Konzentration

Ich habe hier schon vor einiger Zeit geschrieben, weil unsere Tochter (mittlerweile fünf) Mühe hatte mit dem Zeichnen und der Konzentration. Im grafomotorischen Bereich hat sie mit einer Heilpädagogin sehr viele Fortschritte gemacht, sie kann nun z.B. Menschen malen, altersgerecht Dinge ausmalen o.ä. Generell hatte sie in den letzten Monaten einen Entwicklungsschub, z.B. auch, was selbständiges Handeln angeht. Was im Kindergarten auffällt, ist, dass sie bei selbständigen Arbeiten sehr häufig wieder "zurückgeholt" werden muss, d.h. an ihre Arbeit erinnert werden, weil sie in Gedanken versunken ist und nicht viel tut. Im freien Spiel hat sie dieses Problem überhaupt nicht. Mittlerweile gibt es auch divese Tätigkeiten, wo sie früher Mühe hatte, aber mittlerweile altersgerecht handelt, z.B. selbständiges Anziehen in nützlicher Zeit. Sich selbständig anziehen kann sie im Prinzip schon lange, nur hat es z.T. viel länger als bei allen anderen Kindern gedauert. Sie kann auch Spiele nach Regeln spielen oder Geschichten zuhören und hinterher Fragen dazu beantworten. Relativ anspruchsvolle Dinge, die ihr liegen (z.B. Bilderrätsel lösen), gehen schnell und richtig, bei Dingen, die ihr nicht liegen, muss sie immer wieder erinnert werden, weiter zu machen. Sie hätte die Aufgabe durchaus verstanden, sie kann z.B. zuhause erzählen, was sie gemacht haben.

ADHS war mal eine Diskussion, weil es in der Verwandtschaft diagnostizierte Fälle gibt, die Kinderärztin sieht das eher weniger, und ehrlich gesagt passen von den üblichen Symptomen im Vorschulalter "Unaufmerksamkeit bei fremdbestimmten Beschäftigungen am Tisch", sonst eigentlich nichts, sie ist weder unruhig, noch sprunghaft, noch impulsiv, noch hat sie Mühe, sich auszudrücken (wenigstens nicht gegenüber Leuten, die sie gut kennt).

Wir werden ohnehin noch Meinungen von Fachleuten hören, aber ich würde gerne mal hier in die Runde fragen, ob es Meinungen und Tipps gibt. Von den Dingen, von denen ich schon weiss, dass sie zu Konzentrationsproblemen führen können, namentlich exzessiver Medienkonsum (wir haben max 1h wöchentlich) und Bewegungsmangel (sie bewegt sich gerne, wir sind täglich draussen), machen wir aus meiner Sicht bisher nichts verkehrt.

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Hallo,

ich kenne zwar die Vorgeschichte nicht aber so wie du es beschreibst, würde ich sagen „Tief durchatmen“!
Du klingst sehr engagiert und hast deine Tochter gut im Blick, das ist immer wichtig. Die Antwort hast du dir schon selbst gegeben: Sie hat sich ja augenscheinlich in kurzer Zeit deutlich weiterentwickelt. Und genau das ist es was zählt. Fortschritte & Entwicklung!
Sie ist 5 - schau mal was ein Kind bis zum 5. Geburtstag schon alles gelernt hat. Und sie wird weiter Dinge lernen - manche früher, manche später, manche schneller, manche langsamer.

Und dann wechsel mal die Perspektive: Haben wir Erwachsenen immer auf alles Lust? Können wir uns immer gleich gut konzentrieren? Sind wir immer 100% bei der Sache?
Nein! Auch uns fallen manchen Dinge leichter und andere schwerer und Dinge die uns liegen gehen natürlich viel leichter wie Sachen die wir nicht kennen oder für die wir keine Interesse haben. Als Erwachsene haben wir aber viele Jahre bzw. Jahrzehnte Vorsprung den Umgang damit gelernt zu haben um auch ungeliebte Dinge konzentriert anzugehen.

Und manchmal kann es auch Vorteile haben etwas nicht zu können 😉.
Für mich war Mathe ab Klasse 5 nur ätzend. Natürlich schaltet man irgendwann ab, es schaukelt sich hoch, man versteh ja eh nicht um was es geht, es interessierte mich auch nicht… ab Klasse 7 ging es nur drum irgendwie eine vier im Zeugnis zu packen.
Im Abschlusszeugnis (Klasse 10 Realschule) wollte ich keine vier drin haben und habe am Gymnasium per Zettelaushang nach Nachhilfe gesucht… Kurzfassung: Mit viel auf-/nachholen hatte ich die 3 im Zeugnis und mein Nachhilfelehrer wurde zu einem sehr guten Freund, ca. 4/5Jahre später mein Freund, inzwischen sind wir verheiratet und haben 3 Kinder.

