So starke Gefühle… ich weiß nicht weiter

Hallo,

Mein zweiter Sohn 21 Monate stellt uns vor wahren Herausforderungen.
Er schreit, wütet, wirft sich hin ( egal ob er sich dabei verletzt ) und das so ca. 3-5 mal als Tag. Das kam bei meinem ersten Sohn so häufig in der gesamten Kleinkindzeit vor.
Dazu wirft, beißt und haut er. Zähneputzen: Drama, umziehen und Pampers machen: Drama. Also wirklich. Mein Mann weiß überhaupt nicht damit umzugehen und auch mir fällt es zunehmend schwer ruhig zu bleiben. Morgens planen wir wirklich sehr viel Zeit ein, damit wir es alle pünktlich schaffen gegen 7:30 Uhr das Haus zu verlassen ( ich stehe extra um 5 auf um Stress zu vermeiden) trotzdem eskaliert es, weil der kleinste sich einfach auch nach 25 versuchen weder anziehen noch Zähne putzen lässt und irgendwas geht es halt dann nur noch unter großem Geschrei. Jeden Morgen bin ich dann sehr unglücklich. YouTube Videos, elektrische Zahnbürste, selber putzen, er putzt bei mir… ich weiß nicht weiter.

Über Tag tyrannisiert er fast seinen großen 5 jährigens Bruder. Er wirft sich auf ihn, haut und heißt ihn. Ich bin kurz davor dem großen zu erlauben dass mal zurück zu machen, weil ich einfach nicht mehr weiter weiß… weiß natürlich, dass es nicht richtig ist.
Er schläft schlecht und akzeptiert nachts nur den Papa, wenn ich hoch gehe bin ich jeweils ne Stunde beschäftigt und er wütet dann auch ohne Ende …. Ist das alles noch normal? Oder geht das schon in Richtung… irgendwann… ich bin wirklich etwas hilflos!

1

Puh, ich fühle mit dir, das klingt super super anstrengend!

So richtig helfen kann ich leider nicht, aber ich könnte mir vorstellen dass dir das Buch „wild Child“ hilft.

Ich hab’s selber noch nicht gelesen bzw. gehört, ist bei mir aber als Nächstes dran. Hab’s schon ganz oft empfohlen bekommen und klingt für mich erstmal vielversprechend.
Jesper Juul hat glaub ich sonst auch noch was zu dem Thema

2

Ich würde das ganze entzerren und euch mehr Luft zum Atmen geben, ganz nach dem Motto: Kämpfe die Kämpfe, die du schaffst.

Er will im Schlafanzug zur Kita? Alles klar, dann geht er so.
Er will die Zähne nicht putzen? Dann gibt es ab sofort kein Zucker mehr, auch kein Obst. Das musst du ihm natürlich vorher erklären.
Er tyrannisiert den großen Bruder? In welchen Situationen? Fühlt er sich nicht gesehen?
Nur Papa darf ihn ins Bett bringen? Super, dann bringst du den großen ins Bett.

Gibt Kinder, die fordern einfach mehr, sind autonomiebedürftiger und können ihre Gefühle schlechter selbst regulieren. Wichtig ist, das du dabei bist, co-regulierst, Gefühle benennst. Er rastet ja nicht ohne Grund aus.

3

So richtig die Patentlösung hab ich auch nicht. Ganz so schlimm war es bei uns nicht, aber schon oft ziemlich krass. 3-5 mal am Tag wütet meine 3 jährige immer noch häufig. Umziehsachen hat sie gut akzeptiert.

Als Buchtipp vorweg: So viel Freude so viel Wut von Nora Imlau. Mir hat das geholfen, solche Trotz/Schreianfälle als "vorübergehende Fehlfunktion " des Gehirns anzunehmen. Das hat mir oft geholfen, meine eigene Wut, wenn man dann quasi ständig angeschrieben wird, nicht zu groß werden zu lassen.

Ein paar konkrete Ideen, die bei uns mal klappen und manchmal auch nicht, einfach als Ideen. Wenn du magst, such dir was aus, was für euch passt.

Ist morgens vielleicht die Zeit zu lang bei euch, so dass dem Kind nicht so richtig klar ist, dass es sich eigentlich schnell anziehen soll? Vielleicht zu viele Spielphasen entstehen? Bei uns klappt es oft besser, wenn wir eher knapp aufstehen, dann sag ich, dass wir uns schnell anziehen müssen und dann macht "hilft" oft auch mal die bockige 3-jährige mit, die eigentlich sich nie selbst umziehen will. Vielleicht könnt ihr da nochmal experimentieren, wie viel Zeitpuffer euch gut tut.

Kann er irgendwie mehr Dinge selbst entscheiden? Ich frag immer irgendwas. Soll ich dir was raussuchen? Möchtest du ein Kleid anziehen? Lieber den roten Pulli mit Pferd oder lieber den lustigen mit Ente? Mir ist es dann tatsächlich auch recht egal, ob das jetzt modisch passt, das tu ich mir für einen normalen Tag nicht an. Soll ich dir die Zähne putzen oder Papa? Ansonsten hilft manchmal, wenn ich Quatsch darüber mache, wie sie im Schlafanzug in den Kindergarten geht. Also, ich erzähl dann so spaßig übertrieben, was ihre entsetzt Erzieherin sagt, wenn ich sie in Schlafanzug bringe. Findet sie witzig und lenkt sie ab, während ich dann doch den Pulli überziehe...

