Frühförderung als Makel?

Hallo an alle,

ja die Frage oben klingt sehr provokativ, aber seitdem wir die Diagnose bekommen haben, dass unser 3-jähriger Sohn Frühföderung braucht komme ich aus dieser Denke nicht mehr so richtig raus und ärgere mich am meisten über mich selbst.

Bei ihm ist die Entwicklungsverzögerung komplex, betrifft sowohl die Sprache (kaum 3-Wort-Sätze, undeutliches Sprechen) als auch die Motorik(springt keine Treppenstufe runter, hüpft nicht mit beiden Beiden, puzzelt nicht). Die Leiterin der Frühförderung hat schon etwas versucht mir meine Bedenken zu nehmen. Das wir erst ganz am Anfang stehen, unser Sohn viele Ressourcen hat, die einfach noch herausgekitzelt werden wollen, wir als Eltern nichts falsch gemacht haben. Meine Sorge ist vor allem, ob er die Entwicklungsverzögerung wirklich aufholen kann, oder ob er ein Leben lang davon betroffen sein wird z. B. kein Besuch einer regulären Schule usw.
Könnt ihr mir vielleicht von euren Erfahrungen mit solchen heilpädagogischen Maßnahmen berichten? Wie haben sich eure Kinder entwickelt und hattet ihr am Anfang vielleicht auch damit zu kämpfen, diesen Weg gehen zu müssen? Und wie habt ihr es geschafft trotz allem immer noch die Stärken eurer Kinder zu sehen? Vielen lieben Dank schon mal

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Hallo!

Ich kann Dir von uns berichten. Zwei meiner Jungs hatten Frühförderung, allerdings mit dem Schwerpunkt soziales Verhalten, einer zusätzlich noch bezüglich der Motorik. Sie sind jetzt beide auf weiterführenden Schulen und haben ihre Schwächen gut aufgeholt.

Bei dem ersten, der neben dem sozialen auch noch die motorische Schwäche hatte, wurde es bereits in der Krippe mit knapp drei Jahren festgestellt. Es gab kaum Kontakt zu Kindern, er hatte einen einzigen Freund, mit dem er ab und zu spielte. Meistens war er für sich. Ging selten auf andere zu. Es fiel auch der Begriff Autismus, aber das war eher eine von vielen Möglichkeiten, kein konkreter Verdacht. Motorisch waren seine Bewegungen nicht flüssig, sondern sehr stockend. Sprachlich war er schon früh sehr weit, mit noch nicht mal drei Jahren hat er ganze Sätze grammatisch richtig gesprochen samt Haupt- und Nebensätzen und eigentlich immer auch in der richtigen Zeitform

Der andere war ebenfalls sehr zurückgezogen, hat nie mitgespielt, wenn andere außer der Erzieherin gespielt haben (aber das macht er heute noch am Liebsten, wenn ein Erwachsener mitspielt). Bei ihm war es nicht ganz so ausgeprägt, aber so, dass wir das Gefühl hatten, etwas tun zu müssen, gerade auch im Hinblick auf die Einschulung. Bei ihm fiel das Ganze auch später auf bzw. er war ab einem bestimmten Zeitpunkt vom Sozialverhalten nicht altersentsprechend. Bei ihm war die Sprachentwicklung anders, er hat spät gesprochen, aber auch dann sofort grammatisch korrekt.

Wie gesagt, bei beiden hat es viel gebracht, sie gehen normal zur Schule, machen Sport und haben Freunde. Ihnen hat die Förderung viel Spaß gemacht, und eine Stigmatisierung hat überhaupt nicht stattgefunden.

LG Fifikus

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Hallo :)

wir haben eine ähnliche Ausgangslage wie ihr. Mein Sohn hat mit 3 keine 2-Wort-Sätze gesprochen. Da unsere Kinderärztin gegen Logopädie mit 3 war hat sie uns zur Frühförderung geschickt.

Dort wurde er getestet. Motorisch "zurück", Wahrnehmungsstörung, sprachliche Entwicklungsverzögerung etc.

Seitdem geht er 1x die Woche zur Logopädie und 1x die Woche kommt eine Heilpädagogin von der Frühförderstelle in den Kindergarten. Zusätzlich hat er seit knapp 2 Jahren Ergotherapie.

Die Logopädie hat quasi sofort angeschlagen. Mein Sohn ist inzwischen frisch 6 und spricht nahezu normal. Es geht nur noch um einzelne Aussprachefehler. Grammatik etc. ist super und jeder versteht ihn. Aktuell wird überlegt die Therapie vorerst zu beenden.

Motorisch hängt er gleichaltrigen noch nach. Aber: im Alltag fällt das kaum auf, nur eben bei gezielten Sachen. Er ist seit er 3 ist im Kinderturnen und seit ein paar Monaten im Fußballverein. Beides macht er gut. :)

Er wird dieses Jahr regulär eingeschult an der Regelgrundschule. Bei der Einschulungsuntersuchung wurde kein zusätzlicher Förderbedarf festgestellt. Auch seine Erzieher, Frühförderung und die Sonderpädagogin, welche die Kids im Kindergarten "begutachtet" haben keine Bedenken geäußert.