Alles Gute euch =)

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Zählt bei euch beim Medienkonsum auch Hörspiele, Musik,... dazu?
Wenn nicht, zu viel davon kann u.a auch zu Konzentrationsproblemen führen.
Sehe so jetzt auch nichts!
Würde versuchen jeden Tag Memory mit ihr zu spielen, da es gut für die Konzentration ist, genauso wie z.B regelmäßiges puzzeln.

Quelle Tabelle: BZgA

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Mit Musik und Hörspielen bleibt sie unter zwei Stunden pro Woche, da wird das Problem eher nicht sein. Karten spielen wir öfter, Memory schon länger nicht mehr, könnte man mal probieren.

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Wir haben heute nach längerer Zeit mal wieder Memory gespielt. Sie spielt das wohl im Hort ab und zu mal, ihre Spielstärke hat mittlerweile deutlich zugenommen, seit ich es zuletzt mit ihr gespielt habe. Mit den Regeln, dass sie sofern sie ein Paar gefunden hat weiterspielen darf, während ich in der gleichen Situation dann nicht weiterspielen darf, sondern wieder sie dran ist, ist es ausgeglichen. Ich vermute mal, dass das für ihr Alter etwa der übliche Rahmen ist. Bei Spielen dieser Art scheinen sich generell keine Probleme zu zeigen, Uno spielt sie auch passabel.

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Nach ADHS klingt es wirklich nicht, wenn dann könnte man sich über ADS Gedanken machen, scheint mir. Allerdings ist es für diese Gedanken einfach noch etwas früh. Ich schließe mich der vorherigen Antwort an: In dem Alter kann sich noch ganz viel entwickeln. Ich kenne auch keine Vorgaben, wie konzentriert ein Kindergartenkind bei fremdbestimmten Aktivitäten sein muss - vermutlich weil das alles noch sehr unterschiedlich ist und sich auch noch ändern kann.
Gefördert wird sie ja sowieso, ich würde deshalb gar nicht unbedingt noch etwas machen. An deiner Stelle würde ich das Thema ADS im Hinterkopf behalten. Diese Diagnose ist oft gar nicht so offensichtlich und wird, besonders bei Mädchen, häufig übersehen.

Ich mache es genauso und habe bei meinem Sohn im Hinterkopf, dass er ADHS haben könnte, oder eben auch nicht. Das hilft mir, in manchen Situationen geduldiger und verständnisvoller zu bleiben. Falls es in der Schulzeit zu größeren Problemen kommen sollte, würde ich eine Diagnostik machen lassen. Im Kindergarten finde ich es zu früh und auch noch nicht aussagekräftig genug.

AD(H)S geht oft mit vielen Symptomen einher, die nicht zur Erkrankung selbst gehören, sondern eine Folge davon sind. Dazu gehören zum Beispiel ein niedriger Selbstwert (weil man negative Rückmeldungen zu den eigenen Leistungen bekommt) und soziale Probleme (weil man in Fettnäpfchen steigt, auffällt, oder vieles einfach nicht mitbekommt). Ich finde es deshalb wichtig, sensibel mit diesen Themen umzugehen. Besonders das mit dem niedrigen Selbstwert halte ich für vermeidbar, wenn in der Schule und zu Hause nicht von allen Kindern immer das gleiche erwartet wird und wenn mehr Fokus auf das individuelle Profil aus Stärken und Schwächen gelegt wird. Menschen mit AD(H)S haben meist auch viele Stärken, die man mehr betonen könnte.

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Naja, in der Schweiz gibt es halt Vorgaben, was man im letzten Jahr vor der Schule alles können sollte. Die Möglichkeit besteht grundsätzlich, sie ein Jahr zurückzustellen. Was wir halt nicht möchten, wäre ein Jahr zu warten und dann vor dem gleichen Problem zu stehen, weil die Konzentrationsprobleme bleiben.

Psychomotorik könnte sie haben. Bis wir das Gespräch hatten, sind die Probleme, wegen derer sie angemeldet war, eigentlich schon gelöst. Prinzipiell könnte man die Termine trotzdem wahrnehmen. Für eine andere Therapie müsste man wohl wieder lange warten.

Sozialverhalten ist aus meiner Sicht die grosse Stärke unserer Tochter. Mit gewissen anderen Kindern kann sie stundenlang selbst organisiert spielen, da dürfte sie keine Probleme haben. Sie scheint auch relativ beliebt zu sein. Was das betrifft kommt sie überhaupt nicht nach mir, als ich in ihrem Alter war.

