Unterschied Ost/West und Einstellung zur Kita

Hallo liebe Community,

das soll jetzt hier keine Grundsatzdiskussion werden, aber eure Meinungen würden mich trotzdem sehr interessieren.

Ich bin im Osten von Deutschland geboren und auch dort aufgewachsen und für mich war es selbstverständlich, dass meine Mutti und mein Vater in Vollzeit arbeiten gehen. Ich habe das persönlich auch nie als schlimm empfunden, unser Familienzeit wurde umso mehr am Wochenende und in den Urlauben ausgekostet. Ich persönlich habe meine Kindheit als eine Bilderbuchkindheit in Erinnerung, obwohl ich täglich von 6 Uhr bis 16/17 Uhr in der Kita war.

Den gleichen Weg wollte ich nun für meine Familie auch wählen, aber ich habe zunehmend das Gefühl, dass mir Steine in den Weg gelegt werden. Ich muss dazu sagen, dass ich nun seid fast 20 Jahren im Westen von Deutschland lebe und hier die Vollzeit arbeitende Mutti absolut nicht der Normalfall ist.

Nach einem Jahr Elternzeit wollte ich gerne wieder Vollzeit arbeiten gehen, das habe ich meinem Arbeitgeber auch schon während der Schwangerschaft zugesagt. Hier stellte sich das erste Problem auf: innerhalb eines Kita-Jahres werden keine Plätze vergeben. Da mein Sohn nicht im August geboren wurde, hätte ich 1,5 Jahre Elternzeit nehmen müssen, solange hätte aber mein Arbeitgeber meine alte Stelle nicht freigehalten. Zum Glück haben wir eine tolle Tagesmutter gefunden.

Jetzt werden wir aber mit dem nächsten Problem konfrontiert, da mein Sohn ab 3 in die Kita wechseln muss. Bei uns gibt es zu wenig Ganztagskitas und bei den Wenigen stehen wir schon ewig auf der Warteliste und haben jetzt Absagen zum Wunschtermin erhalten. Als Lösungsvorschlag wurde uns unterbreitet, dass ich doch nochmal ein halbes Jahr in Elternzeit gehen solle und wir dann einen Platz bekämen. Zudem muss ich gestehen, dass ich bei der Hälfte der Kitas kein gutes Gefühl habe und die Einrichtungen eher einem Aufbewahrungslager gleichen. Befreudete Erzieher haben meinen Eindruck auch bestätigt und mir erzählt, dass die Bedingungen für die Erzieher zunehmend belastender werden (Personalmangel, überfüllte Gruppe, viele I-Kinder). Ich bin zur Zeit so wütend über die Kita-Situation und frage mich wie das alles sein kann? Bevor ich Mutter wurde, wurde mir in der Schule und im Studium Chancengleichheit zwischen Mann und Frau vermittelt. Mit dieser utopischen Vorstellung bin ich ins Leben gezogen. Jetzt wo ich Mutter bin, habe ich nur noch das Gefühl beruflich degradiert zu werden - aber nicht von meinem Arbeitgeber, denn die Wirtschaft hat zum Teil ihre Hausaufgaben gemacht bezüglich Vereinbarkeit Familie und Beruf - sondern von der Politik, die es bei uns zumindest nicht geschafft hat, vernünftige Betreuungsmodelle anzubieten. Auf Nachfrage heißt es immer, dass der Bedarf an Vollzeitplätzen nicht bestehe, weil sich die meisten Familien eher einen Vormittagsplatz vorstellen. Die Vormittagskinder besetzen natürlich auch die wenigen Ganztagsplätze, so dass es immer schwieriger mit einem Vollzeitplatz wird.

Wie sieht es in eurem Bundesland aus? Sind Halbtagsplätze in eurem Bundesland auch mehr gefragt? Habt ihr auch das Gefühl auf der Suche nach einem Vollzeitplatz gegen Windmühlen anzukämpfen?