Natürlich wird ihm das Schreiben lernen voraussichtlich etwas schwerer fallen als anderen Kindern, aber das lassen wir auf uns zukommen. Dafür hat er andere Stärken - er hat ein unglaublich großes Allgemeinwissen. Er zählt bis 100 und löst im 10er-Bereich Rechenaufgaben.

Was ich damit sagen will: es kann alles gut werden und laufen! Dein Kind hat seine Schwächen, aber mit Sicherheit auch viele Stärken! :-)

Unsere Heilpädagogin sagte mal zu mir: nicht nur darauf konzentrieren, die Schwächen zu "bearbeiten". Die Stärken weiter stärken und nicht links liegen lassen, weil man das ja gut kann - nein, weiter die Stärken fördern. Die Schwächen nicht außer Acht lassen, aber auch nicht zu sehr darauf versteifen.

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Nein, einen Makel kann ich in der Frühförderung nicht erkennen.
Ein Makel ist es, wenn das Kind offensichtliche Schwächen hat, und die Eltern nichts unternehmen.
Es ist gut, dass es bei uns so viele Hilfsangebote gibt .
Dein Kind ist deshalb nicht weniger wertvoll.

Wichtig bei aller Förderung ist, die richtige Therapie zu erwischen.
Auch bei Logopädie gibt es ja unterschiedliche Ansätze. Manches hilft bei dieser speziellen Störung, manches nicht.
Also……wenn die Therapie schon länger nutzlos verläuft, auch mal hinterfragen und evtl. wechseln.
Ich bin ein Fan von Intensiv-Rehas, weil das oft sehr effektiv ist.


Man muss auch aufpassen, dass man das Kind zuhause nicht nur als Therapieobjekt sieht. Ja….man sollte sehr oft und regelmäßig üben.
Aber daneben darf das Kind auch spielen und Dinge machen, ohne dass man immer den therapeutischen Nutzen sucht. Und man darf auch mal eine Therapiepause machen.

Nicht zwingend werden immer alle Störungen behoben.
Aber dann musst du einfach jeweils entscheiden, was das Beste für dein Kind ist.
Welche Schule ? Welche Therapie ?
Auch dein Kind wird seinen Weg gehen. Wichtig ist, dass es deine Unterstützung und Zuversicht erfährt.

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Hi :)

Ich kann deine Sorgen gut verstehen. Frühförderung bekommen sehr viele Kinder und aus ganz unterschiedlichen Gründen. Das wird für seinen weiteren Lebensweg auf keinen Fall schädlich sein. Ihr seid nicht verpflichtet irgendwo anzugeben, dass er früher mal Frühförderung bekommen hat!

Ich finde auch die Baustellen klingen jetzt nicht so wild. Klar, daran muss gearbeitet werden. Aber das ist sicherlich kein Grund weshalb er keine Regelschule besuchen können wird.

Genauso wichtig wie die richtige Therapie ist aber die Ursachenforschung. Ich vermute, dass die Probleme mit der Motorik auch das verzögerte Sprechen und das NIcht-Puzzeln verursachen. Wenn dem so wäre, dann würde Physiotherapie vermutlich erstmal mehr bringen als Frühförderung. Ist euer Kinderarzt da an der Ursachensuche dran?
Ansonsten kann ich nur empfehlen euch im SPZ vorzustellen. Dort gibt es ganz andere Möglichkeiten der Diagnostik.

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Das stimmt so nicht- man muss es sehr wohl später angeben.

Beim Fragebogen für die Einschulungsuntersuchung wird abgefragt, ob das Kind Förderung hatte und wenn ja welche
Und wie lange oder ob sie noch weiter läuft.

Ist ja auch wichtig für die aufnehmende GS das zu wissen, die SL schauen ja schon, welche Kids zusammen in welche Klasse kommen
und in welcher Klasse es dann wieviele zusätzliche Förderstd gibt.
Oder ob ggfls eine Sb beantragt wird usw.

Und später beim Wechsel in die 5 Klasse wird es auch wieder abgefragt-- ob das Kind in der GS Förderung hatte, welche, wie lange , ob es noch weiter läuft usw.

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Dass es abgefragt wird und ob man es angeben MUSS sind ja zwei verschiedene Punkte.
Ich habe genau das mit einer Mitarbeiterin vom Sozialamt besprochen als wir den Antrag auf FF gestellt haben und sie sagte mir, wir müssen dazu später keine Angaben machen.
Man darf auch den Schwerbehindertenausweis verschweigen, wenn man das will.

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Unsere Tochter hat es wegen Feinmotorik und damit verbundenen Themen. Ich würde es allen Eltern empfehlen, deren Kinder ähnliche Probleme haben. Unsere Tochter geht gerne hin und merkt selbst, dass es etwas bringt. Sie ist grafomotorisch von hoffnungslos abgehängt vor einem Jahr in den Normbereich gekommen. Und ehrlich gesagt, das hätten wir als Eltern mit privatem Üben nicht hingekriegt. Und von wegen Makel, danach kräht aktuell kein Hahn und heute in zwei Jahren sowieso nicht.