Hallo, mich würde mal interessieren, wie ihr so gestrickt seid und ob ich die einzige bin, die so reagiert, wie sie es tut.
Mein Sohn ist fast 2 und manchmal macht er eben Mist. Soweit so gut. Wenn ich also sehe, wie er seinen Teller mit Essen drauf hochhebt und ansetzt, ihn auf den Boden zu werfen, dann sage ich "NEIN! Lass das!", auch tatsächlich mit erhobener Stimme, im Zweifel halte ich auch die Hand fest. Sobald die Situation vorbei ist, wie auch immer, erkläre ich, dass er das nicht tun soll und warum.
Gleiches gilt, wenn er mit einem Spielzeug nach mir schlägt. Ich reagiere direkt im Affekt mit einem lauten "AUA! Nein!" halte dann die Hand fest, nehme das Spielzeug weg etc. und der Rest passiert in Zimmerlautstärke.
Nun hatte ich heute mit einem Mann eine Diskussion darüber, warum ich unseren Sohn "immer so anschreie". Ich habe erklärt, dass die erhobene Lautstärke bei mir eine Affektreaktion ist, die ich sehr schlecht abstellen kann. Unser Sohn scheint auch nicht zu leiden darunter, er reagiert ehrlich gesagt kaum. Nun stimmt es, dass mein Mann sowas nicht tut. Er ist tiefenentspannt und durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Ich habe ihn nur extrem selten überhaupt mal die Stimme erheben hören und dafür muss schon einiges passieren. Er kann nicht verstehen, warum ich so reagiere wie ich es tue und sieht es als völlig übertrieben.
Wie geht es euch in solchen Situationen? Ist das schon "Anschreien" das dem Kind schaden könnte? Sollte ich versuchen daran zu arbeiten?
Danke für euren Input.
Definition "Anschreien"
Ich oute mich mal, ich bin auch so. Mir persönlich kommt es nicht schlimm vor, wenn es wirklich nur auf solche Situationen beschränkt ist und ich danach wieder ruhig in Kontakt gehe. Klar das Kind erschreckt sich ein bisschen, aber das ist ja quasi erwünscht. Ich will ja in dem Moment, dass es kurz inne hält und eben nicht den Teller schmeißt oder auf die Straße rennt oder mich haut. Insbesondere wenn es um Sekunden geht, weiß ich auch nicht, wie ich dem Kind sonst ein Signal geben soll, dass dann schnell genug ankommt. Wenn das Kind erst den Inhalt meiner Worte verarbeiten muss, ist es ja oft schon zu spät. Wenn es auf den Ton oder die Lautstärke reagiert, geht das viel schneller.
Und auch Wut oder Schmerz authentisch auszudrücken erscheint mir sinnvoll. Da gehört für mich ein verändertes, lauteres "Aua!" auch dazu.
Ich weiß auch, dass das viele Eltern anders sehen. Aber irgendwie ist mir nicht ganz klar, wie die Alternative aussieht. Lieber die Teller kaputtgehen und das Kind auf die Straße rennen lassen? Klar, wenn man direkt daneben steht kann man einfach eingreifen, aber wenn nicht? Was dann?
Ja, es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen "Das möchte ich nicht" und "Stop!".
Bei ersteren lässt sich drüber streiten - Beispiel: Kind will in Pfütze springen: Ja, es ist dann ggf. nass, ja, es muss umgezogen werden unter Umständen - aber es tut niemanden weh oder die "Tat" wäre gar lebensgefährlich.
Anders sieht es natürlich aus bei klaren Regelverstößen/Gefahren/anderen Wehtun. Das Kind muss den Unterschied merken, um die Situation kennenzulernen und einordnen zu können.
Ja ich denke das ist der springende Punkt. In manchen wenigen Situationen macht es Sinn laut zu werden, in den meisten nicht. Und wenn man unter Stress steht, verschiebt sich die Grenze und man wird vielleicht in Situationen laut, in denen das wirklich nicht nötig ist. Und schafft es auch nicht, die Situation so zu gestalten, dass das Kind gar nicht so viel Blödsinn macht. Sowas fällt dann manchmal auch dem Partner auf und ich denke dadurch kommen dann auch negative Rückmeldungen zustande.
Ich persönlich möchte mit meinem Kind so umgehen, wie ich mir einen Umgang mit mir wünsche. Und dazu gehört eben, dass mir gegenüber die Stimme nicht erhoben wird.
Das wünsche ich mir von niemanden.
Und ein Kind versteht die Welt eben noch weniger als wir und warum man dann lauter wird, anstatt etwas zu erklären, erschließt sich mir nicht.
