Still-Depression

Hallo,
da ich immer wieder lese (und auch im Bekanntenkreis mitkriege), dass viele Mütter Probleme mit dem Stillen haben, möchte ich hier mal meine Erfahrung posten:

Ich wollte unbedingt stillen, hatte auch am dritten Tag einen tollen Milcheinschuss mit knallharten Brüsten. Meine Kleine trank aber nicht richtig, sie saugte ein bisschen und schlief ein. Ich musste sie immer wieder wecken, was nicht viel nützte, sie saugte ein paar Mal, schlief wieder ein. So ging das die ersten Tage.
Obwohl sie nie auch nur ansatzweise satt wurde, jammerte sie nicht und so merkten wir im KH erst, dass sie nicht genug bekommt, als sie anfing eine Gelbsucht zu entwickeln. Ich musste also dreimal täglich einen Energiecocktail (Primergen) zufüttern, damit sie Flüssigkeit bekommt.
Im Dreistundentakt stillen, danach Primergen nachfüttern, dann abpumpen um den Milchfluss anzuregen. So ging das jeden Tag und anfangs auch nachts.
Mir wurde zum Abschluss empfohlen, bis die Milch richtig fließt, Pre-Nahrung zuzufüttern weil meine Kleine bis zur KH-Entlassung stärker abgeommen hatte als normal.

Ich bestellte dann eine Milchpumpe für zu Hause. Da gings so weiter mit alle 3 Stunden Stillen, Pre nachfüttern, abpumpen. Die verbleibenden 2 Stunden dazwischen Fläschchen, Milchpumpenset waschen, sterilisieren, gröbste Arbeit im Haushalt und evtl. noch etwas hinlegen und dann schon wieder Stillen, zufüttern, abpumpen usw. Alle Besuche musste ich absagen, weil das nur zusätzlich Stress bedeutet hätte. So vergingen zwei Wochen. Noch immer kam nicht mehr als 30 bis 40 ml aus einer Brust, aus der anderen kam fast überhaupt nichts.

In der dritten Woche war ich nur mehr am Heulen. Erst dachte ich, es ist ein verspäteter Babyblues, aber die Heulerei hörte nicht auf und irgendwann wurde mir klar, dass es mit dem Stillen zusammenhängt. Weil es nicht klappte wurde ich depressiv, ich hätte so gerne ein halbes Jahr gestillt.
Ich rief dann die Stillberaterin an, aber auch ihre Ratschläge nützten mir nicht viel. Am Ende der dritten Woche habe ich resigniert.
Das ganze stresste mich so sehr dass das ganze für meine Kleine und für mich zur Tortur wurde und so beschloss ich das Pumpen wegzulassen und es nur noch mit dem Stillen zu probieren. Ich legte die Kleine an, solange sie trank, danach fütterte ich Pre. Ich dachte, wenn es so sein soll, dann wird die Milch auch so noch kommen. Fakt ist, dass die Milch innerhalb 2 Tagen komplett versiegte, jetzt füttere ich nur noch Pre.

Es war sehr schwer, diesen Entschluss zu fassen und es durchzuziehen, aber manchmal muss man Wünsche auch loslassen. Mir tut's noch immer sehr Leid, dass es nicht geklappt hat und manchmal frage ich mich, ob ich vielleicht zu früh aufgegeben habe, aber ich denke, ein Kind hat mehr von einer glücklichen Mutter mit Flaschennahrung als von Muttermilch und einer depressiven Mutter.

Einer Bekannten geht es genau gleich, sie versucht seit 7 Wochen mit Pumpe mehr Milch zu bekommen und ist mittlerweile nervlich am Boden.
Ich denke, stillen um jeden Preis ist der falsche Weg.
Man soll geben, was man hat, und wenn man nicht mehr geben kann, dann sollte man sich kein schlechtes Gewissen machen. Dafür gibt man dem Kind umso mehr Liebe.

