Abbruch, kann man das vergessen oder denkt man da ein Leben lang dran?

Guten Abend!
Ich habe vor knapp 10 Jahren einen Abbruch vornehmen lassen, damals war ich 14. mittlerweile habe ich zwei gesunde Mädchen.

Trotzdem denke ich ab und an noch an das Kind das hätte sein können. Ob die Entscheidung so richtig war etc.

Wie ist das bei euch?

Kann man einen Abbruch auch vornehmen lassen und dann einfach zur Tagesordnung übergehen?

Nachdenkliche Grüße

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Frauen reagieren unterschiedlich.
Gerade Mädchen, die ganz jung abtreiben, haben es schwer. Denn das Alter selbst ist der Druck. Sie treiben nicht ab, weil sie davon überzeugt sind, sondern weil man eben muss, weil man doch so jung kein Kind bekommen kann. Der Druck ist da enorm. Von sich selbst, vom Umfeld, von den Eltern. Gerade das sind Problemfälle.
Ebenfalls leiden auch häufig Frauen, die zwar ein Kind haben würden, aber abtreiben, weil sie dazu gedrängt werden, weil sie finanziell echt ruiniert sind, keine Kraft haben, der Partner gewalttätig ist usw. Der Abbruch erfolgt nicht aus der Überzeugung, sondern, weil die Umstände soviel Druck machen. Gerade auch bei Frauen, die schon Kinder haben, die sich dann einreden, abtreiben zu müssen, um ihren bereits geborenen Kindern gerecht zu werden. Häufig scheitern sie psychisch am Abbruch.

Aber, und den Fehler machen Abtreibungsgegner, indem sie das Post Abortion Syndrom so hoch halten, gibt es Frauen, für die es kein Problem ist. Schau dir an, wie die Abtreibungsquote in der DDR war, wie sie heut ein Russland ist. Da ist es eher schon eine Ausnahme, wenn eine Frau in ihrem Leben keine Abtreibung hat. Da wäre die Mehrheit der Frauen ja ein psychisches Wrack. Es gibt Frauen, für die es überhaupt kein Problem ist. Abtreibung wie ein unangenehmer Zahnarztbesuch, denen es für die Psyche nicht mehr ausmacht, als zu verhüten, als wäre es aber rein gar nichts, ein kleiner Eingriff, sonst nichts.

Wertneutral kann kaum jemand darüber schreiben, jeder hat seine Meinung. Es ist nicht einmal so, dass religiöse Frauen mehr Probleme haben, ich kenne selbst atheistische Abtreibungsgegnerinnen, die selbst ein Kind bekommen, wenn es vom ONS ist. Und ich kenne gläubige Frauen, die gehen abtreiben, damit sie bei der kirchlichen Hochzeit noch keinen Bauch haben, was ja so peinlich wäre. Und damit überhaupt kein Problem haben.

Ich habe selbst in einer Beratungsstelle gearbeitet. Habe den Job aber aufgegeben, weil ich den Anforderungen nicht gerecht werden konnte, insbesondere ist die gesetzliche Anforderung ja widersprüchlich. Es gab ja in der Böhmer-Diskussion ja mal die Aussage, es gäbe Frauen, die gehen nur abtreiben, damit sie im Sommer ihre Bikini Figur haben. So weit hergeholt ist das nicht. Es gibt Frauen, die setzen in einer festen Partnerschaft die Pille ab, damit sie schwanger werden, merken dann, dass es doch nicht so ideal ist, weil Geburtstermin um die Prüfungen herum wäre, und treiben dann schnell ab. Oder unbedingt schnell den Schein haben wollen, damit sie schnell die Abtreibung durchziehen können, wenn der Partner auf Geschäftsreise ist, damit er nichts merkt, da er sich ja Kinder wünscht. Es gibt Frauen, für die Abtreibung einfach rein gar nichts ist, die danach nur erleichtert sind, nicht mehr schwanger zu sein, da eben ethisch so werten, als würden sie die Pille nehmen. Das gibt es eben auch. In den 70ern war man noch ehrlich, "mein Bauch gehört mir", "wir haben abgetrieben". Heute redet man sich ein, Frauen treiben nur ab, wenn sie "müssen". Das stimmt eben so nicht, für viele ist es absolut kein Problem.

Eine Sache, die mich in meiner Ausbildung mal fasziniert hat: Eine Frau, 14.SSW, Abtreibung gerade noch möglich, wird von einer Beraterin gefragt, ob es ihr nichts ausmacht, wenn es schon so weit ist. Sie guckt auf das Ultraschallbild, nene, sind ja nur 8cm, macht mir nix. Es war nicht so, dass die Frau irgendwie bösartig war, aber es war für sie wirklich nichts. Das gibt es eben.

