Die eigene Wut

Hello,

ich befasse mich gerade viel mit dem Thema "Autonomiephase" und würde mich über Austausch dazu freuen.

Ich höre gerade ein Podcast vom Gewünschtesten Wunschkind mit Julia Eichelmann-Freise (Mama-Wut: Gelassen durch die Autonomiephase) und einiges macht mich nachdenklich.

Eichelmann-Freise vertritt die Auffassung, dass unsere eigene Wut in Momenten der Wut unserer Kinder eigentlich gar nicht im Verhalten unseres Kindes begründet liegt, sondern eine "alte Wut" aus unseren Kindertagen ist, die wir damals runtergeschluckt haben, weil wütende Kinder damals als schlecht erzogen galten und Wut einfach nicht toleriert wurde.

Zum anderen meint sie, dass wir als Eltern nicht monoton säuselnd auf Emotionsausbrüche unserer Kinder reagieren sollen, sondern authentisch, da wir anderenfalls vorleben würden, dass wir selbst nie wütend sind und dabei versuchen, unserem Kind klar zu machen, dass Wut in Ordnung ist. Das sei quasi widersprüchlich. ABER wir sollen vermitteln, dass wie nicht wegen des Kindes wütend sind.

Hm 🤔

Ich würde mich über Meinungen und Sichtweisen dazu freuen. Bitte nur von Interessierten und kein "Nicht so viel nachdenken, früher...blabla.". Ich setze mich einfach gerne näher mit solchen Themen auseinander.

Liebe Grüße
2win (💙💗 24M)

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Oh ja, über das Thema habe ich auch schon oft nachgedacht und so die 100% stimmige Antwort habe ich auch noch nicht gefunden.

Ich habe schon vor den Kindern - auch im Rahmen der Ausbildung zur Psychotherapeutin - sehr an meinem Umgang mit dem Thema Wut gearbeitet. Denn ich habe als Kind ganz klar gelernt, dass Wut etwas schlechtes ist und unterdrückt werden sollte. Ich musste erst lernen, dass Wut gesund ist, dass Wut uns motiviert die Dinge zu ändern, die für uns nicht gesund sind. Wichtig ist es also in erster Linie, die eigene Wut wahrzunehmen, anzunehmen und ernstzunehmen. Das bedeutet aber nicht unbedingt, herumzuschreien und dabei wild zu gestikulieren. Wut zeigen und Raum geben kann auch bedeuten einen entsprechend ernsten/unzufriedenen Gesichtsausdruck zu haben und zu sagen, dass man die Situation gerade wirklich nicht okay findet.

Aufgrund meiner persönlichen Geschichte bzw. weil ich generell eine ungesunde Neigung dazu habe, mich immer diplomatisch und angepasst zu verhalten und meine Emotionen zu unterdrücken, ist es mir besonders wichtig, mich wenigstens zu Hause möglichst authentisch zu verhalten. Ich gestehe mir durchaus zu meinem Kindergartenkind zu sagen "Hör AUF, xy zu machen, das regt mich gerade TOTAL auf und ich komm damit echt nicht klar." Das wichtige daran sind die Ich-Sätze. Der Fokus muss auf mir und meinen Bedürfnissen und Grenzen liegen "Ich kann gerade nicht mehr. Ich brauche Ruhe etc." Auch das gelingt mir nicht immer, ich werde auch mal laut oder mache Vorwürfe, aber das finde ich nicht zielführend.
Genauso wichtig wie das Verhalten in dem Moment, finde ich es auch, wie man im Nachgang darüber spricht. Wenn es zu einem Konflikt gekommen war, spreche ich die Situation später nochmal an und zeige dabei viel Verständnis für das Verhalten des Kindes. Gleichzeitig spreche ich auch nochmal über meine Emotion und wie die zustande kam und dann überlegen wir, wie es beim nächsten Mal besser laufen kann. Dann gehen wir sicher, dass alles wieder okay zwischen uns ist und kuscheln viel.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass es für unsere Familie so passt. Die Kinder haben keine Angst vor mir und gehorchen sicher nie "einfach so". Wenn es ihnen selbst gerade soweit gut geht, nehmen sie gerne Rücksicht auf mich und freuen sich bzw. sind teils auch stolz, wenn sie selbst Lösungen finden, die für alle Parteien passen. Das ist ja auch ein wichtiger Skill, den sie ja gar nicht üben könnten, wenn ich ihnen nicht die Möglichkeit geben würde, meine Emotionen und Bedürfnisse nachzuvollziehen.
Wenn es ihnen selbst schlecht geht, sie unausgeglichen oder müde sind, nehmen sie absolut keine Rücksicht und machen einfach weiter. Dann akzeptiere ich das auch und überlege halt selbst, wie ich einschreiten oder die Situation anderweitig lösen kann.

