Sohn 19 Monate sehr offenherzig und unsicher gebunden?!

Guten Morgen ihr Lieben,

ich habe mich vor einigen Wochen bereits hier gemeldet. Da sich die Lage aktuell zugespitzt hat, brauche ich dennoch noch mal den Rat von euch.

Mein Sohn, 19 Monate, war noch nie sonderlich anhänglich. Zum Ende des 1. Lebensjahres war er 2-3 Monate sehr anhänglich und fremdelte, jetzt mit 18 Monaten hatte er auch 1-2 Wochen wo er super anhänglich und Mama-fixiert war. Nachts konnte ich kaum schlafen, weil ich das Gefühl hatte, dass er wieder in mich hinein kriechen mag. Laut Bindungstheorie sind die Anhänglichkeit zum Ende des 1. LJ sowie um die 18 Monate völlig normal. Mit einem 1 Jahr geht die Loslösung los, das macht erst mal Angst. Mit 18 Monaten versteht er, dass er ein eigenständiges Wesen ist, das macht auch erstmal Angst. Also erstmal an Mama klammern. Danach kommt die Loslösung dann so richtig in Gang.

Nun zum "Problem": Seit etwa 1 Woche ist er EXTREM offen, das bestätigte mir auch die Tagesmama. Vorzugsweise Männern hält er permanent sein Spielzeug hin, fordert deren Aufmerksamkeit ein (bei der Tagesmama macht ein Papa gerade die Eingewöhnung). Vor ein paar Tagen auf dem Spielplatz rannte er immer einem Papa hinterher, mit dem ich mich unterhielt, um ihn seinen Bagger zu zeigen. Der Papa fand es lustig, ich empfand es als sehr aufdringlich. Vor allem weil ich daneben stand, aber das Kind lieber zum Fremdem ging. Eben auf einem Indoor-Spielplatz rannte er rum und halt fast jedem Elternteilt stolz seine Puppe hingehalten. Das wars dann auch - also er will sie weder kuscheln noch sonst dort verweilen, aber Papa und ich sind komplett abgeschrieben. Lediglich zweimal kam er zu mir. Einmal, als ihm ein Kind das Spielzeug weg nahm und als er klettern wollte. Als ich mal nicht schnell genug war, nahm er sogar die Hand eines anderen Papas um über die Balken zu laufen. Sowas hat er sonst nie gemacht.

Mir ist das sehr unangenehm. Die Eltern sind auch verdutzt und wissen nicht recht, wie sie reagieren sollen. Ich halt das Verhalten nicht für normal. Ich habe bisher noch nicht erlebt, dass er Kind freudestrahlend dort rumrennt und jedem Erwachsenen das Spielzeug stolz hin hält, es wieder wegzieht und weiter geht.

Ich hoffe und bete, dass das wieder nur so eine Phase à la "Oh ha, ich bin eigenständig, sehe die Welt mit anderen Augen und probiere mich aus" ist. Sonst weiß ich wirklich nicht damit umzugehen.

Da ich Lehrerin bin und Teilzeit arbeite, hole ich ihn etwa 2-3x die Woche bereits gegen 12 Uhr von der Tagesmama ab oder bringe ihn deutlich später hin, wir unternehmen sehr viel (Zoo, Spielplatz, Kleinkindschwimmen, Spazieren gehen, was man halt so macht), er schläft bei mir im Bett, wir kümmern uns liebevoll. Papa ist seit Geburt sehr engagiert (manchmal sogar die bessere Mama) und wird voll akzeptiert und auch geliebt. Jetzt das große ABER: Im 1. Lebensjahr ging leider einiges schief (schrie die Brust + Flasche etwa 2-3 Monate an, dadurch großer Frust + Verzweiflung + am Ende sogar Wut auf beiden aber vor allem auf meiner Seite. Wir haben es in den Griff gekriegt, aber scheinbar hat er dadurch nun eine "Macke" weg und mir tut es in der Seele weh.

Ich weiß nicht wie ich gegen diese Aufgeschlossenheit ankomme. Ich weiß, dass ein Stück weit normal ist, aber in der Ausprägung habe ich es noch nicht erlebt. Mir tut mein Kind dann auch so leid - ich sehe, wie er sich Aufmerksamkeit holen will und sie aus irgendwelchen Gründen nicht von mir annehmen "kann":

Zuhause läuft es übrigens ganz anders - da klebt er sehr an uns, will viel auf den Schoß und Buch lesen, folgt uns in andere Räume, kommuniziert und spielt offen mit uns, wie das sein soll. Nur wenn wir unter Leute gehen werden wir aktuell ignoriert.

