Selektiver Mutismus

Halli Hallo ihr Kleckerkumpanen :-p

Mein Sohn war quasi schon immer etwas "besonderes". Er fing erst mit 3 Jahren an zu sprechen, ist sehr schüchtern und eher in sich gekehrt.

Zu Hause ist er ein fröhlicher Gummiball, der redet wie ein Wasserfall und viel Quatsch im Kopf hat. Wenn er sich mit seinem besten Freund trifft, haben die meist nur Unfug im Kopf und spielen wunderbar zusammen.

ABER, sobald er sich ausserhalb dieses Rahmens bewegt, ist alles aus. Mit fremden Menschen spricht er gar nicht, dreht sich weg und versteckt sich hinter mir. Selbst wenn er die Leute etwas besser kennt, fängt er zwar an zu kommunizieren, aber ausschließlich non-verbal! Es kommt kein Wort über seine Lippen.
seit November besucht er den Kindergarten, mit seiner "Lieblingserzieherin" spricht er mittlerweile, aber auch erst seit 2-3 Woche und dann meistens nur kurze Sätze. Mit der anderen Gruppenerzieherin redet er noch weniger. In seiner Kitagruppe sind 13 Kinder (mit ihm), mit 3 Kindern redet er, der Rest kennt ihn nur stumm.

Wenn wir uns mit Freunden auf dem Spielplatz treffen, spielt er meist für sich und beobachtet die anderen Kinder eine ganze Weile, bevor er sich zum mitspielen überreden lässt, fremde Kinder kommen gar nicht an ihn ran.

Seit einigen Wochen redet Hagrid davon, dass er unbedingt zum Karate möchte. Am Freitag hatten wir ein Probetraining, es war ein Desaster. Hagrid, hat nicht mitmachen wollen, hat sich von den Kindern weggesetzt und die Übungen hat er nicht mitgemacht. Wenn ihn die Trainerin angesprochen hat und versucht hat ihn zu motivieren, ist er zu mir gelaufen, hat sich versteckt und wollte weg.

Nach 20 Minuten haben wir abgebrochen, weil es keinen Sinn gemacht hat. Beim Umziehen ist Hagrid in Tränen ausgebrochen, er war enttäuscht von sich selbst. Ich hätte heulen können.

Heute hat mich die Ergotherapeutin der Kita angesprochen. Sie hat Hagrid einige Zeit beobachtet und gehofft einen Weg zu finden, ob und wie sie ihm helfen kann. Sie äußerte den Verdacht, dass Logan einen selektiven Mutismus hat.

Je mehr ich darüber lese, desto mehr finde ich meinen Sohn darin wieder. Es würde einfach passen.

Hat hier irgendwer Erfahrungen mit selektiven Mutsismus bei Kindern und mag berichten? Gerne auch per PN.

Lg

Mrs. Norris

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Vielleicht braucht er einfach nur Zeit und ganz viel Verständnis.
Unsere Große War ähnlich, zu Hause eine Quasselstrippe, außer Haus kein Wort. Im Kindergarten saß sie öfters am Rand und hat die anderen Kindern beobachtet. Sie kannte nach kurzer Zeit die Namen aller Kinder, aber vermutlich kannte sie kaum jemand. Wir haben ihr schüchternes Wesen immer akzeptiert und ihr nie das Gefühl gegeben, dass irgendwas nicht mit ihr stimmt. Heute ist sie in der Grundschule, immer noch zurückhaltend und eher leise unterwegs, aber gern gesehener Spielkameraden und spricht auch mit der Nachbarschaft.

2

Ich hatte im beruflichen Kontext schon mehrfach Kontakt zu (älteren) Kindern mit (s)elektivem Mutismus. Dieser hatte sich bei den betroffenen Kindern/ Jugendlichen schon stark verfestigt.
Im privaten bereich war der Verdacht bei einem bekannten Kind während der Krippenzeit/ Anfang der KIndergartenzeit im Raum. Dort hat es sich aber nach und nach gelegt, das Kind wurde offener und ist heute - mit 10 Jahren - völlig unauffällig.