Zum Glück hatte ich selbst nur ganz am Anfang das Problem, dass mich die Emotionsausbrüche der Kinder manchmal aufgeregt haben. Bei mir liegt das daran, dass ich schnell bemerkt habe, dass die Emotionen meiner Kinder gar nicht persönlich gemeint sind. Sie sind nicht wütend auf mich, weil ich die Banane geschält habe. Sie haben gar kein Problem mit mir. Sie sind furchtbar enttäuscht/ traurig/ frustriert, weil sie die Banane so gerne selbst schälen wollten und es jetzt zu spät ist.

Vielleicht liegt es wirklich daran, dass wir es selbst so gewohnt sind, die Emotionen von anderen auf uns zu beziehen. Meine Eltern haben mir schließlich beigebracht, dass es MEINE Schuld ist, wenn sie wütend sind. Also fühlt man sich vielleicht automatisch beschuldigt bzw. angegriffen, wenn ein Kleinkind wütend ist, weil man denkt das Kind macht der Bezugsperson mit dem Wutanfall Vorwürfe. Für mich war das wirklich der entscheidende Punkt, als ich festgestellt habe, dass dies nicht der Fall ist. Plötzlich war der Drang, dem Kind die Situation vorzuwerfen um mich selbst zu verteidigen weg und ich konnte entspannt bleiben. Aber vielleicht ist das auch nur mein persönliches Thema mit Wut und bei anderen Menschen sind es andere Themen.

Ich bin auf jeden Fall der Überzeugung, dass der Umgang mit Emotionen etwas ist, wo wir alle noch dazu lernen können. Reflektieren hilft natürlich, aber ich glaube viele Muster aus der Kindheit bekommt man auch nicht ganz weg. Dementsprechend ist mein Ziel eigentlich nur, es bei meinen Kindern etwas besser zu machen als meine Eltern (aber eben im Rahmen meiner beschränkten Möglichkeiten), damit meine Kinder wiederum in der Lage sind, es bei ihren Kindern noch ein Stück besser zu machen.

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Ich sehe das sehr ähnlich.

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"Eichelmann-Freise vertritt die Auffassung, dass unsere eigene Wut in Momenten der Wut unserer Kinder eigentlich gar nicht im Verhalten unseres Kindes begründet liegt,"

Mit diesem Satz wird mir aber meine Wut abgesprochen. DAS ist widersprüchlich. Einerseits schreibt sie, dass man Kindern ihre Wut nicht absprechen soll, aber meine eigene Wut als Mutter spricht sie mir mit der Aussage ab. Wenn ich wütend auf das Verhalten meines Kindes bin, dann darf ich das sein und dann ist das in Ordnung. Das ist keine alte Wut von damals wegen irgendwelchen Erziehungsmethoden meiner Eltern. Das ist MEINE Wut die ich JETZT habe und die ich haben DARF. Und ich werde doch wohl wissen warum ich wütend bin. Mein Kind darf wütend sein, aber ich darf das auch.

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Die meisten Menschen wissen sehr oft nicht, warum sie wütend sind. Ja klar, man kann den Auslöser benennen, aber oft nicht den Grund. Oft wird man wütend, weil jemand anderes eine Regel verletzt hat. Manchmal ist man sich selbst aber dieser Regel gar nicht so bewusst. Natürlich ist es eine aktuelle Wut mit einem aktuellen Auslöser, aber die Regel die verletzt wurde, hat man ja meist bereits in der Kindheit verinnerlicht. Das ist dann der alte Teil der Verursachungskette. Die spannende Frage ist dann, ob wir von unseren Kindern erwarten dürfen, dass sie sich an unsere Regeln anpassen, oder ob unsere Kinder von uns erwarten dürfen, dass wir die eigenen Regeln hinterfragen.

