Zwickmühle wegen Besuch bei Großeltern - Opa schwer krank

Hallo,
ich bin nicht ganz sicher, ob solch ein Beitrag hier hin gehören kann, aber mich interessiert wie Ihr Euch in folgender Situation mit Euren Kindern verhalten würdet. Wobei es eine nicht alltägliche und sehr traurige Geschichte ist. :-(


Im letzten Jahr wurde der eine Opa (Vater meines Mannes), der nach mehreren Schlaganfällen bereits ein schwer kranker Pflegefall und daheim bettlägerig war, an eine künstliche Ernährung angeschlossen. Wir wohnen 6 Autostunden entfernt und haben mit unseren beiden Kindern Oma und Opa vor der Verschlimmerung so ca. alle 3 Monate besucht.

Er liegt nun immer noch daheim und wird von der Oma gepflegt. Er ist in einer Art Wachkoma und bekommt erkennbar eigentlich nichts mehr mit von seiner Umwelt. Er atmet relativ schwer, schläft die meiste Zeit und wenn er die Augen auf hat, erkennt er niemanden bzw. es kommt keinerlei Reaktion. Schmerzen scheint er keine zu haben. Mir fällt es aber schwer, der Entscheidung für eine Lebensverlängerung auf diese Weise etwas Positives abzugewinnen, da ich selbst durch den Verlust eines sehr nahe stehenden Angehörigen geprägt bin, und ich ein selbst bestimmtes Sterben in Würde einer künstlichen Lebenserhaltung vorgezogen hätte. Aber das nur am Rande, denn man muß ja den Willen der Angehörigen akzeptieren, und nun ist es so mit ihm wie es ist.

Jedenfalls steht nun die Frage nach dem gewohnten Osterbesuch bei Oma und Opa an. Und mich ärgert es, dass ich die einzige bin, die sich überhaupt Gedanken darüber macht, wie unsere beiden Söhne (3 1/2 Jahre) mit der neuen Situation klar kommen sollen, wenn sie sehen, dass Opa nun an eine Maschine angeschlossen ist, und bis auf das schwere Atmen kein Lebenszeichen / keine Reaktion mehr kommt. Ich stelle mir vor, dass es für einen 5- oder 6-Jährigen bereits mit dem Verstand zu erfassen ist, dass da ein Mensch schwer krank ist und nichts mehr von sich geben kann. Aber bei unseren Kleinen fürchte ich, dass sie das irgendwie in sich reinfressen werden mit unabsehbaren Folgen. Also bin ich eigentlich dagegen, dass wir hinfahren. Aber dass vermittele ich jetzt wie meiner Schwiegermutter ??

Nicht dass ihr mich falsch versteht, es geht mir gar nicht darum, unsere Kidis von der Realität fern zu halten. Ich würde ja die Kleinen gerne an die Themen Krankheit, Sorge und Trauer ranführen. Meine Sorge ist bei Opas Zustand aber, dass es eben kein normaler Krankheitszustand ist, den ich den Jungs gut erklären kann, und sich diese Erfahrung negativ bei unseren Kleinen einprägt und auswirkt. Das wäre auch was anderes, wenn er im Krankenhaus liegen würde. So aber liegt er auch noch im Wohnzimmer (mit dem Argument, weil das seine gewohnte Umgebung ist), und weil das für Oma schon absolute Gewohnheit ist, hat sie auch keine Probleme damit, uns allen im selben Wohnzimmer zur Kaffeetafel zu bitten. #klatsch


Ich finde das recht befremdend und kann nur schwer diese Aussicht auf Ostern ertragen, da ich es zu viel Realität für die Jungs finde, und selbst wahrscheinlich wegen meiner Sterbenserfahrung auch gar nicht gut damit klarkommen werde.

Mein Mann versteht zwar meine Bedenken, er fühlt sich aber zwischen den Stühlen. Ihm geht es halt auch um seine Mutter, die schon seit langem und erst recht seit Opas Verschlimmerung wenig Lebensfreude erfährt, und an der Entwicklung ihrer Enkel wegen der Entfernung (und weil sie w/ Opa fast nie zu Besuch kommt) leider nur wenig teilhaben kann. Er sagt, wenn wir jetzt nicht hinfahren, heisst das im Prinzip wir wollen gar nicht mehr hin, und da gibts dann einen richtigen Knacks mit ihr. #wolke
Ich glaube er hat einfach Angst ihr die Wahrheit zu sagen, weil seine Mutter dann auch gleich auf Stur schaltet und beleidigt ist. Er hat sie schon gefragt, ob sie sich keine Gedanken macht, wie die Kidis auf Opa und die neue Situation reagieren, und natürlich (!) kam zur Antwort, sie hat es nicht, und versteht die Bedenken noch nicht einmal !! Sagt am Ende noch ganz eingeschnappt, dann sollen wir halt nicht kommen, das müssen wir ja selber wissen. #drache ende des gesprächversuchs...