Spricht was dagegen, dass der Papa die Nächte übernimmt? Könntest du ihn dafür anders entlasten? Wir hatten ewig eine Nachts-nur-Mama-Phase...Meistens haben wir es dann so gemacht, weil uns das Geschrei zu viel war und ich hab mich dazu gelegt. Jetzt mit 3 ist es nicht mehr so ausgeprägt. Vielleicht könnt ihr euch überlegen, ob es euch diese Kampf wert ist (allgemein finde ich das eine wichtige Frage: welcher Kampf ist euch wie viel wert? Bei was könnt ihr auch drauf bauen, dass es sich von alleine wieder gibt?)

Beim Zähneputzen hab ich immer mal verkündet, dass man, wenn man keine Zähne putzt, leider auch keine Schokolade essen darf. Eigentlich finde ich so Drohungen blöd, aber stimmt ja auch irgendwie und es hat gut geholfen.

Erfolgserlebnisse einbauen, wo es irgendwie geht. Ich glaube, oft wollen die so ganz viel und kommen nicht damit klar, dass es halt nicht so klappt, wie sie wollen. Weil es nicht geht, es jemand verbietet, sie es nicht können. Manchmal schnappe ich sie mir und sag sowas wie " komm, wir machen ganz schnell, dann bist du die erste, die angezogen ist", das findet sie ganz gut (muss man halt gucken, wie die Geschwister das dann aufnehmen, im Zweifel sag ich schneller als Papa oder schneller als das Baby, die große Schwester will vielleicht auch die erste sein...)

Wie lang ist er denn im Kindergarten? Wie klappt es da? Manchmal sind die kleinen dann auch einfach total am Ende und dann ständig unzufrieden und am Ende ihrer Kräfte. Vielleicht für ihn danach bewusst eine Zeit einbauen, in der er so sein Ding machen kann? Also, nicht mehr kooperieren muss. Abends vielleicht früher ins Bett, damit er nicht so fertig ist?

Kannst du die Situation mit dem Bruder entzerren? Meine sind jetzt 3 und fast 6 ich glaube, da ist einfach viel Eifersucht, dass der Große quasi alles besser kann. Sonst den kleinen nehmen und im anderen Zimmer kuscheln, tragen, ablenken. Draußen klappt bei uns oft besser als drinnen. Weniger Leerlauf, auch, wenn das für mich hart ist.

Ich wünsche dir gute Nerven und das bald bessere Phasen kommen

4

Hallo,

ich habe mal gehört, dass evtl Ergotherapie etwas bewirken kann und sich die Kinder dann besser selbst spüren können. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit es zumindest mal auszuprobieren.

Vg Nadine

5

Habe auch so ein Exemplar, mittlerweile 3.5, daheim. Die Wutanfälle fingen bei uns mit so 13M an und den Höhepunkt hatten wir mit so 2.5. Wobei, eigentlich hat sie sich schon als Baby wenn ihr was nicht gepasst hat, ungebremst mit dem Kopf nach hinten geworfen, hatte deswegen auch schon mal eine aufgeplatzte Lippe, fun times. Handschuhe waren bei uns der Endgegner, ich bin 2 Winter lang täglich mit einem wütenden, kreischenden, sich alle 3M am Boden schmeißenden Kind heim, wurde dazwischen immer wieder getreten und beschimpft. Der Grund-knallrote, eiskalte, schmerzende Hände, aber Handschuhe wurden trotzdem verweigert und sie ist nie in einem Kinderwagen/Buggy gesessen, deswegen konnte man auch nicht mit einer Decke wärmen. In dieser Situation konnte ich einfach nichts machen, wirklich rein gar nix. Andere, ähnliche Situationen konnte ich mit Tipps von "biglittlefeelings" auf instagram entschärfen. Jetzt kommt der nächste Winter, man darf gespannt sein wie es sich dieses Jahr entwickelt;) Ich würde aber sagen seit ca einem halben Jahr sind die Anfälle etwas besser, es gibt immer wieder Tage, wo kein einziger richtiger Anfall stattfindet.

6

ach, unser Kind hat auch immer schlecht geschlafen, wurde aber dann auch mit so 2.5 besser. Bei uns wurde nachts ausschließlich ich akzeptiert, wenn mein Mann sie hingelegt hat oder versucht hat sie zu beruhigen, hat sie sich so lange am Boden gewälzt und geschrien, bis sie vor Erschöpfung am Boden eingeschlafen ist und man sie wieder ins Bett legen konnte. Das hört sich von unserer Seite aus grausam an, aber ich war irgendwann so durch, mein musste sie auch einfach mal hinlegen, ich konnte einfach nicht mehr.