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Hallo,

ich denke, dass Du recht hast und es Deinem Baby nur dann richtig gut gehen kann, wenn es Dir gut geht und daher ist Deine Entscheidung sehr gut gewesen. Ich glaube dennoch, dass es hätte funktionieren können und (je nach dem wie alt die Kleine ist) auch noch funktionieren könnte. Das alles aber nur mit dem nötigen Abstand. Ich wünsche Dir noch ein oder zwei Babys, bei denen dann alles von alleine wunderbar klappt!

febe

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Hallo,

"aber ich denke, ein Kind hat mehr von einer glücklichen Mutter mit Flaschennahrung als von Muttermilch und einer depressiven Mutter. "

Genau so ist es. Ich finde es immer traurig wenn Frauen auch hier im Forum das Stillen als einzige wahre Möglichkeit angepriesen wird. Wenn es aber nicht so recht klappen will dann schlägt das auf's Gemüt und davon hat niemand etwas. Und einen wochenlangen Kampf ums Stillen kann und will eben nicht jeder gehen. Und das finde ich vollkommen in Ordnung.

Du hast nicht versagt. Das wollte ich nur noch mal deutlich sagen. Du hat alles versucht und wenn's nicht sein soll dann eben nicht. Du wirst deine Kleine auch so wunderbar groß bekommen. Stillen ist nicht das Einzige #liebdrueck

Als Tipp für deine Bekannte: Die einzige (!!!) Pumpe auf dem Markt die den Milchfluss anregen kann ist die ISIS von Avent weil sie die Massagebewegungen, die das Kind beim Trinken auf der Brust mit dem Mund macht durch sich aufpumpende Luftkissen simuliert. Andere Handpumpen sind nicht effektiv genug und alle elektrischen Milchpumpen reduzieren bei vielen Frauen mit jedem Pumpvorgang langfristig gesehen die Milch. Oftmals sind diese Pumpen dann der Anfang vom Stillende. Die gibt's als Handpumpe oder als Handpumpe mit elektrischem Antrieb (keine klasische Elektrische!!!). Diese speichert den eigenen gewünschten Trinkrhythmus und führt ihn fort. Allerdings kann es ein paar Versuche kosten bis dieses Prinzip einwandfrei funktioniert (dann klappt's aber super). Mittlerweile gibt es die Aventpumpen auch schon in Apotheken zu leihen. Aber das Netz wird erst noch aufgebaut. Falls es also keine in ihrer Nähe gibt kann sie sich ans Vermietcenter wenden: http://www.milchpumpenmietcenter.de/Konsumer.html

Liebe Grüße
Ina #winke

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Hallo

Ich denke du hast absolut recht. Stillen um jeden Preis ist in der Tat der falsche Weg.
Ich hab das selber auch erlebt und 4 Wochen lang gekämpft.
Bei der Geburt meiner Großen litt ich an einer Atonie, was zur Folge hatte, dass ich die komplette Nacht von Marie getrennt war. Sie wurde dann im Babyzimmer mit der Flasche gefüttert. Da ich auch "erst" am 3. Tag den Milcheinschuss hatte wurde sie dann weiterhin (ohne mein Wissen und gegen meinen Wunsch) mit der Flasche gefüttert. In der Klinik sah das dann so aus, dass sie erst von den Schwestern die Flasche bekam und mir danach erst zum anleben gebracht wurde. Als ich das dann bei der U2 erfahren habe habe ich darauf bestanden das Rooming in zu nutzen und mit rechtlichen Konsequenzen gedroht wenn sie weiterhin hinter meinem Rücken agieren (ist damals vieles falsch gelaufen, von der Geburt bis hin zu Erpressungen - ich bekam z.B. gedroht "wenn sie nicht am Tisch essen bekommen sie ihr Kind nicht". Mir ging es durch den hohen Blutverlust vom Kreislauf her total schlecht. Hab mich dann an den Tisch gesetzt obwohl es mir wirklich mies ging und bin kolabiert. Nur eine von vielen schlimmen Vorfällen).
Marie war es da jedoch schon gewohnt dass die Milch (aus der Flasche) fließt, was bei meiner Brust ja nicht der Fll war. So fing sie an zu beißen. Sie riss mir die linke Brustwarze halb ab, ich bin auf Hütchen umgestiegen aber es traten Keime ib die Wund ein und ich bekam eine Brustentzündung, stand kurz vor einem Abszess. Auf die Antibiotika, welche ich nehmen musste reagierte Marie mit Koliken. Also sollte ich die 7 Tage, welche ich das AB nehmen musste, abpumpen. Leider kam beim Pumpen kaum Milch so dass ich abstillen musste.
Ich hatte wirklich alles getan m weiter zu stillen, aber es sollte nicht sein.
Beim Abstillen kam ich mir dann vor wie ein Versagerin. Ich hatte lange daran zu knabbern, bekam eine Depression. Als das alles überwunden war war ich eine total glückliche Flaschenmami.
In der Schwangerschaft mit dem Kleinen habe ich mir dann sehr schwer getan mit der Entscheidung Stillen oder Flasche geben. Wollte mir das Stillen eigentlich nicht mehr antun.
Felix musste leider früher geholt werden, ich sah ihn erst über 24 Stunden nach dem KS das erste Mal.
Im OP dann war mir aber klar dass ich ihn stillen werde. Die ersten zwei Wochen musste ich abpumpen, was auf Anhieb super klappte. Und seit er zuhause ist wird er voll gestillt und auch das klappt sehr gut. Meine Hebi meint regelmäßig "ihr braucht mich eigentlich überhaupt nicht!" (sie kennt meine Vorgeschichte, war überrascht als ich sie anrief und erzählte dass ich stillen möchte und machte sich schon mal auf Probleme gefasst).

