Wie gehe ich mit mir um ?

Hey Leute,
ich bin 22 (w) und habe vor 2 Monaten einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen.
Der Abbruch stand für mich vom ersten Moment an fest. Ich war so überzeugt und auch nach dem Abbruch war ich so glücklich, das Baby nicht behalten zu haben. Nun ja, das Blatt hat sich gewendet. Ich hasse mich. Ich hasse mich so sehr. Und glaubt mir, das schreibe ich nicht impulsiv. Ich hasse mich schon seit einigen Wochen (ungef. seit Anfang November). Ich habe damals abgetrieben, weil ich mich nicht um das Baby kümmern könnte und weil ich heimlich mit meinem Freund zusammen bin( aus religiösen Gründen). Es war eine gute Entscheidung. - das dachte ich zumindest zu diesem Zeitpunkt. Ich bereue es soo sehr das Baby abgetrieben zu haben. Ich wünschte ich würde es nicht bereuen. Ich wollte abtreiben und vergessen, aber so ist es nicht. Ich vergesse gar nichts. Es wird von Tag zu Tag schlimmer. Manchmal habe ich das Gefühl ich stehe neben mir und weiß nicht wer ich bin. Ich habe bei ProFamilia gesagt, dass ich Studentin bin und keine Zeit für das Baby hätte und dass meine Familie mich abstoßen würde. Ja, das bin ich und ja das könnte sein. Aber ganz ehrlich, ich war feige ! Irgendwie hätte ich das Mama-Dasein gemeistert. Ich wäre ganz bestimmt eine gute Mutter. Als ich noch schwanger war, da habe ich manchmal kurz dieses Gefühl gehabt, dieses Gefühl Mama zu sein und da war das Embryo ja in mir, mein Baby. Und dann dachte ich immer nur, ach was nein, das sind die Schwangerschaftshormone. Ich bin doch gar nicht bereit für ein Kind. Warum sollte ich das nicht sein verdammt nochmal ? Ich bereue es ! Ich war sooo unendlich feige, so wie ich es immer bin. Ich laufe vor Problemen weg. Ich weiß, es gibt kein zurück und irgendwann da kann ich ja wieder schwanger werden, aber ich kann euch nicht dieses Gefühl beschreiben, dass ich mein Baby zum Greifen nah hatte und es abgetrieben habe. Ich hasse mich dafür :( . Ich verstehe Frauen, die abtreiben. Jeder hat einen Grund. An meine Gründe habe ich selbst geglaubt, so dumm war ich. Dabei waren das Vorwände. Ich könnte mich sehr wohl um ein Kind kümmern und ich wünsche mir soo so sehr eins. Ich habe bereits einen Brief an mein „Kind“ geschrieben und mich darin entschuldigt. Ich weiß nicht wie ich mir helfen soll. Ich bin tatsächlich Studentin und arbeite nebenbei in einer Schule. Wisst ihr, ich liebe Kinder. Wie ironisch, nh. Das denkt ihr bestimmt. Ja ja, das denke ich auch. Und vor allem vermehrt in den letzten Wochen stehe ich einfach da, egal wo, sei es in der Bahn oder in der Uni oder sonst wo, ich denke : Wie konntest du nur so feige sein. Ich hatte Angst vor der Reaktion meiner Familie. Ich habe mein Baby für meine Familie aufgegeben, dessen Reaktion ich nicht mal zu 100% kannte. So feige war ich! So absurd! Ich schäme mich für mich und vor mir selbst. Ich hinterfrage alles mögliche im Leben in den letzten Wochen und auch alltägliche Gespräche oder mein alltägliches Leben ist mir egal geworden. Ich verspüre nicht mehr die hundertprozentige Lebenslust. Wie habe ich denn ein Leben verdient, wenn ich meinem potentiellen Kind seines nahm? Jede Frau mit ihren wahrhaftigen Gründen hat ihr Leben nach dem Abbruch verdient. Ich aber nicht wirklich. Ich fühle mich so falsch und verlogen. Ich kann euch nicht beschreiben, wie sehr es mir das Herz bricht. Ich habe mich bereits meinem Freund anvertraut, allerdings sieht er das nicht so wie ich. Das sollte er auch nicht. Das ist sehr gut, doch ich fühle mich so allein.
Icj fühle mich so leer. Ich vermisse das Gefühl schwanger zu sein. Hat jemand eine Idee, wie ich mit mir selbst klar komme? Wie kann ich mir das verzeihen?

