ungeplant schwanger, Abtreibung der Beziehung zur Liebe?

Hey liebes Forum!

Erstmal die schönen Neuigkeiten: Ich bin schwanger und in der 6. SSW!

Das nicht so Schöne: Der werdende Papa freut sich nicht so sehr darüber. Ihm wäre grad am liebsten, dass wir Abtreiben.

Wir hatten gestern ein längeres Gespräch und wollen uns heute wiedersehen. Ich verstehe seine Gedanken total, habe auch damit gerechnet, dass er nicht sofort in die Luft springt, aber dass er sich so unsicher ist, habe ich nicht erwartet.
Unsere Situation ist dabei auch nicht ganz so einfach:
Wir kennen uns seit 1,5 Jahren, waren 6 Monate zu beginn in einer festen Beziehung, die er dann beendet hat, da er sich in Therapie begeben hat auf Grund von div. Themen (u.a. Kindheitstraumata, Bindungsangst und und und). Seitdem versuche ich ihn so gut es geht während der Therapie zu unterstützen und vor allem zu verstehen. Wir lieben uns sehr und für ihn war immer klar, dass er diese Therapie macht, damit wir eine gesunde Beziehung in Zukunft führen können.
In den letzten 5 Monaten sind wir uns wieder wesentlich näher gekommen und unsere Situation hat sich stabilisiert. Wir sind praktisch wie ein Paar, nur eben nicht offiziell. Aber eben ein Team, dass sich gegenseitig pusht und unterstützt und liebt.

Als das Baby entstanden ist, sind wir in der Nacht beide bewusst das Risiko eingegangen. Dass es direkt beim 1. Schuss dazu kommt, damit haben wir nicht gerechnet.
Wir haben beide den Wunsch, eigene Kinder zu haben, allerdings kann er sich grade null vorstellen, das Kind zu bekommen.
Er sagt, JA er will Kinder mit mir und könnte es sich auch mit niemandem anders vorstellen, aber eben in 3, 4, 5 Jahren, in seinen Anfang-Mitte 30ern. Wenn er gefestigter ist und vor Allem aus der Therapie hoffentlich raus ist. Seine allererste Reaktion war Freude über diese Nachricht, aber das wird direkt mit Ängsten und Sorgen von der Realität überlagert. Er weiß nicht, ob er das neben der Therapie schafft, er schafft es grade kaum für sich selber da zu sein und ist dieses Jahr auch beruflich unnormal eingespannt. Wie soll er dann für mich und vor allem für ein gemeinsames Kind da sein?
Er will mir das Gefühl von Sicherheit bieten können und vor allem unsere Beziehung stärken, bevor wir Kinder bekommen. Weiß nicht wie das Ganze laufen soll, denn für den nächsten Schritt Richtung Beziehung fühlt er sich noch immer nicht bereit. Geschweige denn zusammen ziehen etc.
Er wünscht sich die ganze Zeit, dass der Zeitpunkt ein anderer wäre, macht sich Vorwürfe, dass er mich in diese Situation bringt und ist sich sicher, dass er absolut unglücklich damit wäre dieses Kind zu bekommen.

Der Gedanke einer Abtreibung macht mich total fertig. Ich hatte bereits einen natürlichen Frühabort in der 7. SSW und habe nicht nur Angst, das Risiko für eine erneute Fehlgeburt in Zukunft mit einer Abtreibung weiter zu erhöhen, sondern vielleicht auch nie wieder die Chance auf eine eigene Familie zu bekommen. Wenn er soweit ist, wäre ich auch Anfang 30.
Ich habe auch Bedenken, ihn mit meiner Entscheidung in eine unglückliche/ungewollte Vaterrolle zu drängen. Ich kann mir kaum vorstellen ein Kind alleine zu bekommen und aufzuziehen, das wäre vielleicht machbar, aber absolut nicht mein Wunsch. Hinzu kommt meine befristete Stelle, die es mir alleine auch finanziell dann schwer machen würde. Er sagt, er würde mich unterstützen, lässt aber durchklingen, dass er die Abtreibung will.
Aber ich freue mich wirklich sehr über dieses kleine Wunder und hab es bereits jetzt schon total lieb, wie soll man mit solchen Gefühlen eine Abtreibung durchziehen? Ich habe Angst immer diese Reue und Trauer mit mir zu tragen und damit immer wenn ich ihn sehe konfrontiert zu werden. Ich denke es würde mich sehr viel kosten, so eine Entscheidung zu verarbeiten..

