Sprachliche Rückschritte

Hallo,

heute morgen habe ich mit einer der Erzieherinnen im Kiga wegen des Delfin-4-Tests (NRW gesprochen. Ich sagte ihr, dass ich mir ein wenig Sorgen über die Rückschritte mache, die mir bei meiner Tochter aufgefallen sind. Sie macht Fehler, die sie vor einem halben Jahr nicht gemacht hat. Zum Beispiel sagt sie Sachen wie: "Mama, hab aufgeesst!" anstatt "Ich habe aufgegessen!" oder "XY hat den Turm umgeworft" statt "umgeworfen".

Klar weiß ich, dass sie das eigentlich vom Alter her noch nicht perfekt können muss (sie ist gerade 4 geworden). Aber ich weiß ja, dass sie das vor einem halben Jahr fehlerfrei gemacht hat. Mir macht das Sorgen, denn irgendwoher muss das doch kommen.

Die Erzieherin meinte dann, ich sollte mir da keine Sorgen drum machen. Sie müsse das noch nicht können. Und in drei Wochen sei ja eh ein Elterngespräch, da könnte ich das ja der Bezugserzieherin nochmal sagen, aber eigentlich sei das doch kein Thema.

Wie würdet ihr damit umgehen? Würdet ihr das thematisieren? Oder noch abwarten? Irgendwie finde ich, dass damit zu locker umgegangen wird.

lg

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Je unverkrampfter damit umgegangen wird, desto leichter und sicherer wird sie es lernen.

Es ist völlig ok, wenn Du noch einmal fragst, ob sie eine Idee haben, woran es liegen kann (spricht sie im Moment mehr mit Kleinen, ist sie mit anderen Sachen beschäftigt...), aber Du solltest auf jeden Fall vermeiden, sie z.B. direkt zu korrigieren und zu sagen "das heisst aber gegessen und nicht geesst". Damit würdest Du ihr, wenn Du Pech hast, Komplexe einreden und die Sprachentwicklung verzögern, weil sie mehr Hemmungen hätte, einfach loszuplappern.

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Ja, das ist mir schon klar. Das habe ich auch nie gemacht. Wenn sie sagt "Ich hab aufgeesst" sage ich zu ihr: "Schön, du hast aufgegessen. Möchtest du noch etwas essen?" oder ähnliches halt.

Bevor das anfing mit ihren sprachlichen Rückschritten hat sie sich öfter bei mir beschwert, dass viele Kids im Kiga "eine schlechte Sprache haben" (O-Ton), und dass sie deshalb mit denen nicht spielen wollte oder könnte. Damals habe ich ihr erklärt, dass das eben so ist, manche können gut sprechen (so wie sie), andere Kinder können dafür andere Sachen schneller (z. B. Rad fahren). Das ist völlig okay so. Und dass irgendwann alle alles können (also, Rad fahren, sprechen, zählen, malen, puzzlen, etc.). Das hat sie eine ganze Weile beschäftigt (sie denkt überhaupt viel nach) und irgendwann machte es ihr plötzlich nichts mehr aus, dass sie mit Kindern spielte, die schlechter sprechen. Und dann begann das schleichend, dass sie ihre eigene Sprache irgendwie "verlor". Anfangs habe ich dem noch keine Bedeutung beigemessen, aber mittlerweile ist es wirklich schlimm geworden. Sie schafft keinen einzigen Satz mehr korrekt zu formulieren. Das hört sich jetzt vielleicht bescheuert an und viele werden denken: Was will die denn? Das müssen die doch auch noch nicht können! Aber was wäre, wenn euer Kind seit einem Jahr super gut Fahrrad fahren könnte und das auch gerne getan hat. Und plötzlich, schleichend, verlernt es das Radfahren, bis es schlussendlich wieder aufs Laufrad umsteigt, weil's einfacher ist, nicht immer in die Pedale zu treten?

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Wenn Du wirklich glaubst, dass sie das gezielt macht, dann wäre es schon sinnvoll, es in der Kita anzusprechen, damit sie ein Auge darauf haben. Meine Tochter ist noch nie auf die Idee gekommen, weniger mit Kindern zu spielen nur weil sie schlechter sprechen. Das ist bei uns ganz natürlich, weil viele Kinder zweisprachig aufwachsen.

Und wenn Deine Tochter da seltsame Ansichten hat, dann wäre es nur folgerichtig, wenn sie ihre Sprache anpasst, um sich zu integrieren. Dann wäre es aber natürlich auch sinnvoller, an ihrem Gefühl des "gleichsein-müssen"s zu arbeiten als an der Sprache selbst.

