Hallo liebe Community,
nach etlichen Jahren der Verzweiflung, suche ich nun Rat hier bei euch. In der Hoffnung darauf, die Dinge besser/richtig zu verstehen.
Kurze Vorgeschichte:
Ich bin 36 Jahre alt.
Hatte meinen ersten Freund mit 16. Die Beziehung hielt 13 Jahre. Sie war sehr turbulent... Ich musste sehr viel Schmerz, Leid und Kummer ertragen (natürlich gab es auch schöne Zeiten) - aber mein damaliger Partner war sehr unselbständig. Alles lag immer auf meinen Schultern... Haushalt, Privates und auch das Finanzielle. Aufgrund meines Elternhauses war ich auch der Part der einiges an Sicherheit mitbrachte. Zukunftssicherheit im Sinne von: abgesichert sein... finanziell sorglos, etc. hatte ich nie bei ihm. Das Paket brachte ich mit. Abgesehen davon dass ich mich um alles kümmern musste, wurde mein Selbstbewusstsein jedoch gewollt weit unten gehalten.
Es hört sich alles sehr tragisch an - ja das war es im Endeffekt auch. Dennoch gab es auch sehr schöne und liebevolle Zeiten.
Ich habe dann mit 29 den "Absprung" geschafft. Mein Leben danach ging bergauf und es war einfach gut :) Es war aber nicht lange so... denn auf einmal tauchte da ein Mann auf, der alles mitbrachte was ich mir immer gewünscht habe. Ich hatte auf einmal das Leben wonach ich mich so lange gesehnt habe. Doch es war alles nur Schein.. ich ging 2 Jahre durch die Hölle... es war die schlimmste Zeit meines Lebens! Dieser Mann war nicht nur durch und durch ein Narzisst, sondern hoch verschuldet, spiel- und kaufsüchtig und lebte in einer völligen Seifenblase... Es kam über die Jahre immer mehr heraus und am Ende saß ich alleine da... mit einer komplett geplanten Hochzeit, meinen Traumkleid und den ganzen Kosten hierfür... Ich war gefühlt am Ende meines Lebens und hatte keinerlei Kraft mehr...
Aber ich habe es geschafft! Habe mich wieder hoch gekämpft und das Leben wieder lieben gelernt. Auch diesmal kam nach wenigen Monaten ein Mann in mein Leben. Ich war nicht soweit. Emotional noch viel zu "kaputt". Doch er hat nicht aufgegeben... wir hatten eine sehr lange Kennenlernphase und ich spürte, er könnte es sein. Er brachte fast alles mit was ich mir gewünscht habe und hat mir eben einfach im Herzen und der Seele gut getan... nach ein paar Monaten jedoch musste ich feststellen dass ich emotional nicht bereit war. Er konnte mich nicht da abholen wo ich gerade stand, denn er war anders. Für mich war die Entscheidung dann, obwohl er für mich Mr. Right war - das ganze zu beenden und mir selbst erstmal Zeit zu geben, zu heilen. Die Vergangenheit aufarbeiten zu können (Kindheit und Jugend waren leider auch nicht einfach - Gewalt, sexueller Übergriff, etc.) Es tat unglaublich weh, aber ich wusste es musste sein. Nun sind fast 5 Jahre vergangen.. ich habe mein Leben sehr verändert und bin sehr glücklich geworden. Alles fügte sich zu meinen Gunsten und ich lebe nun einfach ruhig und zufrieden. Dennoch fehlt mir natürlich die "bessere" Hälfte. Ich date schon lange (hatte in den 5 Jahren natürlich eine Therapie gemacht und war 2 Jahre ohne jeglichen Männerkontakt)
Doch es ist immer wieder das selbe Muster... Ich lerne jemanden kennen - augenscheinlich alles super! Er total verliebt... und ich? Nach spätestens 4 Wochen ist das Bonbon gelutscht und ich suche das Weite. Gründe:
zu unselbständig, finanziell zu unabgesichert, steht irgendwie noch nicht im Leben...
Es sind immer die gleichen Gründe. Ich sage es ganz klar:
Ich habe einen tollen Job, verdiene gutes Geld und habe eine eigene Wohnung. In der Vergangenheit (also die 2 langjährigen Beziehungen) hatte ich nur Männer die absolut nichts hatten! Deren Absicherung ich war... die von mir gelebt und gezerrt haben.