Hat denn jemand Ähnliches erlebt und kann mir eventuell etwas weiter helfen? Auch wenn es nur Mut zusprechen ist. Ich bin gerade sehr niedergeschlagen und traurig und habe Angst, dass das jetzt die neue Realität ist.

Liebe Grüße,

Matruschka

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Meine Idee dazu ist: du musst an deiner Perspektive was ändern.

An und in deinem Kind entwickelt sich permanent irgendetwas. Und alles ist irgendwie nur temporär. Morgen kann alles schon wieder ganz anders aussehen.
Hör auf zu bewerten! Hör auf, dein Kind zu bemitleiden! Begleite es, sei für es da - insbesondere wenn es Kontakt zu anderen aufnimmt, und sei es ein fremder Mann.

Mein Sohn verändert sich auch ständig. Mit ca einem Jahr hat er sich einfach bei Fremden auf den Schoß gesetzt! Bis ca. zwei hat er gerne, wenn ihm jemand sympathisch war, Kontakt aufgenommen, Spielzeug in die Hand gedrückt etc. Kurz nach dem zweiten Geburtstag hat er richtig Angst vor fremden - insbesondere vor Männern - entwickelt! Wenn jetzt Kinder in der Kita von Papa abgeholt werden, versteckt er sich hinter mir. Ich muss permanent Händchen halten 😅
Dennoch exploriert er auch stärker - es kommt mir vor wie ein Gummiband, das aktuell so überdehnt wird, dass es ihn umso heftiger zu mir zurück torpediert.

Aber ich finde es schade, wenn wir Eltern alles immer so stark rationalisieren! Wir sollten einfach da sein, bisschen mitschwingen und schauen was passiert.

Dein Kind ist vermutlich sehr sicher gebunden! Es betrachtet sich eher noch als Teil von dir, geht davon aus, nie allein zu sein. Daher ist er so unbeschwert extrovertiert - jetzt im Moment (!).

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Ich finde das völlig normal und nicht bedenklich.

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Mein Sohn grüßt auch alle Menschen und interagiert super schnell. Ehrlich gesagt freue ich mich darüber, dass er so ein offenes, selbstbewusstes Wesen hat. Ich sehe da nur ein glückliches Kind 🤷🏻‍♀️
Wo ist das Problem?

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Du kannst nicht ändern, was passiert ist.Das einzige, was du tun kannst ist, ihm eine verlässliche Bezugsperson zu sein. Der Mensch ist sehr lernfähig, er wird mit jeder positiven Interaktion seine Bindung zu dir korrigieren.

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Da bin ich mir nicht so sicher. Liest man etwas über die Bindungstheorie, lernt man, dass die Bildung der Primärbindung zum Ende des 1. Lj abgeschlossen ist, Fehler kaum wieder gut zu machen sind. Es läuft hier ansonsten wirklich alles glatt, wir kümmern uns beide sehr liebevoll. Hole ich ihn von der Tagesmama ab, quietscht er laut rum und kommt angerannt, zum Einschlafen braucht er mich zum Kuscheln etc. Und dennoch ist er Fremden gegenüber so offen, was mich sehr an unserer Bindung zweifeln lässt. Kennst du dich denn etwas damit aus?

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Aus Fachsicht zu dem Thema kann ich nur sagen, dass vieles noch ungeklärt ist. Und aus den Berichten hier im Forum auf eine Bindungsrepräsentstion zu schließen daher immer sehr sehr schwierig ist, da es bei der Diagnose (auch) um andere Aspekte geht. Und auch wenn einige Schritte im ersten Lebensjahr diesbezüglich abgeschlossen werden, es nicht heisst, dass man ein leben lang in einer Bindungsschublade bleibt. Es ist ein prozess der bindungserwerb! Es dauert nur viel länger um diese sicherheit wieder zu erlangen, wenn in der frühen kindheit echt was schief gelaufen ist, und desto später desto schwieriger, weils irgendwann dann wirklich in eine Störung endet (sofern es eine bindungsstörung wäre!) aber doch noch nicht jetzt zwangsläufig. Und im besten fall haben die kinder auch eine gewisse resilienz, die ebenso mitbeiträgt. Und wenn ich mich nicht täusch startet richtige bindung erst um den 6. Monat rum.

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Lies nicht so viel!

Dein Kind ist völlig normal. Ich kenne sehr, sehr viele Kinder, die eher offen sind und einige, die eher schüchtern sind.

Eine unsichere Bindung würde sich schon anders zeigen.

Dein Kind ist extrovertiert, das ist nicht schlimm. Man muss für mögliche Gefahren sensibilisieren, aber sonst wirklich keine Sorgen haben!

