„Ich hab Papa nicht mehr lieb“

Hallo zusammen,

unser Sohn ist 3,5 Jahre alt und wie alle Kinder in diesem Alter mitten in der Autonomie-Phase. Ich merke, dass er extrem viel lernt gerade und sein Kopf schneller als der Mund ist. Es ist sehr anstrengend für ihn und auch für uns, mit ihm umzugehen. Es ist von morgens bis abends ein Gejammer, Gebocke, Geschreie. Als Beispiel: ich gehe zuerst die Treppe herunter, um etwas zu holen. Als ich schon unten bin, fällt ihm ein, dass er mit wollte und das bitte zuerst. Ich soll dann alles wieder zurück legen und hochkommen, damit er die Situation quasi wieder zurückspulen kann. Ihr kennt das sicher 🤪
Ich weiß, dass es total normal ist und wir versuchen, ihn so gut es geht aufzufangen und zu begleiten. Ich möchte behaupten, es klappt ganz gut.
Leider hat er aktuell eine extreeeeeeme Mamaphase. Ich soll ALLES machen, Papa ist abgeschrieben. Und sollte es mal nicht gehen, dass es Mama macht, dann ist Weltuntergang. Er steigert sich dann so in seine Wut und Verzweiflung hinein, dass er nur noch schreit (kreischt) und hustet. Oft reicht es, wenn ich ihm dann sage, dass er bitte aufhören muss, sich da so reinzusteigern und dass ich auf Geschreie nicht reagiere. Der Wunsch nach Mama bleibt aber. Am Esstisch rutscht er sogar extra weg vom Papa und sagt, er will nicht neben Papa sitzen, sondern nur neben Mama.

Diese ganzen Umstände (sehr bockig, launisch, fAutonomiephase, Mama heilig und Papa abgeschrieben) schlagen verständlicherweise bei meinem Mann so langsam aufs Gemüt. Mir tut das total leid, ich weiß, dass das vergeht und ich versuche, meinem Mann zu sagen, er solle es nicht persönlich nehmen. Aber es nagt schon sehr an ihm.

Heute gab es wieder so eine Gehirnexplosion von meinem Sohn. Nachdem sich alles wieder beruhigt hatte, sagte ich ihm, dass Mama und Papa ihn trotzdem sehr lieb haben, auch wenn wir eben mit ihm gestritten haben. Dann fragte ich, ob er uns auch lieb hat und da meinte er, dass er nur die Mama lieb hat, den Papa nicht 😢 auch da weiß ich, dass das nicht so gemeint ist und dass er die Bedeutung von lieb-haben in dem Umfang noch gar nicht erfassen kann. Aber was sage ich dann in so einem Moment? Ignoriere ich das? sage ich sowas wie „Ist schon ok, das wird auch wieder anders sein“? Sollte ich ihm sagen, dass solche Aussagen den Papa verletzen, weil ich ja weiß, dass sie nicht stimmen? Denn in dem Moment „stimmen“ sie ja für unseren Sohn 🤷‍♀️

Wie reagiert ihr in solche. Situationen?

