Probleme mit dem Chef

Hallo,

ich arbeite als stellvertretende Stationsleitung in einer großen Pflegeeinrichtung. Leider habe ich seid einiger Zeit massive Probleme mit meinem Chef. Er leitet die Station. Ich habe eine Weiterbildung in dem Bereich gemacht und möchte nun Veränderungen in unseren Abläufen und Strukturen veranlassen. Auch durch meine Mitarbeiter*innen angeregt, mit denen ich im guten Austausch bin. Die Veränderungen zielen vor allem auf eine Qualitätsverbesserung der Versorgung der Bewohner und Mitarbeiterorientierung ab. Leider blockiert mein Chef so ziemlich alles und macht weiterhin sein Ding. Die Stimmung zwischen uns hat sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert. Er spricht nun kaum noch mit mir, Informationen bekomme ich, allerdings nur auf Nachfrage meinerseits und auch nicht immer vollständig. Wir haben eine Supervision gemacht. Er wirkt auf mich relativ unreflektiert und auch uneinsichtig, was seinen Anteil bezüglich unserer schlechten Zusammenarbeit betrifft. Wobei er auch in diesen Terminen kaum etwas gesagt hat. Ich versuche fair zu bleiben und habe mich in den letzten Wochen mit den Themen Konflikte, Konfliktmanagement auseinandergesetzt. Ich bin recht engagiert (was er in der Vergangenheit auch oft gelobt und positiv hervorgehoben hat), kann aber bestimmt auch nervig sein, wenn ich von etwas begeistert bin. Ich fühle mich aktuell wirkungslos und bin frustriert. Das Verhalten meines Chefs kenne ich aus dem Umgang mit anderen Personen. Mir gegenüber ist dieses Verhalten neu. Ich frage mich mittlerweile, ob es für mich an der Stelle weitergehen kann und wenn ja, wie. Die Chefin meines Chefs weiß, dass es bei uns schwierig ist, kennt aber keine Details.
Kennt jemand von euch solche Situationen? Wie konntet ihr sie auflösen? Hat jemand einen Rat für mich?
Vielen Dank schon mal vorab.

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Hmm, also du möchtest Strukturen und Abläufe ändern nach einer Weiterbildung. Das sind natürlich große Dinge und können halt im Gesamtbild oftmals nicht von heute auf morgen umgesetzt werden.

Ich habe das Gefühl, du bist übermotiviert und möchtest unbedingt jetzt beginnen. Dabei übertrittst du möglicherweise aber deine Kompetenzen. Das wiederum kommt bei deinem Chef, der das große Ganze im Blick haben muss, nicvt so gut an. Zum einen kann es sein, dass du ihn da gerade überrumpelst und aus seiner Sicht dir zu viel herausnimmst. Es kann einfach sein, dass er von seinen Führungskräften gerade andere Prioritäten bekommen hat. Klar könnte er kommunizieren, aber vielleicht muss er hier auch was verschweigen.

Ich war mal stellvertretende Leitubg und hatte da ganz klare Absprachen. Ich durfte die Vertretung machen. Aber wenn meine Chefin da war, traf sie bei Sachen außerhalb des Daily Business die Entscheidung. Ich durfte Vorschläge machen, aber letztendlich war es ihre Verantwortung. Wenn sie da etwas nicvt so machen wollte, wie von mir vorgeschlagen, war das von mir zu akzeptieren.
Mittlerweile bin ich selbst Führungskraft und höre mir Vorschläge an. Ich finde es immer toll, wenn es motivierte Mitarbeiter/Stellvertreter gibt, aber ich halte meinen Kopf hin, wenn es bei der Geschäftsleitung schlecht ankommt. Und da habe ich einfach mehr Infos und erwarte dann auch von meinem Stellvertreter, dass er die Füße stillhält, wenn ich das sage. Allerdings kommuniziere ich ihm, aber ich gänzlich gegen die Idee bin aus Gründen x, y, z. Oder ob es nur gerade zeitlich nicht passt und wir zu einem späteren Zeitpunkt nochmals darüber reden.

Ich würde an deiner Stelle mal etwas Tempo zurückschrauben und dich auf das übliche fokussieren, nicht die Veränderungen und schauen, dass da die Kommunikation mit deinem Chef wieder ins Lot kommt. Später wenn es wieder besser läuft, kannst du nochmals Vorschläge bringen.

