Hallo liebe Community,
ich habe eben einen Beitrag gelesen, in dem sich eine Mutter gefragt hat, ob die Bindung zu ihrem Kind gelitten hat, weil es zwei mal länger geschrien hat und einmal eine Woche lang von einer anderen Person betreut wurde. Ich kenne solche Gedanken von anderen Müttern ... und von mir selbst. Ich frage mich, wenn solche Situationen dem Kind und der Bindung schon schaden können, wie viel wurde dann meinen Kindern und unserer Bindung geschadet.
Im Februar letzten Jahres kamen unsere Zwillinge in der 36.SSW auf die Welt. Nach der Geburt wurden sie von uns und voneinander getrennt. Unsere Tochter war wenige Tage im Brutkasten, unser Sohn hat länger gebraucht, um anzukommen. Hinzu kam sein Herzfehler, der während der Schwangerschaft unentdeckt geblieben ist. Natürlich haben wir unsere Kinder besucht, aber eben nur besucht und durften nicht durchgehend bei ihnen sein.
Als unser Sohn ein Jahr alt war, wurde er am offenen Herzen operiert. Drei Tage lang war er auf der Intensivstation und fast immer, wenn ich ihn besucht habe, hat er gewimmert oder (als es ihm etwas besser ging) geweint. Die Zeiten, in denen ich bei ihm sein durfte, waren sehr eingeschränkt. Es folgte eine Woche auf der normalen Station, in der ich bei ihm schlafen durfte, aber ihn auch festhalten musste, während er Medikamente verabreicht bekommen hat und in denen ich bei Untersuchungen zugesehen habe, bei denen er geschrien hat.
Wenn ich daran denke, könnte ich sofort wieder weinen.
Er wurde in einer anderen Stadt operiert. Mein Mann war nur am Tag der Aufnahme und am Tag der OP da und ist dann zu unserer Tochter nach Hause gefahren. Unsere Tochter habe ich in der ganzen Zeit nicht gesehen.
Während unsere Tochter keinen Unterschied zwischen Papa und Mama macht, ist unser Sohn viel, viel lieber bei meinem Mann als bei mir. Er sucht zwar meine Nähe, aber nur solange Papa nicht da ist. Wenn er seinen Papa sieht, will er sofort zu ihm und er weint, wenn Papa ihn mir auf den Arm gibt.
Könnte es daran liegen, dass er unbewusst gespeichert hat, dass ich ihm damals im Krankenhaus nicht geholfen habe (=Medikamente mit verabreicht, unangenehme Untersuchungen zugelassen)? Könnte das Verhältnis unserer Kinder zu uns durch den schweren Start auf lange Sicht gestört sein? Kann es sein, dass sie (aber vor allem unser Sohn) Schaden genommen haben?
Ich bedanke mich für eure Antworten.
Miriam mit im Bauch und im Arm
Schwieriger Start Auswirkungen auf Bindung
Solche Gedanken sind mir nicht fremd. Unser Sohn war zwar keine Frühgeburt, hat aber auch eine Herz-OP hinter sich. Im Aufklärungsgespräch wurden uns als mögliche Folgen auch psychische Probleme wie Depressionen aufgezählt. Was natürlich nicht bedeutet, dass euer oder unser Kind zwingend depressiv wird. Solche Extremsituationen können Auswirkungen auf die Psyche haben, müssen sie aber nicht.
Dass eure Bindung gelitten hat, halte ich für unwahrscheinlich. Sonst hätten doch alle extrem Frühchen überhaupt keine Bindung zu ihren Eltern.
Ich denke, die meisten Kinder haben Phasen, in denen sie ein Elternteil bevorzugen. Das bedeutet aber nicht, dass sie zu dem anderen Elternteil keine Bindung hätten.
Versuche, dir nicht zu viele Sorgen zu machen.
Alles Gute 🌷🌷
Inzwischen ist bekannt, dass Bindung und Bindungsstile flexibler sind, als ursprünglich gedacht. Es gibt kein festes Zeitfenster, in dem die Bindung festgelegt wird.
Heißt: man kann es immer wieder gut machen.
Und: Rückschläge oder schlechte Phasen sind kein Hinweis auf grundsätzliches Versagen.
Deine Kinder sind noch recht klein, denke ich, da du schreibst, dass dein sohn weint, wenn dein Mann ihn dir aus den Arm nimmt. Wenn sie so klein sind haben sie zig Gründe zum weinen. Kinder müssen sich nicht von jedem Elternteil gleich gut beruhigen lassen. Es ist ja oft so, dass Kinder einen Elternteil oder andere Bezugspersonen präferieren, schließlich seid ihr - du und dein mann - unterschiedlich denkende und handelnde Personen und deine Kinder ja auch.