Er will Donnerstag die Überraschung in der Therapie ansprechen. Am Montag hab ich den 1. Frauenarzttermin. Er wollte unbedingt mit und wird sich frei nehmen für den Termin. Ich habe die Hoffnung, dass seine Freude über dieses Wunder wächst und seine Angst übertrumpft. Ich würde mir ein Happy End wünschen bei dem alle Glücklich sind, aber aktuell wüsste ich nicht, was der Kompromiss sein sollte oder wie ich ihm die Sorgen/Ängste nehmen könnte..

Bitte teilt Eure Gedanken mit mir. Danke!

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Hallo liebe sunnyflower,
es gibt tatsächlich keinen Kompromiss und „wir abtreiben“ geht eben auch nicht.
Für dich geht es gar nicht, das Kind abzutreiben, das spürt man.
Für ihn kam mit der Mitteilung ganz viel Angst. Allerdings auch nach der Freude zuerst.
Er ist wohl ein sehr sensibler und auch behutsamer Mensch. Und möchte alles sehr gut machen.
Dass er für eure Beziehung eine Therapie aufgesucht hat, drückt das für mich aus. Er möchte dir nicht seine „Altlasten“ aufbürden, sondern ein umgänglicher Mensch sein. Und du unterstützt ihn wiederum dabei.

Nun kommt mit einem Kind etwas Neues auf ihn zu. Etwas, was die bisherigen Themen in den Schatten stellt, könnte man sagen. Das kann auch gut sein.
Dass jetzt sozusagen das Leben selbst die Funktion einer Therapie übernimmt. Therapie ist wie "lernen" und das Leben nun "üben". Es könnte also therapeutisch wirken, wenn er merkt, dass er es kann: Beziehung mit dir und Papa. Das vieles auch einfach läuft. Dass er sicherer wird, indem er tut, was zu tun ist.
Er hat sich ja schon stabilisiert, eure Beziehung ist gewachsen. Und du hast eine eigene Sicherheit in dir, du brauchst also nicht alles von ihm.

Manche Menschen stellen es sich zu leicht vor mit einem Kind, er wohl eher zu schwer. Manche ruhen sich drauf aus und denken, alles läuft von alleine und merken nicht, dass es das nicht tut.
Ich könnte mir vorstellen, bei ihm ist es eher der andere Pol.
Du kannst ihm Mut machen, dass das wirkliche Leben gar nicht soooo schwer ist. Zunächst mal ändert sich ja gar nichts für ihn. Ihr geht einfach in aller Ruhe die Schritte, die anstehen.

Gibt es vielleicht beruflich etwas zu ändern? Oder besteht die Aussicht nach diesem Jahr? Das würde ja dann perfekt passen.

Zusammenziehen muss auch nicht jetzt sein. Es kann sich entwickeln.
Du wirkst stabil und gefestigt und froh. Wenn ihr eure Fähigkeiten und euren jeweiligen Stil (auch charakterlich) zusammenlegt, also, was ihr beide seid und habt, kann das mit dem Kind alles gut werden. Auch wenn es jetzt früher als erwartet kommt. Und so ganz überrascht dürfte es euch ja auch nicht haben.
Und auch er hat sich als erstes gefreut!

Vielleicht ist gerade das die schöne Botschaft an ihn: Jetzt bist du so weit! Du hast dir genug erarbeitet in der Therapie. Der „Rest“ ist kein Hindernis für den nächsten Schritt ins Leben.

Es kommt jetzt auch bisschen auf seinen Therapeut/Therapeutin an, ob er/sie ihn „entlässt“.
Dass er da heute drüber redet, ist gut, und dass er mit dir zum Arzttermin geht auch super.
Und dass ihr euch liebt. Das spürt man bei deinen Worten.

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Ihr seid beide bewusst das Risiko einer Schwangerschaft eingegangen.
Du möchtest das Kind.
Ein Wir gibt es bei einer Abtreibung nicht.
Du musst das Kind abtreiben lassen.
Dein Körper wird dabei verletzt.
Deine Psyche muss damit klarkommen.

Wenn du das Kind selber nicht möchstest, sieht es ganz anders aus- dann tust du es, weil es dir am besten tut, weil Du nicht zum jetzigen Zeitpunkt Mutter sein möchtest.