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Tja, das ist das Problem, das ich unter anderem mit diesem Blog habe. Vieles finde ich gut, aber einiges zu theoriegeprägt, um nicht zu sagen ideologisiert und realitätsfremd (eher in anderen Bereichen, wie das gleichsetzen der Erziehung durch Strafe mit der "wenn-dann"-Methode, die oft als einzige bei Kleinkindern funktioniert).

Es gibt nicht die eine Wut. Manchmal rege ich mich über mein Kind auf, obwohl ich eher wütend auf meinem Mann (oder Chef) bin. Oft weil ich einfach am Ende der Kräfte bin. Und manchmal vielleicht, weil das Kind irgendeine Situation oder Gefühl aus meiner Kindheit triggert. So genau werde ich das aber nie wissen, weil ich mich kaum an meine eigene Kindheit erinnere. Das ist auch unter Erwachsenen so, wenn ich auf einem Sachverhalt eher zu stark negativ reagiere, haben meine Gefühle warscheinlich weniger mit der Situation an sich zu tun, als mit anderen Faktoren, die reinspielen (oder nicht).

Vielleicht meinen sie mit "Kindern die eigene Wut zeigen" einfach nur dieses beherzte "so nicht!", das manche Kinder gar nie zu hören bekommen, weil die Eltern zu zaghaft sind, um Grenzen zu setzen. Wenn mich aber meine eigene Kindheit triggert, ist/wäre das eine hässliche Wut, die mein Kind im Idealfall nicht merken sollte, gebe ich ehrlich zu.

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Du sollst deinem Kind nicht das Gefühl geben, das es falsch ist bzw das du auf dein Kind sauer bist...sondern das du das was Pass ist, doof findest
Also nicht mit dem Zeigefinger aufs Kind aber schon vermitteln das du über das was ist, nicht erfreut bist.

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Hmm..also ich wurde selbst sehr bo erzogen und durfte wütend sein, laut und lang...meine Eltern haben mir meine Gefühle nie abgesprochen oder sie unterdrückt und blieben dabei sehr gelassen.
ICH selbst werde vor allem auf die Wut meiner Großen (6) selbst schnell wütend. Habe da aber eher das Gefühl das wir uns mega ähnlich sind...das triggert mich irgendwie. Außerdem die Erfahrung das mein großes Kind halt schnell und lang wütend wird...das stresst mich! In ihrer Autonomiephase waren 30 Wutausbrüche/Tag mit langem lauten Geschrei keine Seltenheit. Gern dauerte so was auch mal 60 Minuten und absolut NIX konnte etwas daran ändern. Da fühlte ich mich hilflos und ob der Lautstärke auch sehr gestresst. Ich bin damals nicht auf die Idee mit Gehörschutz gekommen...das hätte unsere Situationen sicher entschärft.
Ich merke das es hilft wenn ich bewust emotional etwas distanziert bleibe. Das ist aber nur in Situationen möglich wenn ich genügend Akku habe. Bin ich müde, hungrig, gestresst..dann schaffe ich das nicht gut.
Ich habe noch nie monoton gesäuselt und vertrete auch die Auffassung das wir authentisch mit unseren kindern umgehen sollten. Natürlich kindgerecht. Aber hier sage ich wenn ich erschöpft bin, genervt, gestresst, traurig, wütend...immer auch WARUM und das nie auf eine Person bezogen. Und ich sage auch was ich brauche damit es mir besser gehen kann.
Diese Dinge frage ich dann auch die Kinder, wenn sie zb wütend/traurig usw sind. In der Hoffnung das wir eine Lösung finden und das sie ihren Gemütszustand selbst erkennen und benennen lernen.