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Wie muss man sich euer Gefüge vorstellen? Seid ihr quasi gleichgestellt oder ist er klar eine Stufe über dir? Wenn er ganz klar dein Vorgesetzter ist und du ihm unterstellt und "nur" seine Stellvertreterin wenn er nicht da ist, kann ich verstehen, dass er verschnupft reagiert, wenn du "seine" Abteilung gegen seinen Willen umstrukturieren möchtest. Es ist immerhin sein Bereich, den du dir "unter den Nagel reißen" willst. In dem Fall, dass du "nur" seine Vertretung bist, wenn er nicht da ist, fände ich das auch unangebracht. Vorschläge natürlich jederzeit, aber bestimmen halt nicht. In dem Fall bist du nämlich zwar den anderen Teammitgliedern vorgesetzt, für ihn aber lediglich ein Mitglied seines Teams. Das Gefüge ändert sich nur im Team unter ihm.

Wenn du jedoch einen eigenen Zuständigkeitsbereich/Team hast, kannst du dies ja so organisieren, wie du es möchtest, solange Vorgaben eingehalten werden und dein Team die Erforderliche Leistung bringt.

Bearbeitet von Wilhelmi
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Hallo, es ist so, dass ich ihn vertrete, wenn er abwesend ist, aber auch meinen eigenen Bereich habe. Er steht eine Stufe über mir. Meinen Bereich steuere ich in der Regel selbst. Aber auch dort mischt er sich ein und entscheidet Dinge nach seinem Gusto, obwohl ich meine Bedenke geäußert habe. Leider erwächst aus seinen Einmischungen dann meist nichts, obwohl das Team formuliert, dass es einen Bedarf an Veränderungen/Nachjustierungen etc. sieht. Teile des Teams haben mir zurückgemeldet, dass sie sich von ihm nicht gesehen fühlen. Er hört sich zwar alles an, ergreift dann aber keine Initiative. Wenn es um Grundsätzliches geht, was sowohl ihn als auch mich betrifft, dann will ich das nicht selbst entscheiden, sondern einen Konsenz finden. Seinen Job möchte ich nicht, sondern mich um meinen Bereich kümmern können, wie ich das für gut und sinnvoll halte. Die Bereiche sind aber verstrickt bzw. wirken sich bestehende Strukturen auf alles aus. Z.B. wie werden Mitarbeiter über was informiert. Ich finde unser Vorgehen gerade nicht sehr effektiv. Die Mitabeitenden äußern z.T. selbst, dass sie anders informiert werden wollen. Und mein Chef ist nicht wirklich bereit sich mit dem Thema auseinander zu setzen. So bestimmt er (durch seine Blockade) etwas, was sich allerdings auch auf meine Wirksamkeit auswirkt. Für mich ist es schwierig so etwas dann zu akzeptieren.
Vielen Dank dir für deine Rückmeldung. MissMiau

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Nichts desto trotz ist er dein Vorgesetzter und entscheidet letztendlich was wie gemacht wird.

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Finde ich schwierig einzuschätzen.

Ich bin auch eine Stellvertretung, habe aber such meinen eigenen Bereich, wo ich zu 100% die Verantwortung trage. Da entscheide ich selber, bleiben aber immer im Austausch. Auch andersrum. In ihrer Abwesenheit entscheide ich natürlich auch für alle Bereiche, aber niemals würde ich Strukturen und Geschäftsgänge im Alleingang ändern. Daher meine Frage:
Wie bist du vorgegangen? Also hast du zuerst mit den MitarbeiterInnen gesprochen und bist dann erst zum Vorgesetzten gegangen? Dann ist das ziemlich blöd. Vor allem, wenn ihr wisst, wie er eh tickt. Große Änderungen sollten immer erst unter vier Augen besprochen werden, bevor KollegInnen involviert werden. Ob ihr damit einverstanden seid oder nicht, er ist eben der Chef und trägt letztendlich die Verantwortung für alles. Was ihr tun könnt, wäre, dass ihr (falls noch nicht praktiziert) regelmäßige Teambesprechungen aufruft, um eben sowas zu besprechen. Allen muss ein Raum gegeben werden, wo sie sich aussprechen können und sollen.

