Hallo ihr lieben,
ich bin nun seid 3 Monaten bei einer sehr guten Therapeutin in Behandlung. Die Chemie hat von Anfang an gestimmt und ich habe das Gefühl, die „Beziehung“ zwischen uns wird immer freundschaftlicher. Sie erzählt immer auch mal Kleinigkeiten aus ihrem Leben, wir haben den selben Humor und verstehen uns einfach gut. Sie war am Anfang viel darauf bedacht, dass ich selbst auf Antworten komme, mittlerweile reagiert sie aber auch schnell mit Ratschlägen und sagt mir genau wie ich in welcher Situation handeln soll. Das kommt bei mir so an, dass sie auch emotional involviert ist. Ich empfinde schon auch Verliebtheitsgefühle für sie obwohl ich eigentlich heterosexuell bin und ich weiß das hat mit Übertragungsgefühlen zutun. Aber was ist eigentlich mit den Gegenübertragungsgefühlen? Darum geht es eher seltener. Kann es nicht auch sein, dass eine Therapeutin ebenfalls Gefühle für eine Patientin/einen Patienten entwickelt? Und ich meine schon darüber hinaus, als spontane Sympathie. Ich meine so, dass die Therapeutin z.B. die Therapie verlängert weil sie nicht will das die „Beziehung“ beendet ist. Ich weiß Therapeuten sollten eine gewisse Distanz behalten, aber ist es nur menschlich das, dass auch mal nicht „funktioniert“? Ich wäre gespannt darauf eure Meinung dazu zu hören und evtl. sogar Erfahrungen diesbezüglich.
Beruhen meine Gefühle für die Therapeutin auf Gegenseitigkeit?
Genau! Das ist Übertragung; keine Ahnung, ob sie mit Gegenübertragung reagiert. Falls ja, ist sie sicher professionell genug, sich Supervision zu holen und entsprechend auf Distanz zu gehen.
Falls nicht, riskiert sie ihren Job und verliert ihn, wenn sie sich nicht abgrenzt, vollkommen zu Recht.
An deiner Stelle würde ich mir deine Gefühle für sie mal genauer anschauen: Jeder Mensch will komplett und nur um seiner Selbst geliebt werden. Was gibt sie dir, was du woanders nicht bekommst? Und warum bekommst du das woanders nicht? Und hast du ein Faible für emotional unerreichbare Personen?
Wenn du mutig bist, thematisierst du deine Verliebtheit. Damit kann man prima arbeiten.
Es gibt sicher mehrere Möglichkeiten. Die naheliegenden:
1. Du gehst durch den sehr häufigen Verliebtheitsprozess durch Übertragung und Geborgenheit. Wenn ich das richtig verstanden habe, bist du als Frau in Behandlung bei einer Therapeutin. Vielleicht entdeckst du auch einfach lesbische Anteile in dir. Und die Therapeutin ist nicht verliebt in dich, wird aber diese Gefühle als Gegenübertragung wahrnehmen bzw. wäre nicht überrascht, wenn du ihr diese Verliebtheit gestehst. Dann würde sie sich respektvoll abgrenzen und dich damit nicht von sich wegstoßen. Tatsächlich ließe sich dann mit deinen Gefühlen sehr gut weiter arbeiten, und du hättest Mut und Offenheit bewiesen. Könntest auch an narzisstischen Anteilen (haben wir alle) oder manipulativ-verführerischen (auch menschlich) arbeiten. Ja, auch gerade die Schattenseiten sind spannend zu thematisieren. Dann kommst du richtig rein in die Selbsterkenntnis. Die willst du ja, nicht die Therapeutin verführen, deine Allmacht kennenlernen oder ihr einfach nur gefallen.
