Völliges Gefühlschaos in Ehe

Hallo zusammen.

Ich muss mir mal was von der Seele schreiben, weil ich nicht weiß, wohin mit meinen Gedanken. Es wird lang…
Ich fange mal ganz am Anfang an. Als ich 14 Jahre alt war, lernte ich über eine sehr zeitintensive AG in der Schule einen Jungen kennen (nennen wir in Max). Er war 2 Jahrgangsstufen über mir und wir verstanden uns von Anfang an super, sind uns charakterlich sehr ähnlich und haben die gleichen Interessen. Über die Zeit wurden wir sehr gute Freunde. Zusammen mit meiner besten Freundin und seinem besten Freund wurden wir zu einer 4er Clique, die viel zusammen unternommen hat. Wie es halt manchmal so ist, hat sich Max in mich verknallt. Und ich mich auch in ihn. Nur leider war ich jung und dumm. Er war optisch nicht ganz mein Fall und damals hatte ich halt noch andere Prioritäten. Das ganze gipfelte darin, dass er mir einen sehr schönen Brief schrieb, mich darin u.a. nach einem Date fragte und ich abgelehnt habe. Mir war damals schon klar, dass das ein Fehler ist, aber ich war halt erst 14…
Er war ziemlich verletzt, weil er die Chemie zwischen uns natürlich auch gemerkt hat. Trotzdem haben wir es irgendwie geschafft, an unserer Freundschaft festzuhalten. Das Leben ging weiter, ich hatte zwei gescheiterte Beziehungen hinter mir und hab im Laufe der Zeit gemerkt, was mir persönlich wichtig ist in einer Beziehung. Inzwischen war ich 19, hatte gerade mein Abi hinter mir und ein halbes Jahr vorher hatte mein Ex-Freund Schluss gemacht. Max war 20, hat gerade mit dem Studium angefangen und hatte seit seinem gescheiterten Versuch bei mir auch kein großes Glück bei den Mädels. Meine Gefühle waren immer noch da und wurden immer stärker. Eines Tages dachte ich mir, dass ich jetzt einfach mal mit ihm rede. Wir waren dann in der Gruppe im Kino und er hat mich heim gefahren. Ich war wohl ziemlich offensichtlich nervös, er wollte wissen was los ist und ich habs ihm einfach geradeaus gesagt. Er sagte mir, dass er keine Gefühle hat, unsere Freundschaft nicht kaputt mache will usw. Wow, das hat mich so unerwartet getroffen, dass ich wirklich einige Tage richtig schockiert war. Von der Verletzung brauchen wir gar nicht reden. Er hat mir damit das Herz gebrochen. Inzwischen weiß ich, dass er damals noch Gefühle hatte, aber er sich vorkam wie der Ersatz für meine letzte Beziehung und er aus verletztem Stolz abgelehnt hat. Ich kann ihm das nicht übel nehmen. Von außen betrachten könnte es schon so gewirkt haben.
Tja, mein „Glück“ war, dass ich dann zum Studieren 300 km weit weg gezogen bin. Der Abstand tat mir gut. Wir hatten beide über die nächsten Jahre immer weniger Kontakt und ich habe es geschafft, meine Gefühle ganz tief in mir drin zu begraben. Ein halbes Jahr nach meinen gescheiterten Versuch habe ich meinen jetzigen Ehemann im Studium kennengelernt. Er hat den Raum betreten und ich wollte ihn sofort für mich haben. Ein typisch chemische Reaktion. Richtig verrückt. Wir kamen super schnell zusammen (eine Woche?!), haben uns immer gut verstanden, hatten ähnliche Ansichten und er ist einfach ein toller Mensch mit dem man ohne Probleme auskommt. Aus meiner jetzigen Situation betrachtet, weiß ich aber, dass das nie echte „Liebesgefühle“ waren. Es war diese krasse Chemie und die ging relativ schnell in eine super tiefe und enge Freundschaft über. Dass das keine Liebe ist, habe ich allerdings erst jetzt gemerkt.