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Ich glaube, dieser Abbruch alleine ist nicht der Grund für Deinen momentanen Gefühlszustand. Du bist grundsätzlich frustriert und auf Dich selber wütend, weil Du Dich keinen Problemen stellst und vor allen davonläufst, wahrscheinlich Erziehungssache.
Da bleibt Dir nur eines, therapeutische Hilfe zu suchen, damit Du lernst, endlich für Dich und Deine Bedürfnisse einzutreten.
Der Abbruch hat das alles nur an die Oberfläche gespült, was in Dir nagt.
Ist nur meine Vermutung, erlebt man aber öfter, dass ein bestimmter Vorfall solche tief sitzenden Frustrationen zutage treten lässt.
Ich weiß nicht, ob es auch an Unis psychologische Hilfen gibt, evtl. auch bei der Caritas o.ä., da andere Therapeuten derzeit ewige Wartezeiten haben.
LG Moni

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Hallo

Ich bin seit meinem Abbruch am 11.10. öfters in diesem Forum. Lese heimlich die Beiträge und bin (hört sich wirklich bescheuert an) sehr froh, wenn ich von anderen Frauen die Beiträge hier lese denen es genauso geht wie mir. Ich habe mich damals gegen mein 4. Kind entschieden und lebe seit fast 10 Jahren verheiratet mit meinen Mann und habe 3 wundervolle Kinder. Ich kann dir leider nicht weiterhelfen den mir geht es seit diesem Tag auch nichtmehr gut. Die Welt ist seitdem stehengeblieben und ich „funktioniere“ nur noch. Es gibt keinen einzigen Tag an dem ich nicht weine oder mir Vorwürfe mache. Ich gehe bereits zu einer Therapie da ich mit dem Gedanken nicht klar komme mein eigenes Fleisch und Blut getötet zu haben obwohl ich zu der Zeit fest davon überzeugt war das es richtig ist. Ich sehe jeden Tag das Bild dieses Kindes am Bildschirm von mir das Purzelbäume schlägt und stelle mir vor wie es ausgesehen hätte bzw. ob es ein Junge oder ein Mädchen gewesen wäre. Aber ich kann es nichtmehr ändern. Du auch nicht. Wir müssen versuchen damit zu leben. Meine Therapeutin sagt ich soll trauern so lange ich es brauche. Ich soll weinen und traurig sein. Das gehört dazu. Ich bin noch nicht so weit es zu verstehen wieso ich um mein Kind trauern „darf“ gegen das ich mich selber entschieden habe. Ich hoffe der Schmerz wird für uns beide irgendwann leichter. Diese Entscheidung gehört jetzt zu uns. Sie kann man nichtmehr rückgängig gemacht werden. Du bist mit 22 Jahren noch jung. Auf dich wartet noch sehr viel. Versuche dir immer deine Gründe von damals vor die Augen zu führen die du hattest. Nach einer Zeit verschwimmen diese nämlich. Ich hätte gerne ein Video gehabt von der Zeit vor dem Abbruch wie unglücklich ich war, wie abgeneigt ich von dem Gedanken ich war ein 4. Kind zu bekommen. Denn ich habe es auch vergessen und was bleibt ist der Schmerz und das schlechte Gewissen. Ich wünsche dir alles gute.