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Natürlich ist das eine Phase. Er lernt die Welt kennen, natürlich weiss er noch nicht, wie er sich gesellschaftlich "akzeptabel" verhalten soll. Ich würde mir da keinen Kopf machen.

Warum stört es dich aber, wenn ihr irgendwo in der Gesellschaft erstmals weniger intereasant seid?? Die Welt ist doch viel mehr als nur Mama und Papa, das darf ein Kind auch erkunden. Ihr bleibt eh immer die wichtigsten, das muss er doch nicht jede Minute beweisen.

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Meine inzwischen 5-jährige Tochter ist auch so.

Sehr offen, sie ist mit 8 Monaten zu anderen Leuten auf die Picknickdecke gekrabbelt und hat da mal geguckt. Kaum gefremdelt, schon immer sehr extravertiert, Interesse an anderen Kindern und Erwachsenen. Das waren mit ihr schon immer Themen, Erzieher in der Krippe werden nicht geküsst (ist jetzt aber nicht mehr so), darf man Babys auf dem Spielplatz umarmen etc. Aktuell eher sowas wie "warum erzählt man Leuten auf der Straße nicht alle persönlichen Daten..."

Bei ihr war es auch immer so, dass sie tagsüber sehr offen und autonom war, bis heute sind andere Leute oft interessanter als ich, auch, wenn es jetzt normaler wirkt. Nachts hat sie sich dann die Nähe gesucht, lange gestillt und kommt immer noch fast jede Nacht irgendwann zum Kuscheln rüber. Inzwischen merkt man auch immer deutlicher, dass sie auch eine sehr sensible Seite hat, sie Zurückweisungen sehr mitnehmen, das macht es etwas ruhiger, aber besser?

Ihre kleine Schwester ist da das Gegenteil, sehr sehr anhänglich, kann sich kaum von Mama entfernen... Ist im Vergleich eher anstrengender und sie steht sich manchmal selbst im Wege.

Garantiert habt ihr nichts falsch gemacht, er ist ein aufgeweckter, neugieriger Junge. Manches wird bestimmt bleiben, anderes sich etwas abschwächen. Er weiß, dass ihr der sichere Hafen seid und er weiß nicht, "was man so macht und was den Eltern unangenehm ist". Das ist nicht sein Problem und ihr solltet es nicht zu seinem machen, denn ihn geht es ja gut.

Ich glaube, als Eltern kann man einfach nur lernen, das Kind zu akzeptieren und wertzuschätzen, mit Stärken und Schwächen, auch in seiner Andersartigkeit. Das positive zu fördern und im "Ausbaufähigen" zu helfen.

Ich hoffe und bete, dass das wieder nur so eine Phase à la "Oh ha, ich bin eigenständig, sehe die Welt mit anderen Augen und probiere mich aus" ist. Sonst weiß ich wirklich nicht damit umzugehen.

Warum eigentlich nicht? Ihm geht es ja gut? Deine Angst? Dein Idealbild von ihm? Von Familie? Vielleicht setzt du da mal an

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Meine beiden Kinder sind so. 6 und bald 2 Jahre.
Bei dem 6-jährigen Kind find ich es manchmal grenzwertig. Bei dem kleinen Kind mittlerweile auch. 😅
Ich denk, die Erwachsenen werden sich schon äußern und wer keinen Bock hat, wird es sagen oder blöd gucken. Da bin ich dann zur Stelle und geh dazwischen.
Das große Kind hat auch wenig gekuschelt, das tut das kleine Kind jetzt mehr.
Diese Offenheit ist auch das einzige was sie gemeinsam haben. Alles andere komplett unterschiedlich.

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Also ehrlich gesagt, bin ich etwas sprachlos, was dir hier Sorgen bereitet. Dass er aufgeschlossen ist?? Ernsthaft?
Sorry, aber du siehst Probleme, wo keine sind. Hör auf zu lesen, wie ein Kind sein sollte und hör vor allem auf, dein Kind daran zu messen.
Freu dich, dass dein Kind offen und aufgeschlossen ist. Dass er zu Hause dennoch eure Nähe sucht, zeigt doch deutlich, dass er euch vertraut und eine gute Bindung hat.
Genieß einfach die Zeit mit deinem Kind, egal, wie es gerade ist - ob stur, ob trotzig, ob traurig, wütend, ängstlich, fröhlich…Kinder dürfen das und noch so viel mehr sein - ohne, dass mit ihnen etwas nicht stimmen sollte! Sei einfach für dein Kind in jeder Phase da und respektier die unterschiedlichen Bedürfnisse deines Kindes, die damit einhergehen. Mehr braucht dein Kind nicht.