Sich selbst eine Abtreibung verzeihen

Hallo,

ich schreibe etwa ein Jahr nach einem Abbruch und hoffe auf Austausch.
Ich wurde Ende 20 schwanger und war frisch mit meinem Partner ( jetzt immernoch ) zusammen.

Leider hatte ich mir vorher nie Gedanken über eigene Kinder gemacht oder irgendeinen Wunsch gehabt und es traf mich wie ein Schlag.

Ich habe mir einige Wochen Zeit genommen, habe aber ausser Überforderung und dem Gefühl von "Ich will das nicht, dass das Schicksal jetzt über mich bestimmt" nichts gefühlt. Rein äusserlich wäre es total okay gewesen, finanziell, die Partnerschaft frisch aber vielversprechend ;)

Ich war total im Abwehrmodus, super panisch und habe wirklich nichts positives gefühlt ausser, dass mein Partner sich dahin entwickelt hat das Kind behalten zu wollen.

Leider habe ich es nicht bekommen und nach zwei Anläufen einen Abbruch gemacht...


Heute geht es mir damit nicht gut, ich habe mich sehr doll in die Richtung entwickelt die ich nicht erwartet hatte.. Neuer Job, Kindewunsch, Partnerschaft gefestigt.

Und nun sitze ich da und denke ständig, dass ich es hätte bekommen sollen und verstehe nicht, wie ich so "leichtfertig" abtreiben konnte. Es zerreist mich oft, vorallem weil mein Partner sehr verltzt ist und für sich das Gefühl hat, er habe mir damals keine Sicherheit geben können.


Gibt es Frauen unter euch, die etwas ähnliches durchhaben? Einen Abbruch "nur" aus schlechten Gefühlen?


Ich würde mich über Austausch und natürlich auch nette Worte von anderen freuen,

Danke

Ani

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Hallo liebe Anoukii!

Ich treibe mich seit Tagen schon in diesem forum rum, ich schreibe in schwarz weil ich gerade selber einen Beitrag hier rein geschrieben habe und möchte zur Zeit einfach anonym bleiben 😊 ich selbst habe mich gerade zu einem Abbruch entschieden und leite gerade alles in die Wege. Du schreibst, dass du "leichtfertig" abgetrieben hast. Doch weiter oben schreibst du auch, dass du dir einige Wochen Zeit genommen hast und nach 2 Anläufen hast du den Eingriff machen lassen. Also ich verstehe es so, dass dies keinesfalls eine leichtfertige Entscheidung war. Also solltest du dir keine Vorwürfe machen #liebdrueck

Auch ich frage mich natürlich, wie es mir ergehen wird nach dem Abbruch. Nach ein paar Tagen, ein paar Wochen oder nach einem Jahr? Das kann man im Vorfeld nicht wissen. Das einzige was ich dir mit auf den Weg geben kann, was ich natürlich auch mir gerade sage. Wenn man sich für eine Entscheidung eine Weile Zeit genommen hat und die Entscheidung getroffen hat, sollte man im Nachhinein auf sein eigenes Urteilsvermögen vertrauen. Man sollte daran denken, dass jeder Gedanke und jede Entscheidung eine Berechtigung hat. Man sollte es nicht bereuen sondern akzeptieren, dass die Entscheidung zu genau diesem Zeitpunkt die richtige Entscheidung war. Und das bedeutet nicht, dass man ein Jahr später nicht anders entscheiden würde. Dein Leben hat sich weiterentwickelt und du hast heute andere Ansichten als damals. Aber deshalb war damals die Entscheidung nicht falsch. Man entwickelt sich weiter und somit auch die Ansichten und Lebenserwartungen.

Ich hoffe dieser Gedanke hilft dir ein wenig.

Liebe Grüße

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Danke dir.

Ich sehe es grundsätzlich auch so, bleibe aber mit der Frage zurück ob ich wirklich gut darüber nachdachte weil ich ich eher wie "gelähmt" fühlte und es verstrich zwar die Zeit, aber ies war als konnte ich nicht klar denken. Du weisst vielleicht wie ich es meine, von Überforderung gesteuert.

Und ja klar, auch das sind Gefühle und die sind okay, aber ich wünsche mir, ich hätte damals klarere Gedanken fassen können und frage mich ob ich dafür genug tat.

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Liebe TodayinBlack,

du möchtest Anoukii etwas mit auf den Weg geben: Im Nachhinein dem eigenen Urteilsvermögen zu vertrauen.
Nun bist du aber selbst noch im Vorhinein. Du kannst es dir zwar vornehmen, weißt aber auch nicht, wie es dann im Nachhinein sein wird und wie es längerfristig sein wird.
Es ist, wie du schreibst: jeder Gedanke und jede Entscheidung hat ihre Berechtigung hat.
Deshalb ist jeder Gedanke und jede Entscheidung auch sehr individuell und kaum übertragbar.