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So ist auch meine Idealvorstellung. Das hast du schön beschrieben. Und echt krass, welches Ausmaß die Autonomiephase bei deiner Großen hatte.

Ich finde es spannend, dass du bedürfnisorientiert erzogen wurdest. Ich frage mich immer, wie wohl Erwachsene sind, die so erzogen wurden. Ich wurde liebevoll, streng und traditionell - um es mal irgendwie zu betiteln - erzogen. Also nicht bedürfnisorientiert. Das kannte meine Mutter gar nicht.

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Ich wurde glaube ich auch nach heutigen Standards ziemlich bedürfnisorientiert erzogen (bin Mitte der 80er geboren), wenn auch meine Eltern den Begriff damals sicher nicht kannten.
Es gab z.B. nie Strafen wie Hausarrest, Fernsehverbot etc. Generell eher wenige Regeln und schon gar nicht „Das macht man halt so“. Meine Meinung wurde gehört, ich wurde ernst genommen, wir hatten ewig ein Familienbett… Könnte noch so weitermachen.

Mir hilft das sicherlich im Umgang mit meinen Kindern. Ich weiß, was mir damals gut getan hat und das versuche ich nun auch mit ihnen umzusetzen.
Aber: Ich bin trotzdem ein ganz normaler Mensch und eine ganz normale Mutter geworden. Ich bin auch mal ungeduldig, genervt, unfair… Und wenn ich wütend werde, ist es natürlich auch manchmal „alte“ Wut, die da mit reinspielt. Wie bei jedem. Nicht immer, aber ab und an halt. Denn auch meine Eltern haben trotz bo Erziehung selbstverständlich Fehler gemacht. So wie alle Eltern! So wie ich nun auch welche mache mit meinen Töchtern.

Die Wut -egal ob durch Altes getriggert oder im Hier und Jetzt begründet- ist in der jeweiligen Konfliktsituation mit dem Kind ja trotzdem da. Und das Kind wird diese sowieso merken. Darf es auch. Entscheidend ist für mich, dass man die Wut nicht (regelhaft) unangemessen zum Ausdruck bringt, also z.B. durch schreien, dolles schimpfen, sozialen Ausschluss des Kindes usw. Stattdessen muss ich sie angemessen vermitteln. Ich darf sagen, dass ich ganz viel Ärger im Bauch habe, dass ich eine Pause brauche, dass xy verboten ist und ich das nicht möchte… Dann weiß das Kindl, woran es gerade ist. Bestenfalls ohne sich klein, niedergemacht und / oder ausgeschlossen zu fühlen.

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Hier wird Wut im Moment gelebt 🤣🤣

Kinder sind : 14j,3,5j und fast 2

Mehr Wut in einem Haus gibt es glaub ich nicht.

Und ja,auch ich bin manchmal wütend .

Wir machen es hier so,dass wir versuchen zu sagen,warum wir wütend sind .

Und es gibt einen "Raum" zum wütend sein .
Mit Regeln

Jeder darf wütend sein,aber es wird niemandem dabei weh getan,oder es wird auch nichts umher geworfen .
In Kissen hauen und schreien ist aber gern gesehen :)

Wir versuchen einen möglich normalen Umgang damit zu haben...Wut ja,aber mit Regeln

Hoffe,es hilft dir ein bisschen weiter,Mal andere Möglichkeiten des umgangs damit kennenzulernen

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Schwierig.

Ich hatte heute eine Situation. Meine Kurze (6j) hat mich buchstäblich zur Weißglut getrieben.
Sie war frech, aufmüpfig, hörte nicht, baute nur Blödsinn. Reagierte nicht auf bitten, betteln, Verbote, Schimpfen. Es ging zum einen Ohr rein, zum anderen raus. Ich konnte sagen, was ich wollte.
Nach Stunden ist mir der Kragen geplatzt und ich bin laut geworden. Richtig laut.
Ich war so wütend und ja, ich habe sie angeschrien.
Das tat mir just in den Moment schon wieder leid, ABER es tat mir auch gut.
Nachdem ich kurz raus bin, durchgeatmet und mich selber beruhigt habe, bin ich zu ihr und habe mich entschuldigt. Aufrichtig, ihr gesagt, das mein Verhalten nicht richtig war. Ich hätte nicht laut werden dürfen, ABER ihr Verhalten auch nicht in Ordnung war und ich deswegen so wütend geworden bin. Also ja, ich ich habe ihr vermittelt, dass ihr Verhalten mich wütend gemacht hat und das finde ich auch richtig so. Das darf und muss sie auch wissen.
Das ich sie liebe, immer, aber mich manchmal eben auch diese Wut überkommt. Wir haben lange darüber gesprochen und sie hat genauso ihr falsches Handeln gesehen, so wie ich meines gesehen habe.