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Liebe Herzschmerz,
wie gut, dass du dich immer wieder zu Wort meldest.
Dein "froh" verstehe ich so, dass du dich in jedem Schreiben selbst ein wenig mehr verstehst.
Du versteht (noch) nicht, warum du trauern "darfst".
Schmerz und Trauer gehören zusammen. Wo Schmerz ist, ist ein Verlust - und da ist Trauer.
Vielleicht kommt auch Trauer darüber, dass du so entschieden hast.
Für dich ist jetzt nicht mehr so klar nachvollziehbar, warum du so unglücklich warst.
Das Verschwimmen der Gründe konntest du dir in der Zeit der nicht vorstellen. Sie waren mächtig. Das Video - du meinst das vom Kind, oder? - du trägst es doch in dir. Was wäre anders, wenn du "wirklich" eines hättest? Was bliebe dann über Schmerz und schlechtes Gewissen hinaus?

Ich wünsche dir alles Gute für deinen Weg und auch für die Therapie!
Liebe Grüße von Kyra

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Vielen Dank liebe Kyra. Für deine lieben Worte. Für deine Zeit, die du dir immer nimmst um mir zu schreiben. 😭♥️ mit Video meinte ich eine Aufnahme der 2 Wochen vor meinem Abbruch. Damit ich es mir nochmal ansehen könnte um mir vor Augen zu führen wie überfordert und unglücklich ich mit dieser Situation war. Wieso ich mich dafür entschieden habe. Diese Bilder verschwinden leider immer mehr aus meinem Kopf und es bleibt nur noch das WARUM und WIESO. Das schlechte Gewissen meinem Kind und meiner Familie gegenüber und dieses tiefe Loch in meinem Herzen. 7 Wochen ist es heute nun her. Und ich fühle seitdem nichts. Ich funktioniere und versuche mein Bestes. Für meine Familie. Für meine Kinder. Aber MICH gibt es nichtmehr. Mit meinem Mann kann und möchte ich seitdem nichtmehr kommunizieren und wenn es so weitergeht wird es auf eine Trennung rauslaufen. Allein der Gedanke mit ihm Sex zu haben ist für mich unmöglich. Ich kann nicht. Ich habe das Gefühl ich wohne mit einem fremden Menschen zusammen. Gehe ihm aus dem Weg. Ich dachte ich würde meine Familie dadurch „retten“ und die Entscheidung wäre würde sich positiv darauf auswirken. Aber leider nein. Es ist eher das Gegenteil eingetreten. Ich wünsche dir alles gute 💚

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Hey, mir ist das letztes Jahr auch passiert. Ich bin jetzt auch 22. Ich hatte letztes Jahr mein erstes Mal gehabt, also überhaupt meine ersten Erfahrungen gesammelt und paar Monate später ist das Kondom gerissen. Ich hab mich mit 21 überhaupt nicht bereit gefühlt, sondern vielmehr selbst noch wie ein Kind. Habe noch zu Hause gewohnt und studiere auch noch. Bei mir ging alles sehr schnell vonstatten, eine Woche nach dem Test war schon alles vorbei. Es war trotzdem schwer damit seelisch fertig zu werden, denn ich tat mir selbst leid und die ganzen Termine, die man dafür wahrnehmen musste, waren schon traumatisierend. Ich hab bereut, dass ich sowas durchmachen musste, obwohl die Entscheidung für mich richtig war. Ich hab mich dennoch oft gefragt, ob ich jetzt ein schlechter Mensch bin. Gerade weil man so viel liest wie: „es geht immer noch um ein leben“ „sowas sollte nicht passieren“ etc. Ich find es unfair, ein potentielles Leben über ein Leben zu stellen, was bereits existiert. Nämlich deins oder meins. Zudem können Fehler nicht nur jungen Menschen, sondern allen Menschen passieren. Frauen ist das schon vor Abermillionen Jahren passiert und wird auch weiterhin so sein. Du musst dich nicht schuldig fühlen. Uns unterscheidet zwar, dass du den Abbruch an sich bereust und ich nicht. Ich kann mir aber vorstellen, dass du nach so einer Erfahrung stärker geworden bist. Denk mal so: wahrscheinlich war es kein schöner Moment den Test zu machen, du hast dich nicht gefreut, denn du warst nicht bereit. Wenn du dir wirklich ein Kind wünschst und es zur richtigen Zeit kommt, dann wird auch der Test von Anfang an ein schönes Erlebnis. Freu dich auf diesen Tag, statt etwas zu bereuen, was du nicht ändern kannst. Wie die andere Person es bereits geschrieben hat: du bist noch jung. Du, ich und alle anderen 22 jährigen haben noch unser ganzes Leben vor uns. Ich wünsche dir alles Gute!