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Ich bin in den alten Bundesländern aufgewachsen, mein Mann im Osten. Keine Grundsatzdiskussion geht da fast gar nicht. Ich habe immer gearbeitet allerdings im homeoffice. Bei meiner Schwiegerfamilie wurde ich immer als zu faul hingestellt weil ich als wessi nicht arbeiten wolle, naja gut die Entfernung und das Unwissen bzw Desinteresse war mir dann irgendwann egal. Mein Sohn geht seit er 3 ist in einen Kindergarten zwischen 8 Uhr und 13 Uhr, ich könnte ihn auch jeweils 39 Minuten länger lassen aber so passt es. Ich arbeite meist 30 Stunden in der Woche und mir reicht das, bevor er im Kindergarten war habe ich weniger gearbeitet, hat mich aber auch nicht gestört. Ich wollte ihn aufwachsen sehen und kannte das auch von mir selbst so. Für mich kommt es nicht in Frage ein Kind zu bekommen und das dann 5 Tage die Woche für 8 Stunden abzugeben. Da fehlt mir zu viel. Das ganze muss aber jeder selbst wissen und entscheiden. Bei uns im Ort gibt es vollzeitkitas aber soweit ich weiß auch zu wenig.

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Hallo.
Ich komme auch aus den neuen Bundesländern und habe eine ähnliche Kita-sozialisation wie du.

Nun leben wir in Berlin und meine Tochter geht seit ihrem ersten Geburtstag in die kita, welche von 6-18uhr offen ist. Ich arbeite trotzdem nicht Vollzeit, aber nur weil ich nicht wollte, dass ich mein Kind unter der Woche nur noch zum Abendbrot und ins Bett bringen sehe.

Für die neugeborene Schwester haben wir auch den Platz in der selben Kita ab dem 1. Geburtstag sicher.

Ich muss sagen, ich finds echt krass wie unterschiedlich innerhalb Deutschlands ist. Ich glaube, das ist neben den gehaltsunterschieden der größte Unterschied zwischen ost und West.

Wenn man hier immer liest, dass die Kita nur bis 14 Uhr aufhat oder astronomisch hohe Kosten verlangt... da bin ich sehr froh, dass es hier anders ist. Ich weiß, dass es auch hier nicht optimal ist, dass viele Plätze fehlen, das Personal viel zu schlecht bezahlt wird und so weiter.
Aber so hat man wenigstens die Wahl und nicht so wie bei euch scheinbar.

Liebe Grüße

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Wow, das klingt wirklich nach einem Unterschied wie Tag und Nacht. Wieviel zählt man denn in Berlin für einen Kita-Platz im Schnitt? Wir liegen monatlich aktuell bei 500 Euro.

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Wir bezahlen gar nichts. Nur das Essen. Ab dem 2. Lebensjahr ist die kita hier kostenfrei und jedes Kind hat ein Anrecht auf einen Platz bis zu 7 Stunden ohne Arbeitsnachweis (darüber hinaus muss Arbeitszeit und -weg nachgewiesen werden)
Aber ich würde gern etwas bezahlen wenn das Personal damit besser bezahlt würde und der Betreuungsschlüssel besser wäre.
Aber so haben wirklich alle Kinder die Chance, unabhängig vom Einkommen

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Ich bin ebenfalls im Osten geboren und habe dort als Kleinkind den gleichen Werdegang durchlaufen wie du. Auch für mich galt es als normal, dass die Mutter nach einem Jahr wieder Vollzeit arbeiten ging.

Für mich selbst ergab sich die Möglichkeit, nach der Elternzeit in Teilzeit mit 75% wieder zu beginnen. Vollzeit kam aus persönlichen Gründen für mich nicht in Frage.

Wir hatten Glück mit der KiTa und konnten unterjährig fast zum gewünschten Termin einsteigen. Allerdings erhielten wir die Zusage recht spät und hatten daher bereits alle weiteren Möglichkeiten (Tagesmutter) abgeklopft. Wir haben zu dem Zeitpunkt auch Zusagen von KiTa´s für Teilzeitplätze erhalten, mit denen ich meine Stundenzahl nicht hätte arbeiten können.

