Frühförderung / Kognitive Entwicklung

Hallo zusammen!
Mein Kind muss demnächst zur Frühförderung - u.a. zum Heilpädagogen und zur Ergotherapie. Der genaue Grund wird mir diese Woche noch genannt, aber ich stelle mir vorab folgende Frage, um mich auf das Gespräch vorbereiten zu können:
Kann ein 4-jähriges Kind, das jetzt schon fast lesen und auf zwei Sprachen buchstabieren kann, Verzögerung in der kognitiven Entwicklung haben? Vielleicht gibt es HeilpädagogInnen unter Euch, die mir die Frage beantworten und ggf. begründen könnten.
Vielen Dank im Voraus!

Herzliche Grüße
Lili

Bearbeitet von lili35
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Was genau meinst du denn mit buchstabieren? Mit 4 kann man evtl das ABC aufsagen - von mir aus auch in 2 Sprachen - und Buchstaben erkennen und benennen aber nicht buchstabieren.

Dennoch ist diese Fähigkeit unabhängig von der kognitiven Entwicklung (es gibt auch Kinder mit Down Syndrom die in diesem Alter Buchstaben erkennen und benennen).

Wer hat denn die Therapien empfohlen und verschrieben und weshalb ward ihr zu Diagnostik?

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Ja, ich meine genau "Buchstabieren". Er kann z.B. das Wort Taube buchstabieren und sagt Te A U Be E. Und manche Wörter kann er auch lesen, also richtig lesen.
Mir ist bewusst, dass es sich bei der Therapie um die soziale oder emotionale Fähigkeiten handeln könnte, aber die Frage ist, was ist, wenn sie mir sagen, dass kognitive Entwicklungsverzögerungen gibt. Wäre das überhaupt möglich angesichts seiner Fähigkeiten? Das ist meine Frage.

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Naja ok. Das ist ja Laut-Trennung der Worte. Das macht meine 4 jährige auch.

Kognitive Entwicklung ist ja ein großer Begriff und hat nicht nur mit den eigenen „Fähigkeiten“ sondern auch mit der Umwelt zu tun. Aus 2 einzelnen Fähigkeiten darauf zu schließen dass die kognitive Entwicklung normal verläuft ist nicht möglich.

Aber nochmal die Frage: die Therapien muss ja jemand verschrieben haben. Und derjenige ja von euch Eltern kontaktiert worden sein. Und dafür muss es ja einen Grund gegeben haben. Es verschreibe tja kein Kinderarzt aus dem nichts FF und Ergo und sagt „kommen Sie mal nächste Woche, ich erkläre es dann“.

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Das kann durchaus möglich sein. Kognitive Entwicklung ist ein Begriff, der unglaublich viele einzelne Fähigkeiten und Fertigkeiten umfasst. Zudem gibt es natürlich auch immer besondere Bereiche, die Kinder sehr interessieren - dennoch könnte die Entwicklung in anderen Bereichen nicht altersgemäß sein.
Im Rahmen der Diganostik wird meist ein Intelligenztest gemacht. Wenn die durchführende Fachkraft den mit euch bespricht, wirst du sehen, dass der meist - unabhängig davon, welcher durchgeführt wird - im Ergebnis in verschiedene Bereiche eingeteilt wird. Dabei sind große Unterschiede in den einzelnen Bereichen möglich. Eine Stärke in einem Bereich kann also auch mit einer Schwäche in einem anderen Bereich einhergehen.

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Zunächst: wer hat dein Kind untersucht und was wurde dir gesagt? Sowohl KiÄrzte als auch Pädagogen () können die Eltern nicht einfach so zur Therapiestelle schicken. Irgendwelche Auffälligkeiten müssten sie hier nennen und wenn es nur die Überreife des Kindes wäre um den erweiterten Förderbedarf zu sichern.
In den Frühförderstelle wird dann übrigens das Kind nochmal getestet, was es wirklich benötigt ;-)

Kognitive Entwicklung ist ein sehr weiter Bereich - unser KiArzt hatte bei K1 zum Beispiel gerade weil er mit 4 schon mit Zahlen bis 20 +-Rechnen und mit 5 schon kleine, Fremdtexte lesen konnte uns eine Therapie verwehrt. Dabei hatte er aber Probleme mit Sprache, Feinmotorik und v.a. Konzentrationsstörungen wegen fehlender Informationselektion: hat einfach alles aufgesogen wie ein Schwamm und konnte es dann aber nur mit Leichtsinnsfehler oder Gedankensprüngen umsetzen. Das wiederum hatte sich auch sozial ausgewirkt, es war schwer für ihn Freunde zu finden, da sie seinen Gedankensprüngen nicht folgen konnten. Für KiA war er überentwickelt, alles andere nicht von Nöten. Therapeuten und Schule bewiesen das Gegenteil, den tatsächlichen Förderbedarf.

Also wenn dein Kind Therapie bekommt, obwohl es im Lesen und Buchstabieren schon überentwickelt ist (aka "begriffliche Schemata"), könnte es trotzdem noch Probleme in anderen Kognitiven Bereichen und der Anwendung (auch "Adaption") haben:
- Sensomotorik (Probleme beim Greifen (zB auch Stifthaltung), Sehen/Wahrnehmen; Bewegungsdrang; Grob/Feinmotorik)
- Operatorisch (kennt Begriffe/Bilder/Wörter hat aber Probleme beim Zuordnen zB Verben, Wortfelder, Unterschiede in Wortbedeutung)
- Adaption (=Interaktion, Anwendung und Anpassung des Gelernten mit dem Umfeld/Umgebung/Sozial; in unserem Fall zB die Gedankensprünge, die Gespräche mit Gleichaltrigen erschwerten)

Nochmal: Nicht nur Probleme (=Mangel oder langsamere Entwicklung einzelner oder gesamtheitlicher Bereiche) können eine Therapie nötig machen, auch eine "zu schnelle" Entwicklung braucht Unterstützung.