Ich würde dir empfehlen zu gehen, wenn er es nochmal beim karate probieen möchte und ihn dort alleien lassen.
Wichtig sind erfolgserlebnisse, alles andere verstärkt die Angst vor dem Sprechen/ interagieren.
Auch im Kindergarten sollte es wichtig sein, daß er mit allen spricht, daß keienr das sprechen für ihn übernimmt, und daß er mehr vorteile vom spreche nals vom "nicht sprechen" hat (das ist häufig der fall, weil sich schnell Konstellationen herausbilden und andere Kinder das sprechen/ einfordern übernehmen) das ist manchmal hart, hat sich mMn aber bewährt.

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Hallo LisaSimpson,

Ich danke dir für dein Antwort, aber ich muss dir (leider) wiedersprechen. (S)elektiver Mutismus ist eine Angststörung, Betroffene haben schlicht Panik vor dem Umgang mit fremden Menschen und können deswegen nicht sprechen.

Würde ich Hagrid ins kalte Wasser werfen und einfordern, dass er alles alleine macht, hätte ich in kürzester Zeit keinen kleinen Sonnenschein mehr, sondern nur noch ein kaputtes Nervenbündel.

Er KANN es einfach nicht! Das hat nichts mit Trotz oder "nicht-wollen" zu tun.

Im vetrautem Rahmen spricht er, ganz normal. Er kommt von sich aus an und fordert alles ein. Wenn er mit deiner Bezugserzieherin alleine ist, redet er auch, ebenfalls von sich aus. Nur je mehr Menschen dazu kommen, desto stummer wird er. Er spielt zwar weiter, auch mit den anderen Kindern aber er wird stumm.

Selektiver Mutsimus ist so viel mehr, als ein reines nicht sprechen wollen.

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du widersprichst mir damit nicht, nur deien schlußfolgerung ist eine andere.

Angst stegert sich, wenn man dem angstauslösenden reiz ausweicht und ihn vermeidet- so verfestigt sich jede Angststörung.

Konfrontation (ob nun über sanftes heranführen oder über eine direkt konfrontation mit dem am stärksten angstauslösenden reiz sei dahi ngestellt) ist daher die möglichkeit die wachsende angst vor der angst und den dahinter liegende teufelskreis zu überwinden .

mir ist klar, daß das gerade bei kleienren kindern mit dieser störung schwierig für die Angehörigen ist (hab ich ja geschrieben) aber aus meienr erfahrung heraus die beste möglichkeit.

Angst wird nämlich nur dadruch weniger, indem ich merke, daß die angst, die ich mir selsbt aufgebaut habe, die horrorszenarien, die sich in meinem Kopf verfestigen eben NICHT eintreten.

jede vermeidung des angstauslösenden reizes vertärkt die angst- udn weil diese kinder häufig still, nicht störend (im unterricht z.b.) sind, wird ganz häufig viel zu spät damit begonnen, etwas zu unternehmen- häufig leier so spät, daß sich die angst und das verhalten stark verfestigt haben und nur sehr schwer wieder zu verändern sind

LG

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Hallo,
die einzige Erfahrung die ich mit dieser Diagnose gemacht habe ist die Tatsache, das gerne schnell geschossen wird.

Meine Tochter ist jetzt 3, vor einem halben Jahr wurde mir nach 14 Tagen (!) im Kindergarten gesagt, das mit ihr etwas nicht stimmt. Die "Diagnose" selektiver Mutismus wurde dort ausgesprochen. Sie hat dort mit niemandem gesprochen, nicht gegessen, nicht getrunken, nicht gespielt.

