Streit in der Familie wegen mangelnder Arbeitsmoral (Homeoffice)

Hi,

ich würde gerne von euch wissen, wie ihr zur "mangelnden Arbeitsmoral" im Homeoffice steht.
Ich ärgere mich gerade sehr über ein Familienmitglied, das meint, im Homeoffice arbeite man ja gar nicht richtig und müsse das auch nicht. Er selbst ist auch tatsächlich an Tagen, die er im Homeoffice arbeitet, mehr bei der Gartenarbeit o.ä. als bei der tatsächlichen Arbeit anzutreffen.
Nun wollen wir (wohnen mehrere 100 km auseinander) uns über das WE bei uns zu Hause treffen. Als es darum ging, wann am Freitag sie dann zu uns kommen können, sagte ich "im Lauf des Nachmittags halt, ich bin ja im Homeoffice, ich schaue, das ich keine Termine habe und kann dann (normalerweise) innerhalb recht kurzer Zeit aufhören". Nun wollte meine Familie schon bis spätestens 12 Uhr hier sein, denn ich arbeite ja eh nicht, da "nur Homeoffice". Natürlich arbeite ich! Seit Corona zu nahezu 100% von zu Hause!
Ich habe jetzt die Zeit auf "ab 15 Uhr" festgelegt, da das die Zeit ist, zu der ich sonst auch Freitags Schluss mache. Das Verständnis war nicht da - war mir aber egal. Es steht die Drohung im Raum, dann nicht zu kommen. Ich warte ab....
Mich hat das auch schon bei Arbeitskollegen geärgert. Da gibt es eine Handvoll, bei denen ist klar, wenn er oder sie im Homeoffice ist, braucht man gar nicht versuchen, die Person zu erreichen. Denn da wird renoviert, mit dem Kind gespielt, eingekauft oder sonst was.

Jetzt wüsste ich gerne mal von euch: Macht ihr das auch / seht ihr das auch so? Homeoffice als Freifahrtschein um privates zu erledigen? Wenn ja: Habt ihr kein schlechtes Gewissen? Den Kollegen und / oder dem Chef gegenüber? Fürchtet ihr nicht, entdeckt zu werden und im schlechtesten Fall gekündigt zu werden? Bitte ehrlich sein, ich würde diese Einstellung gerne verstehen.

Manchmal habe ich den Eindruck, ich muss mich dafür rechtfertigen, das ich im Homeoffice produktiv und zielstrebig arbeite und zu den normalen Arbeitszeiten selbstverständlich über Teams, Mail o.ä. erreichbar bin. Ja, auch bei mir läuft nebenbei die Waschmaschine und ich hänge dann kurz die Wäsche auf. Oder leere die Spülmaschine während mein Kaffee durchläuft. Aber gar nicht zu arbeiten oder gar sonst wo zu sein, würde mir im Traum nicht einfallen.

Danke & LG

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>> Das Verständnis war nicht da - war mir aber egal. Es steht die Drohung im Raum, dann nicht zu kommen. <<

Unabhängig von der HomeOffice-Story (die ich im Übrigen gar nicht diskutieren würde:
Du bist die Gastgeberin und wenn sie sich jetzt schon so gebärden, würde ich sie vermutlich in meinem Haushalt nicht haben wollen.

Und wenn du es dir bis 15 Uhr noch auf der Couch gemütlich machen würdest - es geht sie schlichtweg nichts an!

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Das kommt ein bisschen auf die Situation und die Arbeit an.
Während ich im Homeoffice war und nebenbei dank Kitaschließung die Kinder zu Hause hatte, habe ich mir die Arbeit frei eingeteilt. Ich habe Sprechstunden eingerichtet, zu denen ich definitiv erreichbar war und ansonsten habe ich teilweise Nachts und auch immer Samstag und Sonntag einige Stunden gemacht. Teilweise kam ich so wöchentlich noch deutlich über meine eigentliche Arbeitszeit. Weniger war es eher sehr selten. Die Arbeit war immer im entsprechenden Zeitraum erledigt.

Vormittags war ich dann jedoch auch öfters auch mal mit den Kindern raus oder Einkaufen und somit nicht erreichbar.
Andere konnten das nicht machen, da sie eben immer erreichbar sein müssen bei der Arbeit und da auch feste Zeiten haben.