Wut ist ein völlig normales Gefühl und gehört zu der ganzen Bandbreite an Emotionen, zu denen wir Menschen fähig sind. Man darf diese Wut auch zulassen, muss aber eben auch lernen sie zu kontrollieren und zu reflektieren.

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„ Eichelmann-Freise vertritt die Auffassung, dass unsere eigene Wut in Momenten der Wut unserer Kinder eigentlich gar nicht im Verhalten unseres Kindes begründet liegt, sondern eine "alte Wut" aus unseren Kindertagen ist, die wir damals runtergeschluckt haben, weil wütende Kinder damals als schlecht erzogen galten und Wut einfach nicht toleriert wurde.“

Hmm….das kann ich so nicht unterschreiben. Ja, meine Eltern waren schon etwas strenger, denn Wutanfälle galten in meiner Kindheit tatsächlich als unerzogenes Verhalten.
Umso mehr achte ich darauf, dass meine Kinder ihre Wut rauslassen können (in gewissen Grenzen, d.h. es wird nichts kaputt gemacht und niemandem wird weh getan) und dafür Raum bekommen. Ich säusle da aber nicht vor mich hin. Meist erkläre ich, dass ich die Wut verstehe, manchmal hilft es Alternativen aufzuzeigen zu dem was die Wut ausgelöst hat und manchmal helfen Erklärungen und eine Umarmung. Und wenn einfach nur blind gewütet werden will, hängt meine Reaktion von meiner Verfassung ab. Mit Schlafmangel, Hunger, gestresst oder nach dem 45. Wutanfall an dem Tag darf ich auch mal sagen/zeigen, dass auch ich frustriert bin und keine Geduld mehr habe. Meist lasse ich das Kind dann einfach ein paar Minuten wüten, sage ihm dass ich gerade wegen xy genervt und deshalb im Nebenraum bin und er kommen kann wenn er sich beruhigt hat. Meist hört er dann nach 3–5min tatsächlich auf zu brüllen und ich gehe wieder zu ihm und wir kuscheln.

Ich find es ok dem Kind zu vermitteln, dass man eigene Grenzen und auch mal schlechte Tage hat. Ich brülle das Kind dann ja nicht an und haue ihm irgendwelche Boshaftigkeiten um die Ohren. Ich bin einfach auch bloß mit der Gesamtsituation in dem Moment unzufrieden. Das ist aber auf den Moment bezogen, das ist keine aufgestaute Wut aus meiner Kindheit sondern einfach bedingt durch wenig Schlaf, Stress oder weil es eben schon unzählige Wutanfälle an dem Tag gab und die Geduld langsam nachlässt.

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"Eichelmann-Freise vertritt die Auffassung, dass unsere eigene Wut in Momenten der Wut unserer Kinder eigentlich gar nicht im Verhalten unseres Kindes begründet liegt, sondern eine "alte Wut" aus unseren Kindertagen ist, die wir damals runtergeschluckt haben, weil wütende Kinder damals als schlecht erzogen galten und Wut einfach nicht toleriert wurde."