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*ADHS war mal eine Diskussion, weil es in der Verwandtschaft diagnostizierte Fälle gibt, die Kinderärztin sieht das eher weniger, und ehrlich gesagt passen von den üblichen Symptomen im Vorschulalter "Unaufmerksamkeit bei fremdbestimmten Beschäftigungen am Tisch", sonst eigentlich nichts, sie ist weder unruhig, noch sprunghaft, noch impulsiv, noch hat sie Mühe, sich auszudrücken (wenigstens nicht gegenüber Leuten, die sie gut kennt).*

Das ADS-Feld ist ja wirklich extrem breit und oftmals sind es eben gerade NICHT die hibbeligen, sprunghaften, "über Tische und Bänke" Kinder, die betroffen sind, sondern auch und eben die Stillen. Da würde ich in eurem Fall definitiv nochmal genauer hinschauen und bei einem Kinder- und Jugendpsychiater oder SPZ austesten lassen. Gerade weil es Konzentrationsstörungen/Wahrnehmungsstörungen in so vielfältiger Weise gibt. Ein "simpler" Kinderarzt kann das meiner Meinung nach gar nicht adäquat feststellen.

Hat eure Tochter Ergotherapie? Das hat unserem Sohn in puncto Konzentration/Aufmerksamkeit und Selbstorganisation unglaublich viel gebracht.
Ebenso wie Einzelsportarten. In seinem Fall Klettern und Karate. Man muss sich konzentrieren, denn nächsten Schritt abschätzen und gezielt ausführen usw. Evtl würde eure Tochter von der gezielten sportlichen Bewegung profitieren statt einfach nur "Austoben und Bewegen draußen".

Alles in allem, ihr seid engagiert, ihr macht sehr viel richtig, ihr unterstützt eure Tochter und sie macht Fortschritte. 👍
Ich denke, von einer genaueren Austestung würdet ihr alle nochmals profitieren und gezieltere Hilfe/Therapien erhalten.

Alles Gute

Bearbeitet von drawernisvoll
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Was ich noch schreiben wollte: Meine Frau hat ADS. Das äussert sich irgendwie völlig anders. Zugegeben, man kann zwischen Kindern und Erwachsenen schlecht vergleichen. Ich kenne das eher als unstrukturierten Redefluss oder als Erschöpfung, wenn man sich länger "zusammenreissen" und konzentrieren muss, wo es für mich als "normal" disponierten noch recht problemlos wäre. Oder als Stimmungschankungen, vor allem in Form von Ärger über sich selbst, wenn die Dinge übrerhaupt nicht vorankommen.

Sport machen wir schon seit einem Jahr gezielt. Ausserdem fährt sie viel Fahrrad. Psychomotorik könnten wir im Prinzip haben, wir sollen es uns noch überlegen. Vermutlich wäre es eine gescheite Sache. Bei einer anderen Therapieform müssten wir vermutlich wieder hinten anstehen, d.h. zwei Monate warten, um überhaupt mal einen Termin zu kriegen. Aber ok, nachfragen könnte man mal.

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Wenn es euch schon empfohlen wurde, dann würde ich es auch in Anspruch nehmen. Gerade da die Wartezeiten auf einen Termin nicht gerade kurz sind und deine Frau diagnostiziertes ADS hat.
Mit Psychomotorik haben wir auch gute Erfahrungen gemacht. 👍

Und uns wurde eben explizit zu Einzelsportarten, die eine gewisse Konzentration und Koordination verlangen geraten. So wird spielerisch und mit Spaß beübt wo noch Defizite sind, ohne das es den Geschmack von Therapie und Zwang für das Kind hat.

Alles Gute

Bearbeitet von drawernisvoll
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Hi,

mein Sohn (8) hat das heute noch, dass er sich etwas schwertut bei Themen die ihn nicht interessieren. In der Schule kam es auch schon vor, dass er einen Eintrag im Heft unter einem Satz stehen hatte. : Arbeitszeit bis hierhin 20 Minuten. Er hat also in 20 Minuten Arbeitszeit genau diesen einen Satz geschrieben :D
Er hat das andere dann eben zu Hause nachgeholt in 5 Minuten war es erledigt.

Deine Tochter ist erst 5, ihr habt ihre Baustellen im Blick. ADHS äußert sich bei Mädchen ja auch häufig anders, bzw. wird gar nicht diagnostiziert, weil diese sich einfach angepasst verhalten und eben nicht rumzappeln, ausflippen etc.

Wobei ich von deiner Schilderung da jetzt auch nicht davon ausgehen würde, dass sie es hat.