"Ich persönlich möchte mit meinem Kind so umgehen, wie ich mir einen Umgang mit mir wünsche."
Ich auch! Mich störts tatsächlich nicht, wenn ich dabei bin einen Fehler zu begehen oder jemandem weh getan habe und die Person dann kurz aufschreit. Zum Fehler verhindern finde ich es sinnvoll und bei Schmerzen nachvollziehbar. Ich kenne es nicht anders, es hat mich tatsächlich nie gestört (was nicht am mangelnden Reflektieren liegt, vieles andere in meiner Kindheit hat mich sehr gestört).
Würde es dich nicht stören, wenn dich im Supermarkt jemand anschreit, weil du unachtsam bist? Oder dein Chef oder Arbeitskollege, weil du einen Fehler gemacht hast? Du hast du Aussage irgendwie nur auf deine Kindheit bezogen, wie siehst du das heute?
Anschreien finde ich nicht gut.
Man muss oft etwas in einem bestimmten Tonfall sagen, auch wenn nötig etwas lauter, so dass das Kind weiß, dass jetzt ernst ist.
Das mach ich sehr oft und das zeigt auch eine entsprechende Wirkung.
Schreien hingegen, also richtig laut, finde ich dann nur noch in echten Gefahrensituationen ok, wenn sofort reagiert werden muss.
Davon abgesehen, was ich gut und weniger gut finde, hab ich auch schon öfters mal geschrien, wenn ich keine Nerven mehr hatte.
Da bin ich aber nicht stolz drauf und hab mich danach aber auch dafür entschuldigt.
Um auf deine Frage zurück zu kommen, ob du versuchen solltest, daran zu arbeiten:
Ich finde ja. Für deinen Mann ist es ein Problem und er wünscht sich, dass du anders mit eurem Kind umgehst. Und öfters mal schreien ist sicher nichts, was für die Erziehung wichtig ist.
Deswegen würde ich schon versuchen, etwas ruhiger zu bleiben, was nicht heißt, dass man immer nur lieb ist.
Das Kind kann durchaus Emotionen von anderen kennenlerne, auch Wut und Ärger.
Aber wie gesagt, ein bestimmter Tonfall ist meiner Meinung nach völlig ausreichend.
ich hab jetzt Mal nicht die Antworten gelesen und erzähle einfach wie es bei uns ist. wir sind sehr ruhige Menschen. ich neige allerdings schon dazu auch Mal schneller aus der Haut zu fahren, allerdings verkneife ich es mir so gut wie möglich bei meinem Sohn. in Situationen die du beschreibst reagiere ich tatsächlich nicht so. es klingt für mich im ersten Moment ehrlich gesagt etwas übertrieben, da gleich die Stimme zu erheben, aber jedes Kind ist anders und die Frage die sich mir im Anschluss stellt ist, wie gut hört dein Kind in der Regel.
mein Sohn ist jetzt 25 Monate alt. wenn ich deine Beispiele im Vergleich nehme und er die Schüssel hebt um sie zb umzudrehen, dann hab ich sie Hand meistens schon da und sage in der Geste des festhaltens, dass er das bitte lassen soll. meist versucht er es trotzdem, aber ich bin stärker, nehme sie ihm vielleicht dann auch weg und Stelle sie wieder richtig hin, erkläre dabei was Sache ist und oft hat es sich damit. derzeit hebt er die Schüssel oder den Teller eigentlich nur immer, um sie von sich weg zu stellen/schieben/schaffen, wenn er fertig ist oder lieber spielen möchte statt selbst zu essen. für mich gibt es da keine Diskussionen drüber, da ich das sinnlos finde, er hat einige Bissen selbst zu sich genommen, somit etwas Übung mit dem Besteck bekommen und ab da fütter ich dann weiter. so war's eigentlich schon immer. wenn es Mal ausartet (er ist sicher auch kein Wunderkind und hört oft nicht) und er absichtlich Zeug runter wirft, sei es Essen, oder anderes von Tisch, wird es einfach aus seinem erreichbarem umfeld geräumt, je nachdem gibt's dann den Bock mit Geschrei. dann halte ich seine Hand, oder, wenn er es zulässt, streichel ich seinen Kopf und Versuche zu erklären. <--- bezieht sich komplett auf das Tisch Beispiel
wenn es ans körperliche geht ist das schon etwas anders. er hat es raus Kopfnüsse zu verteilen, gerade hat er wieder beißen für sich entdeckt und kneift ... alles versuchen wir schon von Anfang an im Keim zu ersticken, aber ich habe gemerkt, dass das eine der Sachen ist, die wohl wirklich erst fruchten, wenn er in der Lage ist Empathie zu empfinden. also kann es hier durchaus passieren, dass wir auch Mal laut werden. aber auch hier wird nicht sofort geschrien. erst im ruhigen "spatz! keine kopfnüsse!" in aller Regel klappt es, genauso mit dem beißen. es passiert eigentlich immer im toben, wenn er anfängt zu übertreiben. daher ist auch der Standartspruch "nicht übertreiben!" bringt noch nicht viel, aber irgendwann versteht er das Wort und den Zusammenhang. hört er nicht auf wird festgehalten oder wie entziehen und, dann wird eben nicht mehr getobt. oft bringt dann auch schon ein "ich stehe auf und gehe raus wenn du nicht aufhörst" schon was ... natürlich hilft auch das nicht immer und wenn er doch weiter macht bzw machen will, wir lassen ihn natürlich nicht, dann wird die Stimme auch schon Mal nachdrücklich lauter. bei allem wird auch immer erklärt, dass und das auch wehtut. aber das kann er noch nicht verstehen, das kommt ja erst so in einem Jahr. dennoch ist dranbleiben immer gut, damit sich die Sachen im Gehirn manifestieren und er, wenn er es verstehen kann, bereits weiß und dann nicht erst angefangen muss es ihm beizubringen.
