♀️