Wenn du das Kind aber abtreibst, weil der Kindsvater dich drängt, wird es zu 99% keine tragfähige Beziehung für die Zukunft sein.
Dann hast du dein Kind, welches du ja möchtest, geopfert und gleichzeitig auch keinen Partner mehr.

Ich war in einer ähnlichen Situation in meiner ersten Schwangerschaft.

Ich habe mich für das Kind entschieden und meinem damaligen Freund gesagt, entweder hat er mich mit Kind oder er hat ein Kind, für das er Unterhalt zahlen muss, und mich nicht mehr.
Dann wäre ich eben alleinerziehend gewesen.

Er ist geblieben.
Wir haben noch zwei weitere Kinder bekommen und sind jetzt viele Jahre verheiratet.

Das muss bei dir nicht so sein.

Es kann auch sein, dass du das Kind alleine groß ziehen musst.

Traust du dir das zu?
DAS ist die Frage, dir du dir stellen musst!

Bei diesem Thema musst du egoistisch sein.
Was dein Freund will, steht an letzter Stelle!
Alles Gute!

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Hey Schnute,

danke für die harten aber ehrlichen Worte. Was du geschrieben hast, hat mir viel Grundlage zum Nach- und Überdenken gegeben.
Es freut mich, dass bei dir alles gut ausgegangen ist und ihr eine gesunde glückliche Familie seid.

Danke und weiterhin alles Gute <3

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Hey!

Mein Gedanke ist, dass gerade alles noch sehr frisch ist. Möglicherweise braucht er noch mehr Zeit.

Seine erste Reaktion war Freude, am Donnerstag spricht er es in der Therapie an und Freitag kommt er mit zum Arzt- das klingt doch erstmal positiv.

Ich persönlich würde mir überlegen, ob ich das Kind auch ohne ihn bekäme, um schonmal eine Position zu haben.

Liebe Grüße
Schoko

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Hallo Schoko :)

Danke fürs Teilen deiner Gedanken und für den Denkanstoß!

Liebe Grüße zurück,

Sunny

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Hallo sunnyflower,
wie geht es dir? Und dem Kleinen (Montag war ja dein erster Termin ...)?
Und deinem Freund? Er hat in der Therapie darüber sprechen wollen.
Schreibst du wieder?
Und kannst du dich schon ein wenig mehr freuen ....??

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Hallo liebe Kyra!

Erst einmal ein unglaublich großes Danke für deine lieben Worte und auch nochmal für das Nachfragen. Du hast vieles absolut auf den Punkt getroffen, das hat mich sehr berührt! Du bist ein sehr einfühlsamer, emphatischer Mensch <3

Den kleinen Krümel hat man am Montag (5+6 laut meiner Rechnung) noch nicht gesehen, dafür aber den Dottersack und alles drumherum.

Seit dem Eintrag hier hab ich noch einige weitere Stunden und Tage mit meinem Partner geredet. Alles auf Augenhöhe und mit dem Wunsch auf gegenseitiges Verständnis. Seine Bedenken und Ansichten haben sich nach dem ersten Schock nicht geändert.
Er hat nach 12 Monaten das erste Mal so richtig über den Kern-Grund seiner Therapie und all die kleineren Probleme gesprochen (bis Dato war der Therapeut der einzige, dem er sich anvertraut hatte). Mit dem Wissen was er da als Kind durchmachen musste und dem Punkt, dass die Therapie noch lang nicht durch ist, versteh ich auch endlich, warum es für ihn grade absolut nicht in Frage kommt. Er hat Unglaubliches durch seinen Vater/ die Eltern erlitten und ich kann mir vorstellen, solang das nicht ansatzweise "aufgelöst" ist, kann man sich nicht selber auf so eine Reise einlassen.. Auch sein Therapeut denkt, es wäre grade wichtiger, sich auf die Therapie und im Anschluss auf eine stark gefestigte Beziehung zu konzentrieren. Seine Metapher war wohl "erstmal aufräumen, dann ein Nest bauen, dann eine Familie gründen".
Mein Partner könnte es nicht mit sich vereinbaren, mich damit alleine zu lassen, aber ist sich 100% sicher, dass auf kurz oder lang das Kartenhaus wieder zusammenfällt. Er könnte es sich nicht verzeihen uns dann im Stich zu lassen und für ihn fühlt es sich an, als würde man alles auf heißer Luft bauen, wenn wir das jetzt durchziehen.