Ich weiss nicht weiter. #gruebel
Da ist irgendwie gar keine Diskussion möglich. Ich fühle mich nun allein gelassen, denn am Ende fahren wir wieder hin, als wäre nichts Ungewöhnliches. Im Prinzip gegen meinen Willen. Dabei geht es mir einfach nur darum, dass sie wenigstens versteht, was sie da von uns erwartet, und an die kleinen Seelchen denkt. Oder ist das alles zuviel verlangt ?
#kratz

Sorry, aber das musste ich mir jetzt mal vom Herzen schreiben. #bla
Am Ende bin halt ich so oder so die Dumme... Wie würdet ihr Euch verhalten an meiner Stelle ? Bin für Euren Rat dankbar !
#danke


LG
75kati

1

Hinfahren. Ich glaube nämlich, das Du ein viel grösseres Problem mit der Situation hast als Deine Söhne. Wenn Du Deine Söhne von Opa fern hälst, öffnest Du doch erst recht ihrer Fantasie Tür und Tor. Und das was mit Opa nicht stimmt, merken sie doch eh. Wenn sie ihn sehen, haben sie die Chance ein reales Bild von Opa zu bekommen, wenn nicht werden sie ihn sich vorstellen - und das kann unter Umständen wirklich heftig werden.

Es ist ok, wenn Du sagst, das Du damit nicht klarkommst, aber schiebe nicht Deine Söhne vor.

Grüsse
BiDi

9

Hallo BiDi,

vielen Dank für Deinen Ratschlag. Du hast wahrscheinlich Recht, vielleicht mach ich mir zu viele Gedanken.

Ich glaube, wir werden das Richtige tun, wenn wir hinfahren.

liebe grüsse
kati

2

Hallo Kati,

erstmal tut es mir mit dem Opa sehr leid...

Zu Deiner Frage... ich würde mit meinem Kindern fahren. Die Kinder gehen mit der Realtität ganz anders um, nämlich schon unbefangener als wir "Alten"..

Ich wurde selber als Kind von meinem Uropa "ferngehalten" als dieser Pflegefall wurde, da war ich 5 oder 6 Jahre alt. Es tat mir weh, da ich ihn liebte und dachte er mag mich nicht mehr, konnte ich mir ja von der Schwere seiner Krankheit kein Urteil bilden. Heute bin ich daher ziemlich traurig und irgendwo immer noch enttäuscht.

Eine Bekannte machte sich auch mal solche Sorgen, da ihre Ma schwer erkrankte und an Maschinen hing.. da war die Tochter sieben und der Sohn drei... nach langen Überlegungen fuhr sie trotzdem mit den Kindern hin. Die Kids nahmen es lockerer auf als ihre Mama..

Kati ich denke, wir Erwachsenen sind es, die da vor Situationen zurückschrecken etc, aus Erfahrungen raus, aus Angst oder sonst was..

Entscheiden müsst Ihr es, aber ich kann auch die Mutter von Deinem Partner verstehen, wie würdest Du denken? Angenommen Dein Mann wird schwerkrank und die ihm lieben Personen möchten nicht kommen, da sie Angst haben? Schwer auszudrücken was ich meine... aber ich hoffe Du verstehst es ;-)

Dir wünsche ich eine gute Entscheidungsfindung, viel Geduld zum beantworten der eventuell kommenden Fragen der Kinder, egal ob Ihr fahrt oder nicht fahrt..

Lieben Gruss

Mone

3

Hallo.

Das mit Deinem Schwiegervater tut mir echt leid. Hört sich ja nicht so gut an.

Nun zu Deinem "Problem": Ich würde mit den Kindern hinfahren. Kinder sehen den Opa mit ganz anderen Augen. Man kann ihnen doch vorher erzählen, dass der Opa krank ist und im Bett/auf dem Sofa liegt. Da er krank ist, schläft er auch viel mehr als sonst. Und wer weiß - vielleicht bekommt der Opa ja doch mehr mit, als Ihr alle denkt?!

Zerbrich' Dir nicht den Kopf darüber! Fahrt einfach wie gewohnt hin. Der Rest ergibt sich von selbst.

Gruß

Tanja

4

Hallo!

An welche "schwere" Maschine ist dein Opa angeschlossen?
Eine Ernährungspumpe für eine PEG-Sonde, wäre ein kleines Gerät, und durchaus herzeigbar.
Hat er ein Tracheostoma?
Muß er abgesaugt werden? Dann würde ich das in dem Fall ohne Zuseher machen, weil das aufgrund des Hustenreizes oft sehr schlimm aussieht.