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Liebe Neyna
Es tut mir sehr leid, dass du durch so eine schwere Zeit musst. Erstmal finde ich es aber wirklich wirklich stark von dir, dass du so ehrlich reflektierst und auch so ehrlich zu die selbst bist. Das tun viele nicht. Glaub mir, das ist der erste wichtige Schritt, mit dir ins Reine zu kommen. Es nützt nichts, zu hören, dass du das schon richtig entschieden hättest und du nun einfach etwas „verdauen“ musst. Du fühlst dich nicht gut, und ich finde es wichtig und gut, dass du das benennst und ehrlich zu dir bist.

So und nun zum Problem: Du warst Schwanger, hast die Schwangerschaft abgebrochen. Zurück können wir leider nicht mehr. Aber du bist ehrlich und bereust deinen Schritt. Und ich weiss:
„ Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“
Die Bibel, 1 Johannes 1:9

Ja ehrlich, vielleicht fliegen nun einige virtuelle Steine nach mir, aber das ist der einzige Weg, Gott deinen Schritt, deine Fehlentscheidung zu bekennen und ihn um Vergebung zu bitten. Er allein kann dich von deiner Last frei machen. Wirklich frei. Und er tut es auch, weil er dich liebt.

Wenn du willst, schau doch mal auf Youtube bei ERF-Mensch-Gott nach, da gibt es viele Menschen, die von ihrem Leben erzählen und ich weiss auch von Frauen, die abgetrieben haben und davon erzählen. Ich denke, das könnte dich etwas weiterbringen.

Ich hoffe, dass ich dir etwas helfen konnte.
Ich wünsche dir alles Gute und eben diesen Frieden in dein Herz

Franiel

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Oje, du arme - ich drück dich mal.... #herzlich

Ich bin damals mit 19 Mutti geworden und kann zumindest das "vorher" nachempfinden...

Aber wenn du jetzt vor mir säßest würde ich dir folgendes sagen und zwar in größtem Wohlwollen...

Ungewollt schwanger zu werden hat viele Facetten. Rationale und emotionale und beides sind ganz fiese Gegenspieler.
du hast dich damals so entschieden, dass ist entgültig.
Anscheinend hattest du keinen, der dich emotional gut begleitet hat, du musstest diese Entscheidung alleine - emotional und rational treffen...

Meine Devise ist immer, Dinge zuzulassen. Lass es zu, dass du bereust, aber hasse dich nicht dafür...
Vermisse, sei traurig, aber immer mit dem Blick nach vorne. Schreib einen Brief an dein Baby oder was immer dir gut tun könnte...
Du bestrafst dich gerade und es wird nichts ändern an der Tatsache, dass du nicht mehr schwanger bist. So hart das auch ist...

Ich verstehe den Zusammenhang zu den religiösen Gründen nicht, aber muss ich auch nicht...

Du hast vermutlich eine ausgewachsene Depression... Geh zu deinem Gyn oder Arzt und hole dir dort Hilfe.... #herzlich


Nutze diese schlimme Situation, um für dich klar zu kommen, schwimm dich frei...
Da liegt anscheinend noch viel mehr im argen...

Ich wünsche dir von Herzen, dass du deinen Weg findest...