2. Die Therapeutin ist auch verliebt in dich, was sicher sehr selten vorkommt. Vor allem, wenn sie heterosexuell ist. Wenn sie professionell ist, würde sie die Therapie sofort abbrechen und mit dir ein ausführliches Gespräch führen. Nach einer langen Pause (halbes oder Jahr?) könnte sie dir ein Treffen vorschlagen. So könntet ihr prüfen, ob die Gefühle Bestand haben und nicht nur aus der Übertragung her rühren.
3. Die Therapeutin ist auch verliebt und macht entweder weiter mit der Therapie (ganz große Red Flag!) oder lässt sich bald auf eine Beziehung ein. Beides auf Grundlage von ungleichen Machtverhältnissen und vollkommen unprofessionell und missbräuchlich. Dann wäre sie als Therapeutin vollkommen ungeeignet und eine Beziehung auf Sand gebaut.
Da aber die Verliebtheit geradezu eine normale Phase der Therapie ist, kannst du offen sein und wahrscheinlich mit ersterem rechnen. Vielleicht berichtest du mal....
Mein Tipp als psychologische Psychotherapeutin: Sprich deine Gedanken und Gefühle in der Therapie an. Denn genau dafür ist sie da.
Alles andere, das Abchecken, Suchen nach Signalen , Deuten ist eher ein Therapiehemmnis. Deine Gefühle jedoch sind etwas, womit sich im Sinne einer effektiven Therapie (Erreichung deiner ursprünglichen Ziele) und hilfreicher Therapiebeziehung sehr gut arbeiten lässt.
Ich wünsche dir viel Erfolg.
Arbeiten mit Gefühlen für die Therapeutin zum Erreichen von Zielen, ist zwar bei einem Teil der Zunft en vogue. Aber es gibt auch einen anderen Teil, der so etwas grundsätzlich ablehnt. Ich behaupte nicht, etwas zu wissen, aber ich lehne sowas eher ab.
Mir tun alle die Klienten/Patienten leid, die sich mit sehr starken Gefühlen engagieren, um dann irgendwie enttäuscht zu werden. Jede Therapie muss nämlich auch ein Ende haben - und dann ist die therapeutische Beziehung Vergangenheit. Gewiss lässt sich diese Art von Beziehung als "innere hilfreiche Stimme" umdeuten, aber das klappt eher selten.
Was erzählst du denn da? Ehrlicherweise bin ich mir nicht sicher, ob ich den Beitrag richtig interpretiere.
Natürlich wäre es absurd, in der Therapie Verliebtsein zu forcieren. Das habe ich nicht gemeint.
Ich meine aber wohl, dass eine freundlich zugewandte Haltung, Validierung etc. bei PatientInnen (insbesondere, wenn sie bisher wenig positive Beziehungserfahrungen gemacht haben) etwas auslösen KANN. Das dann in der Therapie anzusprechen, macht sehr viel Sinn, weil es natürlich (zugrundeliegende) Themen der Patientin oder des Patienten bearbeitbar macht.
Wenn es so wäre, müsste sie die Therapie abbrechen und dich an einen anderen Therapeuten überweisen. Verliebt kann man keine normale, neutrale Therapie durchführen. Das wäre sicherlich auch in ihrem Sinne wenn sie ein guter Mensch wäre.
Ich habe in psychosomatischen Kliniken gearbeitet. Ich würde sagen, dass ich eine Kollegin hatte, die sich teilweise schlecht abgegrenzt hat. Nicht, dass eine Beziehung entstanden wäre, aber zu viele, eigentlich unnötige Gespräche, die wohl eher auf Sympathie beruht haben(zumindest mit einer Patientin). Ist vielen in der Klinik unangenehm aufgefallen und so doch eher selten.
Viel häufiger aber, dass Patienten ihre Wichtigkeit für den Therapeuten überschätzen.
Zu viel Nähe ist eher hinderlich für den Erfolg der Therapie, merkst du ja auch irgendwie. Besser ist es oft, wenn ,an sich gegenseitig "ganz nett" findet, aber nicht zu sehr auf einer Wellenlänge ist oder sich zu ähnlich