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Mein Mann ist auch oft im homeoffice. Er arbeitet dann selbstverständlich ernsthaft. Ist auch telefonisch natürlich immer erreichbar. Meetings eh online etc, klar räumt er mir dann auch mal den Spülmaschine oder Waschmaschiene aus, aber mehr auch nicht. Mal kurz für 30 min ein Kind nebenbei beaufsichtigen bis ich aus der Arbeit komme ist auch mal drin, aber mehr auch nicht. Ich habe aber auch den Eindruck dass einige das nicht ganz so eng sehen…

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Zwei Sachen machen es mir unmöglich, dass Homeoffice so locker zu sehen:
1. Meine preußische Arbeitsmoral. So lange ich entlohnt werde, arbeite ich für mein Geld.
2. Psychohygiene: Ich mag die Trennung von Arbeit und Freizeit. Mal hier ein Stündchen, mal da ein Stündchen ist nixicht meins. Ich arbeite gerne konzentriert am Stück.

Ich hab aber eh einen Job, wo ich den meisten zur Folge vormittags Recht und nachmittags frei und generell ständig Ferien habe... mir ist schon lange egal, was andere davon halten, wie und wann ich arbeite.

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Ich habe aus diesen Gründen das Home Office aufgegeben 😅
Das war noch bevor durch Corona quasi alle im Home Office landeten.
Ich konnte in unserer Familienkonstellation nicht so produktiv arbeiten wie ich es eigentlich gemusst hätte und ich hatte ein extrem schlechtes Gewissen.
Ich habe oft bis in die Nacht gearbeitet um alles aufzuholen und das ging einfach nicht.
Deshalb habe ich ehrlicherweise zugegeben: so geht es nicht, ich schaffe nichts! Und es dann eben aufgegeben
Für mich ist daher unverständlich, wie man ganz bewusst und ohne schlechtes Gewissen unproduktiv im Home Office 'arbeiten' kann!

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Ein wenig kenne ich das auch. Nicht so extrem, wie Du es beschreibst, aber mein Mann und ich haben da auch eine andere Auffassung. Ich habe letztes Jahr im Lockdown 2 Tage die Woche im HO gearbeitet . Nur 3 h, da ich nicht mehr mit meiner damals 5 jährigen und dem 10 jährigen arbeiten konnte. Hier habe ich aber richtig gearbeitet und mich für jede Kinderstörung und Haushalt abgemeldet.

Mein Mann macht nach wie vor gerne Home Office. Er geht dann aber mit dem Hund spazieren (ist per Diensthandy erreichbar), verlängert die Mittagspause auf 2h (😴) etc. Natürlich arbeitet er auch, aber deutlich entspannter. Ich finde das nicht ok, aber da es noch nicht so Überhand nimmt, dass er evtl Ärger bekommt, ist es seine Sache. Er macht meist auch nur 2-3 Tage im Monat.

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Mein Mann und ich arbeiten beide regelmäßig im Homeoffice.
Und ja, wir ARBEITEN. Natürlich wird z.b. mal dem Paket oben die Tür geöffnet, oder sich ein Kaffee geholt, aber solche "Störungen" hat man im Büro ja auch.
Das höchste der Gefühle ist hier, dass ich mal die Waschmaschine in den Trockner umlade (5 Min) und da hatte ich schon Gewissensbisse. 🤷‍♀️

Sehr viele Betriebe haben sich sehr lange sehr schwer damit getan, den Mitarbeitern dahingehend zu vertrauen, dass im HO gearbeitet wird - und ich finde schon, dass man das nicht missbrauchen darf. Denn erstens ist man ganz ganz schnell gekündigt (Kollege von mir hat wiederholt Rasen gemäht, eingekauft... Und wurde jetzt gekündigt) und zweitens machen genau diese Leute es so schwer, dass wirklich Homeoffice mal ohne schalen Beigeschmack von allen Arbeitgebern akzeptiert wird

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Würde ich so denken, würde ich wohl pleite gehen. Meine Firma (bin mitarbeitende Gesellschafterin) ist komplett auf Homeoffice ausgelegt.

Wir haben es so organisiert, dass man sich während der Arbeit in unserem Programm einwählt. Dort erscheint man dann als Anwesend. Man kann auf DND (Meetings) oder Pause stellen. Externe Termine werden eingetragen.
Wer anwesend ist, muß erreichbar sein.

Ist ein Kollege öfter nicht erreichbar, gehen wir ins Gespräch, ebenso wenn die Arbeitsleistung nicht passt. Im Wiederholungsfall machen wir vom Weisungsrecht Gebrauch und der Kollege arbeitet von der Firmenzentrale aus. Hatten wir jetzt einmal, zwei Wochen später hat der Kollege gekündigt.

Ab und an hat man taube Nüsse drin. Obwohl wir schon sehr flexibel sind was Arbeitszeiten angeht. Nur muß die Arbeit halt erledigt werden.