Es gibt kein Zeitfenster, in dem Bindung und die Zukunft festgelegt werden. Es gibt Entwicklungsstufen, die deine Kinder erklimmen und in denen mal der eine und mal der andere Elternteil mehr gut gut.
Ich glaube aus unserer leidlichen Erfahrung nicht dass es die Bindung stört, eher im Gegenteil. Mein Sohn war nach der Geburt 3 Tage auf der Neo. Wir haben mittlerweile 2 grosse OPs durch und viele Arzttermine, Blutabnahme am Kopf, etc.Jeder Doc tatscht an ihm rum und die wenigsten warten bis er damit fein wäre. Arzttermine und einen Grossteil der OP-Sachen mache ich.
Mein Mann war die ersten Monate mit zuhause und macht eigentlich mehr am Kind als ich. Richtet ihn frühs, bringt ihn ins Bett. Ich bin im Moment trotzdem No 1 wenn Mini müde oder unleidig ist.
Uns sagte man dass die Bindung durch die intensive Pflege sehr gut ist und es da wenig Probleme mit gäbe. Mein Sohn ist jetzt 2 Jahre alt. Würde ich so abnicken.
Unser Kind lag 12 Wochen auf der Neo/Geburtenstation.
Ich glaube aber, dass das spätere "Abgeben" im Kindergarten einen größeren "Schaden" hinterlassen hat, als diese Zeit im Krankenhaus.
Das versuchen wir gerade wieder gut zu machen.
Wobei das Abgeben im Kindergarten auch unbewusst eine frühere Trennung/Einsamkeit triggern kann.
Alles Gute Euch für die Aufarbeitung! Super, dass Ihr daran arbeitet!
Hallo
Da habt ihr ja schon viel durch.
Also ja, sowas geht natürlich nicht spurlos an Kindern vorüber. Es gibt genügend Studien die das auch festgestellt haben dass Frühchen vermehrt Probleme haben im Sinne von dass sie unsicher sind bis ins Erwachsenenalter. Kann, muss nicht. Das ist auch meine Beobachtung bei unserem Kleinen der insgesamt 5 Monate im Krankenhaus war, 2 davon auf Intensiv. Auch Freunde hatten das bei ihrem Frühchen dass es extrem schüchtern war. Anderen wiederum merkt man nichts an.
Es ist sehr gut dass du dir diese Gedanken machst, lass dir da bitte von niemandem was einreden. Es ist aber kein Grund für schlaflose Nächte denn ein bisschen gilt auch hier 'Gefahr erkannt, Gefahr gebannt'. Wenn du bei deinem Kind grenzwertig oder unnormale Schüchternheit und Ängste entdeckst rede mit den Ärzten. Ber bitte mit solchen sie sich damit auskennen. Sprich ehemalige klinikärzte oder aktive dort. Unsere ehem. Ärzte sind immer noch für uns da wenn wir solche Fragen haben. Schlagwörter 'emotionale Schwäche'.
Wir haben mit 3 Jahren eine tiergestützte Therapie gemacht die wir selber finanziert haben, aber hier gibt es nen Verein der das bezahlbar anbietet . Auch Ergo kann helfen denn die körperlichen Erfahrungen können negativen Einfluss auf die Körperwahrnehmung haben. Beides zusammen hat uns viel geholfen. Es ist keine Schande dass solche Kinder mal Hilfe brauchen. Im Moment ist er zwar schüchtern bei fremden aber in unbekannten Situationen reicht meist ne kleine Ermunterung.
Es gibt ein tolles Buch dazu 'amber und ihr Esel'. .... ist aber sehr ergreifend ich lese es jetzt mit 6 Jahren Abstand und schaff es gerade so nicht loszuheulen.
Also keine Angst, wen es so ist dann kann man vieles tun.
Guten morgen
Ich bin fest der Meinung, dass die Bindung durch so etwas nicht leidet.
Mein Sohn kam im Januar 2017 bei 25+2 auf die Welt. War über 5 Monate im kkh und hat wirklich viel schei*e mitgemacht und so unheimlich viel Glück gehabt überhaupt hier sein zu dürfen.
Ich war jeden Tag bei ihm. Habe sehr viele Untersuchungen mitbekommen und auch mit festgehalten.
Auch jetzt zu Hause muss er jeden Tag inhalieren und hasst es.
Aber mein Sohn hat so ein riesiges urvertrauen. Das ist manchmal auch wieder gefährlich. Es kommt mir so vor als ob er denkt, dass schon jemand da ist der ihn auffängt🙈
Seinen papa liebt er auch... Aber papa ist nur zum quatsch machen da und ich für alles andere.
Ich glaube zwar das die zeit im kkh was mit den Kindern macht, aber es wegen dem alleine sein, keine Auswirkungen haben muss.
