Wie geht ihr damit um wenn es Uneinigkeiten in der Erziehung mit dem anderen Elternteil gibt?
Bei uns ist es so, dass mein Mann und ich recht unterschiedlich erzogen wurden. Während mein Mann die damals übliche 80er-Jahre-Erziehung genossen hat als viel mit Bestrafung, Bestechung, Hausarrest usw. Gearbeitet wurde und auch mal ein Klaps völlig normal war, bin ich für die damalige Zeit sehr fortschrittlich erzogen worden. Meine Mutter ist selbst Erzieherin gewesen und erzog mich damals schon in eine bedürfnisorientierte Richtung. Ich hatte viel Mitspracherecht, wurde dazu erzogen meine Meinung äußern zu dürfen und Bestrafungen wie Hausarrest gab es bei uns nicht. Trotzdem bin ich mit Regeln und Konsequenzen erzogen worden und ich blicke glücklich auf eine Kindheit zurück, in der ich behaupten würde, dass meine Eltern vieles richtig gemacht haben.
Dementsprechend orientiert sich mein Erziehungsstil stark an meinem Elternhaus und ich habe oft Angst, dass mein Mann ebenso (unbewusst) Dinge aus seiner Erziehung weiter gibt, die ich aber überholt und gemein finde.
Konkret ist es so, um einige Beispiele zu nennen, dass mein Mann z.B. viel mit Bestrafungen wie "dann gibt es nachher kein Eis" oder Ablenkung arbeitet, wie z.B. "oh guck mal da ist ein Zug" wenn das Kind sich weh getan hat.
Das schadet unserem Sohn sicher nicht wirklich, ich finde aber es gibt weitaus bessere, moderne Wege.
Ganz große Streitpunkte sind bei uns das Einfordern von Körperlichkeiten "kriegt der Papa einen Gute-Nacht-Kuss?" Und (ich nenne es das "Verarschen"): Z.B. dem Kind Fisch als Fleisch verkaufen damit es gegessen wird.
Mein Mann findet das alles normal und nicht schlimm weil er ja selbst so aufgewachsen ist.
Er zieht aber z.B. eine Grenze beim Klaps auf den Po den er selbst erfahren hat, aber bei unserem Sohn nie machen würde.
Wie geht ihr mit sowas um? Es sind alles keine wirklich "schlimmen" Erziehungsmethoden aber einfach mittlerweile altbacken und verbesserungswürdig.
Bei uns knallt es leider immer häufiger deshalb und ich wüsste gern wie solche Meinungsverschiedenheiten in anderen Familien gehandhabt werden.
Erziehung: Uneinigkeit zwischen den Eltern
Wenn es nicht um prinzipiellen Dinge geht, dann ist es bei Papa das eine und bei Mama das andere.
Mein Mann lenkt unsere Kleine eher ab, wenn sie sich weh tut. Ich schaue mir die Stelle mit ihr an und puste nochmal drüber.
Ich denke, eine breite Basis an Erfahrung bereichert auch das Kind. Mein Mann wurde als Kind auch mal „verarscht“ in dem Sinne dass ihm Vitamin Bonbons als ganz besondere saure Bonbons verkauft wurden ist. Er lacht heute noch drüber und findet es mega witzig.
Habt ihr nie darüber gesprochen bevor ihr eine Familie gegründet habt? Das klafft ja recht eklatant auseinander.
Dazu kann ich nur aus persönlicher Erfahrung feststellen, dass auch die Theorie ohne Kind und die Praxis mit Kind eklatant auseinander klaffen. Zumindest bei uns. In der Theorie hatte ich zum Teil auch völlig andere Vorstellungen von der Erziehung als jetzt, wo Sohnemann da ist. 😜
Was für eine blöde Bemerkung! Sorry, aber das "klafft" nich extrem auseinander und sind nur Kleinigkeiten, die relativ normal sind. Und wer bespricht schon vorher jede Kleinigkeit der Erziehung bis aufs letzte Detail!? Klar müssen die hauptsächlichen Vorstellungen vorher besprochen werden und passen, aber die kleinen Feinheiten dürfen bei den unterschiedlichen Beteiligten gerne auch verschieden sein (sind sie auch in jeder Beziehung), das ist auch für die Kinder besser. Viele Feinheiten passt man sowieso individuell auf das Kind an, rein aus dem Bauch/Gefühl heraus. Und das ist auch gut so!
Wenn man dann ständig meint, dass der Partner falsch erzieht und nur seine eigene Erziehung für richtig hält, hat man definitiv ein Problem! Man muss da einfach mal akzeptieren können, wenn der Partner bei einigen Dingen die Sache anders angeht (es sei denn, es ist schädlich für das Kind). Wenn es dann in einer Situation schief geht, dann lehnt man sich zurück und lässt den Partner und die Kinder das unter sich klären 🤷🏼♀️
Bei uns ist es so, wie vermutlich bei vielen Eltern. Die Frau ist diejenige, die sich viel informiert und viel über solche Themen liest und nachdenkt.