Ich habe viel darüber nachgedacht, ob ich es alleine durchziehen könnte und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich beide Entscheidungen bereuen werde und beides mit gewissem Schmerz und Traurigkeit verbunden ist. Nur bei einer Option wird nicht zusätzlich ein unschuldiger kleiner Mensch mit all dem konfrontiert.
Mein größter Wunsch sind nicht "nur" eigene Kinder, sondern dieses Gesamtpaket einer Familie. Ich weiß wie es ist mit getrennten Eltern und wenig Geld aufzuwachsen, ich möchte das für meine Kinder nicht.. dennoch zerreißt es mir das Herz, mich gegen dieses kleine Wunder zu entscheiden. Der Weg ist genauso lebensverändernd, aber mein Bauchgefühl sagt mir, es ist die bessere Entscheidung für diesen Moment.

Wir haben auch über die Zukunft der Beziehung gesprochen. Wie es am Ende ist weiß man ja leider vorher nicht, aber wir versuchen zusammenzuhalten. Er will sich beruflich noch etwas weiter entwickeln um uns als Familie dann mehr Freiheit und Stabilität zu bieten. Die Therapie hoffentlich in 1,5-2 Jahren zu Ende bringen, um ein guter Partner und Vater zu sein und unsere Bindung bis dahin weiter festigen, um sich dann, wenn es denn sein soll, nächstes Mal einfach nur drauf freuen zu können. Hmm.

Ich für meinen Teil möchte nie wieder eine solche Entscheidung treffen müssen..

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wie es am Ende ist, weiß man ja leider vorher nicht ...

Liebe sunnyflower, das ist so wahr! Ihr versucht zusammenzuhalten.
Das ist das Beste, was ihr machen könnt!
Nicht zuletzt hat deinem Freund sicher die Beziehung zu dir den Anstoß für die Therapie gegeben. Und er hat jetzt den Kernpunkt. Und hat noch Zeit bis das Kind kommt.
Häufig ist es in einer Therapie so, dass es ab dem „Kernpunkt“ (ich nehme jetzt mal dein Wort) sehr schnell gehen kann mit dem Lebensmut und dem Zutrauen.
Eine Abtreibung für sich kann auch traumatisch wirken (auch für einen Mann), v.a. weil ihr ja Kinder wollt. Und ihr es sogar riskiert habt, und du schon eine Fehlgeburt hattest.
Wie hoch wird außerdem der Druck auf ihn und die Therapie sein, wenn eine stark gefestigte Beziehung die Voraussetzung für ein Kind ist. Wann ist die Beziehung dann genug gefestigt? Wie würde man das feststellen? Mit der Erfahrung der Abtreibung im Rücken. Auch auf eure Sexualität kann sich durch den Druck ein Schatten legen.

Die beste Therapie (und das wird der Therapeut sicher bestätigen) ist doch das Leben selbst. Dass dein Freund die Erfahrung macht: er ist gut genug.
Und zu dritt (sag ich mal, weil das Kleine auch seine Dynamik mitbringt) – schafft ihr es auf jeden Fall. Du bist aufgeräumt und möchtest ihn an deiner Seite haben. So viel muss er nicht „leisten“ mit dir an seiner Seite. Das Dasein ist einfach wunderbar. Das ist Gesamtpaket Familie. Jeder mit seinen Ecken und Kanten und auch mit dem, was rund läuft und einfach geht. Das alles legt man zusammen.

Seine 100%ige Sicherheit, dass das Kartenhaus wieder zusammenfällt – das scheint mir eher der „ungesunde Punkt“ zu sein, würde ich von außen sagen. Da fehlt ihm das Zutrauen in sich selbst und ins Leben.

Du kannst ihm dieses Zutrauen weiterhin vermitteln. Unterstützend zu Therapie. Ich denke, dass es stark mit dir zu tun hat, dass er sich überhaupt auf diesen guten Weg gemacht hat. Und das Zutrauen wird mit jedem Tag wachsen, wo du sagst: Du machst deine Sache gut.

Der Therapeut muss in gewisser Hinsicht auch dich im Blick haben und dass es auch etwas zu verzeihen geben würde, wenn du den Abbruch aus Rücksicht auf ihn machst.
Kann sein, ich irre mich jetzt, aber vielleicht auch nicht. Du kannst mir auch gern privat schreiben, wenn du dich weiter austauschen magst.
Alles Liebe für dich und für euch als „Gesamtpaket“.

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