Bearbeitet von arsekil
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Hallo,

wie ich vorgehe, ist in etwa so: Mitarbeiter erzählen mir, das sie mit irgendetwas ein Problem haben oder nicht wissen, wie sie in Situation xy vorgehen sollen. Ich bin eigentlich immer ansprechbar, werde auch viel angesprochen und beobachte natürlich auch. Manchmal frage ich Mitarbeiter auch konkret, wie die etwas wahrnehmen z.B. um herauszufinden, ob das ein Problem einer einzelnen Person ist oder ein systemisches Problem vorliegt. Dann trete ich mit dem Problem an meinen Chef heran und "erwarte", dass wir das besprechen und eine gemeinsame Lösung finden. Beim Thema Informationsfluss habe ich angesprochen, dass ich es aktuell nicht optimal finde. Das merkt mein Chef auch selbst, weil es einfach auffällt, dass Informationen häufiger nicht weitergegeben werden, Mitarbeiter nicht informiert sind, Zahlen nicht stimmen etc. Ich habe dann vorgeschlagen, dass wir das als Leitungen mal ansehen und genauer evaluieren. Er wollte das dann unbedingt in der nächsten Teambesprechung ansprechen. Das halte ich für wenig sinnvoll, weil an unseren regelmäßigen Teambesprechungen nur etwa 20% des Teams teilnehmen und ich es halt wichtig finde in dem Fall nicht nur Einzelmeinungen (und dann noch von den engagierteren) zu erhalten. Ich hätte eine breite Befragung der MA befürwortet. Unsere Teambesprechungen sind häufig nicht gut besucht, oft Monologe des Chefs und Informationen/Anfragen der MA werden oft nur unverbindlich ausgetauscht. Selten erwächst aus den Treffen ein Aktionsplan oder ähnliches. Ich finde diese Strukturen schwierig und würde das zumindest gerne betrachten und schauen, was man verbessern kann. Wenn man nach einer genauen Betrachtung denkt, geht nicht besser, ist das für mich okay. Ich sehe bei uns allerdings noch viel Luft nach oben.

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Wir gehen da tatsächlich teilweise unterschiedlich vor. Du spielst das Sprachrohr in beide Richtungen, ich habe mich davon klar distanziert. Hier finde ich es aber auch in der Verantwortung der Mitarbeitenden, wenn sie etwas ändern möchten, gesehen werden wollen, dann sollten sie die Teambesprechung auch ernst nehmen und anwesend sein. Bringt halt nichts, sich zu beschweren und passiv zu sein. Du als Stellvertretung wirst da deshalb nicht viel ändern können. Wieso sind die meisten nicht dabei? Es gehört zur Arbeit und Teambesprechungen haben eben seinen Sinn.

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Das klingt nach:

Ich habe eine Weiterbildung gemacht und strotze vor neuer Ideen und Innovationen und du als mein eigentlicher Chef solltest es mir überlassen, wie in dem Laden weiter verfahren wird.

Meinst du, dass das bei einem Vorgesetzten gut ankommt?

Wenn der erste Absatz nicht zutreffen sollte, dann solltest du es deinem Vorgesetzten in einem klärenden Gespräch so erläutern.

LG

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Ich habe in meinem Bereich schon immer recht viele Impulse gegeben, mein Chef hat mich mehrmals bequatscht, dass ich seine Stellvertretung werden soll. In der Vergangenheit hat er meine zupackende Art oft gelobt. Nur jetzt, wo ich gerne Aspekte, die über meinen Bereich hinaus gehen, mich aber gleichfalls betreffen, betrachten möchte, gibt es Stress.

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Dann solltest du das Gespräch mit ihm suchen und ihn an seine eigenen Worte erinnern.
Aber auf eine ruhige und respektvolle Art.

Viel Glück dabei!

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Menschen sind bequem, träge, ängstlich und gleichzeitig haben sie ein Egoproblem. Dann kommst du und möchtest ganz pragmatisch und für das Wohl aller, Optimierungen schaffen. Der Andere denkt sich bloss: Läuft ja, mir egal - wenn die Bude explodiert, dann kucken wir halt.. Der kriegt ja keinen Bonus für bessere Arbeit und keine Lohnkürzung für schlechtere.. Aus seiner Sicht alles tipptopp. Habe ich schon zig Mal erlebt. Du musst vielleicht etwas entschleunigen und geduldig sein. Ihn bearbeiten und das in Minischritten. Auch kannst du ihm die Ideen so infiltrieren, dass er diese dann selbst umsetzen kann, wie wenn es seine Ideen gewesen wären (du agierst dann als Enablerin). Ob du Lust drauf hast, musst du entscheiden…

Du kannst aber auch offen (und freundlich) mit ihm ein Gespräch über deine Unzufriedenheit führen: „Freddy, du mochtest doch mein Engagement und meine Ideen so sehr. Du wolltest auch, dass ich deine Stellvertretung mache. Wie hast du dir das ursprünglich alles vorgestellt? Ich finde, wir zwei könnten mehr Team sein und Dinge gemeinsam optimieren. Konkret denke ich an …“