Ich gebe das dann an den Mann weiter. Er rollt dann oft mit den Augen, aber kann viele Sachen schon nachvollziehen. Bei den meisten Dingen, die in die von dir beschriebene Richtung gehen, findet man ja auch verständliche Begründungen.
Grundsätzlich bin ich aber auch der Meinung, dass es schlimmeres gibt und man unterschiedliche Herangehensweisen bis zu einem gewissen Grad akzeptieren sollte.
Bei uns genauso 😂
Bei uns läuft das auch so. Vor allem das Augen rollen 😅 aber wird dann doch gerne umgesetzt
Ich kann dich gut verstehen. Ich wurde auch erzogen wie dein Partner und nehme es rückblickend als problematisch wahr und versuche es anders zu machen. Und da braucht es mehr Veränderung, als nur den Klaps wegzulassen, der war nicht das schlimmste an dieser Erziehung. Um diese erlernten Muster zu überschreiben, war es für mich nötig, mich intensiv mit dem Thema Erziehung auseinanderzusetzen und meine eigene Kindheit zu reflektieren.
Ich würde von meinem Partner erwarten, dass er meine Bedenken ernst nimmt, mir zuhört, wenn ich meine Sichtweise erkläre (andersrum hat er natürlich die gleichen Rechte) und eventuell auch zumindest ein Buch dazu liest oder hört (für mich ist das Gewünschte Wunschkind das Standardwerk und z.B. die gekürzte Fassung als Hörbuch auf dem Weg zur Arbeit halte ich für zumutbar).
Wenn dies nichts an seiner Einstellung ändert, also wenn der Partner das Thema wirklich hinterfragt hat und seinen Weg trotzdem für richtig hält, kann ich das zwar nicht verstehen, aber dann müsste ich es wohl akzeptieren. In der Regel sind aber mangelnde Auseinandersetzung mit dem Thema oder versehentliches zurückfallen in erlernte Muster der Grund für diese Erziehungsmethoden, die du bei ihm beschreibst.
Hallo,
Ich finde das auch nicht schlimm, solange es eurem Kind nicht schadet. Bei uns ist es eigentlich wie bei euch. Und das hat mich am Anfang rasend gemacht. Inzwischen kann ich gut akzeptieren, dass mein Mann es anders handhabt. Ich schmunzle manchmal drüber wenn er sich mal wieder stur an die korrekte Reihenfolge eines Buches hält obwohl Sohnemann auf Kohlen sitzt und eigentlich schon 3 Mal umblättern wollte. :D
Bei mir darf er das, bei meinem Mann nicht: "Wir schauen das richtig an."
Inzwischen merke ich aber zB, dass unser Sohn wesentlich achtsamer ist wenn er mit Papa ein Buch anschaut als bei mir. Und ich sage dir ehrlich: Das finde ich gar nicht schlecht. Er muss in vielen Dingen bei meinem Mann wesentlich mehr Geduld haben als bei mir. Und das finde ich überhaupt nicht schlecht. Denn mein Mann macht das auf sehr ruhige, gelassene Art und Weise- und dennoch bestimmend. Er findet ich verbiege mich zu oft für den Kleinen- und er hat Recht!
Mein Mann lenkt auch eher ab wenn unser Sohn traurig ist oder sich weh getan hat. Und auch das ist manchmal ganz hilfreich. Wir haben da ganz instinktiv inzwischen einen guten Mittelweg gefunden: bei mir darf er weinen und ich validiere seine Gefühle und wenn alles nichts hilft kommt dann doch Papa und bringt ihn zum lachen. Und ganz erhlich: So jemand der uns zum Lachen bringt ist doch auch was Schönes wenn es uns schlecht geht. Sich im eigenen Leid suhlen bringt dann auch nur begrenzt was. :)
Wieso findest du Einfordern von Körperlichkeiten schlecht? Macht mein Mann auch häufig, wenn Sohnemann nicht will ist es trotzdem ok. Fragen darf man doch aber. Zwingen darf man nicht.
Inzwischen hatte ich schon viele Situationen, die mich vor einem halben Jahr noch wütend gemacht haben, bei denen ich inzwischen aber merke, dass mein Mann es doch gar nicht so schlecht macht- auf seine Weise! Und manchmal denke ich, dass Frauen oft zu viel nachdenken und manchmal auch intuitiver sein sollten.
Danke für deine liebe Antwort, die mir wirklich weiter geholfen hat. Ich kann viel Hilfreiches für mich daraus mitnehmen.
Zu deiner Frage warum ich das Einfordern von Körperlichkeiten nicht richtig finde. Du schreibst "Fragen darf man doch". Das sehe ich tatsächlich nicht so. Wenn man das Gefühl hat es geht dem Kind schlecht und es braucht gerade eine Umarmung kann man es natürlich anbieten. Oder es ist ein übliches Ritual zur Veranschiedung oder Einschlafbegleitung, das unterstütze ich natürlich.
