Sehr anstrengende Phase

Hallo zusammen,
Mein Sohn ist 2 Jahre alt und ist momentan sehr sehr anstrengend. Bei jeder Kleinigkeit die ihm gerade nicht passt fängt er an zu brüllen und zu schreien. Er schlägt um sich und wirft Gegenstände umher. Erklären oder sogar Schimpfen (ich weiss, das sollte man nicht) bringt nichts, dann wird es nur noch schlimmer.
Wir sind mittlerweile wirklich am Ende, weil er von friedlichen Momenten sofort in die Höhe schiesst und aus dem Nichts schreit.
Wir versuchen wirklich ruhig zu bleiben, aber nach 30 Minuten schreien ohne wirklich überhaupt was von seiner Umgebung mitzubekommen, wissen wir einfach nicht weiter, als ihn in sein Zimmer zu schicken bis er sich beruhigt.
Das klappt meistens, aber sobald wir ihn wieder zu uns holen fängt das selbe Spiel von vorne los.
Dinge die er noch gern getan hat, wie z.B. Zähne putzen ist nur noch eine Qual für uns und mit viel Geschrei (Kindsgeschrei) möglich.

Uns ist das auch sehr sehr unangenehm gegenüber den Nachbarn, weil das extrem lange und laut ist.
Wir hatten gelesen, dass die Kinder in diesem Alter in die Trotzphase kommen.
Aber dass das so schlimm wird hätten wir nie gedacht, zumal im Falilienkreis alle Kinder relativ ruhig waren.
Hat jemand einen Tipp wie wir durch diese Phase halbwegs gut durch kommen?
Was können wir in solchen Situationen versuchen, damit das Kind sich nicht zu sehr rein steigert und noch mehr brüllt?
Als Dauerlösung ihn in seinem Zimmer zu schicken sehen wir nicht als Sinnvoll und haben eher die Befürchtung, dass es noch schlimmer wird.

Vielen Dank für eure Tipps

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Trotzphase - ja.
Autonomiephase trifft es meist besser.

Dein Sohn realisiert so langsam, dass es Grenzen für ihn gibt.
Physische Grenzen, soziale Grenzen, räumliche Grenzen.
Dein Sohn hat eine Erwartungshaltung an seine Umwelt und wird dann enttäuscht.
Ein wichtiger und natürlicher Lernvorgang - er muss lernen Frust auszuhalten.

Aber das ist für ihn unglaublich anstrengend und - ja - einfach frustrierend.
Nun plötzlich mit diesen Entäuschungen klar zu kommen - und mit den Gefühlen die sie auslösen.

Ihr könnt ihm helfen indem ihr:

- berechenbar seid - also euch immer möglichst gleich verhaltet.
- den Tag strukturiert - Struktur und rituale geben sicherheit

- ihn im Alltag viel mitentscheiden und teilhaben lasst - Kinder die das Gefühl haben ihre Umwelt mitgestalten zu können, die gehört werden, sind oft ausgeglichener und in sich ruhender
- darf er viele "unwichtige" Dinge selber entscheiden, fällt es ihm vielleicht leichter die Wichtigen Entscheidungen (die Eltern treffen müssen) zu ertragen
"Ok, möchtest du heute mit der grünen, oder mit der blauen Zahnbürste deine Zähne putzen?"
- Kinder mitentscheiden zu lassen gibt ihnen das Gefühl nicht völlig machtlos der Situation ausgeliefert zu sein

- begleitet ihn durch seinen Frust - gebt nicht nach, Frust aushalten heißt nicht, dass die Welt nun so funktioniert wie er es erwartet nur weil er schreit.
Aber seid trotzdem für ihn da, bietet Nähe an, trostet ihn. Für ihn ist das Gefühl "Frust" schlimm, er kann es noch nicht kontrollieren.
- vielleicht hilft eine kontrollierte Alternativhandlung - Kuscheltier schmeißen, Kissen Treten - die Energie muss irgendwo hin

- manchmal hilft es auch wenn nicht Mama/Papa der Spielverderber ist, sondern etwas "Übergrordnetes"
"ich weiß du möchtest noch weiter spielen, ich hab auch gar keine Lust aufzuhören mit dir den Turm zu bauen - aber in 10 Minuten müssen wir los zum einkaufen gehen - soll ich auf die Uhr gucken oder willst du?"
Sanduhren nutze ich gerne - in den meisten Situationen hilft es dem Kind dass nicht Mama entscheidet wann wir losmüssen, sondern die Uhr.
Darf das Kind dann auch selber die Uhr umdrehen, fühlt es sich auch an, als hätte es Einfluss auf die Situation