Aber der Reihe nach: Mein Mann und ich haben relativ schnell geheiratet, das erste Kind bekomme und es hat sich 2 Jahre später ein zweites dazu gereiht. Und da standen wir letztes Jahr. 9 Jahre zusammen, 5 verheiratet, 2 tolle Kinder, einfach ein zufriedenes Leben ohne viel Action. Erwähnenswert ist noch, dass wir quasi ab beginn eine offene Beziehung geführt haben, weil wir beide noch recht jung waren, nicht viel Erfahrung hatten und „fremdgehen“ nicht der Grund für eine Trennung sein sollte. Ich hatte das bis dato genau einmal genutzt, er gar nicht.

Max und ich haben uns über die Jahre verloren. Ich war wirklich lange verletzt, auch noch lange, als mein Mann und ich längst zusammen waren. Wir haben uns noch zum Geburtstag gratuliert und uns vielleicht ein mal im Jahr gesehen. Seit Corona gar nicht mehr. Meine beste Freundin dagegen hatten weiterhin regelmäßig Kontakt, weswegen es zu folgender Schlüssel-Szene kam: Ich hatte eine Netflix Doku Serie für mich entdeckt, die ein Thema abgedeckt, für das Max seit seiner Kindheit brennt. Er war inzwischen schon so aus meinem Kopf verschwunden, dass mein Interesse daran überhaupt gar nichts mit ihm zu tun hatte. Bis ich eines Tages meiner besten Freundin die Serie gezeigt habe. Mein Mann hat irgendwas gefragt, ich konnte aus dem Effeff antworten und meine beste Freundin schaut mich an und sagt: „Max wäre stolz auf dich.“ Es klingt völlig absurd, aber dieser simple, unüberlegt, überhaupt nicht verfängliche Satz hat innerhalb von einem Abend alle meine Wunden wieder aufgerissen. Ich fühlte mich die kommende Tage wie auf Drogen. Da ich eine nostalgische Ader habe, habe ich natürlich seinen Brief aufgehoben und mir den das erste mal seit Jahren wieder durchgelesen. Der hat mich dann erschlagen wie ein Brett. So schön, so intensiv, so mutig. Da liebste, was ich jemals über mich gelesen habe.
Es war inzwischen Mai 2021. Die nächsten Monate waren sehr dynamisch. Am Anfang war ich einfach nur verknallt in Max. Über die Ferne, wie in einen Star oder so. Es tat mir gut, es tat der Beziehung zwischen mir und meinem Mann gut (obwohl wir wirklich keine Probleme hatten). Kurz: Es lief. Und irgendwann kam dann das Bedürfnis auf, Max wieder Nahe zu sein. Da wir uns ja nie im Streit getrennt haben, habe ich einfach angefangen, öfter Treffen in unserer alten Gruppe zu initiieren (mit meinem Mann logischerweise). Es tat einfach jedes mal so gut. Dann waren wir einmal zu dritt unterwegs. Max, sein bester Freund und ich. Max wollte mich dann heimfahren und da es noch relativ früh war, habe ich ihn gefragt ob er noch was trinken will bei sich daheim. Er dachte erst, ich mache einen Scherz, aber dann sind wir doch noch zu ihm gefahren. Wir haben die ganze Nacht geredet. Über uns, über ihn, über mich. Es ist nichts passiert. Aber es war trotzdem ein spürbares Knistern, viel emotionale Nähe. Da hat er mir auch von seinem verletzten Stolz erzählt, damals vor 9 Jahren. Ich hab ihm gesagt, wie sehr mich das alles verletzt hat und er hat mir erzählt, wie schlimm meine Abfuhr für ihn war und dass er seither nicht mehr verliebt war. Morgens um 8 hat er mich heimgefahren. Wir haben uns verabschiedet, beide mit dem Wunsch, dass wir uns nicht mehr so aus den Augen verlieren. Danach habe ich ihm per WhatsApp von meiner offenen Beziehung erzählt und gesagt, dass ich kein Problem damit gehabt hätte, wenn mehr passieren würde. Er sagte mir das gleiche wie vor 9 Jahren. Er wolle unsere Freundschaft nicht gefährden und deswegen käme das nicht in Frage. Tat weh, aber irgendwie dachte ich mir, dass ich bestimmt nochmal eine Chance kriegen werde.