Ich sehne mich nach diesem Gefühl endlich mal "Frau" sein zu dürfen... keine Zukunftsängste haben zu müssen... Sicherheit zu fühlen (auch finanziell - denn nur 1 Gutverdiener ist heutzutage nicht immer ausreichend) ... einfach jemand der kommt und mich mal an die Hand nimmt... Mir geht es hier nicht darum einen reichen Typen zu haben - sondern um den Aspekt der Sicherheit auch in diesem Bereich. Ich selbst habe genug Sicherheit - möchte aber einfach nicht mehr der Part für jemand anderen sein sondern eben auch mal sorglos sein dürfen. Nicht Gedanken hegen zu müssen: ok wenn ich Schwanger werde, bleibt er zu Hause - denn ich bin der Hauptverdiener...
Einfach jemand der im Leben steht! Nochmal, er muss nicht mehr verdienen es geht nicht einfach um das Geld, sondern ich möchte jemand er im Leben ein wenig über mir steht. Zu dem ich aufschauen kann! Intelligenz mitbringt und mir noch den ein oder anderen Rat im Leben geben kann. Eben einfach ein wenig wie es früher war. Der Mann im Haus.
Nun aber habe ich jemanden kennengelernt. Er ist jünger. Bringt nichts mit - keine eigene Wohnung, kein eigenes Auto. Er ist wahnsinnig liebevoll und gibt sich alle Mühe. Er will das unbedingt. Über die Tatsache dass er "nicht" viel hat oder mitbringt, wollte ich hinweg sehen. Ich habe mir alle Mühe gegeben. Nun aber tauchen Dinge auf die mich anderweitig stören. Er legt oft noch ein sehr unreifes Verhalten an den Tag. Unsere Gespräche sind für mich sehr eintönig (er redet wahnsinnig viel) - uninteressant... vllt aber auch dem verschuldet dass er nervös ist. Er redet mir oft nach meinem Mund, was mich total stört. Eine eigene Meinung hat für mich hohe Priorität. Aber! Er gibt mir das Gefühl die schönste Frau der Welt zu sein. Er streichelt mein Selbstwert und gibt mir das Gefühl begehrt zu werden... doch ich bin genervt und würde das ganze am liebsten beenden...
Ich bin so unglaublich ratlos ob ich unfähig bin jemand zuzulassen (der ja eigentlich den Kern mitbringt - nämlich Liebe) oder ich eben einfach noch nicht den richtigen gefunden habe. Mein Umfeld sagt ganz klar: zu bist viel zu wählerisch!
Kann man das sein? Wenn ja - ist es falsch? Ich habe so wahnsinnige Angst das etwas mit mir nicht stimmt... das ich der verkehrte Part bin und mir immer wieder die Steine im Leben selbst auf den Weg lege...
Hinzu kommt dass ich meinen vermeintlichen Mr. Right -den ich aus emotionalen Gründen verlassen habe vor 5 Jahren, nicht ganz vergessen kann.
Ich hoffe auf Hilfe bei Euch...
Vorab vielen Dank und entschuldigt den enorm langen Text...
Habe ich Bindungsängste oder weiß ich einfach was ich möchte?
Hallo Shepherd,
Eine Gegenfrage: Was bedeutet Zufriedenheit für dich? Ist Zufriedenheit erstrebenswertes Lebensziel oder etwas für unambitionierte Verlierer?
Zufrieden bin ich, wenn ich am Ende des Tages ein Lächeln auf meinem Gesicht habe und glücklich bin darüber wie die Dinge erfolgt sind. Zufrieden bin ich aber auch, wenn ich Ziele die ich mir gesteckt habe, erreicht habe.
Also Zufriedenheit kann ja für jeden Menschen anders ausfallen. Der eine fühlt es wenn er sein Wurstbrot morgens gemacht bekommt und der andere eben wenn er den 100.000 Euro Kundenvertrag in der Tasche hat.
Demnach ist Zufriedenheit ja schon ein erstrebenswertes Lebensziel!
Die Frage von Shepherd999 nach deiner "Zufriedenheit" trifft für mich ins Schwarze. Das Verständnis wird nur dadurch erschwert, dass das Wort Zufriedenheit zu einer reinen Floskel degeneriert ist und somit eher als Worthülse wahrgenommen wird.
Es geht aber in der Tat um die Frage des inneren Friedens (zum Frieden kommen), der innerlichen Erfülltheit, des seelischen Glücks.
Du hast nach deine hochproblematischen Männerbeziehungen und einer teilweise auch von sexueller Gewalt geprägten Kindheit ganz folgerichtig eine Therapie gemacht.
Aber irgendetwas fehlt dir in deinem Inneren, das spürst du offenbar ganz genau. Nun stehst du wieder vor der Frage, ob du dem Werben eines jungen Mannes um dich nachgeben sollst, obwohl du Vorbehalte hast.