Ich habe mich dann bei meiner Freundin ausgeheult (sie ist Ergotherapeutin), sie meinte als erstes das ich das Kind dort nicht mehr hinbringen soll. Dann hat sie mir erzählt, das es wohl eine neue "Modediagnose" geworden ist. Oft ausgesprochen von überforderten Kindergärtnerinnen oder welchen die irgendeinen Schnellkurs (bzw Referat) zu diesem Thema belegt haben. Boom, ein Kind funktioniert nicht wie der restliche Haufen und los geht es. Sie sagte mir, das von allen Kindern die zu ihr geschickt wurden nur eins wirklich Hilfe braucht.
Versteh mich bitte nicht falsch, es gibt leider diese Diagnose und man kann den Kindern helfen. Helfen bevor es richtige Probleme gibt. Aber man sollte sich einfach nicht verunsichern lassen. Manche Kinder brauchen halt etwas mehr Zeit um sich auf neue Situationen einzustellen, sie stehen sich deswegen auch öfter selbst im Weg. Manchmal stimmt auch einfach die Chemie nicht, wir Erwachsenen haben gelernt damit umzugehen. Haben einfach gelernt mit Menschen in Kontakt zu sein, auf die wir überhaupt keinen Bock haben. Das alles kann ein Kleinkind halt noch nicht. Und es gibt halt Eigenbrödler, deswegen sind sie aber nicht krank. Aber sie sind halt im Kindergartenalltag "anstrengender", anspruchsvoller, passen nicht ins Schema.
Ich habe den Rat meiner Freundin befolgt, mein Kind hat nach einer langen Pause den Kindergarten gewechselt. Sie ist jetzt erst ein paar Wochen dort. Ein halbes Jahr nach diesem "mit deinem Kind stimmt etwas nicht" stehen die Leute vor meinem Kind und wundern sich. Ein halbes Jahr Entwicklung hat sie zu einem anderen Menschen werden lassen (ohne irgendein zutun). Und trotzdem sortiert sie die Leute aus. Wen sie nicht mag, mit dem spricht sie nicht, basta. Und auch ihre sprachliche Entwicklung in den letzten 6 Monaten macht ihr die Kommunikation wesentlich leichter.

Im neuen Kindergarten habe ich nicht gesagt das sie schon woanders war. Es gab einen richtigen Neustart für sie. Sie sind nach ein paar Wochen total zufrieden mit ihr, ich auch...der Schnuller bleibt meistens in der Tasche, sie isst, trinkt und spielt mit anderen. Sie hat eine richtige kleine Clique. Ich hole mittags ein fröhliches, erschöpftes Kind ab und kein panisches, verzweifeltes Etwas.
Was ich eigentlich damit sagen will...siehst du selber Handlungsbedarf? Bist du mit der Betreuung zufrieden? Wie lief die Eingewöhnung? Wie wäre die Karatestunde für dich gewesen, wenn man dir nicht den selektiven Mutismus ins Ohr gesetzt hätte? Ich persönlich finde es überhaupt nicht schlimm, das ein Kleinkind nicht sofort dort alles mitmacht. Sondern einfach erstmal schauen möchte. War der Verein denn auf so kleine Zwerge ausgerichtet?

Übrigens hatte ich einen Plan, falls mein Kind sich bis kurz nach dem 4. Geburtstag überhaupt nicht geändert hätte, dann hätte ich gehandelt. Aber die Geschichte hat sich ja hier in Luft aufgelöst. Ich bin froh das meine Freundin mich so bestärkt hat. Mein Vertrauen in die Fremdbetreuung ist natürlich nach der Geschichte erschüttert, allerdings gibt mir der neue Kindergarten große Hoffnung das nicht alle gleich sind.
#winke

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Hallo Knoeterich,

Hagrid ist in der Fremdbetreuung, seit dem er 10 Monate alt ist. Er kannte schon vorher "fremde" Kinder. Und schon damals war es immer ein Problem, das soziale Miteinander.

Hagrid wollte nie direkt angesprochen werden, hat sich versteckt und klein gemacht. In der Krippe hat seine Bezugserzieherin eine ganz, ganz langsame Eingewöhung gemacht. das heißt im Prinzip, wir waren nach 6 Wochen soweit, dass Hagrid 2 Std alleine in der Kita war. Nur von seiner Bezugserzieherin hat er sich trösten lassen, nur sie durfte ihn wickeln und nur sie durfte ihm beim essen helfen.

Damals hat er noch gar nicht gesprochen, zum keinem.

Zum Wechsel in eine neue Kita war mir also klar, dass die Eingewöhnung lange dauern wird, die Bezugserzieherin viel Geduld haben muss und es schwierig werden wird.

Die Eingewöhnung im November war dann auch so. Seine neue Bezugserzieherin hat er nicht akzeptiert. Er hat nicht mit ihr kommunizieren wollen, er wollte nicht mit ihr spielen und sie sollte ihn einfach in Ruhe lassen. Nach 2 Wochen, war es soweit, dass Hagrid sich hinter mir versteckt hat, sobald sie nur in den Raum kam.