Sie hat ja noch etwas Zeit bis zur Schule und die meisten Kinder machen da auch nochmal mit 5 1/2 einen Schub, war bei meinem Sohn auch noch mal deutlich zu sehen. Er konnte sich dann auch plötzlich länger Beschäftigen. In der ersten Klasse wird eigentlich nur erwartet, dass sie sich etwa 10 Minuten konzentrieren können, gegen Ende der 1. Klasse dann ungefähr 20 Minuten.

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Ich finde, das hört sich alles ganz normal und völlig im grünen Bereich an.

Wie so oft ist hier, wie es sich für mich liest, nicht das Kind das Problem, sondern das System, welches vorgibt, was die Kinder bis wann unbedingt können müssen.

Deine Tochter hat gut aufgeholt, ihr habt sie im Blick, holt euch Hilfe.
Die Aufmerksamkeitsspanne liegt bei Kindern in diesem Alter übrigens bei 10 Minuten, so ganz grob gesagt. Schafft sie das?

Mich nervt es immer mehr, wie Kinder passend gemacht werden müssen, um sich in das System Kita und Schule einfügen zu können. Würde jedes Kind einfach mal SEIN dürfen, ohne diesen Druck von Aussen und die ganzen Erwartungen, die auf es einprasseln, würde sich sehr viel von alleine ergeben. Und es nervt mich, dass wir Eltern und Erzieher dieses Spiel mitspielen müssen, damit unser Kind nicht untergeht.

Mach dir keinen Kopf. Lass deinem Kind Zeit, sag ihr täglich, welche Fortschritte sie macht, wie viel sie schon gelernt hat. Alles andere kommt.

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In meiner eigenen Kindheit hätte das und vieles andere zweifellos als normal gegolten. Andererseits habe ich als Kind in der 1. Klasse bei meinem direkten Pultnachbar und noch zwei anderen in der Klasse erlebt, wie sie dann einfach nie Tritt gefunden haben. Mein Pultnachbar war Unternehmerssohn, der hat dann das Ticket in eine teure Privatschule mit Betreuungsverhältnis 1:8 gelöst, die zwei anderen sind im damaligen System einfach untergegangen. Wenn ich heute mit denen rede, die mit mir das Gymnasium absolviert haben, ist es klar, dass wir alle sagen, dass uns das System damals nicht geschadet hat. Für Leute wie uns war es damals halt auch gemacht, von denen, die unter die Räder gekommen sind, hört man halt nicht mehr viel, häufig ist der Kontakt schon vor Jahrzehnten abgebrochen. Von dem her begrüsse ich es sehr, dass man das heute anders löst, selbst wenn es manchmal übertrieben aussieht. Es gibt schlicht viele Dinge, die wir auch beim besten Willen als Eltern zuhause nicht einfach hinkriegen.

Natürlich hätte ich persönlich es lieber, wenn uns die Fachleute alle "es ist alles bestens" sagen würden. Bei Besuchstagen war es das letzte Mal schon sehr auffällig. Mittlerweile hat sie zweifellos einen Entwicklungsschub gemacht, wie es mittlerweile aussieht, habe ich noch nicht mit eigenen Augen gesehen. Ihre Aufmerksamkeitsspanne liegt bei selbstgewählten Tätigkeiten oder denen, denen sie zumindest nicht abgeneigt ist weit über zehn Minuten. Beim Gespräch gestern hat sie sich eine Stunde alleine mit Büchern beschäftigt. Das Problem ist konzentriertes Arbeiten "nach Auftrag".

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Da stimme ich dir zu. Früher haben die Kinder halt einfach als schwierig, Zappelphilipp, schlecht erzogen usw gegolten und gingen leider oft auch unter. Es ist gut, dass es heute mehr Möglichkeiten gibt und differenzierter darauf geachtet wird.

Der Mann meiner Freundin ist so ein Fall. Schullaufbahn absolute Katastrophe, mit Ach und Krach Quali geschafft. Galt immer als Störenfried und "kann sich nichts merken", "ist halt nicht so klug". Viel Schimpfe und Hähme erhalten. Nach der Schule hatte er das große Glück einen Lehrherren zu erwischen, der seine Stärken (und Neigungen) erkannte und förderte, ihm Strategien an die Hand gab, ihn unterstützte und er konnte sich hocharbeiten.
Erst als bei seinem eigenen Sohn ADHS diagnostiziert wurde kam die Erkenntnis, was bei ihm in der Kindheit und Jugend alles schief lief und mit den geeigneten Mitteln und Therapien besser und einfacher hätte laufen können. Er ist sehr froh, dass der Weg seiner Sohnes leichter ist.

Bearbeitet von drawernisvoll