- Wenn wir eine Aufforderung an das Kind haben "Fang doch schon an aufzuräumen, zieh schon mal Schuhe an" dann erwarten wir Erwachsenen oft eine sofortige Reaktion.
Kinder reagieren aber deutlich langsamer - sie verarbeiten informationen langsamer, brauchen mehr Zeit um sich aus einer "alten" Situation zu verabschieden und angemessen auf die Neue zu reagieren.
Eltern sind oft ungeduldig - überfordern dann das Kind und es kommt zur "trotzreaktion"
Wenn ich eine Aufforderung an ein Kleinkind richte, zähle ich in Gedanken bis 10. Wenn ich dann bei ungefähr 7 angekommen bin, setzt sich der Zwerg in Bewegung. Klappt nicht immer - aber doch erstaunlich oft ;)


Allgemein kann ich euch dieses Buch empfehlen:
(da sind die meisten Tips auch her)
https://www.amazon.de/Montessori-f%C3%BCr-Eltern-Kleinkinder-selbstst%C3%A4ndig/dp/3407866127

Wenn ein Kind erstmal richtig "drin" ist im Trotz, bringt weder schimpfen noch erklären was.
Ich bin einfach da - manchmal schnapp ich mir den Stöpsel und trage ihn ein Stück - wir gehen dann raus - bwegung und andere Reize helfen dass er sich ablenkt. Wenn wir draußen sind, trage ich ihn einfach weiter.
ich rede dann ruhig mit ihm "Ich weiß, ich gerade echt doof dass wir nach Hause müssen, kann ich leider auch nicht ändern, Pass auf - die Straße noch runter und gleich sind wir da, dann machen wir es und gemütlich bla bla bla ..." ich rede eher um mich zu beruhigen ^^
Eine Reaktion erwwarte ich nicht.

Viel Geduld wünsche ich und alles Gute! =)

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Danke für die Tipps. Wie man sieht reagieren wir leider oft falsch was die Phase nicht leichter macht. Zumal ich momentan in der 32 Ssw mit dem nächsten Kind schwanger bin und dadurch mein Geduldsfaden noch kürzer ist 🙈

Ich werde mir deine Tipss zu Herzen nehmen, vorallem das mit der Sanduhr. Da sind wir sicherlich oft ungeduldig und erwarten sofortige Reaktion vom Kleinen.

Dann kommen wir etwas leichter durch die Phase - hoffentlich.

Liebe Grüße 🌞

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Deine Antwort würde ich mir am liebsten ausdrucken und an den Kühlschrank hängen!! 👍😊

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Hi,

es gibt da ja auch viele unterschiedliche Charaktere und oft verhalten sich Kinder in der Öffentlichkeit ja auch "besser". Also kann das durchaus der Grund sein, wieso du das im Familienkreis noch nicht mitbekommen hast.

Schimpfen ist der falsche Weg, aber verurteile dich nicht, wenn es passiert. Bei uns passiert das auch häufiger Mal mit unserem Wildfang. Wichtig ist, dass wenn du falsch reagiert hast, dass du dich danach entschuldigst.

Sonst kannst du die Gefühle vielleicht spiegeln in dem Moment "ach x, du bist wirklich sauer weil dein Turm umgekippt ist, oder ? Das ist aber auch blöd! Was machen wir denn nun ? Wollen wir zusammen einen Turm bauen?"

Und vielleicht viel zusammen spielen, kuscheln usw. Vielleicht braucht er Grad einfach Nähe. 😊

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Huhu,

Ich mache es bei einem akuten Wutanfall immer so:

Wenn die Situation oder der Ort es zulassen, setze ich mich auf Augenhöhe daneben. Dann versuche ich, den Auslöser zu benennen, damit mein Sohn sich verstanden fühlt. Zum Beispiel "Das macht dich jetzt aber wütend, dass ..."

Und dann bleibe ich ruhig sitzen und warte. So begleite ich seine Wut. Meist hört es nach ein paar Minuten von alleine auf. Dann kuschel ich ihn kurz und es ist wieder in Ordnung. Funktioniert echt fast immer und er lernt, dass er auch negative Gefühle haben und äußern darf.