ich interview auch stark, ob er Sachen versehentlich macht, oder absichtlich. wenn er mit seinem hämmerchen gegen eine Scheibe haut, weil das Geräusch toll ist und anders als was er kennt, kann es auch schon Mal eher laut werden, bekomme ich im toben eine kopfnuss, weil er sich herum geworfen hat und ich vielleicht zeitgleich den Kopf in die falsche Richtung bugsiert hab, dann wird erklärt, dass er vorsichtig sein muss.
auch wenn es jetzt nicht so klingt, er kennt ganz viel nein bei uns, hat eigentlich viele Regeln, aber wir setzen alles eher ruhig durch und trotzdem konsequent
Wenn mir jemand unerwartet stark wehtut, rufe ich instinktiv "Aua" und sondiere danach, ob es Absicht war oder was überhaupt passiert ist. Ich dachte ehrlich gesagt, das würde fast allen Menschen so gehen. Aber offenbar gibt es einige, die davon völlig unberührt bleiben. Interessant.
nuja, ich sage auch aua, klar, selbst wenn ich mich stoße und es eigentlich nicht weh tut sage ich aua, rein aus reflex. teils kann ich mich bei meinem sohn aber auch schon drauf einstellen, dass es wehtuen könnte und warne ihn daher schon vor. ich kenn ihn halt und kann ihm (noch) ansehen was er vor hat. im moment zb beißt er wieder gern. er nähert sich meiner nase mit offenem mund und da weiß ich schon was er vor hat und kann vorher agieren. wenn er rumeiert und sich beim toben herumwirft, weiß ich inetwa, wo sein kopf landet und versuche ihm aus dem weg zu gehen während ich mit ihm tobe und ihn dabei versuche zu sichern (er ist echt extrem aktiv, aber ich will es ihm auch nicht von vornherein untersagen, er soll sich ja bewegen) wenn er anfängt zu übertreiben, versuche ich ihn auch gleich mit ruhigen worten zu zügeln. gestern hat er, ohne vorwarnung, mit seinem dickkopf wiedermal meine lippe erwischt. klar kam da auch ein deutliches au scheiße, aber ich weiß nicht warum, aber ich fahre da nicht gleich aus der haut, ich weiß, dass er es nicht mit absicht gemacht hat. meistens erschreckt er sich dann sowieso erstmal und dann erkläre ich wieder, warum er ruhiger machen soll und nicht so rumeiern.
aber wie ich schrieb. auch wenn ich beim ersten lesen das sofortige laut werden übertrieben finde, dann meine ich das nichtmal verurteilend. jedes kind ist anders. du hast ja deine erfahrungen mit deinem kind, das entwickelt sich einfach mit der zeit, mein sohn hört relativ oft (relativ) ich hab keine ahnung wie lange das noch so sein wird. er hat auch trotzdem wir ruhig sind extreme trotzanfälle, schreit, wirft sich umher, oft können wir ihn kaum noch im arm halten wenn er was nicht will oder wir nicht so wollen wie er und dann müssen wir ihn irgendwie sichern, damit er sich nicht verletzt. vielleicht hat es sich deshalb auch einfach so eingespielt. ich kanns nicht sagen. und ich bin auch nicht die super und immer ruhige. an manchen tagen treibt er uns auch zum wahnsinn und dann wirds auch mal lauter, aber eben nicht immer und nicht immer sofort. selbst mein mann ist schon aus der haut gefahren und der ist noch weitaus ruhiger als ich. als der kleine seine erste beißphase hatte und ihm beim wickeln immer in die schulter gebissen hat, sogar mit spuren ... irgendwann wurds meinem mann da auch zu bunt und er wurde im affekt richtig laut, weils halt auch extrem wehgetan hat.