7

Ich erzähle dir das so detailliert weil ich mich immer total isoliert und verzweifelt gefühlt habe mit "so einem" kind - gefühlt hatten alle anderen total entspannte, gechillte Kinder und ich dachte auch oft, dass mit meiner Tochter "was nicht stimmt". Mir hat es immer geholfen, wenn ich mal Kinder erlebt habe, die auch "so drauf" waren. Zumindest bei uns war diese intensive Gefühlstärke einfach nur das - intensive Gefühle und einfach ein viel bewussteres Wahrnehmen der Umwelt und eine sehr sehr starke Meinung. Und das finde ich wandelt sich gerade total positiv um, sie ist im Vergleich kognitiv viel weiter als gleichaltrige Kinder (laut mehreren Pädagoginnen, ich kann das natürlich nicht beurteilen), super emphatisch, total aufmerksam und passt auf ihre kleinen Freunde auf, total beliebt bei den Pädagoginnen und in ihrer Gruppe, kurzum, ein wirklich tolles Kind. Du kannst deinen Sohn nur begleiten, seine Gefühle validieren und helfen zu lernen auch Frust auszuhalten. Diese Intensivität geht hoffentlich auch bei euch vorbei!

8

Kinder brauchen eine liebevolle und emphatische Führung.
Du musst nicht 25 mal irgendwas sagen“ bitte Zähne putzen.. komm bitte… wir gehen jetzt aber wirklich… auf Augenhöhe, an die Hand nehmen, gehen, in Kontakt bleiben, die Zahnbürste nehmen und die die Zähne putzen. Bei Sicherheit und Gesundheit entscheiden immer die Eltern.
Es ist deine Verantwortung zu Führen und durch den Tag zu begleiten und Sicherheit zu geben, dass du der erfahren bist, dem dein Kind folgen darf. Vermutlich ist er überfordert mit den ganzen Ansagen und Diskussionen und jetzt wieder YouTube.
Da weiß ich ja schon nicht mehr, wo oben und unten ist.

: „ Wir gehen jetzt die Zähne putzen ( an die Hand nehmen, den Kontakt, die Verbindung beibehalten, die ganze Zeit, atmen, zur Not buchstabiere irgendwas rückwärts in Gedanken, wenn die Wut kommt, damit wir der Teil im Gehirn angeregt, der für das logische Denken erforderlich ist, und du gibst dich deinen Gefühlen oder deiner Wut nicht hin ), ja ich sehe du möchtest lieber weiter spielen, aha du hast also gar keine Lust, ja das kann ich verstehen und ich habe hier die Verantwortung und sage, wir putzen jetzt die Zähne, weil mir deine Gesundheit wichtig ist.

9

Hallo,
ich kann das alles ganz gut nachfühlen, so hab ich auch mal gelebt#liebdrueck und es ist alles nur eine Phase.
Du hast hier schon viele Ratschläge bekommen, die ich auch geben würde.
Jesper Juul ist immer eine Lektüre wert.
Im Schlafanzug in den Kindergarten: 3x hat´s bei uns gebraucht, beim 1. Mal war er der King, danach war´s dann doch latent peinlich (die Zähne haben wir dann auch da vor Ort geputzt).
Und ganz wichtig: kämpfe nur die Kämpfe, die Du gewinnen kannst.
Und scher Dich nicht drum, was die Leute denken (das ist die schwierigste Lektion).
Zusätzlich würde ich gern hinzufügen, dass ich an Deiner Stelle mit dem Großen besprechen würde, in welcher Form er sich künftig wehren wird und darf.

10

Huhu,

Ich habe auch so ein Kind 😅
Er ist jetzt 28 Monate alt und sehr willensstark.
Wir haben auch alles mögliche versucht.

Was bei uns am Besten hilft:

- Umziehen: Kleidung wählen, die dem Kind gefällt. Die Garderobe meines Sohnes besteht zu 90% aus Kleidungsstücken, bei denen Bagger, Feuerwehrautos, Züge, Dinos etc. drauf sind (sein Interessensgebiet) 😅 Da wird sich viel bereitwilliger umgezogen.
Auch selbst aussuchen hilft oft - lasse ihn dann zB. Zwischen 2 Shirts wählen.

- Wickeln: Anreiz schaffen, was nach dem Wickeln gemacht wird ("komm, wir wechseln ganz schnell die Windel und dann können wir die Zug-Strecke aufbauen!").
Und er darf sich immer das Motiv der Windel aussuchen (aktuell sind bei unseren Windeln entweder Erdmännchen oder ein Papagei drauf) 😂

Zähne putzen: hier hilft bei uns nur, dass ich meinen Sohn nach dem Umziehen und Wickeln nicht aus dem Bad rauslasse, bis wir die Zähne geputzt haben. So ist er quasi irgendwann 'gezwungen' sich die Zähne putzen zu lassen, wenn er wieder spielen gehen will.
So klappt es mittlerweile tatsächlich gut, weil er das jetzt verstanden hat, und es ihm zu blöd ist, ewig im Bad zu bleiben