Aber außerhalb dieser Situationen, auch z.B für andere zu fragen "bekommt die Oma ein bussi?" Finde ich super problematisch weil wir nie wissen können ob ein Kind wirklich komplett aus freien Stücken handelt oder sich vielleicht doch durch die Frage unter Druck gesetzt fühlt. Außerdem ist es eine typische Täter-Strategie so vorzugehen. Kinder die es gewohnt sind auf Kommando Körperlichkeiten zu verteilen sind viel gefährdeter In solchen Situationen. Aber das ist meine Meinung, die natürlich sehr weit gesponnen ist und nicht jeder sieht das so wie ich. Das nur zur Erklärung.
Danke für die Präzision!
Das klingt sehr nach einem Ratgeber, den du zitierst, das meinte ich mit: "Frauen zerdenken oft zu viel." :)
ich sehe das anders. Mein Mann fragt sowas wie gesagt oft, wir fragen auch manchmal "Kriegt Oma zum Abschied einen Kuss?" und mein Sohn sagt das sehr deutlich wenn er das nicht will. Wenn er das will grinst er und macht, wenn er nicht will sagt er Nein und versteckt sein Gesicht. Es ist also tatsächlich nicht so, dass er auf Kommando immer mit Körperlichkeiten antwortet. Da er diese unterschiedlichen Reaktionen auf die Frage hat gehe ich tatsächlich auch nicht davon aus, dass er sich unter Druck gesetzt fühlt. Alle Omas und Familienmitglieder sind da absolut verständnisvoll und sagen und spiegeln ihm immer, dass es total okay ist wenn er das nicht will.
Anders würde es aussehen, wenn nach einmal fragen weiter gebohrt wird und nicht respektiert wird, dass er nicht will. Das wäre für mich eine überschrittene Grenze. Am Besten noch so manipulativ, à la: "Oh, dann ist XY aber jetzt seeehr traurig, wenn du ihm/ihr kein Bussi gibst." Das geht gar nicht. Dadurch würde er für mich auf lange Sicht lernen, dass er immer mit Körperlichkeiten zu reagieren hat wenn gefragt wird, weil sonst der Gegenüber traurig, wütend, enttäuscht etc ist. DAS wäre für mich das falsche Signal.
Also als Streitpunkt sehe ich diese kleinen Unterschiede in der Erziehung jetzt nicht.Ich glaube da versteifst du dich zu sehr darauf, was du für richtig hältst. Eure Kinder dürfen ruhig unterschiedliche Sichtweisen und Erziehungsstile kennen lernen und für sich entscheiden, was passt und was nicht! Da ist jedes Kind ja auch anders und braucht andere Anregungen. Kinder sind sehr wohl dazu imstande, das etwas zu reflektieren (zb dein Mann kennt es mit Schlägen auf den Hintern, würde aber selbst nicht so weit gehen)
Ich würde an deiner Stelle mal etwas den Druck rausnehmem und deshalb nicht ständig streiten. Denn das bekommen die Kinder auch oft mit bzw die herrschende Stimmung 😉
Falls du instagram hast, kannst du mal auf der Seite von Kinderdolmescher schauen. Ich glaube sie hatte zu dem Thema (oder so ähnlich) auch schon ein Video
https://instagram.com/kinderdolmetscher?igshid=NTc4MTIwNjQ2YQ==
Mein Mann und ich haben auch andere Ansichten zum Thema Erziehung. Vor der Schwangerschaft und Geburt waren wir uns ziemlich einig, im ersten Jahr auch noch. Bei uns fing es mit der Autonomiephase an. Wir hatten auch eine Phase da haben wir wegen jeder noch so kleinen Meinungsverschiedenheit gestritten, was das Thema anging. Dann haben wir uns irgendwann zusammen gesetzt und lange gesprochen und uns gesagt: wir einigen uns darauf, uns eben nicht in allem einig zu sein 😅 und das dann auch zu akzeptieren. Fällt uns beiden auch jetzt noch schwer, aber es wird besser und hängt auch stark von der Stimmung vom Kind und unserer jew. Stimmung ab. Was ich allerdings schon beobachtet habe, ist dass er meine Art der Erziehung immer öfter unbewusst übernimmt, seitdem ich es nicht mehr so oft zum Thema mache. Ich weiß auch dass es viel mit seiner Erziehung zusammenhängt und er es nicht anders kennt. Er tut sich schwer, sich damit auseinander zu setzen.
Ich würde es laufen lassen, und nur was sagen oder eingreifen, wenn du denkst, dass es deinem Kind wirklich "Schaden" zufügt. Und dann danach auf jeden Fall das Gespräch suchen (wenn die Gemüter sich beruhigt haben und ihr beide bereit seit, darüber zu sprechen).