Wie ihr euch denken könnt, ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Zufällig haben meine beste Freundin, Max bester Freund und Max einen gemeinsamen Urlaub geplant. Irgendwie habe ich da meine Chance gewittert und habe mich drangehängt. Es war der erste Urlaub ohne Kinder und Mann und ich habe mich sehr gefreut. Inzwischen war es September 2021 und wir sind zusammen in den Urlaub geflogen. Die ersten Tage waren schwierig. Ich wollte mehr, Max hat es nicht verstanden oder ignoriert. Dann haben wir eines abends etwas zu viel getrunken und die Sache nahm ihren Lauf. Das Ende vom Lied war, dass wir uns mehrmals geküsst haben und beide sofort gehyped waren. Max und ich waren wahnsinnig glücklich, wir haben versucht tagsüber so zu tun als wäre nichts und haben uns dann abends, wenn alle im Bett waren, auf der Couch getroffen und rumgemacht wie die Teenies.
Jo, als wir wieder daheim waren, haben Max und ich uns regelmäßig zum Sex verabredet und zwischendurch sehr viel geschrieben (natürlich alles mit dem Wissen und der Zustimmung meines Mannes!). Und es war grandios. Der beste Sex, den ich jemals hatte. Wild, gefühlvoll, wahnsinnig erregend. Ich fühlte mich bei ihm wohl wie bei niemandem sonst. Wir konnten offen reden, haben uns vertraut und fanden uns gegenseitig wahnsinnig attraktiv. Mit ihm konnte ich mir plötzlich Dinge vorstellen, die ich mir mit sonst niemandem vorstellen konnte. So ging das bis letzte Woche.
Bei mir daheim schaukelten sich immer mehr Dinge hoch. Nicht WEGEN Max, aber DURCH ihn. Ich merkte, dass meine Gefühle für meinen Mann rein freundschaftlich waren. Es hätte mir gereicht, ich hätte damit für den Rest meines Lebens zufrieden sein können, wenn ich nicht entdeckt hätte, wie sich verliebt sein wirklich anfühlen kann.
Ich sprach mit Max darüber und er betonte immer und immer wieder, dass er unsere Ehe nicht kaputt machen will, es für ihn aktuell absolut ok ist wie es ist und er auf gar keinen Fall eine Beziehung mit mir auf den Trümmern meiner Ehe aufbauen will. Vernünftig von ihm, absolut richtig. Ich war von Anfang an zerrissen. Ich war schon letzten Frühling zerrissen, bevor überhaupt etwas mit Max lief. Aber ich habe das durchgestanden, solange ich ihn irgendwie haben konnte. Dann kam, was kommen musste. Er hat mir gestanden, dass er sich von unsere Beziehung mehr wünscht. Zukunftsaussichten, eine Familie, vielleicht Kinder. Da er aber weiß, dass er das von mir nicht haben kann, hat er die Sache beendet. Für mich war das ein kleiner Schock, obwohl ich die Tage davor schon gemerkt habe, dass was nicht stimmt. Das ist jetzt eine Woche her und ich bin total platt, müde, überfordert. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Mit meinem Mann verbindet mich Freundschaft, zwei Kinder, eine schöne Wohnung. Und mit Max? Liebe? Zumindest sehr intensive Gefühle. Gefühle, die ich so noch nie hatte. Eine gemeinsame Jugend, eine ziemlich schiefgegangene Liebesgeschichte. Absolute Ehrlichkeit und Offenheit, viele gute Diskussionen und Gespräche, obwohl wir sehr oft unterschiedlicher Meinung sind. Und so guter Sex…
Wir haben abgemacht, den Kontakt erst mal komplett abzubrechen und dann in ein paar Monaten zu schauen, wie die Lage ist und ob wir weiterhin befreundet sein können. Es frisst mich auf. Ich WILL ihm schreiben, ich WILL Kontakt mit ihm. Ich Will nicht befreundet sein, ich will mehr.
Tja, da bin ich jetzt und weiß nicht weiter (Details zur Beziehung von mir und meinem Mann habe ich absichtlich ausgelassen, sonst wäre das hier noch länger geworden...). Ich weiß, dass ich Max nicht haben kann, selbst wenn ich mich trenne. Er will so keine Beziehung führen, zumindest nicht sofort, ist auch absolut vernünftig. Aber ich kann auch nicht mit meinem Mann weiter machen, als wäre nichts passiert. Es ist einfach zu viel und ich ich brauche mal eine neutrale Meinung dazu.
Danke fürs Durchlesen!