Ich habe also das Gespräch gesucht und es wurde eine Lösung gefunden. Die Erzieherinnen wechselten den Bezug, Hagrid bekam seine "Lieblingserzieherin". Er sprach immer noch nicht, aber sie durfte mit ihm spielen, ihm beim an und ausziehen helfen und mit ihm reden. Auch wenn er nicht sprach, öffnete er sich ihr. Hagrid kommuniziert mit ihr Non-Verbal und das wird akzeptiert.

Hagrid freut sich morgens auf seinen Kindergarten, er geht da gerne hin und erzählt nachmittags immer ganz viel. Er hat Freunde im Kindergarten, mit denen redet er. zwar nur wenige Wörter, aber er redet.

Die Erzieher haben nie das Wort Mutismus in den Mund genommen, sie haben mich nur vorab gefragt, ob es für mich in Ordnung wäre, wenn die Ergotherapeutin Logan eine Weile beobachtet um zu gucken, ob vielleicht ein theraputischer Ansatz bei seiner Schüchternheit helfen könnte. Ich hätte also auch Nein sagen können und das hätten sie akzeptiert!

Der Karatekurs war Freitag, das Gespräch mit der Ergotherapeutin war am Montag. Also war der Kurs zu erst.

Der Karatekurs ist extra für Kinder von 3-6, wobei bei diesem Kurs nur 3-4 Jährige sind. Also alle in seinem Alter. Die Trainerin war super, selber Mutter und hat das wirklich toll gemacht.

Das Kleinkinder nicht direkt alles mitmachen wollen, weiß ich. Aber es ist nicht das erste Mal, dass Hagrid sich so verweigert hat. Es ist immer wieder so.

Hagrid ist 3.5J alt und somit kein Kleinkind mehr. Er kann schon so vieles, ist zu Hause wunderbar frech und testet sich gerne aus. Ich merke nur immer mehr, wie sehr er selber unter der Situation leidet und will ihm deswegen helfen.

LG

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Ja, da ist schon was dran. Wenn ein Kind sich selber nur noch im Weg steht, dann kann man ihm schon etwas Unterstützung anbieten. Ich denke auch, das man das als Mutter nicht leisten kann. Also warum nicht Hilfe von Außen in Anspruch nehmen? Einen Versuch ist es allemal Wert. Besonders wenn du dahinter stehst.
In meiner vorherigen Antwort mischen sich halt viele persönliche Erfahrungen mit ein, war bestimmt nicht sehr hilfreich. Ich kenne von mir auch den Gedanken: "Mensch, ich weiß das du doch eigentlich willst, nun gib dir doch einen Ruck!" Und das strahlt man bestimmt auch unbewußt aus und erzeugt da etwas Druck. Ich war als Kind auch etwas "anders", je mehr meine Mutter auf mich eingeredet hat (oder auch andere Leute) desto mehr zog ich mich zurück. Man musste mich nicht "animieren", ich wollte einfach nur Zeit haben die Situation zu überschauen, ein "XY, nun geh doch mal mit dem Mädchen spielen!" hat meinen Puls hochgetrieben und das "warm werden" verlängert. Ein richtiges "Kleinkind" ist man mit 3,5 Jahren nicht mehr, aber auch noch nicht so groß, das man "mitziehen" muß. Finde ich.

Vergleichbar mit deiner Karatestunde ist hier der erste Friseurbesuch (aus Mangel an Haarpracht ist er erst jetzt mit 3 nötig geworden;-)). Meine Tochter wollte jetzt also unbedingt hin, hat auch vorher den Ablauf klar wiedergegeben. Sie mit hocherhobenen Kopf in den Laden und wurde überschwenglich von der Friseurin begrüßt....rums, war der Ofen aus. Nix zu machen. Jetzt gab es zwei Möglichkeiten, sie zu zwingen oder eine Alternative finden. Am Ende hab ich ihr unter Anleitung die Haare geschnitten#schwitz.

Wovon ich mich komplett distanziere sind Ratschläge wie: "Nicht auf das non verbale eingehen, dann muß das Kind sprechen." "Laß sie, da muß sie jetzt durch, notfalls mit Gebrüll." "Dann zwing das Kind halt mal und laß nicht alles durchgehen." Das macht doch alles nur noch schlimmer.