Da HP und Ergo in der Frühforderung empfohlen wurden, schätze ich persönlich eher auf Bereiche Sensomotorik/Adaption
Ferndiagnosen sind natürlich nicht möglich, da aber recht wenig bekannt ist: manchmal werden die Kids auch ohne Probleme zu haben hingeschickt, um möglichen Problemen vorzubeugen und dem Kind eine gerechte Chance auf Entwicklung zu bieten. Ein Beispiel wäre hier das zB Sozialkompetenz altersgerecht ist, aber andere Bereiche zu hochentwickelt und das Kind nicht mehr auf normalem Weg ausreichend von Kiga/Schule gefördert werden kann. Auch in solchen Fällen sind HP und Ergo eine klassische "Therapie"option (Stichwort Hochbegabung).

Hoffe ich konnte dir ein wenig die Hintergründe erklären
Liebe Grüße

Bearbeitet von Arjha
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Ja, kann sein.
Derzeit erlebe ich täglich einen intelligenten Erstklässler der keinen Tag unfallfrei auf seinem Stuhl sitzen kann. Klingt erstmal lustig, er hat sich aber schon den Kopf am Heizkörper aufgeschlagen......

Für dein Kind : Stelle dich dem nicht in den Weg, je eher du das akzeptierst, um so einfacher wird es für alle.

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Welche Sorgen hast du? Woher das Misstrauen?
Du gehst zu fachkräften und findest vorher heraus, ob das was sie vielleicht sagen eine Lüge ist? Irgendwie frage ich mich...warum?

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Um ehrlich zu sein klingt es sogar sehr gut möglich, gerade Kinder die irgendwo herausragend sind haben woanders öfters mal größere Lücken. Es gibt Kinder die sind hochbegabt in Mathe und haben nen Nachteilsausgleich in Deutsch, das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun.

Wenn ein 4 jähriges Kind HP UND Ergo "unter anderem" verschrieben bekommt brennt normal schon der Busch. Kinderärzte haben ein Kontingent das sie verschreiben dürfen und müssen sich rechtfertigen, unser Kinderarzt bat immer darum ob nicht unser SPZ ne Empfehlung schreiben könne damit er keine Probleme bekommt. Kein Kinderarzt schmeißt mit diesen Rezepten um sich.

Allerdings klingt das alles sehr strange, man WEISS doch wo ein Kind Schwächen hat, man wird doch auf das eine oder andere angesprochen, man bekommt doch kein Rezept für FF und HP ohne ne Ahnung zu haben was los ist?

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Wer sagt denn, dass euer Kind zur Frühförderung "muss"? Erzieher, Kinderarzt?
Dir muss doch eine Begründung genannt worden sein?
Hier im Umfeld bekommen die Eltern nur sehr sehr schwer Ergotherapie für ihre Kinder verschrieben, die sind teils richtig verzeifelt. Darum bin ich sehr verwundert, dass du scheinbar zig Rezepte bekommst, ohne zu wissen, was bei deinem Kind an Förderbedarf besteht?

Ach ja, kleiner Tipp: du schreibst, dein Sohn buchstabiert z.B. das Wort Taube als T Au Be e. Das würde ich ihm sofort abgewöhnen. Ein B ist ein b und kein Be. Du erschwerst ihm das Lesenlernen ungemein. Sag ihm, wie die Buchstaben klingen, und nicht Be, Ce, De Ef usw. Der künftige Grundschullehrer wird es dir danken.
Was heißt eigentlich Buchstabieren? Also wirklich aus dem Kopf, das heißt, dein Kind kann bereits lesen, oder benennt er die Buchstaben, wenn er das geschriebene Wort sieht? Das ist ein himmelweiter Unterschied.

Und um deine Frage zu beantworten: natürlich kann dein kind trotzdem Förderung im kognitiven Bereich brauchen. Ich würd an deiner Stelle denjenigen, der euch die ganzen Therapien empfohlen/verordet hat, ganz genau fragen, worum es geht. Finde es irgendwie unglaublich, dass du das nicht weißt.

Bearbeitet von missbalou
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Hallo,
Was genau möchtest du denn wissen?
Ich bin Ergotherapeutin.
Bei der geringen Info von dir, ist es schwer zu erkennen, auf was die Förderung rauslassen soll.

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Zur kognitiven Entwicklung gehört noch viel mehr dazu als nur lesen können. Z.B. wie schnell und wie umfangreich/detailliert ein Kind etwas wahrnimmt/aufnimmt. Darunter fällt auch wie schnell es ein "Schema" durchblickt, also z.B. den Tagesablauf in der Kita oder was als nächstes in einer Reihe folgen muss. Oder dass es z.B. an Umrissen erkennt um was es sich handelt (also nur den "Schatten" sieht aber weiß, dass das eine Gieskanne oder ein Auto ist).
Es gibt zig Beispiele was da alles mit reinfällt. Ich kann dir die LÜK-Lernhefte empfehlen, das gibt es viele Übungen die insbesondere auf die Wahrnehmung und die kognitive Entwicklung abzielen.