So oder so: Sorgen ansprechen ist immer gut und richtig. Sicher haben die Pädagogen bei Euch eine Meinung dazu, über die Du dann nachdenken kannst. Und wenn Du in 3 Wochen auch nicht schlauer wirst als vorher, dann weißt Du doch wenigstens, dass mehrere Leute ein Auge darauf haben.

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Huhu,

in der Regel sind solche Rückschritte eigentlich Fortschritte. Bis zu einem gewissen Alter ist Grammatik eher "auswendig gelernt". Kinder sagen Sätze richtig, ohne das Prinzip dahinter verstanden zu haben. Wenn sie dann anfangen, selbst die Regeln der Sprache anzuwenden, kann es wieder zu Fehlern kommen, weil es halt so viele Ausnahmen gibt.

Ich würde noch etwas abwarten und nach der bewährten Methode (falsches Wort korrekt wiederholen, z. B. "Aha, xy hat also den Turm umgeWORFEN.") verbessern. Beim Elterngespräch kannst Du es ja tatsächlich ansprechen, ob den Erziehern das auch auffällt. Und Beobachten bzw mal bei Gelegenheit den KiA befragen schadet sicher auch nicht.

Mein Sohn ist 5 und sprachlich gut dabei, aber einige Verben sagt er hartnäckig falsch, z. B. sagt er immer "er worf den Ball". ;-)

LG

Hanna

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Hmmm, der KiA hat gemeint, dass sie ein sehr sozialer Mensch sei, der sich eben auf die Ebene der anderen "runterbegibt", um da nicht so aufzufallen oder besser kommunizieren zu können.

Damit könnte ich ja leben, finde ich bis zu einem gewissen Grad auch noch nachvollziehbar. Wenn sie aber mit uns zuhause redet, wo kein anderes Kiga-Kind dabei ist oder mit anderen Erwachsenen, macht sie das mittlerweile auch. Die einzige Situation, in der sie noch die fast fehlerfreie Sprache von vor einem halben Jahr anwendet, ist, wenn sie ihrem kleinen Bruder (8 Monate) etwas erzählt. Schon komisch, oder nicht?

6

Naja, ich kann auch im Dialekt sprechen, obwohl ich perfekt Hochdeutsch kann (und ich mache das auch, wenn ich in Bayern bin). Klar gucken Kinder sich Verhaltensweisen von anderen ab, das wird immer so sein. Ich habe mal eine Sendung über Spätaussiedler o. ä. gesehen, da sprachen die Kinder absichtlich mit Akzent, obwohl die Eltern gar keinen hatten! Mein Sohn bringt auch immer neue Ausdrücke und Redewendungen mit aus dem Kindergarten, das neuste ist "Mama, das ist ÜBELST COOL!". ;-)
Ich denke nicht, dass sie die Grundregeln der Grammatik verlernt, nur weil andere Kinder diese noch nicht beherrschen.

LG

Hanna

7

Huhu,

dass deine Tochter diese "Rückschritte" macht, zeigt nur, dass sie gerade die Regeln der Grammatik für sich entdeckt. Dabei kommt es auch zu Übergeneralisierungen: Sie hat entdeckt, dass eine Vergangenheitsform von kaufen "gekauft" heißt und überträgt es dann (eine Zeit lang) auf andere Verben: werfen – geworft.
Das ist eigentlich ein Fortschritt und geht wieder vorbei.

Kein Grund zur Beunruhigung

#winke

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Hallo again2011!
Ich bin gerade auf deinen Beitrag gestoßen. Ich habe genau das gleiche Problem. Meine Tochter knapp 3,5 Jahre geht seit Januar in den Kiga. Sie hat für ihr Alter immer sehr gut gesprochen (besser als die meisten anderen im selben Alter)

Sie sagte während der ersten Wochen oft Dinge zu mir wie z.B "Mama, die anderen Kinder können nicht so gut sprechen ich versteh die nicht richtig" Ich sagte ihr dann dass das nicht schlimm sei und dass alle Kinder früher oder später sprechen können.

Jetzt nach 6 Monaten im Kiga ist meine Tochter kaum wieder zu erkennen und ich bin verzweifelt. Nur mit ihrem Bruder (8Monate) spricht sie wie immer!!!???
Habt ihr mittlerweile eine Lösung gefunden? Oder hat es sich von allein erledigt?
Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen

Liebe Grüße