Mein Fazit nach zwei Kindern.
Stillen ist schön, aber definitiv nicht um jeden Preis.
Sobald man sich selber nicht mehr wohlfühlt ist es definitiv nicht mehr das Beste für Mutter und Kind. Dann ist die Flaschennahrung die bessere Alternative.

Liebe Grüße

Bianca mit Marie Danielle (*21.06.2007) und Felix Pascal (*20.05.2011 / 35+2 SSW)

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Danke euch!

#liebdrueck

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#pro

Sehe ich genauso!

Ich habe 3 Monate voll gestillt. Hatte auch genug Milch. Aber von der Stillerei so Hormonschwankungen, dass ich ganz knapp an ner Depression vorbeigerauscht bin.

Gebe jetzt seit 2 Monaten die Flasche und es geht uns allen gut dabei.

Finde auch schlimm, dass den Frauen immer ein schlechtes Gewissen gemacht wird, wenn sie vorhaben abzustillen, weil es nicht mehr geht.

LG
Eichkatzerl

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Das hast Du sehr gut geschrieben!

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"Ich denke, stillen um jeden Preis ist der falsche Weg. "

Auf jeden Fall!!!!! Schade, dass man bei Urbia immer das Gegenteil suggeriert kriegt...

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Hi,


im Endeffekt ging es dir genauso wie mir bei meinem Sohn. Ich wurde zwar nicht depressiv aber ich war körperlich am Ende. Stillen, pumpen, zufüttern und das Tag UND Nacht machten mich völlig fertig. So habe ich auch nach wenigen Wochen abgestillt.

Leider weiß ich heute das ich trotz allem einfach nicht richtig informiert war und keine wirklich kompetente Unterstützung hatte, sonst hätte es geklappt.

Ansonsten sollte man einfach zu seinen Entscheidungen stehen. Nicht stillen ist auch nicht verwerflich. Jeder hat eben seine eigene Prioritäten und die sind zu respektieren.

LG

Judith

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kenne ich...
ging mir auch mal so.

echt schade,
aber bei mir stimmte damals auch das drumherum nicht,
fand nie die ruhe mich zurückzuziehen
und oft hatte ich zuschauer wo ich nicht sagen konnte: bitte geht jetzt

wollte nicht unhöflich erscheinen.

oft ist das DRUMHERUM auch mit schuld.
leider

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Ich möchte Dich mal dolle drücken. Ich kann Deine Gefühle soooo gut nachvollziehen. Du bist eine tolle Mami, hast alles versucht. Ich wünschte, ich hätte auch die Kraft, das mit der Flaschennahrung durchzuziehen.... Ich habe auch schon so viel Zeit mit Niedergeschlagenheit und dem Hype um die Mumi zugebracht. Um diese Zeit mit meiner Tochter habe ich mich selber betrogen. Du machst das richtig, brauchst überhaupt kein schlechtes Gewissen zu haben. #liebdrueck julchen-mama