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Hallo,
diese "was-wäre-wenn"-Gedanken kenne ich auch. Mein Kind wäre heute 13 Jahre alt. Die ersten 6,7 Jahre nach dem Abbruch habe ich am Jahrestag des Abbruchs sehr viel daran gedacht, und irgendwann verblasste es dann. Heute weiss ich das genaue Datum nicht mehr. Das ist auch gut so und ich habe deswegen kein schlechtes Gewissen. Ich habe die Entscheidung damals gut abgewogen und muss sagen, dass ich den Abbruch selbst nicht bereue.
Es macht mich dennoch manchmal traurig, dass es passiert ist. Es ist für mich aber wichtig, diesen Unterschied zwischen "traurig sein" und "bereuen" wahrzunehmen.

Mich macht die Stigmatisierung von Frauen die abgetrieben haben unglaublich wütend. Auch wenn man sich die aktuellen Debatten in den USA anschaut oder das absolute Abtreibungsverbot in Polen, kommt mir die Galle hoch. Frauen haben immer abgetrieben und werden es immer tun - die Gründe dafür sind so vielfältig wie die Frauen selbst. Es sagt m.E. viel über eine Gesellschaft aus, wie sie mit solchen Themen umgeht.

Liebe Grüsse, tatzel

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"Abbruch, kann man das vergessen ..." ... Sofern ich nicht durch einen Unfall mein Gedächtnis verliere - NEIN. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass auch nur eine Frau auf der Welt deine Frage mit "ja" beantworten könnte.

Ich hatte den Abbruch vor 6 Jahren. Meine aus Überzeugung getroffene Entscheidung, die ich bis heute keine einzige Sekunde bereue. Aber vergessen?? ... In mir wuchs Leben heran, aus meinem Körper wurde " etwas entfernt". Sowas kann ich nicht einfach vergessen. Was ich sehr wohl kann ist nicht daran zu denken. Aber nicht daran denken heißt nicht es vergessen zu haben.

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Kann man einen Abbruch auch vornehmen lassen und dann einfach zur Tagesordnung übergehen?

SO klingt das ziemlich hart, ich denke mal, das kann keine Frau, da muss sie schon recht hartgesotten sein.
Vergessen wird man es sicher nicht, es verarbeiten und seine Entscheidung akzeptieren kann man !
Denn in 99% der Fälle gehe ich davon aus, dass man sich die Entscheidung nicht leicht gemacht hat, dann kann man sich auch mit ihr aussöhnen.
LG Moni

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Ich sage Nein man kann sowas nicht vergessen .Aber sorry finde das hier gehört nicht in den Kinderwunsch Forum.Es gibt genug Negatives und viele Frauen haben es schwer genug schwanger zu werden und finde das passt einfach nicht hier rein.

Sorry nicht böse verstehen meine Meinung.

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Wir sind hier bei "ungeplant schwanger" #kratz
da gehört die Position Abbruch definitiv dazu

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Hi,

na, vergessen sicher nicht, ich denke aber was Du meist ist etwas anderes, nämlich ob man trotz eines Abbruchs ein psychisch unbelastetes Leben haben kann.

Ich hatte vor 3,5 Jahren einen Abbruch. Wurde ungeplant schwanger, wegen Zyklusunregelmäßigkeiten und eine Phase mit Diarrhoe. Ich hatte damals gerade den ersten vernünftigen job nach dem Studium angenommen, wirklich genau einen Monat vorher, und für mich war es absolut undenkbar.

Mein Freund - heute Mann - sagte damals, er steht hinter mir, egal wie ich mich entscheide. Kind ja, kein Kind auch ja. Das hat mir sehr geholfen, und auch die Tatsache dass ich es ganz früh bemerkt hatte und wirklich noch einige Tage in Ruhe nachdenken konnte.

Ich für mich habe entschieden, dass ich dieses Kind nicht wollte.

Hatte den medikamentösen Abbruch, und es war absolut krass, vorher war mir hormonell bedingt jeden Tag speiübel, JEDEN Tag von morgens bis abends. Als ich nach dem Abbruch (oder das ist ja dann noch so irgendwie während des Abbruchs) die Praxis verlassen hatte, war die Überlkeit weg und ich war grenzenlos erleichtert. Strange, was die Psyche da offenbar auch machen kann.

Ich denke jetzt nicht wirklich daran. Ich gebe es vor meinen Freunden zu, bin auch als ich dann später gewollt und bleibend schwanger war zum gleichen Gynäkologen und habe das Thema dort nicht ausgeblendet oder so.

Also, ich denke es gibt Menschen, und da gehöre ich sicherlich dazu, wo es keine seelischen Schäden hinterlässt.

Warum das aber so ist, oder welche "Sorte" jetzt die besseren Menschen sind oder ähnliche Fragen, ich glaub das kann wirklich keiner beantworten.