Danke für euren Input und einen schönen Abend

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Könnte genau so alles bei uns passieren 😅 besonders die Sache mit der Treppe ist bei uns seit 1,5 Jahren Standard („ich wollte aber die erste unten sein“, gefolgt von viel Gemecker).
Wir hatten sehr lange bei der großen die extreme mama Phase. Teilweise hat sie gefordert, dass mein Mann den Raum verlässt. Er durfte nichts bei ihr machen.
Wir haben dann darauf geachtet, dass er trotzdem alltägliches übernimmt (da kam dann die Regel auf, dass wir sie im wechsel ins Bett bringen, damit sie gar nicht ins diskutieren kommt). Außerdem hat mein Mann sich in einigen Punkten „attraktiver“ gemacht. So hat er zum Beispiel abends 2 Bücher vorgelesen oder später durfte sie bei ihm zum einschlafen conni auf dem Handy hören…. Die beiden haben auch viele Dinge alleine gemacht, weil das dann für beide einfacher war und für meinen Mann oft ein schöneres Erlebnis, als wenn er beim Zoo Ausflug wieder mal komplett abgeschrieben ist. Sie sind auch gemeinsam auf diversen kurztrips gewesen.
Auch meine Tochter hat mal solche Dinge gesagt und sagt sie manchmal noch (Papa soll weg, ich hab Papa nicht lieb). Ich glaube, Druck ausüben bringt dann nichts. Ich hab oft gesagt, dass Papa sie sehr lieb hat. Gar nicht wertend, nur als Feststellung. Dass die Worte verletzend sind, ist für Kinder in dem Alter, so glaube ich, nicht wirklich zu greifen. Perspektivenwechsel können die kleinen ja (leider 😅) noch nicht.
Bei uns hat es sich inzwischen ganz gut entspannt. Die große ist jetzt 4,5 und es gibt sogar seltene Momente, in denen Papa bevorzugt wird und sie ruft nachts nun immer nach Papa (u.a. Weil ich mit der kleinen Schwester eingespannt bin und sie das weiß 🙈) Das sind Lichtblicke für meinen Mann, der unter dem abweisenden Verhalten unserer Tochter doch sehr gelitten hat. Meist konnte er es aber herunterschlucken und hat die große das nicht spüren lassen. Seinen Kummer hat er dann mir gegenüber geäußert.

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Wir wechseln uns seit je her ab mit dem ins Bett bringen. Mein Mann fährt ihn morgens seit drei Monaten mit dem Rad in die Kita, sie unternehmen kleinere Dinge zusammen (Rasen mähen, in der Werkstatt werkeln usw. Einen größeren Ausflug ohne mich und den kleinen Bruder gab es auch schon - leider zeitlich bedingt noch nicht mehr - mein Mann ist der entscheider beim Thema Fernsehen usw.), also eigentlich ist Exklusivzeit schon vorhanden. Vllt müssen wir das noch ein wenig ausbauen.

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Huhu,

ich frage grundsätzlich die Kinder nicht, ob sie uns auch lieb haben.
Kürzlich meinte mein Großer, dass er den Papa lieber hat als mich - ich hab ihm dann gesagt, dass das völlig okay ist und ich ihn immer über alles lieb hab. Paar Tage später kam er dann und erklärte, dass er Papa und Mama doch gleich lieb hat.
Ich gehe davon aus, dass das ja völlig normal ist, dass die Kinder mal den einen und mal den anderen bevorzugen und diese Tragweite gar nicht umfassen können.
Ansonsten kann ich nur sagen, ich kenne das auch mit dem zurückspulen etc - beim Großen haben wir das schon durch, die Kleine steckt grad mitten drin 😅 alles eine Phase😂

Viele Grüße

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„ ich frage grundsätzlich die Kinder nicht, ob sie uns auch lieb haben.“

Als ich es ausgesprochen hatte, hab ich schon gemerkt, dass es eigentlich sinnlos ist bzw. ich dadurch ja einen gewissen Druck ausübe. Aber es war nun mal gesagt 🤷‍♀️

Hättest du auch gesagt, dass es ok ist, wenn dein Sohn gesagt hätte, dass er den Papa gar nicht mehr lieb hat? Ich finde das noch mal einen Unterschied zu jemanden mehr oder weniger lieb haben.
Ich wusste einfach nicht, was ich da sagen sollte.

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Puh, das hört dich für mich ziemlich krass an, wenn ich einfach mal davon ausgehe, dass dein Mann ein toller Papa ist und eigentlich auch eine gute Bindung hat zum Sohn und Zeit mit ihm verbringt.
Wir hatten sowas mal relativ ähnlich (aber viel, viel weniger schlimm) und mein Mann und unser Sohn haben dann 4 Tage Männerurlaub gemacht. Danach war die Situation komplett anders - sowohl für meinen Mann, der 4 Tage die komplette Verantwortung hatte und danach viel selbstbewusster im Umgang und Erziehung war, als auch für unseren Sohn, der nun wusste, dass man mit dem Papa megacoole Sachen machen kann und er den Rest genauso gut macht wie Mama.
Und für mich die 4 Tage Ruhe hatte war es auch nicht schlecht 🤣