Irgendwie schwingt immer bei dir die Hoffnung mit, der richtige Märchenprinz könnte dich sozusagen in dein Glück küssen, dass du so vermisst.
Bitte vergiss es, das wird nie geschehen. Du wiederholst nur deine Fehler der Vergangenheit! Deine Denkmuster scheinen sich trotz der Therapie immer noch auf die alten Bahnen zuzubewegen. Das ist an sich zu erwarten, denn eine Therapie ist ja keine Heilung, sie schützt uns auch nicht in Rückfälle in alte Gewohnheiten.
Für mich hört sich deine Schilderung so an: Du bist nicht bindungsunfähig, aber du hast falsche Erwartungen an eine Beziehung.
Das hat möglicherweise damit zu tun, dass du nicht gelernt hast, für dich selbst glücklich und innerlich erfüllt zu sein. Denn das ist eine Voraussetzung für eine erfüllte, gleichberechtigte Partnerschaft.
Ein Partner taugt eben nicht dazu, die eigenen Defizite und Mängel zu kurieren.
Hm, irgendwie erkenne ich mich in deiner Geschichte wieder (und dann doch wieder nicht, weil es ja deine Geschichte ist und meine in Nuancen anders ist). Ich kenne diese Suche nach jemandem, der mich komplett macht, der mich sieht, der meine Selbstzweifel durch seine Liebe kompensiert. Und ich bin oft auf die Nase gefallen und habe ordentlich Federn gelassen bei der Partnersuche.
Ich weiß gar nicht, was mir Frieden geschenkt hat. Vielleicht das komplette Loslassen der Idee, jemand finden zu müssen. Ich hab an einem Punkt in meinem Leben entschieden, mir mein Dasein so einzurichten, dass ich mit mir alleine glücklich bin: ich liebe meine Wohnung, meinen Beruf, ich bin finanziell abgesichert, ich komme als alleinerziehende Mutter gut klar, ich habe ein stabiles soziales Netz, ich bin sehr gerne alleine, ich finde Erfüllung im Sport, gesunder und leckerer Ernährung und Selfcare… und ich habe einen Partner gefunden, ganz zufällig, der einfach zu mir passt. Der „bietet“ mir nichts im Sinne von: an ihm kann ich mich orientieren oder der führt mich aus oder so. Es gibt gar kein Gefälle bei uns, er ist mein Soulmate, mein Gefährte.
Nach unten wäre ich auch wenig kompromissbereit und das finde ich sehr gesund: ich will weder jemanden durchfüttern, noch die Welt erklären, ich möchte mich nicht intellektuell langweilen. Ich will einfach einen Partner, mit dem ich gerne Zeit verbringe. Dazu muss er nicht perfekt sein, sondern kompatibel…
Keine Ahnung, was der Wendepunkt war. Irgendwann wusste ich halt, was ich wollte und was nicht und never ever würde ich meinen Seelenfrieden oder gar meine eigene Wohnung für jemanden aufgeben, der nicht passt oder mein Leben nicht emotional bereichert. Denn sonst ist es halt auch fein, allein durchs Leben zu gehen. Tausend Mal besser als eine Naja-Beziehung zu führen.
Dazu muss er nicht perfekt sein, sondern kompatibel…
Hallo Nadja, für diesen Satz verdienst du einen Preis! Treffender könnte ich es nur in 20 Seiten zusammenfassen.
PASST !!! 😘
LG Moni
Es ist wichtig Standards zu haben. Das hat nichts mit Bindungsangst zu tun sondern mit gesundem Menschenverstand.
Leider sind in deinem Alter die meisten Männer ohne größere Baustellen (also halbwegs psychisch gesund bzw. reflektionsfähig und therapiebereit wenn sie es nicht sind und im Beruf erfolgreich) in festen Beziehungen. Das ist einfach eine Tatsache.
Mit Mitte 30 - Anfang 40 muss man einfach länger suchen wenn man keinen haben will der ein weiteres Kind ist oder eine Belastung, sondern ein Partner.
Ich selber bin inzwischen 41, war auch lange Single (jetzt seit 1 Jahr nicht mehr) und wegen Trauma in Beziehungen in Therapie und habe in der Singlezeit unzählige Dates gehabt (irgendwas um die 150 genau weiß ich das nicht mehr)
Habe mir aber immer gesagt bevor ich eine nicht passende Beziehung eingehe, lieber keine. Und am Ende hat es dann doch noch geklappt. Auch wenn in meinem Umfeld niemand mehr dran geglaubt hat, ich selber auch nicht.