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Hallo,

bei der Freundin meines Sohnes bestand damals genau das gleiche Problem und es wurde auch die Diagnose gestellt. Ich fragte dann mal meine Mutter ob sie dies kenne. Sie ist Erzieherin und hat über 40 Jahre Berufserfahrung. Sie fand das Verhalten gar nicht so unüblich. Sie meint, dass sie in ihrer Laufbahn viele solche Kinder kennen gelernt hat. Nur wurden damals noch nicht Knall auf Fall solche Diagnosen gestellt. Sie sagte auch, dass man als Erzieherin damit umgehen muss. Auf nonverbale Kommunikation nicht eingehen, so dass das Kind gezwungen ist zu reden. Auch nur reagieren wenn das Kind seine Wünsche selbst äußert, nicht über Dritte mitteilen lässt. Das Kind mit ganz viel Geduld und Aufmerksamkeit behandeln und Vertrauen aufbauen. Sie sagt, sie hat sich die Kinder oft einzeln genommen und mit ihnen Bücher angeschaut oder Rollenspiele gespielt um sie aus der Reserve zu locken. Die Kinder immer wieder in ihrem Handeln bestärkt. Jedes gesagte Wort gelobt und unterstützt. Ebenso hätte sich bei keinem der Kinder eine Krankheit bestätigt. Spätestens in der Schule war keines der Kinder mehr auffällig.

Wenn so eine Diagnose im Raum steht, würde ich das genau prüfen lassen. Und das ist ein langwieriger Prozess. Alles Gute.

LG
Michaela

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"Auf nonverbale Kommunikation nicht eingehen, so dass das Kind gezwungen ist zu reden. Auch nur reagieren wenn das Kind seine Wünsche selbst äußert, nicht über Dritte mitteilen lässt. "

Absolut richtig
Leider wird genau das häufig falsch gemacht und es bieten sich immer Kinder an, die das reden für andere übernehmen. Die kinder sind ruhig und unauffällig und daher nehmen Erzieher und Lehrer das oftmals lange hin, daß dsa Kind nicht spricht, reagieren auf jede Geste oder eben auf die anderen Kinder, die das sprechen übernehmen- was leider dazu führt, daß sich das verhalten (und die dahitner leigende Angst) verstärkt

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Hallo mrs.norris

So ganz richtig bin ich nicht als Ansprechpartnerin weil ich nicht direkt betroffen bin.
Aber ein Kind aus der Kita hat diese Diagnose bekommen.

Ein bißchen wurde ich mit einbezogen.
Falls du trotzdem magst, würde ich versuchen dir die ein oder andere Frage zu beantworten.

Liebsten Gruß
Lilomilo

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Huhu,

unser Sohn hat ebenfalls die Diagnose selektiver Mutismus. Er spricht - genau wie euer Sohn - nicht mit Fremden. Wir sind seit er vier Jahre alt ist beim Logopäden, damit er sich daran gewöhnt, in 1zu1 Situationen normal zu sprechen. Er zeigt zwar sprachlich immer noch starke Verunsicherungen und verweigert Leistung durch herumkaspern, sobald er eine Erwartungshaltung wittert, aber zumindest reagiert er mittlerweile und redet in der Kita wohl auch halbwegs frei, solange es nicht im Morgenkreis ist.

Die Logopädin ist aber schon total zufrieden, dass er sich auf sie einlässt und mitarbeitet. Neue Situationen sind dennoch stressig für ihn, weil er Angst hat, dass er reden muss und es nicht kann. Heute geht er mit der Kita ins Theater, da hatte er schon seit Tagen Angst vor :-(

Gestern waren wir nach der Logo Eis essen und er hat - zwar ohne die Eisfrau anzusehen, aber immerhin! - gefragt, ob er bitte auch noch Streusel obendrauf haben kann. Das war ein echter Durchbruch! #verliebt #huepf

Mir war es wichtig, dass die Diagnose vor der Einschulung steht und auch bei der Einschulungsuntersuchung mit in die Akte aufgenommen wurde. Er soll nicht als verstockter Kasper angesehen werden, sondern als unsicheres Kind, dass aus reinem Selbstschutz handelt und furchtbare Angst hat, zu versagen :-( Ich hoffe sehr, dass er in der Schule nicht auf die Nase fällt und wir die restlichen Monate noch gute Fortschritte erzielen können.