Allerdings hatten wir dann nach einem Umzug (Kindergarten) etwas "Pech". Wir bekamen mit Ach und Krach einen Platz zum Umzugstermin, allerdings nur einen Teilzeitplatz. Mit diesem kann ich jedoch aufgrund meiner persönlichen Gegebenheiten inzwischen meine Wochenarbeitszeit (fast Vollzeit) umsetzen.

Hier in Niedersachsen ist das Betreuungsangebot glaube ich schon recht gut und es gibt genügend Tagesmütter, die den Bedarf auffangen. Bislang wurde hier auch immer nach sozialen Kriterien entschieden. Das bedeutet, dass Alleinerziehende Berufstätige bevorzugt werden, dann kommen beide Eltern Vollzeit, dann ein Elternteil Voll- und der andere Teilzeit, etc.

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Wir wohnen in Oberschwaben(Baden-Württemberg) ein Vollzeitplatz war kein Problem, auch gibt es hier nicht das erst ab einem bestimmten Datum aufgenommen wird, sondern auch unter dem Jahr..,
Aber: wie ich in Foren immer herauslese ist es dafür beimuns recht teuer: 485€ u3( plus Essensgeld) 385€ü3 (plus essen) beimuns ist auch das letze Kiga-Jahr nicht frei wie in anderen Bundesländern,,,das find ich sehr ungerecht, es sollte in Deutschland eine einheitliche Regelung für alle Bundesländer geben!

Achja unsere Öffnungszeiten wären, wenn man sie ganz ausschöpfen würde:
7.15.-17.15 (alles ab 12.30 sind dann verlängerte Öffnungszeiten)

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Ich bin der Meinung, dass der "Osten" eine ganz andere Grundinfrastruktur bei den Kitas hat. Das ist jetzt ein Vorteil. Knapp sind die Betreuungen überall, aber diese "Hausfrauenschließzeiten" die kenne ich nur von Urbia und dem "Westen".
In ganz Deutschland wurde es zu lange versäumt die Kitaangebote auf die Nachfrage anzupassen. Denn ja, ich glaube wir sind da im Osten anders aufgewachsen. Nun verteilen sich die eigenen Erfahrungen und Vorstellungen in ganz Deutschland, aber leider eben nicht das Angebot.

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Hallo
spannende Frage
Wir haben kürzlich in Westdeutschland ganz andere Erfahrungen zu Kita Plätzen gemacht. Ich habe eigentlich Halbtagsplätze gesucht und von 8 Einrichtungen zu hören bekommen, das sie grundsätzlich keine Halbtagsplätze mehr anbieten. Wir müssten Vollzeitplätze buchen und bezahlen, sonst würde es sich für die Einrichtungen nicht lohnen...
Ob wir diese dann nur Halbtags nutzen sei unsere Entscheidung ....

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Und das mit den Verwahrungsstätten ist mir auch aufgefallen...
Nicht schön

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Ich lebe in München und bin die ersten 10 Jahre im Osten groß geworden, mit DDR gezeichneter Mentalität. Ich wurde noch zu DDR Zeiten geboren. Für damalige Verhältnisse blieb meine Mutter unüblich ein volles Jahr daheim. Das war alles als üblich. Denn der Standard wenn man sich umhört in dieser DDR geprägten Gesellschaft war es, nach 8 Wochen Mutterschutz wieder zu arbeiten und das Kind kam in die Krippe. Danach hat es sich schon ettabliert immerhin ein Jahr daheim zu bleiben. Kenn aber keinen aus der Gegend, mit denen ich noch Kontakt habe, das irgendwer 3 volle Jahre daheim geblieben wäre. Selbst jene die es könnten weil arbeitssuchend. Die Mentalität ist bis heute noch stark geprägt.