Ein Essen, wenn der Pflegefall im gleichen Zimmer liegt, finde ich durchaus auch sehr befremdlich und anstrengend (für mich). Die Kinder, könnten das vermutlich besser verkraften.
Ich würde aber auch hinfahren, da es eher um die Oma geht.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft
lg karin

5

hallo kati!

ich kann dir (leider) aus eigener erfahrung ein wenig über (fast) die gleiche situation berichten.
meine schwester (23) hatte letztes jahr im mai hirnblutungen bekommen und leigt seitdem im wachkoma. seit dezember ist sie zu hause bei meinen eltern (leben im gleichen ort). sie ist auch die patentante meiner tochter (im märz 3 j. alt geworden). meine schwester wird auch künstlich ernährt, wobei dies mit der herkömmlichen lebenserhaltenden apparatemedizin nicht viel gemeinsam hat. sie hat (wie wahrscheinlich dein schiegervater auch) eine peg-sonde liegen. hierfür braucht man zur dosierung der nahrung einen kleinen apparat (sieht aus wie ein grosser taschenrechner). hier piepst auch nix (es sei denn, die nahrung ist leer).

ich hatte meiner tochter halt (kindgerecht) die situation erklärt und auch die konsequenzen (dass meine schwester nicht mehr sprechen, laufen, spielen, usw. kann) und viel schläft. es war eigentlich ganz unproblematisch. man muss die kinder nur drauf vorbereiten und sich im vorfeld ein wenig zeit nehmen.

ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen, wenn du noch etwas wissen möchtest, schreib mich ruhig an, ich hab ja leider viel erfahrung mit dieser situation.

liebe grüße
melanie

8

Liebe Melanie,

erst einmal vielen lieben Dank für Deinen Ratschlag. Ich glaube ich weiss jetzt, dass ich mir zu viele Gedanken diesbezüglich mache. Wahrscheinlich ist es meine Angst vor der Situation. Meine Mutter (sie starb vor 7 Jahren an Krebs) war am Ende auch nicht mehr ansprechbar und ich hätte nie einen Tag von ihr fern bleiben wollen.

Das mit Deiner Schwester tut mir sehr leid für Dich und Deine Familie. Woher nimmt man die Kraft mit solch einer Situation, die ein so junges Familienmitglied betrifft, klarzukommen?! Ich hoffe ganz arg, dass sich der Zustand deiner Schwester wieder bessert.....
Mein Kleiner, er wird im Juni 4 Jahre alt hatte auch ein Schlaganfall. Er hat eine Halbseitenlähmung (die fast gar nicht auffällt) und einige Verhaltensauffälligkeiten zurückbehalten, und man weiss bei so Kleinen nicht, was noch kommen kann.....aber seitdem halte ich mich mit Aussagen, wie "Der ist doch noch so jung, das kann doch gar nicht sein!" sehr zurück. Dieser Satz wird Euch auch nicht unbekannt sein, oder?

Melanie, ich wünsche Dir von Herzen ganz ganz viel Kraft. Eure Liebe spürt Deine Schwester, da bin ich mir sicher.

Liebe Grüsse
kati

6

Hallo.
ganz ehrlich, ich würde auch hinfahren, für deine Schwiegermutter ist die Situation wahrscheinlich schon schlimm genug und dass sie deswegen ihre Enkelkinder nicht sehen kann/darf doch irgendwie krass.
Mein Opa war ebenfalls in der gleichen Situation, ich hab ihn mit 16 trotzdem jeden Tag besucht, leider komm ich bis heut auch nicht ganz darüber hinweg, aber Kinder in dem Alter sehen das ganz anders und ich glaub auch nicht dass sie das so belastet, hört sich eher an als ob du das nicht kannst.
Was total verständlich ist, Leute so liegen zu sehen, ist einfach belastend, vielleicht bleibst du zu Hause und lässt die Kinder mit deinem Mann fahren? Oder, das Wetter ist bestimmt so, dass man mal mit den Kindern raus oder spazieren gehen kann.
Dann muss man nicht die ganze Zeit im gleichen Raum sein.
GLG und viel Kraft
Sandra

7

Hallo,

Hinfahren!!!!

Mein Vater liegt im Sterben. Er hat ein metastasiertes Krebsleiden und wird zuhause gepflegt. Wir sind jede Woche mind. 1x dort und es geht ihm zusehneds schlechter. Trotzdem will und kann ich auf den Kontakt nicht verzichten. Unsere Söhne haben dabei sicher weniger Probleme als wir Erwachsenen.

Übrigends liegt mein Vater auch im Wohnzimmer und wir sitzen daneben und trinken KAffee. Er bekommt noch etwas von seiner Umwelt mit und das werden wir Ihm nicht nehmen.

LG, Andrea