Das sehe ich nicht so. Ich glaube daran, dass wir in manchen Situationen getriggert sind, weil Emotionen aus der Kindheit hochkommen. Ich hatte mal nen Chef, wenn der mich etwas herablassend behandelt hat, bin ich (innerlich) ausgerastet. Ich war nicht wütend auf ihn, sondern habe mich an die Hilflosigkeit als Kind in solchen Situationen meinem Vater gegenüber erinnert. Jetzt, als Erwachsene einem anderen Erwachsenen gegenüber kann ich aber anders reagieren, wenn ich mir dessen bewusst bin.
Die Wut unserer Kinder müsste uns also danach an eine Situation aus der Kindheit erinnern, in der wir so einem Wutausbruch ausgesetzt waren und die Gefühle, die wir damals hatten (z.B. Angst, Trauer,...aber vermutlich nicht ebenfalls Wut?) Und nicht an eine Situation in der wir nicht wütend sein durften.

Meine unterdrückte Wut ist seit der ersten Schwangerschaft zur genüge an die Oberfläche gekommen #schein, aber nie bei einem Wutanfall meines Kindes.

Ich versuche tatsächlich nicht mit Wut auf einen Wutanfall zu reagieren, bin eher die, die "säuselt". Du bist gerade wütend, weil... das kann ich verstehen. In den Arm nehmen und aushalten.

Nur wenn ich körperlich an eine Grenze komme oder der Wutanfall gefährlich wird (Mama in den Babybauch boxen) dann werde ich auch mal wütend. Ist es nicht gerechtfertigt, entschuldige ich mich später dafür. Ist es gerechtfertigt, dann erkläre ich warum ich so wütend bin. Das muss authentisch genug sein.

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Ich wurde sehr unautoritär erzogen, konnte machen was ich wollte, ich war und bin ein Freigeist und ich erinnere mich an keine einzige Situation in der ich als Kind wütend auf meine Eltern war oder sie auf mich (die Konflikte kamen dann mit der Volljährigkeit). Zu 75 Prozent bin ich wütend auf mein 2 jähriges Kind, weil es weder bitten noch klare Anweisungen befolgt, sondern so tut als würde oder könnte es mich nicht verstehen. Klassische Situation: wir sind gerade dabei den Schlafanzug anzuziehen, sie steht plötzlich auf, geht weg, sagt mhhmhh für nein, zieht ihn sich wieder aus und meint den Kleiderschrank auszuräumen. Es ist 20 Uhr und mir reißt der Faden und raste wütend aus, obwohl mein Kind in dieser Situation sehr zufrieden war, weil es nämlich durchsetzte was ES wollte. Das hat überhaupt gar nichts mit meiner Kindheit zu tun. Auch nicht die restlichen 25 Prozent, wenn es mir nämlich vor Wut die Ohren blutig schreit. Zum Beispiel weil bei der Autofahrt etwas in den Fußraum gefallen ist und es nicht ran kommt, es aber sofort wieder haben muss. Da kann man noch so viel erklären "warte bitte kurz, wir sind gleich Zuhause, ich helfe dir gleich Gegenstand xy wieder zu dir zu bringen" und es ist der Weltuntergang und dieses Geschrei drückt bei mir auf einen Nerv und ich fange auch an zu schreien.

In sämtlichen fällen liegt meine Wut zu 1000 Prozent im Verhalten meines Kindes.

Ich würde sagen, dass meine Wut ziemlich authentisch ist, aber ich selbst finde es überhaupt nicht gut mein Kind anzuschreien. Was nützt einem die Authentizität, wenn sich alle Beteiligten noch weiter reinsteigern?

Ich habe es am Sonntag geschafft in so einer Situation meinem Kind eine Alternative zu bieten, sodass es freiwillig zu mir kam und sich dann tatsächlich beruhigen ließ und aufhörte wütend zu sein. Es vergaß dann tatsächlich dass eigentlich nicht ins Bett wollte und auch, dass es nicht die Zimmertür aufbekam. Mit diesem sanften weg sind wir beide total gut gefahren und am Ende war ich tatsächlich stolz auf mich dass ich es tatsächlich geschafft hatte, nicht selbst in eine blinde Wut zu verfallen und alles eskalieren zu lassen.

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Ooooaaarrrrr...die Auto Situation kenn ich zu gut...ich stell dann immer auf Durchzug bei mir 🥴ich hasse es...da Brauch man auch nicht reden und erklären,kommt eh nicht an 🤣

Doof nur,wenn man auf der Autobahn Richtung Urlaub ist 😳🥴