Das Urteilsvermögen kann im Zusammenhang mit einer unerwarteten Schwangerschaft eben in den Grundfesten erschüttert sein.
Daher kann sich die Entscheidung für die eine Frau im Nachhinein bestätigen, für eine andere gerade nicht.
Und das vielleicht sogar eher, wenn sie mehrmals umentschieden hat und dann fast wie plötzlich entscheidet, weil die Zeit knapp wird und das lange Hin und her so erschöpfend war. Dann muss einfach eine Entscheidung her. Und Entscheidung bedeutet dann Abtreibung, weil es eine Erleichterung in Aussicht stellt, die dann auch erstmal eintritt.
Sich in die Mutterrolle einfinden oder die Situation neu ordnen, damit das Kind reinpasst, das gibt keinen schnellen Gefühlsumschwung, sondern eher einen langsamen.
Die Entscheidung für eine Abtreibung nach langem hin und her kann also heißen: in der Erschöpfung nach einem Strohhalm greifen.
So scheint es für dich nicht zu sein, sondern eher gegründet.
Es ist gut, wenn du deiner Urteilsfähigkeit trauen kannst!
Die TE hier (im anderen Thread schreibt ihr euch ja umgekehrt) steht woanders als du. Vielleicht könnte sie dir etwas mit auf den Weg geben, weil sie den Weg schon gegangen ist.
Vielleicht ist dann, wenn sie dir schreibt, auch spürbar, wie individuell jede Frau ist. Wie einzigartig eine Lebenssituation.

Was hat dich so unerwartet nochmal umdenken lassen? Dass du sogar überlegst, wie du es deinem Arzt erklären kannst?
Das musst du ja nicht hier beantworten, sondern v.a. für dich selbst klar haben.
Alles Gute für dich!

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Hier, ich, ich wollte das Kind nicht und habe abgetrieben.
Bereut habe ich es aber nie.
Vielleicht solltest du nicht so werten, Was im Nachhinein ein guter oder schlechter Grund ist.
Diese Situation ist Eibe Ausnahmen Situation und es ist ganz normal dass man sich da später selbst nicht mehr rein versetzen kann.
Aber deine Ohnmacht und das nicht vorhandene Gefühl ist doch Grund genug gewesen.
Was meinst du denn was andere Frauen für schwerwiegende oder bessere Gründe hätten?
Was ist denn überhaupt ein evident Grund der einer Prüfung im Nachhinein standhält?
Mein Grund war mein Grund und ich denke man soll mit sich nicht so streng sein.
Es reicht doch ,dass du in dem Moment wo du es entschieden hast, es richtig war.

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Liebe Ani,

Ich kann dich gut verstehen.
Alle rationalen Gründe, wie, du hast es dir doch über Wochen überlegt, es war nicht leichtfertig, sondern stimmte an dem Punkt, es wird dir nichts nutzen, denn dein Gefühl sagt etwas anderes.
Man kann das Gefühl haben von zwei schlechten Optionen, die weniger schlechte gewählt zu haben und dennoch ist sie nie gut. Es wird leider immer dieser Schmerz bleiben, aber er wird weniger. Kümmere dich gut um dich, lass den Schmerz zu, vielleicht suchst du dir auch professionelle Hilfe. Oder versuchst es mit Mantras, die dich bestärken. Aber ich denke, dann muss man das auch fühlen und das wäre auch nicht meins.

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Hallo Liebes,

ich möchte versuchen zu antworten, auch wenn unsere Ausgangssituation überhaupt nicht dieselbe war.

Ich wurde früher sehr religiös erzogen und ein Abbruch galt und gilt bis heute in meiner Religion als M***.

Anfang 2018 bin ich denselben Schritt gegangen, weil ich bereits Mama war, die kleinste aber kein halbes Jahr alt war und sie schon in der Schwangerschaft für jeden ein Dorn im Auge war. Ja, sie war für die Familie meines Mannes wirklich ein Dorn im Auge. Als mein Mann denen eröffnete, dass ich schwanger bin, kamen so Sprüche wie: „Am Anfang ist es eh nur ein Zellhaufen, man müsste euch beiden eine Unfruchtbarmachung zu Weihnachten schenken. An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass sie unser 2.!!! Kind war.

Es trat der Worstcase ein und ich wurde ungeplant schwanger. Die dämlichen Sprüche und diese Ignoranz seitens seiner Familie hatten mir so zugesetzt, dass ich das zu dem Zeitpunkt nicht noch einmal durchgestanden hätte.

Ich vereinbarte einen Termin beim Frauenarzt, dann bei der KK - wie es eben so ist.

Nach dem Eingriff hab ich geheult wie ein Schlosshund, weil ich über Mich selbst sehr enttäuscht war. Jetzt war ich diejenige, die mir selbst die Unfruchtbarkeit an den Hals gewünscht hat, weil ich damit nicht zurechtkam.

Mit den Jahren ist dieses Thema tatsächlich ein wenig in den Hintergrund gerückt und gleichzeitig immer noch so oft präsent…

Manchmal kann ich es ganz gut verdrängen, aber ich werde es nie löschen können.

Ich bekam danach - Gott sei Dank - ein weiteres Kind. Ich liebe es über alles, aber es wird diese Lücke, die entstanden ist, nicht schließen können.

Wie du also siehst, gehöre ich eher zu denen, die an der eigenen Entscheidung noch ganz schön zu knabbern haben, das muss nicht bei allen so sein.

Zumindest habe ich gelernt mit dieser Entscheidung zu leben.
Glücklich bin ich bis heute nicht darüber und das kann ich ganz offen sagen.

Fühl Dich gedrückt!! ❤️

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In dem Moment war es für dich richtig. Und das ist wichtig!bestrafe dich dafür nicht, wie du vor einem Jahr gedacht hast. Und dein Partner hat auch keine Schuld dran.
Es ist aber schön, dass ihr jetzt bereit wärt für ein Kind. Besprecht das und dann könnt ihr weitersehen, ob ihr aktiv bastelt.
Schuldgefühle haben hier keinen Platz. Es war damals die richtige Entscheidung.