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Bei uns genau gleich. Man muss eingewählt und der Kalender akkurat gepflegt sein. Der Status fällt nach 5 Min. Inaktivität sofort auf abwesend. Wir hatten zu Beginn der Pandemie auch einen Kollegen, der fast gar nicht mehr erreichbar war. Bei dem wurden dann sehr schnell seine Zeiterfassung kontrolliert, welche dann mit dem Inaktivitätsstatus nicht kompatibel waren. Er musste sofort zurück ins Büro und wurde ein paar Wochen später entlassen🤷‍♀️

Wir sind aber auch sehr sehr flexibel, solange es im Kalender eingetragen ist, kann man auch z.B. mitten am Tag einen Arzttermin o.ä. wahrnehmen, natürlich ausgestempelt. Daher verstehe ich diese Lügerei gar nicht.

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Hi,
ja, in Bereichen, in denen die Zeiten durchs System erfasst werden, ist das klar.
Aber ich arbeite in einem Bereich mit Vertrauensarbeitszeit. Da werden keine Zeiten erfasst.
Ob ich meine Arbeit in 30 Stunden die Woche erledige, oder in 40 ist egal. Sie muss eben erledigt sein.
Und wenn man dann von Kollegen Informationen braucht (möglichst schnell) und diese nicht erreichbar sind, ist das echt ätzend.

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Ich selbst kann überhaupt nicht im "HomeOffice" arbeiten, zumindest nicht wie hier gemeint (bin Lehrerin).

Mein Mann arbeitet seit Corona an 3 Tagen zu Hause, oft sogar an 5 Tagen. Für uns hat sich das Leben dadurch enorm entspannt. Wir haben kaum Familie in der Nähe und ich musste vorher viel zurückstecken und alles allein organisieren, was Kinder und Termine betrifft. Nun kann er schnell mal einspringen. Eine Stunde später anfangen, mal nachmittags die Kinder abholen, den Elektriker reinlassen, schnell (Arzt-)Termine außer Haus wahrnehmen, spontan eher aufhören. ABER er holt die Zeit später nach und bei gewissen Terminen ist er trotzdem gebunden. Er hat z.B. fast täglich Telefonkonferenzen und muss auch sonst viel telefonieren und erreichbar sein.
Er macht seinen Job sehr gern, ist sehr engagiert und sagt selbst, dass er zu Hause produktiver ist, auch wenn er von den Stunden her gelegentlich weniger arbeitet. Allerdings muss man sagen, dass es auf dem Amt auch vor Ort sehr gemütlich zugeht und er selten Termindruck hat.
Die Arbeitsmoral ist definitiv nicht anders als vor Ort...

Ich denke, solange jemand die zu erwartende Leistungen erbringt, sind gewisse Dinge im HomeOffice ok. Wir denken da oft noch zu eng / streng. Warum muss denn die Arbeit vormittags komplett erledigt werden, wenn jemand lieber abends noch 3 Stunden arbeitet, dafür zwischendurch nichts macht? Natürlich nur vorausgesetzt, es hängen keine Termine dran bzw. jemand anderes ist abhängig von der Arbeit...

Was deine Familie betrifft: Können sie nicht trotzdem schon mittags kommen und du arbeitest einfach weiter oder später nach, wenn es nicht passt? Geht es dir nur ums Prinzip oder wie händelt ihr das sonst, wenn etwas anliegt? Bei uns ist z.B. freitags der Verkehr Horror und wenn wir zu meinen Eltern fahren, machen wir extra eher Schluss, um den Verkehr zu umgehen. Wir warten dann lieber bei meinen Eltern noch etwas.

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"...Können sie nicht trotzdem schon mittags kommen und du arbeitest einfach weiter oder später nach, wenn es nicht passt? Geht es dir nur ums Prinzip oder wie händelt ihr das sonst, wenn etwas anliegt?.."
Ich kann nicht konzentriert arbeiten, wenn Besuch da ist. Das möchte ich auch nicht - ich möchte dann schon für den Besuch da sein.
Nacharbeiten - wann denn? Wenn alle anderen schlafen? Ist jetzt auch nicht so meins. Meine Zeiten werden außerdem nicht erfasst (Vertrauensarbeitszeit), solange meine Arbeit erledigt wird muss ich also auch nicht nacharbeiten.
Wir händeln es generell so, das Dinge nur außerhalb der Arbeitszeit anliegen. So wie wir es auch gemacht haben, als ich noch kein Homeoffice hatte. Das finde ich normal.