Also wir merken in dem Bereich zumindest nichts.
Liebe Grüße und alles Gute für euch.
Hallo,
ich möchte mich gerne Geistesblitz anschließen: Es ist gut, dass du dir darüber Gedanken machst und wachsam bist. Solche Erlebnisse hinterlassen Spuren - bei euch als Eltern und bei den Kindern. Manchmal nachhaltig, manchmal auch nicht. Natürlich sind nicht alle Frühchen oder Kinder, die nach der Geburt von den Eltern getrennt werden mussten, viele OPs hinter sich haben, ... bindungsgestört, aber nur weil nicht alle Kinder Schaden nehmen, heißt es nicht, dass kein Schaden verursacht werden kann.
Du solltest dir aber nicht zu viele Gedanken machen, weil dein Sohn sich lieber vom Papa trösten lässt. Kinder haben immer Phasen, in denen sie dem einen Elternteil näher sind als dem anderen. Manche Kinder sind auch einfach "Papakinder", andere "Mamakinder".
Sollte das erste Jahr bleibende Spuren hinterlassen haben, bin ich sicher, dass ihr das mit Liebe und Geduld ausgleichen könnt und solltest du Auffälligkeiten beobachten, hole dir Hilfe bei erfahrenen Ärzten.
Alles Liebe!
Hallo,
bei solchen Überlegungen muss man bedenken, wie früher, also vor 50, 60 Jahren aufwärts mit Kindern umgegangen wurde.
Die Mütter sind da heute häufig schon übersensibilisiert und meinen, jede Minute, die ein Baby weint, ohne dass jemand da ist, würde das Kind für alle Zeiten schädigen.
In den 60er, 70er Jahren ließen viele Mütter ihre Babies schlafend im Bettchen und gingen einkaufen. Wenn das Baby wach wurde und weinte, war keiner da. Das war dann Pech für das Baby.
Meine Oma (Jahrgang 1919) sagte immer, Schreien stärke die Lunge. Das war offenbar vor dem 2. Weltkrieg die Meinung zu schreienden Babies.
Im Krankenhaus gab es damals viel eingeschränktere Besuchszeiten als heute. Da gab es keine Familienzimmer etc. Da waren Kinder eben wochenlang weitgehend alleine dort.
Es ist nicht so, dass ich diese Verfahrensweisen für gut halte. Sicherlich hatten die Kinder damals Angst.
Wir haben unsere Kinder nie alleine gelassen, bzw. wenn, dann mit Babyphone.
Aber, wenn es um die Bindung geht, hätten 70 bis 80% der Kinder damals keine sichere Bindung zu ihren Eltern haben dürfen. Das war aber nicht so.
Um eine sichere Bindung zu zerstören, muss schon mehr passieren, als dass Mama das Baby mal spät hört oder dass ein Baby/Kleinkind eine Weile im Krankenhaus bleiben muss oder mal eine Woche von Oma betreut wird.
Dass Kinder ein Elternteil lieber mögen, durfte eher die Regel, als eine Ausnahme sein. Ich denke, das hängt mit der Art zusammen, wie jemand mit einem Kind umgeht. Das eine Kind mag eben den Spaß machenden Papa lieber, das andere die kuschelnde Mama.
Das kann sich auch alle paar Jahre mal ändern.
LG
Heike
Und das nicht erst 60/70. Ich bin 2000 geboren und war als kerngesundes Baby dennoch in einem Babyzimmer während meine Mutter auf der Geburtsstation war. Bei meinem Bruder 2 Jahre später durfte der zwar bei meiner Mutter bleiben, aber dennoch nur alle 4 Stunden gefüttert werde weil sonst die frische Milch auf alte trifft und man dadurch Bauchschmerzen kriegt 🤦🏼♀️ bei meinem Sohn vor 3 Jahren hatten wir zwar ein Familienzimmer- das hatten aber längst nicht alle, die Väter die kein Zimmer haben haben jetzt ja trotzdem keine Bindungsstörung zum Kind.
Ja... dazu kommt aber auch, dass es in meinen Augen echt verdammt viele Leute git, die gestörte Beziehungen zu ihren Eltern oder zu sich selbst haben.... ich will gar nicht wissen, was davon evtl. auf diese Behandlung in der frühen Kindheit zurückzuführen ist. Ich denke, dass der Mensch in keine Zeit und in keien Gesellschaft sonst seine Säuglinge, die ja auch Traglinge sind so fern ab von der Natürlichkeit behandelt hat, wie in den Zeiten seit der Industrialisierung.... ich bin froh, dass man davon wieder weg kommt Babies mit Absicht schreien zu lassen und alleine zu lasse und das auch noch gut zu finen.
Ich danke euch für die Antworten. Jetzt bin ich etwas beruhigter.