Hier ist es so, das du negativ auch im Beruf beäugt wirst wenn du sagst nur unter 3 Jahre daheim zu bleiben. Ich wurde jetzt beim 2. Oft gefragt wie lang ich daheim bleiben werde. Und ich so "da ich nur für September sichere Betreuung gewährleistet hab und vor einem Jahr das nicht möchte, bleib ich diesmal länger daheim und zwar 21 Monate. Beim ersten war ich nur 13 Monate daheim." Da wirst schockiert angestarrt als hättest eben gesagt "Ich plane mein Kind nach der Geburt an der nächsten Parkraststelle auszusetzen." Und ich durfte mir immer anhören "Was warum so kurz, nimm doch die vollen 3 Jahre. Dein Kind braucht dich doch, Job egal du kannst immer zurück da dreht dir keiner ein Strick wenn du 3 Jahre daheim bleibst." Und ich nur "tja Elterngeld nimm ich schon das schlechter stellende Elterngeld plus. Das gibt's nur 22 Monate... von nix kommt nix... von Luft und Liebe allein kann ich meine Kinder auch nicht groß ziehen." Und das für mich tatsächlich etwas total pragmatisches ist und nix romantisches.

Und mir kommt es nur auf quality Time an. Man kann auch 24 Stunden um das Kind wuseln und weniger effektiv dem Kind bringen, als Eltern die beide Vollzeit arbeiten. So können wir Ausflüge Unternehmen, das geht nicht mit nur einem Lohn außer man hat als Mann einen Mark Zuckerberg oder Bill Gates geheiratet. :-P ein Lohn reicht wenn überhaupt nur um das nötigste vom nötigsten zu decken... ohne Extras mit viel auf Geld achten und das mag ich nicht... permanent geldsorgen zu haben.

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Mein Mann hat zu solchen Kommentaren gesagt: also wenn er 18 wird holen wir ihn dann wieder ab. Dann war Ruhe #rofl

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In den 80ern war ein elternjahr normal in ddr. Das mit dem arbeiten direkt nach dem Mutterschutz war bis Mitte der 70er beim ersten Kind.

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Hallo,
Das kommt nicht nur auf das Bundesland an sondern auch auf die Stadt / Gemeinde
Wir sind innerhalb eines Bundeslandes umgezogen. In der alten stadt hatte ich einen Vollzeitplatz sicher, hier in der neuen Stadt ist 13 Uhr Schluss 😣
Lg

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Ich glaube, dass Ganze ist einfach regional sehr unterschiedlich. Ich wurde hier schon mal angegriffen, weil ich einen Vollzeitplatz in der Krippe genommen habe und eigentlich nicht zwangsweise einen brauche. Hier ist es aber so, dass es mehr Vollzeitplätze gibt als gebraucht werden, weil viele nur den "bis 15 Uhr" Platz wollen.
Wir wohnen 200m von der Stadtgrenze Hamburgs entfernt in Schleswig Holstein und zahlen auch mit die höchste Kita Gebühren in D. Daher rechnen natürlich auch viele nach.
Ich selbst will mein Kind auch gerne um 15 Uhr abholen, aber wenn man in HH arbeitet kann man natürlich nie sagen wie die Verkehrslage ist. Daher ist der 17 Uhr Platz entspannter. Insgesamt hat man bei uns bessere Chancen wenn man einen Vollzeitplatz will, als wenn man Teilzeit will.
Vollzeit sind bei uns sogar momentan zwei Plätze frei.
Anders als bei vielen anderen wird hier aber auch unterjährig aufgenommen, da die Kinder mit dem 3. Geburtstag in den Elementarbereich wechseln.
Ich finde Eltern sollten immer selbst entscheiden, wie sie ihre Kinder betreuen lassen möchten. Allerdings kann man natürlich nicht immer für alles ausreichend Plätze vorhalten. Das wäre planungsmäßig natürlich nicht möglich.