Wichtig ist jedenfalls, dass du dem Vermeidungsverhalten gegenhältst. Er muss immer wieder gefordert werden, aber im Rahmen seiner Möglichkeiten. Mit dem Karate ist er sicher noch überfordert. Aber vielleicht geht ein Sport wie Kinderturnen, wo er nicht reden/antworten muss. Vielleicht klappt ein "danke" oder auch, dass er wenigstens die Sorte sagt, wenn er ein Eis möchte. Es sind die kleinen Dinge, mit denen man Erfolge für das Kind erzielt... es geht ganz langsam und wir arbeiten noch an anderen Baustellen, aber es geht voran...

LG
Jenx

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Hallo!

Ich habe in der Frühförderung mehrfach mit Kindern mit (s)elektivem Mutismus gearbeitet und ein Kind aus der Kindergartengruppe meines Sohnes hatte ebenfalls diese Diagnose.

Ich weiß, dass es verschiedene Theorien und Ansätze gibt und viele es für richtig halten, die Kinder zum Sprechen zu zwingen, aber ich bin immer gut damit gefahren, keinen Druck aufzubauen, das Kind anzunehmen, wie es ist und ihm selbst die Entscheidung zu überlassen, ob und wann es spricht. Nicht zu sprechen ist für viele dieser Kinder die einzige Möglichkeit, ein bisschen Kontrolle über eine angstauslösende Situation zu behalten. Diese Kontrolle reiße ich ihnen doch nicht weg, sondern lasse sie zu und gebe Raum, auch andere Kontrollerfahrungen zu machen und das nicht-sprechen nicht mehr zu brauchen.
Früher oder später haben sie alle gesprochen.

Ich würde Dir raten, Dich bezüglich Diagnose und eventueller Therapie an ein Sozialpädiatrisches Zentrum zu wenden (auf lange Wartezeiten einstellen).

Die Erfahrung, beim Karate nicht die erträumten Erfahrungen gemacht zu haben, muss schlimm für Hagrid gewesen sein. Er hatte es sich so sehr gewünscht und ist dann wieder an seiner "blöden" Angst gescheitert! :-(

Was er braucht, sind sichere Situationen, in denen er soziales Verhalten beobachten und üben kann. Sei dabei, hab Geduld mit ihm, tröste ihn, wenn es nicht klappt, sprich darüber mit ihm und mach ihm klar, dass Du ihn nicht als Versager betrachtest, wenn er wieder nicht geschafft hat, zu sprechen.

Könnt Ihr nicht beim Karate erstmal gemeinsam zusehen? Auch ein paar Wochen oder Monate, wenn nötig? Vielleicht zu Hause die beobachteten Situationen nachspielen, um ein Handlungsrepertoire für ihn aufzubauen? Wenn er die Kursleiterin öfter gesehen hat, kann man ja auch im Rollenspiel testen, wie es wäre, mit ihr zu sprechen!? Manchmal hilft sowas. Es ist sicher auch gut, sie mit ins Boot zu holen. Er muss ja nicht sprechen, aber vielleicht kann er mal einen Gürtel aufheben, der ihr neben ihm auf den Boden gefallen ist oder einen Ball zurück rollen oder oder oder... Kleine Momente schaffen,, in denen er sich als handelnd erleben kann, ohne zu viel Kontrolle aufzugeben.

Ich wünsche Dir viel Kraft. Meine Kinder sind nicht mutistisch, aber in neuen Situationen extrem schüchtern und hängen mir am Rockzipfel. Das reicht mir schon, um zwischen diversen Emotionen hin und her zu pendeln und auch Sportkurse nach Wochen entnervt zu schmeißen, weil ich eben beim kreativen Kindertanz nicht dauernd die einzige Erwachsene sein will, die zwischen lauter Dreijährigen rumhoppelt. Wie schwierig muss es dann erst mit einem mutistischen Kind sein?
Ich hoffe, ich konnte Dir ein kleines bisschen helfen.
Liebe Grüße,
Caro