keine ahnung wie lange das so noch (gut) geht. kann sein, dass es irgendwann auch schlimmer/lauter bei uns wird. derzeit hält es sich halt noch in grenzen und ich hoffe, das bleibt auch noch eine weile so.
vielleicht achtest du einfach nur ein wenig mehr drauf in welchen situationen du laut wirst und schaust, ob es wirklich nötig war in der situation. vielleicht geht es deinem mann dann auch mit dem ganzen besser. ansonsten lass ihn das in zukunft regeln und schauen, ob er es besser handeln kann.
Wir haben als Kinder auch Anschiss bekommen und sind jetzt nicht dadurch verstört oder so.
Ich bin Team alte Generation und finde es nicht schlimm.
Schlimm ist wenn du dein Kind packst und schüttelst und dabei anschreist oder halt haust
Ich weiß ja nicht wie sehr du die Stimme erhebst. So wie du es beschreibst, würde ich es nicht Anschreien nennen, aber dein Mann empfindet das offenbar anders.
Ich würde tatsächlich in solchen Situationen nicht schreien, sondern ruhig und bestimmt sagen, dass mein Kind das nicht tun soll. Schreien tue ich nur, wenn etwas wirklich gefährlich wird....oder wenn derartiges Verhalten schon den ganzen Tag läuft und ich irgendwann leider die Nerven verliere.
Ich erhebe auch meine Stimme...und wenn sie richtig scheiße bauen (die Minis sind nur 3 und 4...Dynamit pur) ja ...dann schrei ich auch Mal .
Die Erklärung und ein ruhiges Gespräch kommt trotzdem noch .
Ich hab hier mit 2 Minis und einem Teen einfach weder Zeit ,noch Nerv, jedesmal ein Stuhlkreis mit erdbeertee zu machen, und alles drölf Mal zu erklären.
(Übertrieben jetzt )
Aus Erfahrung, bringt es nämlich nichts !
Es gibt viele Situationen,wo man schnell und fix reagieren muss ...und da erhebe ich die Stimme...und wenn sie richtig mist machen, ja...dann ist es halt auch Mal so 🤷
Dass Anschreien nicht gut ist, ist denke ich Konsens. In den Beispielen hier geht es aber ja eher um "erschrecktes Aufschreien", das nochmal ganz etwas anderes ist. Ein "Au" oder "Stop" gefolgt von einer Erklärung ist doch kein "An"schreien.
Ich frage mich gerade, wie ihr alle euren Kindern beibringen wollt, dass Schlagen, Hauen, Kratzen, Beißen wirklich WEH tut, wenn ihr nicht mal "Aua" ruft, sondern nur in ruhigem Ton flötet, dass ihr das nicht möchtet, weil es weh tut.
Das ist doch nicht authentisch? Wie soll das Kind das denn verstehen und einordnen können? Und zum Thema, "ich verhalte mich dem Kind ggü so, wie ich möchte, das man sich mir ggü verhält". Nur mal angenommen du verletzt aus irgendeinem Grund ein Familienmitglied: findest du da nicht einen Schrei des Schmerzes und ggf sogar Tränen vom Gegenüber als einzig angebrachte Reaktion? Ich hab grad so ein Bild im Kopf, als mein Mann die Tür zuschlug und meine Finger noch drin waren. Da wäre ein lächelnd gesäuseltes "Lieber Schatz, das hat mich gerade verletzt, ich würde es begrüßen, wenn du das nächste Mal umsichtiger wärst und mich außerdem kurz zum Arzt begleitest" doch maximal unauthentisch. Natürlich hab ich da geheult und vor Schmerz geschrien.
Und genauso darf doch auch ein Kind sehen, dass es weh tut, wenn es mir ein Büschel Haare ausreisst oder mir einen Bauklotz an den Hinterkopf wirft. Mein Kleiner hat mal ein Buch nach seiner Tante geworfen. Sie wurde von der Ecke am Auge getroffen. Niemand hat ihn geschimpft, aber natürlich hat sie vor Schmerz und Schreck laut aufgeschrien und danach vor Schmerz geweint. Die Lektion hat gesessen - er hat sowas niemals wieder gemacht, weil es ihm so leid tat, als er sah, was durch den Wurf passiert ist. Hätte sie die Zähne zusammengebissen, nur gesagt "ich möchte das nicht, du hast mir weh getan", hätte das bei weitem nicht den gleichen Effekt gehabt- weil es für das Kind völlig abstrakt geblieben wäre.